Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeugniserteilung bei den Stationierungsstreitkräften
Leitsatz (redaktionell)
1. Zeugnisse für die bei den Stationierungsstreitkräften tätigen Arbeitnehmer haben die von den Streitkräften dazu bestimmten Dienststellen zu erteilen. Damit tragen die Tarifvertragsparteien des ALTV 2 dem allgemeinen zeugnisrechtlichen Grundsatz Rechnung, daß Zeugnisse vom Arbeitgeber selbst zu erteilen sind.
2. Gleichwohl sind entsprechende zeugnisrechtliche Ansprüche gerichtlich gegenüber der Bundesrepublik Deutschland als Prozeßstandschafterin geltend zu machen.
3. Die "dienstliche Führung" eines Arbeitnehmers ist auch dann betroffen, wenn dieser unbefugt ein Dienstfahrzeug seines Arbeitgebers in fahruntüchtigem Zustand zu einer Privatfahrt benutzt und deswegen strafrechtlich verurteilt wird.
Normenkette
HGB § 73; ALTV § 48; BGB § 630; GewO § 113; ALTV 2 § 48; NATOTrStatZAbk Art. 56 Abs. 8
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 11.07.1984; Aktenzeichen 5 Sa 145/83) |
ArbG Hannover (Entscheidung vom 02.06.1983; Aktenzeichen 5 Ca 734/82) |
Tatbestand
Der Kläger war vom 6. Juli 1976 bis 31. März 1982 beim A, einer Einheit der britischen Stationierungsstreitkräfte, als Elektroingenieur beschäftigt. Die Parteien hatten einzelvertraglich die Geltung des TVAL II vereinbart. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund eines im Rahmen eines Beschlußverfahrens, bei dem der Kläger Beteiligter war, abgeschlossenen Vergleiches vom 25. März 1982 im Wege gegenseitigen Einvernehmens (3 BV 1/82 Arbeitsgericht Hannover). Das Beschlußverfahren war von der Bezirksregierung Hannover eingeleitet worden, weil die für den Kläger zuständige Betriebsvertretung dessen fristloser Entlassung durch die britische Dienststelle nicht zugestimmt hatte. In dem Prozeßvergleich vereinbarten die Parteien unter Nr. 3:
"Die Antragstellerin stellt dem Beteiligten zu 3) ein
Zeugnis aus, das sich auf Führung und Leistung er-
streckt."
Darauf erteilte die britische Einheit, bei der er gearbeitet hatte, dem Kläger unter dem 12. November 1982 ein in englischer Sprache ausgefertigtes und ins Deutsche übersetztes Zeugnis, das zur Führung des Klägers keine Ausführungen enthielt. Mit diesem Zeugnis war der Kläger nicht einverstanden. Er forderte daher mit Schreiben vom 30. November 1982 die britische Dienststelle auf, ihm - wie im Vergleich vorgesehen - ein qualifiziertes Zeugnis zu erteilen. Die britische Einheit kam dieser Aufforderung des Klägers nicht nach.
Mit der Klage hat der Kläger die Beklagte auf Erteilung eines von ihm vorentworfenen qualifizierten Zeugnisses in Anspruch genommen, in dem auch ausgeführt werden sollte, daß seine Führung einwandfrei gewesen sei. Dazu hat der Kläger vorgetragen, nach den anzuwendenden tariflichen Bestimmungen habe er einen Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis. Seine Aufgaben habe er durchweg fehlerfrei, ordnungsgemäß und eigenverantwortlich erledigt. Niemals sei er wegen seiner Arbeitsweise abgemahnt worden. Auch seine dienstliche Führung sei einwandfrei gewesen. Er habe sich weder ungehörig noch strafwürdig verhalten. Zwar sei er wegen einer Trunkenheitsfahrt strafgerichtlich verurteilt worden. Dabei fehle es jedoch an jedem dienstlichen Bezug, weil es sich um eine Privatfahrt gehandelt habe. Es gehe dabei zudem um einen Einzelfall, der in einem Arbeitszeugnis keine Berücksichtigung finden dürfe. Er habe auch weder Reisekostenabrechnungen gefälscht noch einen diesbezüglichen strafbaren Betrug begangen. In keiner Weise habe er sich auf Kosten seines Arbeitgebers rechtswidrige Vermögensvorteile zuwenden wollen. Daher sei auch das gegen ihn deswegen eingeleitete Strafverfahren eingestellt worden. Auch die weiteren ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe seiner Dienststelle seien unbegründet. Er habe sich keiner Steuerhinterziehung schuldig gemacht. Demgemäß hat der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein quali-
