hier: Verlängerung der Familienversicherung über das 25. Lebensjahr hinaus bei Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht

Sachverhalt:

Nach § 10 Abs. 2 Nr. 3 SGB V sind Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres familienversichert, wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden. Wird die Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht des Kindes unterbrochen oder verzögert, besteht die Versicherung auch für einen der Dauer dieses Dienstes entsprechenden Zeitraums über das 25. Lebensjahr hinaus fort.

Es ist die Frage gestellt worden, ob ein Kausalzusammenhang zwischen der Dienstpflicht und der Unterbrechung bzw. Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung gegeben sein muss. Fraglich ist konkret, ob eine Verlängerung der Familienversicherung über das 25. Lebensjahr im Sinne des § 10 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB V eingeräumt werden kann, wenn die gesetzliche Dienstpflicht in der Zeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten abgeleistet wird.

Ergebnis:

Zwischen der Unterbrechung oder Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung und der Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht muss ein kausaler Zusammenhang bestehen. Dies ergibt sich insbesondere aus der Formulierung der gesetzlichen Vorschrift in § 10 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB V ("... durch Erfüllung ...").

Auch das Bundessozialgericht (BSG) hat im Zusammenhang mit der Zahlung des Kinderzuschusses zu einer Altersrente im Recht der Rentenversicherung bei freiwillig geleistetem Wehrdienst deutlich gemacht, dass der Wehrdienst nicht in jedem Fall als Verzögerungs- oder Unterbrechungstatbestand zu berücksichtigen ist. Voraussetzung ist ferner, dass die Schul- oder Berufsausbildung gerade durch die Ableistung des Wehrdienstes unterbrochen oder verzögert wurde, d. h. der Wehrdienst die Ursache für die Verzögerung oder Unterbrechung sein muss (BSG, Urteil vom 05.11.1974 – 4 RJ 37/73 – USK 74214). Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben sich diese Entscheidung im Hinblick auf die Berücksichtigung freiwilliger Dienstzeiten als Verlängerungstatbestand im Sinne des Rechts der Familienversicherung bereits zu Eigen gemacht (vgl. gemeinsames Rundschreiben vom 02.10.1975 zum Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten unter Abschnitt 2.2.2.3 und gemeinsames Rundschreiben vom 09.12.1988 zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des Gesundheits-Reformgesetzes unter Abschnitt 2.4.2.3 zu § 10 SGB V). Es liegt daher nahe, die Aussagen betreffend den Zusammenhang zwischen der Dienstpflicht und der Unterbrechung bzw. Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung ebenfalls zu beachten, zumal die Formulierung der seinerzeitigen Vorschrift (§ 1262 RVO, jetzt § 48 Abs. 4 und 5 SGB VI) mit der Regelung in der Familienversicherung (§ 205 Abs. 3 Satz 3 RVO, jetzt § 10 Abs. 2 Nr. 3 SGB V) weitgehend identisch ist und auch der Sachzusammenhang eine gleiche Beurteilung rechtfertigt.

Bei der Feststellung des kausalen Zusammenhangs ist allerdings kein allzu strenger Maßstab anzulegen. Dementsprechend liegt eine Unterbrechung bzw. Verzögerung auch dann vor, wenn die gesetzliche Dienstpflicht in der Zeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten abgeleistet wird.

Beispiel

Ein bislang familienversichertes Kind leistet nach dem Abitur den Grundwehrdienst. Es besteht die Absicht, nach dem Ende des Grundwehrdienstes zum nächstmöglichen Zeitpunkt ein Studium aufzunehmen. Die tatsächliche Aufnahme des Studiums erfolgt dann vier Monate nach dem Ende des Grundwehrdienstes. In dieser Übergangszeit wird eine zur Versicherungspflicht führende Beschäftigung ausgeübt. Das Studium ist zum Zeitpunkt der Vollendung des 25. Lebensjahres noch nicht abgeschlossen.

Eine Verlängerung der Familienversicherung über das 25. Lebensjahr des Kindes hinaus kommt für die Dauer des Grundwehrdienstes in Betracht, da die Schul- oder Berufsausbildung durch die gesetzliche Dienstpflicht unterbrochen bzw. verzögert wurde. Der geforderte Zusammenhang zwischen der Dienstpflicht und der Unterbrechung bzw. Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung liegt auch dann vor, wenn die Ausbildungsabschnitte die Zeit der Dienstpflicht nicht unmittelbar einrahmen, aber wie hier sog. begrenzte Übergangszeiten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten vorliegen, die für sich betrachtet das Bestehen einer Familienversicherung von Kindern in Schul- oder Berufsausbildung rechtfertigen. Für die Anwendung des Verlängerungstatbestandes im Sinne des § 10 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB V ist es nicht erforderlich, dass die Familienversicherung nach Erfüllung der Dienstpflicht ununterbrochen bis zum 25. Lebensjahr bestanden haben muss. Die Aufnahme der zur Versicherungspflicht führenden Beschäftigung nach dem Wehrdienst schließt für diesen Zeitraum zwar die Familienversicherung aus (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V); sie lässt die Anerkennung des Wehrdienstes als Verlängerungstatbestand aber unberührt.

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