Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe. arbeitsvertragswidriges Verhalten. tätlicher Angriff nach Beleidigung durch Arbeitskollegin
Leitsatz (amtlich)
Eine fristlose Kündigung wegen einer Tätlichkeit gegenüber einer Arbeitskollegin kann einen Grund für eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe darstellen.
Tenor
Die Beschwerde gegen Ziffer I. des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Bayreuth vom 16.04.2014 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth, bei dem der Eintritt einer Sperrzeit für die Zeit vom 23.11.2013 bis 14.02.2014 streitig gewesen ist.
Die Klägerin war seit dem 01.10.2012 bei der Firma D. A. - Gebäudereinigung (G.) als Raumpflegerin beschäftigt. Am 22.11.2013 erfolgte eine fristlose Kündigung zum 22.11.2013. Die Klägerin meldete sich am 25.11.2013 zum 23.11.2013 bei der Beklagten arbeitslos. Zu den Umständen ihrer Kündigung gab sie an, sie habe am 21.11.2013 nach der Arbeit nach Hause gehen wollen und sei dabei von ihrer Arbeitskollegin "H." (H.) angesprochen worden, sie solle ihren Dreck weg machen, wenn sie das dreckige Wasser im Behindertenklo entsorge. Sie habe das Wasser aber deshalb nicht runter gespült, weil sie davon ausgegangen sei, auch H. würde ihr dreckiges Wasser dort entsorgen. So habe sie sich umgedreht und H. in einem "normalen Ton" gefragt, ob sie ihr Schmutzwasser wohl sonst nicht runterspülen und sie gerade so tun würde, als würde die Klägerin ihren Dreck nie wegräumen. H. habe darauf zu ihr gesagt, sie sei eine "dreckige Schlampe". In einer Art Reflex habe sie dann H. mit der glatten Hand eine Ohrfeige verpasst. Dies sei kein Kavaliersdelikt gewesen, sie habe aber in diesem Moment nicht anders gekonnt. G. teilte der Beklagten auf Anfrage mit, die Kündigung sei personenbedingt erfolgt, weil die Klägerin eine Arbeitskollegin geschlagen habe.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 28.01.2014 das Ruhen des Anspruchs auf Alg wegen des Eintritts einer Sperrzeit für die Zeit vom 23.11.2013 bis 14.02.2014 fest. Der Anspruch auf Alg mindere sich um 84 Tage. Die Klägerin habe ihre Beschäftigung bei G. verloren, weil sie ihre Kollegin geschlagen habe. Der Verlust des Arbeitsplatzes sei leicht abzusehen gewesen, da davon auszugehen gewesen sei, dass der Arbeitgeber ein solches Verhalten nicht dulden werde. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch trug die Klägerin vor, zwar sei keine Kündigungsschutzklage erhoben worden, dennoch habe die Beklagte die Verhältnismäßigkeit der ausgesprochenen Kündigung zu prüfen. Eine Tätlichkeit, die spontan auf eine Provokation erfolge, berechtige nicht zur Kündigung.
In einer weiteren Stellungnahme führte G. aus, die angebliche vorausgegangene Beleidigung sei unerheblich, da körperliche Gewalt damit nicht zu rechtfertigen sei. Im Übrigen passe die in Bezug auf H. vorgetragene Entgleisung nicht zu ihr. Die Klägerin habe seit Arbeitsbeginn weder durch ihre Arbeitsleistung noch durch ihre "Persönlichkeit" überzeugt. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2014 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück. Selbst eine Provokation hätte eine Ohrfeige nicht rechtfertigen können. Die Klägerin hätte stattdessen beispielsweise einfach gehen und die Beleidigung ihrer Vorgesetzten melden können.
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Sie habe im Affekt gehandelt und gar nicht über Alternativen nachdenken können. Eine Beleidigung habe sie nicht hinnehmen müssen, insoweit stehe eine Ohrfeige auch nicht außer Verhältnis. Mit Gerichtsbescheid vom 16.04.2014 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt (Ziffer I.) und die Klage abgewiesen (Ziffern II. und III.). Das Verhalten der Klägerin habe arbeitsrechtlich eine Kündigung gerechtfertigt. Im Hinblick auf das Schlagen könne sie sich nicht auf eine Affekthandlung berufen, da sich die Situation nach und nach hochgeschaukelt habe. Auch eine unsachliche Kritik eines nicht ganz korrekten und nicht üblichen eigenen Verhaltens rechtfertige keine Körperverletzung. Diese stelle zudem eine derart grobe Pflichtverletzung dar, dass es keiner Abmahnung bedurft habe. Die Klägerin habe sich auch denken können, dass der Arbeitgeber ein solches Verhalten nicht hinnehmen und sie ihren Job verlieren werde. Es liege weder ein wichtiger Grund für das Verhalten der Klägerin vor, noch gebe es eine besondere Härte.
Die Klägerin hat dagegen Berufung eingelegt (L 10 AL 115/14) und sich zudem gegen die Ablehnung der Bewilligung von PKH gewandt. Es fehle eine Auseinandersetzung des SG mit der Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein (vom 01.07.2009 - 3 SA 134/09), wonach eine spontane Tätlichkeit auf eine Provokation hin regelmäßig nicht zu einer Kündigung berechtige. Aufgrund der massiven Beleidigung mit "dreckige Schlampe" habe sie quasi im Affekt gehandelt. Insofern habe sie in diesem Moment nicht erkennen können, dass das Handeln gg...