fiziertes Zeugnis des von ihm angegebenen Wortlautes
zu erteilen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, das eingeklagte Zeugnis stehe dem Kläger nicht zu. Schon an Arbeitsfreude und Gewissenhaftigkeit habe es bei ihm gefehlt. Er habe schleppend gearbeitet und sei deswegen mehrfach abgemahnt worden. Jedenfalls aber sei die Führung des Klägers nicht einwandfrei gewesen. Die von ihm unternommene Trunkenheitsfahrt habe dienstlichen Bezug, weil der Kläger dabei ein Dienstfahrzeug benutzt habe, in dessen Besitz er sich widerrechtlich gesetzt habe. Sein dabei gezeigtes Verhalten lasse auch Schlüsse auf seine dienstliche Zuverlässigkeit zu, zumal der Kläger häufig mit Kraftfahrzeugen zur Erledigung dienstlicher Angelegenheiten unterwegs gewesen sei. Weiter habe der Kläger Reisekostenabrechnungen gefälscht, um ihm nicht zustehende Geldbeträge fordern zu können. Darin sei betrügerisches Verhalten im strafrechtlichen Sinne zu Lasten seines Arbeitgebers zu erblicken. Auch noch weitere Verstöße gegen seinen Arbeitsvertrag und die allgemeinen Pflichten eines Arbeitnehmers seien dem Kläger zur Last zu legen. So habe er in unerlaubter Weise über seine Dienststelle Waren für den Eigenbedarf eingekauft, ohne die dafür angefallene Mehrwertsteuer zu entrichten. Er habe auch Pausen überzogen und unentschuldigt gefehlt. Unter diesen Umständen könne von einmaligen und zeugnisrechtlich irrelevanten Verfehlungen des Klägers nicht die Rede sein. Die Zeugniserteilung sei im übrigen ausschließlich Angelegenheit der britischen Beschäftigungsdienststelle des Klägers.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte in weitgehender Übereinstimmung mit dem Klageantrag zur Erteilung des nachfolgenden qualifizierten Zeugnisses verurteilt:
"Herr Dieter E , geb. am 19.3.1945, wohnhaft in
S , K straße 21, war in der Zeit vom
6.7.1976 bis zum 31.3.1982 in dieser Dienststelle
als Elektro-Ingenieur angestellt.
In dieser Zeit war Herr E in unserer M & E -
Abteilung mit den Aufgaben der Entwurfsplanung,
Planung, Kosten- und Massenberechnung, Baube-
schreibungen, Leistungsverzeichnissen, Erstellung
von Bauplänen und der Baustellenüberwachung für Bau-
maßnahmen wie Neubauten, Erweiterungsbauten und Um-
bauten beauftragt.
Hierbei handelte es sich um Mittel- und Nieder-
spannungsnetze, Feuermeldeanlagen, Kommunikations-
systeme, allgemeine Gebäudeinstallationen in Wohn-
häusern, Krankenhäusern, Sporthallen, Soldatenunter-
künften, Außenanlagenbeleuchtung sowie Stromver-
sorgungsanlagen.
Dieser Aufgabenbereich schloß auch die Baubesprechungen
und Koordination mit deutschen Baubehörden und unterge-
ordneten Dienststellen ein.
Herr E war weiterhin innerhalb unseres Management-
Teams zuständig für Kabelpläne, Schaltanlagenver-
zeichnisse, Transformatorenverzeichnisse, der Über-
wachung des elektrischen Energieverbrauchs, der Sonder-
tarifverträge und der schaltberechtigten Personen.
Die ihm übertragenen Aufgaben hat Herr E zu unserer
Zufriedenheit ausgeführt.
Seine Führung war einwandfrei.
Für seinen weiteren Berufsweg wünschen wir Herrn E
viel Erfolg."
