Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben im Jahr 2005 ihre Rechtsauffassung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Synchronsprechern durch weitergehende Auslegungen präzisiert (vgl. Gemeinsame Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Synchronsprechern vom 30.9.2005 [GR v. 30.9.2005]). Danach war bei Synchronsprechern, die nur kurzzeitig für einen Synchronisationsauftrag verpflichtet werden, regelmäßig dann nicht von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, wenn sie nicht überwiegend für ein Unternehmen tätig werden und die kurzzeitigen Einsätze nicht durch eine Rahmenvereinbarung verbunden sind. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BFH verlieren in diesen Fällen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Kriterien in der Gesamtbewertung der Art und Weise der Ausgestaltung der Tätigkeit an Gewicht (u. a. BFH, Urteile vom 1.3.1973, IV R 231/69, USK 73103; vom 3.8.1978, VI R 212/75, USK 78186; und vom 12.10.1978, IV R 1/77, BFHE 133, 357).

Das BSG hat dieser Rechtsauffassung widersprochen. In zwei Beschlüssen vom 27.4.2016, B 12 KR 16/14 R und B 12 KR 17/14 R hat es ausgeführt, dass für die versicherungsrechtliche Beurteilung jeweils auf die Verhältnisse abzustellen ist, die nach Annahme des einzelnen Einsatzangebots bestehen. Aus der bloßen Kurzzeitigkeit von Tätigkeiten könne – anders als der BFH dies für das Steuerrecht annimmt – schon deshalb nichts hergeleitet werden, weil das Sozialversicherungsrecht mit den Regelungen für unständig Beschäftigte (anders als das Einkommensteuerrecht) gerade Sondernormen für Personen mit kurzzeitigen Beschäftigungen kenne.

In den konkreten Fällen hat das BSG eine Eingliederung der Synchronsprecher in den jeweiligen Betrieb der Synchronunternehmen festgestellt. Die Synchronsprecher unterlagen im Einzelnen den Weisungen der von den Unternehmen gestellten Regisseure, Cutter und Tonmeister, indem ihnen vor allem die Termine und zeitliche Abfolge für die Aufnahmen, die Räumlichkeiten sowie Dialog- bzw. Synchronbücher vorgegeben wurden. Gesichtspunkte der Kunstfreiheit gebieten zudem keinerlei Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen für die Statuseinstufung als Beschäftigte; weder die künstlerische Freiheit der Sprecher bei der Gestaltung der Synchronisation noch ein möglicher Schutz der Tätigkeit der Synchronisation von Filmen nach Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 3 GG (Film- und Kunstfreiheit) stünden dem entgegen. Ein unternehmerisches Risiko, die eigene Arbeitskraft mit der Ungewissheit der Vergütung eingesetzt zu haben, habe bereits deswegen nicht bestanden, weil als Teil des Gagensystems Mindesthonorare vereinbart waren, deren Höhe von dem zunächst disponierten Zeitraum sowie dem Aufnahmeort abhing.

Die Tätigkeit wurde auch nicht aufgrund von Werkverträgen ausgeübt, da es hierfür nach den vom Bundesarbeitsgericht zur Abgrenzung von Werk- und Arbeitsvertrag entwickelten Grundsätzen, denen sich das BSG für die versicherungsrechtliche Beurteilung anschließt, entscheidend darauf ankommt, ob sich Weisungsrechte des Werkbestellers/Dienstherrn ausschließlich auf die Ausführung des vereinbarten Werks beziehen (Werkvertrag), oder ob auch Weisungsrechte bezüglich des Arbeitsvorgangs und der Zeiteinteilung bestehen. Wird die Tätigkeit, wie in den vorliegenden Fällen, durch den "Besteller" geplant und organisiert und ist der "Werkunternehmer" in den arbeitsteiligen Prozess in einer Weise eingegliedert, die eine eigenverantwortliche Organisation der Erstellung des vereinbarten "Werks" faktisch ausschließt, liege ein Arbeitsvertrag nahe.

Ob die besonderen versicherungs- und beitragsrechtlichen Regelungen für unständige Beschäftigungen Anwendung finden, hängt neben der entsprechenden Befristung der Beschäftigung von deren berufsmäßiger Ausübung ab. Ähnlich der Prüfung der "Hauptberuflichkeit" in anderen Kontexten müsse für die Prüfung der Berufsmäßigkeit einer unständigen Beschäftigung – regelmäßig prognostisch – festgestellt werden, ob die auf weniger als eine Woche befristeten Beschäftigungen nach ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und von ihrem zeitlichen Aufwand her die übrigen "Erwerbstätigkeiten" zusammen deutlich übersteigen.

Die besondere Schutzwürdigkeit der unständig Beschäftigten vermittelt sich nach Auffassung des BSG nicht über ein bestimmtes Berufsbild, sondern die tatsächliche Kurzfristigkeit der jeweiligen Beschäftigung und die deshalb zu erwartenden Statusunterbrechungen. Nur wenn die auf weniger als eine Woche befristeten Beschäftigungen (gleich in welchem Beruf) die Erwerbstätigkeit im jeweiligen Monat prägen, ist die Anwendung der Regelungen über unständige Beschäftigung gerechtfertigt. Entgelte und Zeiten einer "ständigen" Beschäftigung sowohl in demselben Beruf (hier also als Synchronsprecher) als auch in einem anderen Beruf sind insoweit grundsätzlich nicht mit solchen in kurzzeitig befristeten – potenziell unständigen – Beschäftigungen zusammenzuziehen. Bezugszeitraum ist dabei stets der jeweilige Kal...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Platin enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge