hier: Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt - Renten aus privaten Lebensversicherungen
Sachstand:
Versicherte haben bei der Versorgung mit Zahnersatz zusätzlich zu den Festzuschüssen nach § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V Anspruch auf weitere finanzielle Unterstützung nach § 55 Abs. 2 und 3 SGB V, wenn sie ansonsten unzumutbar belastet würden. Eine unzumutbare Belastung liegt u. a. vor, wenn die monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Versicherten 40 vom Hundert (v. H.) der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV nicht überschreiten (vgl. § 55 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB V).
Des Weiteren haben Versicherte während jedes Kalenderjahres nur Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze zu leisten. Die Belastungsgrenze beträgt 2 v. H.; für chronisch Kranke, die wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sind, unter bestimmten Voraussetzungen 1 v. H. der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt (vgl. § 62 Abs. 1 SGB V).
Der Gesetzgeber hat den Begriff "Bruttoeinnahme zum Lebensunterhalt" selbst nicht näher erläutert oder definiert. In § 55 Abs. 2 bzw. § 62 SGB V wurde lediglich geregelt, dass Grundrenten, die Beschädigte nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) oder nach anderen Gesetzen in entsprechender Anwendung des BVG erhalten, sowie Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) für Schäden an Körper und Gesundheit gezahlt werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG, nicht zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt gehören (vgl. § 55 Abs. 2 Satz 4 und § 62 Abs. 2 Satz 4 SGB V). Daher haben der GKVSpitzenverband und die Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene in ihrem gemeinsamen Rundschreiben zu Einnahmen zum Lebensunterhalt (Anlage 1) – zuletzt in der Fassung vom 04.12.2013 – unter Berücksichtigung gesetzlicher Regelungen, der Rechtsprechung sowie entsprechender Rechtsauslegung näher ausgeführt, welche Einnahmen zum Lebensunterhalt zu berücksichtigen bzw. nicht zu berücksichtigen sind.
Aufgrund rechtlicher Entwicklungen wurde das gemeinsame Rundschreiben zu Einnahmen zum Lebensunterhalt zuvor mit der Fassung vom 06.06.2013 umfangreich aktualisiert. Davon betroffen war auch die Bewertung der Renten aus privaten Lebensversicherungen und anderen Verträgen. In der Vergangenheit wurden diese vollständig als Einnahme zum Lebensunterhalt angerechnet. Mit der Überarbeitung des gemeinsamen Rundschreibens zum 06.06.2013 werden Renten aus privaten Lebensversicherungen und anderen Verträgen nur noch mit ihrem Ertragsanteil als Einnahme zum Lebensunterhalt angerechnet.
Im Fließtext des gemeinsamen Rundschreibens ist unter Punkt 6.1 Renten seitdem beschrieben:
Zitat
Bei Renten aus privaten Lebensversicherungen, die nicht zu den Versorgungsbezügen im Sinne von § 229 SGB V gehören, zählt zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt nur der Ertragsanteil, da der Kapitalrückzahlungsanteil eine Kapitalumschichtung und damit einen Vermögensverzehr darstellt. Der Ertragsanteil ist der dem Versicherten zustehende Zinsertrag aus dem eingezahlten Kapital. Die jeweiligen Informationen sind vom Versicherten über entsprechende Bescheinigungen der Lebensversicherer nachzuweisen.
Die rechtliche Herleitung dieser Auffassung und die damit verbundene Anpassung im Gemeinsamen Rundschreiben wurde in der Niederschrift der Fachkonferenz Leistungs- und Beziehungsrecht vom 05./06.06.2013 zu TOP 5 (Anlage 2; Seite 27, 30-33) ausführlich dargestellt und durch die Besprechungsteilnehmer/-innen beschlossen.
Aufgrund der vorgenommenen Änderungen erreichte den GKV-Spitzenverband ein Schreiben der Allianz Lebensversicherungs-AG vom 20.12.2013 (Anlage 3). Darin teilte die Allianz Lebensversicherungs- AG mit, dass ihre Kunden vermehrt nach Bescheinigungen fragen würden, aus der der den Kunden zustehenden Zinsertrag aus eingezahltem Kapital (Ertragsanteil) hervorgeht. Eine gesetzliche Grundlage für die Ausstellung einer solchen Bescheinigung seitens der privaten Versicherungsunternehmen sei laut Allianz Lebensversicherungs-AG nicht gegeben.
Zudem existiere aus Sicht der Allianz Lebensversicherungs-AG eine Legaldefinition von Ertragsanteil nur im Steuerrecht gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) Einkommensteuergesetz (EStG). Da es an einer solchen im Sozialrecht mangele, müsse bei der Bestimmung der Einnahmen zum Lebensunterhalt auf die Ertragsanteile des Steuerrechts zurückgegriffen werden. Hierzu würden die Ertragsanteile (nur) im Rahmen der gesetzlichen Regelungen und Erfordernisse bescheinigt.
Weiterhin würde sich laut Allianz Lebensversicherungs-AG abschließend aus § 62 Abs. 2 Satz 4 SGB V ergeben, welche Einnahmen nicht den Einnahmen zum Lebensunterhalt zuzurechnen sind. Einkünfte aus privaten Rentenversicherungen würden nicht genannt, weshalb sie vollständig zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt gehören.
Dieser Rechtsauffassung der Allianz kann weder in Bezug auf die Definition der Einnahmen zum Lebensunterhalt noch auf die Anwendbarkeit der steuerlichen Regelungen gefolgt werden.
Begründet wird dies insbesondere damit, dass...