Im übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
In der Berufungsinstanz hat der Kläger klageerweiternd für den Fall, daß das von ihm beantragte Zeugnis nicht binnen einer vom Gericht festzusetzenden Frist erteilt wird, die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer der Höhe nach in gerichtliches Ermessen gestellten Entschädigung nach § 61 Abs. 2 ArbGG begehrt. unter dem 7. Mai 1984 hat die britische Dienststelle des Klägers diesem in englischer Sprache und deutscher Übersetzung ein weiteres Zeugnis erteilt, das bis auf den darin fehlenden Absatz "Seine Führung war einwandfrei" wörtlich demjenigen entspricht, zu dessen Erteilung das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt hatte.
Das Landesarbeitsgericht hat unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils die Klage in vollem Umfange abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die vom Kläger eingelegte Revision, mit der er die Ergänzung des ihm unter dem 7. Mai 1984 erteilten Zeugnisses um den seine Führung betreffenden Absatz und im Nichterfüllungsfalle die Zahlung einer Entschädigung nach § 61 Abs. 2 ArbGG begehrt. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Mit zutreffender Begründung hat das Landesarbeitsgericht entschieden, daß der Kläger die allein noch streitbefangene, seine Führung betreffende Ergänzung des ihm von der britischen Dienststelle unter dem 7. Mai 1984 erteilten Zeugnisses nicht beanspruchen kann.
Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals klargestellt hat, aber auch aus seinem bisherigen Prozeßvorbringen herzuleiten ist, verlangt er die Zeugnisergänzung von seiner früheren Dienststelle der britischen Stationierungsstreitkräfte und nicht etwa von der Beklagten oder einer deutschen Behörde. Er hat außerdem klargestellt, daß er die Beklagte auch nicht etwa auf irgendwelche Schadenersatzleistungen in Anspruch nehme.
Obwohl die Zeugnisergänzung von den britischen Streitkräften beansprucht wird, ist die Klage zutreffend gegen die Bundesrepublik Deutschland erhoben worden. Nach Art. 56 Abs. 8 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut unterliegen nämlich Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmer der Stationierungsstreitkräfte der deutschen Gerichtsbarkeit und sind daher entsprechende Klagen gegen die auch vorliegend beklagte Bundesrepublik zu richten. Damit wird eine Prozeßstandschaft auf der Schuldner- bzw. Beklagtenseite normiert, weil die Entsendestaaten der Stationierungsstreitkräfte Arbeitgeber der bei ihnen tätigen Arbeitnehmer sind, diesen jedoch aus Zweckmäßigkeitsgründen ermöglicht werden soll, die ihnen gegen ihre ausländischen Arbeitgeber zustehenden Ansprüche im Prozeßwege gegen die Bundesrepublik zu verfolgen. Dabei gilt auch für zeugnisrechtliche Ansprüche nichts anderes. Davon geht zutreffend auch das Landesarbeitsgericht aus.
Gegenteiliges ergibt sich auch nicht etwa aus Art. 25 des Gesetzes zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages vom 19. Juni 1951 über die Rechtsstellung ihrer Truppen und zu den Zusatzvereinbarungen vom 3. August 1959 zu diesem Abkommen vom 18. August 1961. Zwar hat danach im Verurteilungsfalle die Bundesrepublik für die Entsendestaaten an die Gläubiger zu leisten. Das ist bei einer Verurteilung zu einer Geldzahlung und damit auch zur Zahlung einer Entschädigung nach § 61 Abs. 2 ArbGG, die der Kläger in der Berufungsinstanz für den Fall der Verurteilung der Beklagten ergänzend begehrt hat, unbedenklich rechtlich und tatsächlich möglich. Zwar besteht diese Möglichkeit bei der Verurteilung zur Erteilung insbesondere eines qualifizierten Zeugnisses durch Dienststellen der ausländischen Stationierungsstreitkräfte schon aufgrund des besonderen Rechtscharakters zeugnisrechtlicher Ansprüche und der noch zu würdigenden tariflichen Bestimmungen nicht. Das ändert jedoch nichts daran, daß auch solche Ansprüche - wie vorliegend geschehen - im Prozeß gegen die Bundesrepublik als Prozeßstandschafterin einzuklagen sind und diese ggf. zu verurteilen ist. Dabei ist im vorliegenden Erkenntnisverfahren auch nicht darüber zu entscheiden, in welcher Weise im Falle der Verurteilung der Beklagten die Zwangsvollstreckung durchzuführen wäre bzw. welche etwaigen Schutz- und Hilfspflichten insoweit die Bundesrepublik zugunsten ihrer bei den Stationierungsstreitkräften als Arbeitnehmer tätigen Staatsbürger zu erfüllen hätte, zumal der Kläger derartige Hilfen nicht in Anspruch nimmt.
