Die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung gelten, soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit voraussetzen, nach § 3 Nr. 1 SGB IV für alle Personen, die im Geltungsbereich des SGB IV beschäftigt oder selbstständig tätig sind (Beschäftigungsstaatprinzip). Bei Ausübung einer Beschäftigung in Deutschland sind mithin die deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht von Arbeitnehmern in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung anwendbar. Als Ausnahmen von diesem Prinzip ordnen § 4 Abs. 1 SGB IV im Falle einer im Voraus befristeten Entsendung ins Ausland die weitere Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht im Wege der Ausstrahlung und § 5 Abs. 1 SGB IV für den umgekehrten Fall der im Voraus befristeten Entsendung vom Ausland ins Inland den Ausschluss der Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht im Wege der Einstrahlung an.

Personen (Ausländer), die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union (EU), Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) oder Staatsangehörige der Schweiz sind, benötigen für die Aufnahme und Ausübung einer Beschäftigung in Deutschland einen Aufenthaltstitel, in dem vermerkt ist, dass sie in Deutschland erwerbstätig sein dürfen. Auch anerkannte Flüchtlinge sind grundsätzlich zur Ausübung einer Beschäftigung in Deutschland berechtigt. So können beispielsweise geflüchtete Personen aus der Ukraine, denen auf der Grundlage eines Ratsbeschlusses der EU vom 4.3.2022 vorübergehender Schutz gewährt wird, entsprechende Aufenthaltserlaubnisse beantragen. Mit diesem Aufenthaltstitel ist der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt grundsätzlich uneingeschränkt möglich.

Während die versicherungsrechtliche Beurteilung von Personen (Ausländer), die eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis haben und damit zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt sind, bei Aufnahme einer Beschäftigung in Deutschland in aller Regel keine Schwierigkeiten bereitet, weil die allgemeinen Vorschriften über die Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung Anwendung finden, stellt sich die Situation für diejenigen, die im Rahmen eines im Ausland bestehenden Arbeitsverhältnisses vorübergehend in Form mobilen Arbeitens in Deutschland tätig sind, anders dar. Dies betrifft aktuell geflüchtete Personen aus der Ukraine, die die Möglichkeit haben, für ihren Arbeitgeber in der Ukraine von Deutschland aus Arbeiten zu erbringen, die sich unabhängig von einer festen Arbeitsstätte online durchführen lassen ("Remote Work").[1]

Das nur vorübergehende mobile Arbeiten in Deutschland im Rahmen eines im Ausland bestehenden Arbeitsverhältnisses führt für die betroffenen Arbeitnehmer nicht zur Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses, wenn die Voraussetzungen einer Entsendung im Sinne der Einstrahlung nach § 5 Abs. 1 SGB IV erfüllt sind, d.h. die Arbeitnehmer (weiterhin) in einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis zu ihrem im Ausland ansässigen Arbeitgeber stehen und von diesem nach Deutschland entsandt werden, um hier zeitlich begrenzt eine Arbeit beziehungsweise Dienstleistung für dessen Rechnung auszuführen.

In den vorliegenden Fällen des "Remote-Work" ergibt sich die zeitliche Begrenzung zwar nicht aus der Eigenart der Beschäftigung. Unter Begrenzungen infolge der Eigenart der Beschäftigung fallen typischerweise Beschäftigungen, die mit Projekten im Zusammenhang stehen, deren Fertigstellung eine absehbare Zeit in Anspruch nimmt, insbesondere für Montage- und Einweisungsarbeiten, Arbeiten im Zusammenhang mit der Errichtung von Bauwerken und Betriebsanlagen. In aller Regel dürfte jedoch eine zeitliche Begrenzung infolge vertraglicher Befristung gegeben sein, indem entweder eine Art Entsendevereinbarung mit zunächst zeitlicher Befristung vorliegt oder eine entsprechende mündliche Abrede zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer besteht, wonach die Arbeit vorübergehend außerhalb der festen Arbeitsstätte (im Entsendestaat) in Form mobilen Arbeitens ausgeübt werden soll.

[1] Die Bundesrepublik Deutschland und die Ukraine haben ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen vorbereitet, das u.a. auch Regelungen bei zeitlich begrenzten Entsendungen in den jeweils anderen Staat enthält. Das entsprechende Gesetz zu dem Abkommen wurde bereits am 17.1.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl. II S. 3 ff.). Es tritt aber erst in Kraft, wenn die gesetzgebenden Gremien auch auf ukrainischer Seite eingewilligt haben und die Ratifikationsurkunden ausgetauscht wurden. Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens an sind die entsprechenden Inhalte des Abkommens als Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts gemäß § 6 SGB IV vor den jeweils nationalen Regelungen zu beachten.

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