Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirkung der Vorpfändung, Verpflichtung zur Einlösung von ausgestellten und eingereichten eurocheques
Leitsatz (amtlich)
a) Die Wirkung des § 845 Abs. 2 ZPO tritt auch dann ein, wenn es sich bei der Pfändung, von deren Bevorstehen der Gläubiger den Schuldner nach § 845 Abs. 1 Satz 1 ZPO benachrichtigt hat, um eine solche nach § 720 a ZPO handelt.
b) Die rechtliche Grundlage für die Verpflichtung einer Bank, ordnungsgemäß ausgestellte und fristgerecht eingereichte eurocheques einzulösen, wird bereits durch die Aushändigung der eurocheque-Karte und der eurocheque-Formulare an den Scheckaussteller angelegt, ihre Garantiehaftung nach Scheckbegebung nicht durch ein „neues Geschäft” im Sinne von § 357 Satz 1 HGB ausgelöst.
Normenkette
ZPO §§ 720a, 845; ScheckG Art. 4; AGB der Banken Nr. 19 Abs. 2; BGB §§ 1209, 404; HGB § 357
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf |
LG Düsseldorf |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. Februar 1984 aufgehoben und auf ihre Berufung das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 18. Mai 1983, soweit zu ihrem Nachteil erkannt ist, abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte als Drittschuldnerin in Anspruch. Ihm steht auf Grund vollstreckbaren Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 21. September 1982 – 10 0 497/81, das mit Ablauf des 28. Oktober 1982 rechtskräftig geworden ist, ein Anspruch auf Zahlung von 17.584,12 DM nebst 4% Zinsen seit dem 15. Oktober 1981 gegen Bernhard R… zu (im folgenden: Schuldner).
Dieser hatte 1981 bei der Beklagten das im Kontokorrent geführte Girokonto 60 100 78 eröffnet und sich mit ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen einverstanden erklärt, deren Nr. 19 Abs. 2 lautet:
„Die irgendwie in den Besitz oder die Verfügungsgewalt irgendeiner Stelle der Bank gelangten oder noch gelangenden Sachen und Rechte, einschließlich der Ansprüche des Kunden gegen die Bank selbst, dienen als Pfand für alle bestehenden und künftigen – auch bedingten oder befristeten – Ansprüche der Bank gegen den Kunden. Dieses Pfandrecht besteht auch für Ansprüche gegen den Kunden, die von Dritten auf die Bank übergehen, und für Ansprüche der Bank gegen Firmen, für deren Verbindlichkeiten der Kunde persönlich haftet. Es macht keinen Unterschied, ob die Bank den mittelbaren oder unmittelbaren Besitz, die tatsächliche oder rechtliche Verfügungsgewalt über die Gegenstände erlangt hat.”
Die Beklagte händigte unter Hinweis auf die „Bedingungen für eurocheque-Karten” dem Schuldner eine eurocheque-Karte und am 20. September 1982 dazu 50 eurocheque-Vordrucke aus.
Durch vorläufiges Zahlungsverbot nach § 845 ZPO vom 28. September 1982 benachrichtigte der Kläger die Beklagte, daß er „aus dem vollstreckbaren Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 15.10.1982 (Gesch.-Nr. 10 0 497/81)” gegen den Schuldner einen Anspruch auf Zahlung von 17.584,12 DM Hauptforderung dazu 4% Zinsen seit dem 15. Oktober 1982 habe und deswegen die gerichtliche Pfändung von dessen Ansprüchen gegen sie als Drittschuldnerin auf „Auszahlung des Kontoguthabens des Kontos Nr. 60 100 78” bevorstehe. Damit verband er die Aufforderung, nicht an den Schuldner zu zahlen. Der Gerichtsvollzieher beurkundete in der Zustellungsurkunde vom 30. September 1982, er habe an diesem Tage eine beglaubigte Abschrift des vorläufigen Zahlungsverbots zum Zwecke der Zustellung an die Beklagte
„Da in dem Geschäftsraum während der gewöhnlichen Geschäftsstunden der gesetzliche Vertreter nicht anwesend war, dort dem beim Empfänger angestellten Herrn … übergeben.”