Wenn die Parteien in dem Beschlußverfahren des Aktenzeichens 3 BV 1/82 vergleichsweise vor dem Arbeitsgericht Hannover dahin übereingekommen sind, daß
"die Antragstellerin dem Beteiligten zu 3)" - d.h. dem
Kläger - "ein Zeugnis ausstellt, das sich auf Führung
und Leistung erstreckt.",
dann ist diese Vereinbarung dahin auszulegen, daß dem Kläger ein den gesetzlichen und etwa anzuwendenden tariflichen Bestimmungen entsprechendes qualifiziertes Zeugnis über seine Tätigkeit bei seiner britischen Dienststelle erteilt werden soll. Dabei geht der Senat davon aus, daß Prozeßvergleiche von den Revisionsgerichten unbeschränkt und selbständig ausgelegt werden können (vgl. BAG 42, 244, 249 = AP Nr. 2 zu § 21 TVAL II). Damit hat der Kläger auch einen Anspruch auf Ergänzung des ihm von der britischen Dienststelle unter dem 7. Mai 1984 erteilten Zeugnisses, sofern dafür die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. das Urteil des Fünften Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 23. Juni 196O - 5 AZR 56O/58 - AP Nr. 1 zu § 73 HGB sowie Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl., Band I, § 51 I 6, S. 465).
Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals klargestellt worden ist, haben die Arbeitsvertragsparteien einzelvertraglich die Geltung des TVAL II vereinbart. Dieser bestimmt im einzelnen in § 48:
1. Der Arbeitnehmer hat bei der Kündigung Anspruch auf
Ausstellung einer Bescheinigung über Art und Dauer
der Beschäftigung.
2. Beim Ausscheiden muß dem Arbeitnehmer auf seinen Antrag
unverzüglich ein Zeugnis ausgestellt werden. Dieses Zeug-
nis hat sich auf Verlangen des Arbeitnehmers auf die
Leistungen und die Führung im Dienst sowie den Ent-
lassungsgrund zu erstrecken.
.............
4. Die Bescheinigungen und Zeugnisse werden durch die von
den Stationierungsstreitkräften zu bestimmenden Dienst-
stellen ausgestellt.
Demgemäß haben nach § 48 Abs. 1 und Abs. 2 TVAL II die tarifunterworfenen Arbeitnehmer einen Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses, wobei wie im gesetzlichen Zeugnisrecht zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Zeugnis unterschieden wird und der Arbeitnehmer darüber zu bestimmen hat, ob er ein einfaches oder ein qualifiziertes Zeugnis verlangt. Da der Kläger ausdrücklich die Ergänzung des ihm erteilten Zeugnisses dahin verlangt, daß seine Führung einwandfrei gewesen sei, nimmt er - wie auch in dem abgeschlossenen Vergleich vorgesehen - ein qualifiziertes Zeugnis für sich in Anspruch.
Abweichend vom Wortlaut der §§ 73 Satz 2 HGB und 113 Abs. 2 GewO, jedoch in Übereinstimmung mit § 63O Satz 2 BGB sieht § 48 Abs.2 Satz 2 TVAL II vor, daß sich das dem Arbeitnehmer zu erteilende qualifizierte Zeugnis nur über "die Führung im Dienst" auszulassen hat. Damit wird, wie die Revision insoweit zutreffend bemerkt, von den Tarifvertragsparteien ausdrücklich klargestellt, daß bei der Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses nach § 48 Abs. 2 TVAL II reine Privatangelegenheiten, die den dienstlichen Bereich nicht berühren, auszuscheiden haben. Ereignisse und Vorgänge im privaten Lebensbereich des Arbeitnehmers dürfen daher grundsätzlich schon deswegen nicht in sein Dienstzeugnis aufgenommen werden.
