Leitsatz (amtlich)
Für die Lohnpfändung darf dem Gläubiger die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht ohne Prüfung des Einzelfalls versagt werden.
Normenkette
ZPO § 121 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss der 9. Zivilkammer des LG Dortmund vom 10.1.2003 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Beschluss des AG Dortmund v. 5.11.2002. Auf ihren Antrag bewilligte ihr das AG Dortmund Prozesskostenhilfe für eine Lohnpfändungsmaßnahme, lehnte die Beiordnung eines Rechtsanwalts jedoch ab, weil die Sach- und Rechtslage einfach sei. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen diesen Beschluss wies das LG zurück. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde.
II.
Das gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2, § 575 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel hat Erfolg.
In Verfahren ohne Anwaltszwang ist nach § 121 Abs. 2 ZPO u. a. ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn die Partei dies beantragt und die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint, d. h. wenn Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache Anlass zu der Befürchtung geben, der Hilfsbedürftige werde nach seinen persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage sein, seine Rechte sachgemäß wahrzunehmen und die notwendigen Maßnahmen in mündlicher oder schriftlicher Form zu veranlassen. Danach hängt die Notwendigkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts einerseits von der Schwierigkeit der im konkreten Fall zu bewältigenden Rechtsmaterie und andererseits von den persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen gerade des Antragstellers ab.
Das LG hat die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt, weil nach ständiger Rechtsprechung der Kammer "im Rahmen der Mobiliarzwangsvollstreckung ein sachliches und persönliches Bedürfnis nach anwaltlicher Unterstützung nur in Ausnahmefällen" bestehe. Ein solcher liege hier nicht vor. Die Gläubigerin könne sich der Hilfe der Rechtsantragsstelle bedienen. Diese Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Der Ausgangspunkt der angefochtenen Entscheidung, das gesamte Gebiet der Mobiliarzwangsvollstreckung (einschließlich der Forderungspfändung) weise so wenig rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten auf, dass ein Antragsteller für den Regelfall auf die Inanspruchnahme der Rechtsantragsstelle verwiesen werden könne, trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Beispielsweise liegt es nahe, dass ein juristisch nicht ausgebildeter Antragsteller bei der Pfändung wegen Unterhaltsansprüchen, insbesondere beim Vorhandensein mehrerer Unterhaltsberechtigter, auch mithilfe der Rechtsantragsstelle häufig kaum in der Lage sein wird, einen korrekten Antrag zu stellen. Jedenfalls für Verfahren der erweiterten Pfändung von Arbeitslohn oder Lohnersatzleistungen darf dem Gläubiger daher nicht ohne Prüfung des Einzelfalls die Beiordnung eines Rechtsanwalts mangels Erforderlichkeit versagt werden. Ob ein solcher Fall hier vorliegt und ob ggf. eine Einzelfallprüfung stattgefunden hat, ist dem angefochtenen Beschluss nicht zu entnehmen. Aus ihm geht nur hervor, dass die Gläubigerin aus einem familiengerichtlichen Titel eine Lohnpfändung betreibt. Nähere Angaben zur Person der Gläubigerin und des Schuldners, zu Grund und Umfang der beabsichtigten Pfändung teilt das Beschwerdegericht nicht mit. Ebensowenig lassen die Ausführungen des Beschwerdegerichts erkennen, welche Fälle es als "Ausnahmefälle" ansieht, in denen nach seiner ständigen Rechtsprechung eine Beiordnung erfolgen würde. Der Senat vermag deshalb nicht nachzuvollziehen, nach welchen Kriterien das Beschwerdegericht hier entschieden hat.
Fundstellen
Haufe-Index 971090 |
NJW 2003, 3136 |
BGHR 2003, 1302 |
FamRZ 2003, 1547 |
JurBüro 2004, 42 |
WM 2004, 441 |
ZAP 2003, 1103 |
InVo 2004, 27 |
MDR 2003, 1245 |
Rpfleger 2003, 591 |
VersR 2004, 1476 |
BRAGOreport 2003, 205 |
ZVI 2003, 457 |
KammerForum 2003, 420 |
ProzRB 2003, 350 |