Am 19. Oktober 1982 wurde der Beklagten ein vom Kläger am 14. Oktober 1982 erwirkter Pfändungsbeschluß gemäß § 720 a ZPO zugestellt und wegen seiner Ansprüche aus dem vollstreckbaren Urteil vom 21. September 1982 die angebliche Forderung des Schuldners gegen die Beklagte als Drittschuldnerin
„(Kontoguthaben – Konto Nr. 60 100 78)
auf Zahlung des gegenwärtigen und gesamten künftigen Überschusses (Guthabens), der dem Schuldner bei Saldoziehung aus der in laufender Rechnung Kontokorrent) bestehenden Geschäftsverbindung insbesondere über das Konto Nr. 60 100 78) jeweils gebührt,
und alle angeblichen Ansprüche und Forderungen an diesen Drittschuldner aus dem Girovertrag über das Konto Nr. 60 100 78 auf Gutschrift aller künftigen Eingänge und auf fortlaufende Auszahlung der Guthaben sowie auf Durchführung von Überweisungen an Dritte, – einschließlich der künftig fällig werdenden Beträge aus dem gleichen Rechtsgrunde –”
gepfändet. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom selben Tage dem Kläger, daß die gepfändete Forderung nur, in Höhe von 10.697,06 DM bestehe und nur in dieser Höhe, abzüglich der Kontoabschlußspesen, befriedigt werden könne. Der Kläger ließ sich durch Beschluß vom 19. November 1982, der Beklagten zugestellt am 25. November 1982, die gepfändete Forderung zur Einziehung überweisen. An diesem Tage wies das Konto des Schuldners einen Debetsaldo von 1.442,92 DM aus, weil die Beklagte es mit den Einlösungsbeträgen für zahlreiche eurocheques belastet hatte, die von dem Schuldner am 1., 2. und 4. Oktober 1982 in Frankreich ausgestellt und in der Zeit vom 15. bis zum 21. Oktober 1982 der Deutschen eurocheque-Zentrale zugeleitet worden waren.
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Zahlung des sich nach Abzug der Kontoabschlußspesen ergebenden Kontoguthabens von 10.616,41 DM nebst Zinsen. Das Landgericht gab der Klage bis auf einen Teil der Zinsforderung statt. Die Berufung der Beklagten wies das Oberlandesgericht durch das in WM 1984, 489 = ZIP 1984, 566 veröffentlichte Urteil zurück. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
I.
Das Girokonto 60 100 78 des Schuldners bei der Beklagten wies nach dem vom Berufungsurteil in Bezug genommenen Kontoauszug Nr. 79 vom 19. Oktober 1982, dem Tage der Zustellung des Pfändungsbeschlusses, seit der letzten Buchung am 24. September 1982 einen Habensaldo von 10.772,06 DM aus.
II.
Die Pfändung der Forderung des Schuldners gegen die Beklagte aus dem Kontokorrent- und Girovertrag (vgl. dazu BGHZ 80, 172; 84, 325; 371) war mit der Zustellung des Beschlusses vom 14. Oktober 1982 an sie als Drittschuldnerin am 19. Oktober 1982 als bewirkt anzusehen (§ 829 Abs. 3 ZPO). In diesem Zeitpunkt war ihre Verpflichtung, die von dem Schuldner im Ausland am 1., 2. und 4. Oktober 1982 ausgestellten eurocheques bei Vorlage zur Zahlung, Einreichung zum Inkasso bei einem inländischen Geldinstitut oder Zuleitung bei der Deutschen eurocheque-Zentrale innerhalb der Frist von 20 Tagen (Nr. 4 Abs. 2 der Bedingungen für eurocheque-Karten, abgedruckt bei Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, 14. Aufl., Bankbedingungen Nr. 12) einzulösen, bereits begründet. Der Kläger macht jedoch geltend, und das Berufungsgericht bejaht ohne nähere Prüfung, er habe bereits auf Grund der Zustellung des vorläufigen Zahlungsverbots mit Wirkung vom 30. September 1982, also vor der Begehung der Schecks, ein wirksames Pfändungspfandrecht an der Forderung des Schuldners gegen die Beklagte erworben. Das ist im Ergebnis richtig.