Gleichwohl war jedoch entgegen der Meinung des Klägers seine britische Dienststelle als Arbeitgeber berechtigt, bei der Zeugniserteilung zu berücksichtigen, daß der Kläger rechtswidrig zu einer nächtlichen Privatfahrt ein Dienstfahrzeug benutzt hat, dabei wegen Alkoholgenusses fahruntüchtig war und deswegen auch strafgerichtlich nach § 316 StGB verurteilt worden ist. Dabei ist der dienstliche Bezug im tariflichen Sinne schon dadurch hergestellt, daß der Kläger zu einer privaten nächtlichen Fahrt ein Dienstfahrzeug seiner britischen Dienststelle benutzt und dieses in fahruntüchtigem Zustand und in einer mit den Strafgesetzen nicht vereinbaren Weise geführt hat. Im übrigen ist hierbei zu berücksichtigen, daß der Kläger unstreitig bei seiner britischen Dienststelle häufig dienstlich mit einem Kraftfahrzeug unterwegs war und sein strafbares Verhalten im Straßenverkehr zumindest Zweifel an seiner Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit aufkommen läßt. Soweit dem Kläger weiter vorgeworfen wird, er habe Reisekostenabrechnungen gefälscht und sich insoweit gegenüber seinem Arbeitgeber eines betrügerischen Verhaltens schuldig gemacht, handelt es sich ohnehin um Angelegenheiten im unmittelbaren dienstlichen Bereich.
Wenn die Tarifvertragsparteien weiter in § 48 Abs. 4 TVAL II im einzelnen bestimmen, daß die Zeugnisse "durch die von den Stationierungsstreitkräften zu bestimmenden Dienststellen" auszustellen sind, so stellen sie damit klar, daß diese Pflicht nur die Stationierungsstreitkräfte und nicht die Beklagte trifft, wovon mit Recht auch das Landesarbeitsgericht ausgeht. Eine andere Regelung wäre auch aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht möglich. Die Arbeitnehmer der Stationierungsstreitkräfte stehen nämlich in Arbeitsverhältnissen zu den einzelnen auswärtigen Staaten, bei deren Streitkräften sie beschäftigt werden. Demgemäß war Arbeitgeber des Klägers das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland. Nur die Repräsentanten des jeweiligen ausländischen Staates können indessen diejenigen Tatsachen kennen und beurteilen, die für die Zeugniserteilung maßgeblich sind. Deutschen Dienststellen wie den Ämtern für Verteidigungslasten oder Besatzungskosten sind diese Tatsachen in aller Regel unbekannt. Damit tragen die Tarifvertragsparteien zugleich dem allgemeinen Rechtsgrundsatz Rechnung, daß aus den dargelegten Gründen Zeugnisse unmittelbar vom Arbeitgeber erteilt werden müssen, bei der Zeugniserteilung eine Stellvertretung nur beschränkt möglich ist und sich die Zeugniserteilung als unvertretbare Handlung im Sinne von § 888 ZPO darstellt (vgl. Hueck/Nipperdey, aaO, Band I, § 51 I 2, S. 461; Nikisch, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 3. Aufl., Band I , § 54 IV 2, S. 858; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 5. Aufl., § 146 I 2, S. 881; Schlessmann, Arbeitszeugnis, 3. Aufl., S. 47 sowie Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 19. Aufl., § 888 I 1), so daß ein Anspruch insbesondere auf ein qualifiziertes Zeugnis unter bestimmten Voraussetzungen überhaupt nicht mehr geltend gemacht werden kann, wenn etwa der Arbeitgeber gestorben ist und dessen Erben die für die Zeugniserteilung wesentlichen Tatsachen nicht kennen oder sich im Einzelfalle der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer und dessen Qualifikation wegen Zeitablaufes nicht mehr erinnern kann (vgl. Schaub, aaO, § 146 I 5, S. 882). Diesen besonderen rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten des Zeugnisrechts wollen die Tarifvertragsparteien mit der Regelung des § 48 Abs. 4 TVAL II Rechnung tragen. Die Tarifnorm ist daher entgegen der Meinung der Revision keineswegs nur eine rechtlich unbedeutende "Vorschrift mit Ordnungscharakter".
