Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Begründung eines Wiedereinsetzungsgesuchs
Leitsatz (NV)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist kann nur bewilligt werden, wenn der Antragsteller schlüssig Tatsachen vorträgt und glaubhaft macht, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen.
Normenkette
FGO § 56
Tatbestand
Der BFH hat die Revision des Klägers, Revisionsklägers und Antragstellers (Kläger) gegen das ihm am 7. Juli 1988 zugestellte Urteil des Finanzgerichts (FG) durch Beschluß vom 9. Mai 1989 als unzulässig verworfen.
Die Revision sei nicht statthaft, weil sie nicht zugelassen sei. Sie sei auch deshalb unzulässig, weil sie nicht innerhalb der bis zum 1. Dezember 1988 verlängerten Revisionsbegründungsfrist begründet worden sei.
Mit seinem Schriftsatz vom 12. Juni 1989 - beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen am 15. Juni 1989 - macht der Kläger geltend, der Beschluß des Senats sei rechtswidrig, weil der Senat bisher nicht über seine Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist entschieden habe. Er - der Kläger - habe mit Schriftsatz vom 19. Dezember 1988 den Wiedereinsetzungsantrag gestellt und zugleich die Revisionsbegründung vorgelegt.
Der Kläger hat seinem Schriftsatz vom 12. Juni 1989 eine Fotokopie des Schriftsatzes vom 19. Dezember 1988 beigefügt. In diesem Schriftsatz führt der Kläger zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags aus, er habe mit Schriftsatz vom 28. November 1988 - also vor Ablauf der verlängerten Frist zur Begründung der Revision - einen weiteren Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist gestellt. Der 28. November 1988 sei ein Montag gewesen. Nach dem am Postkasten in Hannover veröffentlichten Plan erreiche jede bis 18 Uhr eingeworfene Postsendung München am nächsten Vormittag. Es sei nicht erklärlich, daß ein am 28. November 1988 in Hannover eingeworfener Brief erst am 5. Dezember 1988 beim BFH eingegangen sei. Eine (mögliche) Verzögerung der Zustellung durch die Post könne nicht zu Lasten des Klägers gehen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist hat keinen Erfolg.
Die Urschrift des Schriftsatzes vom 19. Dezember 1988 liegt dem Senat nicht vor. Der Senat kann offenlassen, ob der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fristgerecht gestellt worden ist. Denn der Senat könnte diesem Antrag auch dann nicht stattgeben, wenn glaubhaft gemacht wäre, daß der Kläger den Schriftsatz vom 19. Dezember 1988 so rechtzeitig zur Post gegeben hat, daß er unter Berücksichtigung der üblichen Postlaufzeiten innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO beim BFH hätte eingehen müssen.
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nur in Betracht, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten (§ 56 Abs. 1 FGO). Die Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen können, müssen innerhalb der Antragsfrist mitgeteilt werden. Erforderlich ist eine vollständige Darstellung der Ereignisse, die zu der Fristversäumnis geführt haben (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 56 Anm. 49 f., m. w. N.). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags müssen glaubhaft gemacht werden (§ 56 Abs. 2 Satz 2 FGO). Das ist hier nicht geschehen.
Der Prozeßbevollmächtigte hat nicht schlüssig Tatsachen vorgetragen, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten. Er hat solche Tatsachen auch nicht glaubhaft gemacht. Der Prozeßbevollmächtigte hat zur Begründung seines Antrags lediglich vorgetragen, daß der Schriftsatz vom 28. November 1988 am selben Tag bei der Post eingereicht worden sei. Diese Tatsache hat er jedoch nicht glaubhaft gemacht. Sie steht auch in Widerspruch zu dem Poststempel des Briefumschlags, in dem der Fristverlängerungsantrag vom 28. November 1988 übersandt wurde. Daraus ergibt sich, daß der Brief erst am 2. Dezember 1988 - also erst nach Ablauf der verlängerten Revisionsbegründungsfrist - in Hannover zur Post gegeben wurde. Abgesehen von diesem Widerspruch zum Vorbringen des Klägers ist mit der bloßen Behauptung, der Brief sei am 28. November 1988 zur Post gegeben worden, nicht ausreichend dargelegt, daß die Sendung tatsächlich an diesem Tag abgesandt wurde. Hierfür hätte es der Darlegung und Glaubhaftmachung weiterer Umstände bedurft. Insbesondere hätte der Prozeßbevollmächtigte darlegen müssen, wann (Uhrzeit) und von wem die Sendung zur Post gegeben wurde. Solche Angaben hätten anhand geeigneter Beweismittel (wie z. B. einer eidesstattlichen Versicherung) glaubhaft gemacht werden müssen (BFH-Beschluß vom 28. Februar 1985 VIII R 261/84, BFH/NV 1986, 30).
Fundstellen
Haufe-Index 416539 |
BFH/NV 1990, 577 |