1. Der Gläubiger kann schon vor der Pfändung auf Grund eines vollstreckbaren Schuldtitels dem Drittschuldner die Benachrichtigung, daß die Pfändung bevorstehe, zustellen lassen mit der Aufforderung, nicht an den Schuldner zu zahlen (§ 845 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Benachrichtigung hat die Wirkung eines Arrests (§ 930 ZPO), sofern die Pfändung der Forderung innerhalb drei Wochen bewirkt wird {§ 845 Abs. 2 Satz 1 ZP0) Das gilt auch für eine Sicherungspfändung nach § 720 a ZPO. Die Benachrichtigung der Beklagten durch den Kläger vom 28. September 1982 gibt den vollstreckbaren Schuldtitel, auf Grund dessen die Pfändung bevorstehe, nicht genau an, weil sie als dessen Verkündungsdatum das offenbar unrichtige vom 15. 10. 1982 nennt. Das steht der Wirksamkeit der Benachrichtigung nicht entgegen. Denn durch die richtige Bezeichnung des erkennenden Gerichts, der Geschäftsnummer und des Betrages der zuerkannten Hauptforderung ist der Schuldtitel eindeutig bezeichnet.
2. Der Zustellungsurkunde läßt sich nicht entnehmen, daß der Gerichtsvollzieher, die Benachrichtigung wirksam zugestellt hat. Die Zustellung soll nach ihr nicht an den gesetzlichen Vertreter der Beklagten (vgl. § 171 ZPO), sondern im Wege der Ersatzzustellung nach § 184 Abs. 1 ZPO in ihrem Geschäftslokal an einen bei ihr angestellten Bediensteten bewirkt worden sein. Dessen Bezeichnung hätte die Zustellungsurkunde enthalten müssen (§ 191 Abs. 4 ZPO) Auch wenn die Zustellung mangelhaft gewesen sein sollte, ist sie als am 30. September 1982 bewirkt anzusehen. Denn die Beklagte hat zugestanden, das vorläufige Zahlungsverbot am 30. September 1982 erhalten zu haben (§ 187 ZPO). Das Pfändungspfandrecht des Klägers an der Forderung des Schuldners gegen die Beklagte auf Auszahlung des Guthabens des Girokontos 60 100 78 war mithin an diesem Tage entstanden (§§ 845 Abs. 2, 930 Abs. 1, 804 ZPO). An diesem Tage, auf den abzustellen ist (vgl. BGHZ 80, 172, 176), überstieg der Habensaldo des Schuldners die Klageforderung.
III.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend der Auffassung, die Beklagte habe auf Grund Nr. 19 Abs. 2 ihrer bei Kontoeröffnung mit dem Schuldner vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein vertragliches Pfandrecht an dessen Guthaben erworben. Nach dieser Bestimmung dienen der Bank die irgendwie in ihren Besitz oder in ihre Verfügungsgewalt gelangten oder noch gelangenden Sachen und Rechte des Kunden einschließlich seiner Ansprüche gegen sie selbst als Pfand für alle bestehenden und künftigen Ansprüche gegen ihn. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 17. Dezember 1980 – VIII ZR 307/79 = LM Allg. Geschäftsbedingungen der Banken Ziff. 19 Nr. 14 = WM 1981, 162; Urt. v. 9. Juni 1983 – III ZR 105/82 = NJW 1983, 2701), der der erkennende Senat sich anschließt, stehen die Vorschriften der §§ 3 und 9 AGB-Gesetz der wirksamen Begründung dieses Pfandrechts nicht entgegen, soweit es – wie hier – um die Sicherung von Ansprüchen der Bank an Forderungen des Kunden geht, die im Rahmen einer bankmäßigen Geschäftsverbindung in ihre Verfügungsgewalt gelangt sind.