Weiter hat das Landesarbeitsgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise erkannt, daß vorliegend der Kläger auf die von ihm begehrte Zeugnisergänzung keinen Anspruch hat. Das folgert das Landesarbeitsgericht nach Auswertung der von ihm beigezogenen Strafakten (5 Js 106/82 Staatsanwaltschaft Bückeburg) einmal daraus, daß der Kläger am 15. Januar 1982 zu nächtlicher Zeit zu einer Privatfahrt rechtswidrig ein Dienstfahrzeug der Stationierungsstreitkräfte benutzte, dieses in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand führte und deswegen wegen Vergehens nach § 316 StGB strafgerichtlich verurteilt worden ist, worin das Landesarbeitsgericht mit Recht zugleich einen gewichtigen Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten des Klägers erblickt. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt weiter, daß dem Kläger gegenüber auch der Vorwurf betrügerischen Verhaltens im Sinne von § 263 StGB zum Nachteil seines Arbeitgebers zu Recht besteht, weil er die Abgeltung ihm nicht zustehender Reisekostenbeträge verlangt hat. Ausweislich der ebenfalls vom Landesarbeitsgericht beigezogenen Strafakten (666 Js 21O47/82 Staatsanwaltschaft Hannover) ist auch deswegen der Kläger zunächst strafgerichtlich verurteilt worden. Zwar ist dieses Verfahren, nachdem der Kläger gegen den gegen ihn ausgebrachten Strafbefehl Einspruch eingelegt hatte, nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Im Hinblick auf den fortbestehenden Tatverdacht wurden jedoch dem Kläger seine notwendigen Auslagen nicht erstattet, da das im Sinne von § 467 Abs. 4 StPO unbillig wäre. Aus diesem Ablauf des Strafverfahrens konnte und durfte das Landesarbeitsgericht den Schluß ziehen, daß der Kläger sich seiner britischen Dienststelle gegenüber im Zusammenhang mit Reisekostenforderungen in ebenfalls arbeitsvertragswidriger Weise betrügerischen Verhaltens schuldig gemacht hat. Die insgesamt gewichtigen Verfehlungen des Klägers rechtfertigen auch den Schluß des Landesarbeitsgerichts, unter diesen Umständen habe der Kläger keinen Anspruch darauf, daß ihm in seinem Zeugnis, wie er es verlangt, ausdrücklich und positiv attestiert wird, daß seine Führung "einwandfrei", d.h. frei von Beanstandungen jeder Art, gewesen sei. Dabei berücksichtigt der Senat auch, daß die britische Dienststelle nicht etwa Ausführungen einschränkenden oder kritischen Inhalts über die Führung des Klägers in dem Zeugnis vom 7. Mai 1984 gemacht hat, wie sie in früheren Zeugnisentwürfen und gerichtlichen Vergleichsvorschlägen enthalten sind, sondern diesen Komplex mit Wohlwollen einfach übergangen hat, so daß das dem Kläger erteilte Zeugnis bei einem unbefangenen Leser nicht den Eindruck erweckt, als werde die Führung des Klägers von seinem Arbeitgeber beanstandet. Würde dagegen dem klägerischen Begehren entsprochen, wäre das Zeugnis inhaltlich unwahr und würde damit seiner eigentlichen Funktion widersprechen (vgl. das Urteil des Fünften Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 23. Juni 196O - 5 AZR 56O/58 - AP Nr. 1 zu § 73 HGB; Hueck/Nipperdey, aaO, § 51 I 5, S. 464; Nikisch, aaO, § 54 IV 4 c, S. 86O und Schaub, aaO, § 146 III 5, S. 884).
Auch die demgegenüber erhobenen Einwendungen der Revision greifen nicht durch. Der Kläger kann nicht einwenden, bei den ihm zur Last gelegten Verfehlungen handele es sich jeweils um einmaliges, nicht charakteristisches Verhalten, das in einem Zeugnis nicht berücksichtigt werden dürfe. Dabei übersieht der Kläger bereits, daß ihm nicht ein einmaliges Fehlverhalten vorgeworfen wird, sondern mehrfache Verstöße gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten, die sich zudem auch noch als strafbare Handlungen darstellen und erhebliche Zweifel an Zuverlässigkeit und Redlichkeit des Klägers zu begründen geeignet sind.
Die Kosten seiner erfolglosen Revision trägt der Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO.
Dr. Neumann Dr. Etzel Dr. Feller Preuße Pallas
Fundstellen
BAGE 51, 104-113 (LT1-3) |
BAGE, 104 |
DB 1986, 1340-1341 (LT1-2) |
NJW 1986, 2209 |
RdA 1986, 140 |
AP § 48 TVAL II (LT1-3), Nr 2 |
IPRspr 1986, Nr 126, 296-298 (KT) |
IPRspr. 1986, 126 |