hier: Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug
Zum Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung gehören nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden oder ob sie unmittelbar oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Der Arbeitsentgeltbegriff in der Sozialversicherung umfasst auch Sachbezüge als nicht in Geld bestehende Einnahmen, die im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses veranlasst sind und gewährt werden.
Die Höhe des dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zuzuordnenden geldwerten Vorteils aus Sachbezügen richtet sich nach § 2 und § 3 SvEV. Dabei regelt § 3 Abs. 1 Satz 4 SvEV, dass für sonstige Sachbezüge § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG entsprechend gilt. Hiernach sind Sachbezüge im Wert von bis zu 44 EUR monatlich (ab dem 1.1.2022 gilt ein Wert von 50 EUR monatlich) den steuerpflichtigen Einnahmen nicht zuzurechnen. Diese steuerrechtliche Sachbezugsfreigrenze, auf die die SvEV ausdrücklich Bezug nimmt, ist mithin auch beitragsrechtlich zu berücksichtigen.
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben sich mit dem Sachbezugscharakter von Gutscheinen zuletzt in ihrer Besprechung über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 24.3.2021 befasst (vgl. TOP 5 der Niederschrift). Hiernach kennt das Beitragsrecht der Sozialversicherung keine eigenständige Definition zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug. Daher wird in aller Regel auf die im Einkommensteuerrecht bestehenden Regelungen, die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sowie die Grundsätze der Finanzverwaltung zurückgegriffen.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat nunmehr im Urteil vom 23.2.2021, B 12 R 21/18 R (USK 2021-6), zum Sachbezugscharakter von Tankgutscheinen ausgeführt, dass die steuerrechtliche Beurteilung für das Beitragsrecht nicht maßgebend oder vorgreiflich ist, da im Beitragsrecht eine Geltungsanordnung hinsichtlich des Steuerrechts fehlt und die unterschiedlichen Beurteilungen in der Regel den Besonderheiten der jeweiligen Rechtsmaterie Rechnung tragen. § 3 Abs. 1 Satz 4 SvEV regelt lediglich die Bewertung von Sachbezügen.
Das BSG verweist zum Sachbezugscharakter zwar auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs [BFH] und übernimmt dessen Kriterien, wonach ein Sachbezug grundsätzlich jede nicht in Geld bestehende Einnahme ist. Dazu gehört auch ein Anspruch auf eine Sach- oder Dienstleistung. Ein Sachbezug setzt deshalb nicht voraus, dass konkrete Sachen oder Dienstleistungen überlassen werden. Er liegt auch dann vor, wenn Gutscheine überlassen werden, die zum Bezug einer vom Arbeitnehmer selbst auszuwählenden Sach- oder Dienstleistung berechtigen und die bei einem Dritten einzulösen oder auf den Kaufpreis anzurechnen sind. Maßgebend ist aber stets der Rechtsgrund der Zuwendung. Eine Sachzuwendung liegt nur vor, wenn der Arbeitgeber nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung eine Sachleistung schuldet und den Geldbetrag lediglich an erfüllungsstatt leistet. Schuldet der Arbeitgeber hingegen von vornherein nur einen Geldbetrag, vermag auch eine mit der Zahlung verknüpfte Bedingung die Geldleistung nicht in eine Sachleistung umzuqualifizieren. Wenn danach das arbeitsvertragliche Versprechen auf die Gewährung eines Sachbezugs gerichtet ist, kommt es auf die Art und Weise der Durchführung nicht (mehr) an.
Sind hiernach also Gutscheine, die auf einen Geldbetrag ausgestellt werden und zum Bezug einer Sache berechtigen, Surrogat für einen vorherigen, auf eine Geldleistung bezogenen Entgeltverzicht, bleibt der Geldleistungscharakter der arbeitgeberseitigen Schuld erhalten. Bei den Gutscheinen handelt es sich unbeachtlich der steuerrechtlichen Behandlung beitragsrechtlich nicht um einen Sachbezug.
Steuerrechtlich ist allerdings mit Wirkung ab 1.1.2020 in § 8 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG eine neue Definition zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug geschaffen worden. Danach gehören auch zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten, entgegen der vorherigen Rechtsprechung zu den Geldleistungen im steuerrechtlichen Sinn. Gutscheine und Geldkarten hingegen, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG erfüllen, sind als Sachbezug definiert. Damit soll entsprechend der weit verbreiteten betrieblichen Praxis dem Arbeitgeber (weiterhin) ermöglicht werden, dem Arbeitnehmer durch die Überlassung bestimmter zweckgebundener Gutscheine und Geldkarten unbürokratisch Waren oder Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Zudem wurde geregelt, dass Gutscheine und Geldkarten nur dann als Sachbezug im Rahmen des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG (Sachbezugsfreigrenze) nicht den steuerpflichtigen Einnahmen zuzurechnen sind, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.
Das steuerrechtliche Zusätzlic...