Nach § 1204 Abs. 2 BGB kann das Pfandrecht auch für eine künftige oder eine bedingte Forderung bestellt werden, wenn sie zumindest bestimmbar ist (vgl. BGHZ 86, 340, 346 m.w.Nachw.). Diese Voraussetzung ist erfüllt. Auch wenn der Wortlaut der Nr. 19 Abs. 2 AGB der Banken diese Beschränkung nicht enthält, ist regelmäßig davon auszugehen, daß die Pfandbestellung nur für Forderungen der Bank aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung erfolgen soll (vgl. BGH, Urt. v 17. Dezember 1980 a.a.O. m.w.Nachw.). Daß im Rahmen eines Giro-Vertrages die Bank dem Kunden eurocheque-Karte und -Vordrucke aushändigt und bei Einlösung der begebenen Schecks von ihm Ersatz ihrer dadurch bedingten Aufwendungen verlangt (vgl. Nr. 6 Satz 3 der Bedingungen für eurocheque-Karten; §§ 675, 670 BGB; Baumbach/Hefermehl a.a.O., Anh. zu Art. 4 Schecke, Rdnr. 17), liegt im Rahmen der bankmäßigen Geschäftsverbindung.
Die zur Begründung des Pfandrechts an dem Guthaben nach §§ 1205, 1274 BGB erforderliche Einigung über dessen Bestellung ist mit der Vereinbarung der Geltung der Allgemeinen Geschäftsverbindungen der Banken für die Geschäftsverbindung gegeben (vgl. BGH, Urt. v. 9. Juni 1983 a.a.O.). Die Beklagte konnte auch an ihrer eigenen Schuld ein Pfandrecht begründen (pignus debiti RGZ 116, 198, 207; BGH, Urt. v. 20. Dezember 1955 – I ZR 171/53 = WM 1956, 217, 218; Urt. v. 15. November 1961 – V ZR 52/60 = WM 1962, 183, 185; Urt. v. 9. Juni 1883 a.a.O.). Einer Anzeige gemäß § 1280 BGB bedurfte es nicht, weil der Schuldner zugleich der Pfandgläubiger war (RG a.a.O.; BGH, Urt. v. 20. Dezember 1955 a.a.O.).
Der Rang des wirksam begründeten Pfandrechts richtet sich nach §§ 1273 Abs. 2, 1209 BGB. Danach ist die Zeit der Bestellung auch darin maßgebend, wenn das Pfandrecht für eine künftige Forderung bestellt ist. Nicht entscheidend ist der Zeitpunkt des Entstehens der gesicherten Forderung, wenn auch eine Verwertung des Pfandes für sie erst mit ihrem Entstehen und ihrer Fälligkeit möglich ist (BGHZ 86, 340, 347). Für das Rangverhältnis zwischen Pfändungspfandrecht und Vertragspfandrecht ist allein die zeitliche Priorität der Entstehung maßgebend (BGHZ 52, 99, 107/108). Das Pfandrecht der Beklagten geht somit grundsätzlich dem Pfändungspfandrecht des Klägers vor (§ 804 Abs. 2 ZPO).
2. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, ihre Forderung gegen den Schuldner auf Ersatz der Aufwendungen für die Einlösung der eurocheques gehe, weil sie als bedingte künftige Forderung bereits zur Zeit der Begründung des Pfändungspfandrechts bestanden habe, nach Nr. 19 Abs. 2 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen diesem vor. Für den hier zu entscheidenden Fall der Pfändung eines Kontokorrentguthabens werde Nr. 19 Abs. 2 AGB der Banken durch die spezielle, vorrangige gesetzliche Vorschrift des § 357 Satz 1 HGB eingeschränkt. Danach könnten dem Gläubiger, der die Saldoforderung aus einem Kontokorrentguthaben gepfändet habe, solche Posten nicht in Rechnung gestellt werden, die erst nach der Pfändung durch neue Geschäfte entstanden seien. Der Pfandgläubiger eines vertraglichen Pfandrechts an der Saldoforderung aus einem Kontokorrent könne den nach § 1209 BGB mit der Bestellung begründeten Vorrang gegenüber einem Pfändungsgläubiger nicht beanspruchen, wenn die gesicherte Forderung zur Zeit der Entstehung des Pfändungspfandrechts noch nicht bestanden habe. Anderenfalls könnten die an einem Kontokorrent Beteiligten durch gegenseitige Bestellung eines Pfandrechts auch für alle künftigen in die laufende Rechnung einzustellenden Forderungen von vornherein die Wirksamkeit der Pfändung einer Saldoforderung ihnen gegenüber ausschließen. Die Anwendung des § 357 HGB führe im vorliegenden Falle zu dem Ergebnis, daß das Pfändungspfandrecht des Klägers vorrangig sei. Denn die Forderung der Beklagten auf Ersatz ihrer Aufwendungen für die Einlösung der eurocheques sei erst durch ein „neues Geschäft” nach der Pfändung entstanden. Ihre Verpflichtung nach Nr. 4 der Bedingungen für eurocheque-Karten sei erst durch die Begebung der Schecks durch den Schuldner im Oktober 1982 begründet worden. Der Garantievertrag zwischen der bezogenen Bank und dem Schecknehmer des eurocheques werde erst dadurch abgeschlossen, daß der Scheckaussteller als der Vertreter der Bank ihm den Scheck unter Hinweis auf die Scheckkarte übergebe. Demgegenüber bestehe kein Anlaß, § 357 Satz 2 HGB so weit auszulegen, daß schon die Erteilung der in der Aushändigung der Scheckkarte und der Scheckformulare liegenden Vollmacht gegenüber dem Kontoinhaber, im Namen der Bank einen Garantievertrag mit jedem beliebigen Schecknehmer abzuschließen, eine „bestehende” Verpflichtung der Bank begründe. Denn die Beklagte hatte durch die Aushändigung der Scheckkarte und der Scheckformulare das Risiko eines Schadens der vorliegenden Art selbst herbeigeführt und – im Interesse des bargeldlosen Zahlungsverkehrs – in Kauf genommen.
3. Dagegen wendet sich die Revision mit Recht.
Die Beklagte beruft sich auf ein ihr zustehendes Pfandrecht an dem ungeminderten Saldoguthaben.
Der vorliegende Fall erfordert nicht die Entscheidung der Frage, ob § 357 HGB für das Rangverhältnis Pfändungspfandrecht und vertragliches Pfandrecht einen allgemeinen Rechtsgedanken enthält (so Canaris in GroßKomm, HGB, 3. Aufl. § 357, Anm. 5; derselbe Bankvertragsrsrecht, 2. Aufl. Anm. 2669, 2676; Nebelung NJW 1953, 449, 450; vgl. Klee BB 1951, 686, 688 und MDR 1952, 202, 203 Fn 8). Es kann auch unerörtert bleiben, ob unter Zugrundelegung des Grundgedankens des § 357 HGB über § 242 BGB eine Einschränkung des vertraglichen Pfandrechts für künftige Forderungen hergeleitet werden kann (s. dazu Staudinger/Wiegand, 12. Aufl. Anh. zu § 1257 BGB Anm. 21) und insoweit den Ausführungen des Berufungsgerichts zu folgen wäre. Denn die Revision macht mit Recht geltend, daß die Forderung der Beklagten auf Ersatz der Aufwendungen, die ihr auf Grund der mit der eurocheque-Karte verbundenen Zahlungsverpflichtung erwachsen sind (Nr. 6 Satz 3 der Bedingungen für eurocheque-Karten, §§ 675, 670 BGB), nicht erst nach der Pfändung durch „neue Geschäfte” entstanden ist, sondern durch Geschäfte, die auf Grund einer schon vor diesem Zeitpunkt bestehenden Verpflichtung vorgenommen wurden.
Rechtlicher Ausgangspunkt für die Beurteilung dieser Frage ist die gesetzliche Regelung in § 357 HGB und in § 404 BGB, wobei die letztgenannte Vorschrift über § 1275 BGB auf ein vertragliches Pfandrecht und analog § 412 BGB auch auf ein Pfändungspfandrecht an einer Forderung Anwendung findet (Roth in MünchKomm § 412 BGB Anm. 20). Diesen Bestimmungen liegt unter anderem der Gedanke des Schutzes des (Dritt-)Schuldners gegenüber dem neuen Gläubiger infolge teilweisen Rechtsüberganges zugrunde. Durch die Veränderung der Gläubigerstellung soll die Rechtsposition des Schuldners keine Verschlechterung erfahren (zu § 404 BGB BGHZ 19, 153, 156; 58, 327, 331; 64, 122, 126; zu § 357 HGB Canaris HGB a.a.0 Anm. 11; Schlegelberger/Hefermehl HGB 5. Aufl. § 357 Rdnr. 8, 11; Rutke ZIP 1984, 538 unter Hinweis auf die Denkschrift zum Zweiten Entwurf eines HGB; vgl. BGHZ 80, 172, 177). Das wird in beiden Vorschriften dadurch erreicht, daß bereits vor dem Rechtsübergang begründete Rechte des Schuldners nicht beeinträchtigt werden dürfen.
Zu § 404 BGB ist anerkannt, daß es nicht darauf ankommt, zu welcher Zeit die Tatsachen eingetreten sind, auf die sich die Einwendungen des Schuldners gegen den neuen Gläubiger gründen, sondern darauf, ob es Tatsachen sind, die, ohne in ausschließlicher Beziehung zum Wechsel des Gläubigers zu stehen, nach Wesen und Inhalt des Schuldverhältnisses den Schuldner zu einem Einwand berechtigen. Darauf, ob die den Einwand begründenden Tatsachen vor oder nach der Abtretung eingetreten sind, kommt es nicht an, falls nur die Einwirkung der erst nachträglich eingetretenen Umstände auf das Schuldverhältnis in dessen Inhalt ihren Grund findet (RGZ 72, 213, 215; 124, 111, 113 BGHZ 25, 27, 29; BGHZ 54, 269, 271; Palandt/Heinrichs BGB 43. Aufl. § 404 Anm. 2 b; Staudinger/Kaduk 10./11. Aufl., § 404 BGB Anm. 42, 43; Roth in MünchKomm § 404 BGB Anm. 12; Weber in RGRK-BGB 12. Aufl. § 404 Anm. 11; Erman/Westermann 7. Aufl. § 404 BGB Rdnr. 4). Die gleiche Wertung wird auch bei § 357 Satz 2 HGB gezogen, indem auf die „Grundlage” für das Geschäft abgestellt wird (Canaris HGB a.a.O. Anm. 11; Schlegelberger/Hefefermehl a.a.O. Rdnr. 12 vgl. auch Rdnr. 14; Rutke a.a.O. S. 540).
Unter Rechtsgrund im Sinne der genannten Vorschriften ist daher im konkreten Fall das Schuldverhältnis zu verstehen, aus dem die Verpflichtung des Scheckausstellers gegenüber der Bank auf Aufwendungsersatz aus der Einlösung der eurocheques entsteht. Die rechtliche Grundlage dieser Verpflichtung wird nicht erst durch die Ausstellung des eurocheques geschaffen, sondern ist bereits vorher in den vertraglichen Beziehungen im Zusammenhang mit der Aushändigung der eurocheque-Karte und der eurocheque-Formulare angelegt (so zu Recht Rutke a.a.O. S. 540; Kümpel WM 1984, 525, 526; vgl. Nr. 6 Satz 3 der Bedingungen für eurocheque-Karten).
Für die rechtliche Würdigung des vorliegenden Sachverhalts kann die Frage offenbleiben, wie die Garantieverpflichtung der Bank begründet wird (s. dazu z.B. OLG Hamm NJW 1972, 298, 299; OLG Düsseldorf WM 1975, 504; OLG Nürnberg NJW 1978, 2513, 2514; Canaris, Bankvertragsrecht a.a.O. Rdnr. 831 bis 834; Baumbach/Hefermehl a.a.O. Anm. 3, 4). Entscheidend ist, daß der legitimierte Aussteller des eurocheques durch dessen Begebung die Garantiehaftung der Bank gegenüber dem Schecknehmer begründet (vgl. BGHZ 64, 79, 81; 83, 28, 30; Bundschuh in WM 1983, 1178, 1181), diesen bei Vorlage zur Zahlung, Einreichung zum Inkasso oder Zuleitung an die Deutsche eurocheque-Zentrale in der Frist der Nr. 4 Abs. 2 der Bedingungen für eurocheques bis zum zugesicherten Höchstbetrage von 300 DM oder dem Gegenwert in ausländischer Währung einzulösen. Das gilt selbst dann, wenn der Scheckaussteller entgegen Nr. 6 Satz 2 der Bedingungen für eurocheque-Karten die ihm ausgehändigten eurocheques über den Rahmen seines Guthabens bei der Bank oder des von ihr vorher eingeräumten Kredits ausstellt. Daß der Aufwendungsersatzanspruch der Bank gegen den Kunden erst nach Ausstellung und Begebung des Schecks an den Schecknehmer und der Einlösung durch sie entsteht, betrifft nur die Wirksamkeit und die Fälligkeit ihres Anspruchs, nicht aber seine Rechtsgrundlage im Sinne von § 357 HGB, § 404 BGB. Die Rechtsmacht, sie zu verpflichten, räumt die Bank dem Teilnehmer am eurocheque-Verfahren bereits mit der Aushändigung der Scheckkarte und der Vordrucke ein, ohne – im Regelfall – auf die weitere Entwicklung Einfluß nehmen zu können. Ihre Garantiehaftung wird ohne weitere Tätigkeit, ohne ein „neues Geschäft” im Sinne von § 357 Satz 1 HGB zwischen ihr und dem Kunden, ausgelöst. Ob anders zu entscheiden wäre, wenn die Beklagte es schuldhaft unterlassen hätte, nach der Vorpfändung die Begebung der eurocheques zu verhindern, bleibt offen.
Es ist daher ein anerkennenswertes Interesse der Bank gegeben, ihrerseits eine Sicherheit für ihre Ansprüche gegen den Kunden auf Grund der Aushändigung der Scheckunterlagen zur Verfügung zu haben. Die Ausführungen des Berufungsgerichts übersehen demgegenüber die wesentliche Funktion von § 357 HGB, § 404 BGB, soweit sie die Rechtsstellung des Drittschuldners betrifft. Die Rechtsstellung, die er bisher gegenüber seinem Gläubiger hatte, soll durch die Pfändung oder den Wechsel in der Person des Gläubigers nicht beeinträchtigt werden. Als schutzwürdig wäre der Drittschuldner nur dann nicht anzusehen, wenn es um die Sicherung von allenfalls geplanten, jedenfalls noch nicht rechtsverbindlichen Geschäften geht, weil er dadurch entstehende Verbindlichkeiten durch Verzicht auf den Geschäftsabschluß ohne weiteres verhindern kann (Canaris HGB a.a.O. Anm. 4; derselbe Bankvertragsrecht a.a.O. Anm. 2676). Auch das Berufungsgericht will der Bank gegenüber dem Kunden die Berufung auf ihr vertragliches Pfand- und Zurückbehaltungsrecht nicht verweigern. Demgegenüber vermag der Hinweis auf das durch die Aushändigung der eurocheque-Karte und vier eurocheque-Vordrucke durch sie eingegangene Risiko eine Veränderung ihrer Rechtsposition gegenüber dem Pfändungsgläubiger nicht zu rechtfertigen. Die Aushändigung von eurocheque-Karte und -Vordrucken ist Teil der Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunden, deren Entwicklung nicht immer voraussehbar ist. Wenn, wie im vorliegenden Falle, die Verpflichtung der Bank, die von ihrem Kunden ausgestellten eurocheques einzulösen, und ihr Recht, von ihm Ersatz der dadurch entstandenen Aufwendungen zu erlangen, bereits vor der Pfändung seines Guthabens begründet worden sind, geht ihr durch Nr. 19 Abs. 2 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbartes vertragliches Pfandrecht dem Pfändungspfandrecht im Range vor.
IV.
Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind, kann das Revisionsgericht in der Sache selbst entscheiden. Infolge des Vorrangs des vertraglichen Pfandrechts der Beklagten vor dem Pfändungspfandrecht des Klägers ist seine Klage unbegründet.
Fundstellen
BGHZ, 71 |
NJW 1985, 863 |
ZIP 1985, 150 |