Die zuvor aufgeführten Kategorien von Arbeitnehmern sollen keinesfalls stigmatisieren. In der Praxis zeigt sich jedoch häufig, dass diese Personen- und Berufsgruppen – aus beschriebenen Gründen – mit Maßnahmen im Rahmen eines BGM schwerer zu erreichen sind. Um sie erfolgreich anzusprechen, sind spezifische Strategien erforderlich:
2.1 Flexibilität und Individualisierung
Ein flexibles Angebot, das an die spezifischen Bedürfnisse sowie an Arbeitszeit und Arbeitsort der Zielgruppen angepasst ist, ist entscheidend. Gesundheitsförderliche Maßnahmen können nur wirksam sein, wenn sie auch von (allen) Beschäftigten wahrgenommen werden können. Somit sollte auch sichergestellt werden, dass sich kein Mitarbeiter aufgrund seiner Tätigkeit ausgegrenzt fühlt. Eine der wichtigsten Grundvoraussetzung für eine positive Verhaltensänderung bei Menschen ist die Opportunity (Gelegenheit). Opportunity bezieht sich auf externe Faktoren, die das Verhalten ermöglichen oder behindern.
Opportunity
Beispielsweise können für Schichtarbeiter Gesundheitsprogramme zu unterschiedlichen Tageszeiten angeboten werden. Für Außendienstmitarbeiter können mobile oder digitale Angebote, wie Online-Seminare und Apps, eine Lösung sein. Gerade ortsunabhängige Angebote betreffen zunehmend auch Unternehmen und Mitarbeiter mit hybriden Arbeitsmodellen.
2.2 Kommunikation und Information
Um die Belegschaft wirkungsvoll für Angebote und Maßnahmen im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements zu motivieren, ist eine gute Kommunikation zentrale Voraussetzung.
Da sich insbesondere die Aktivierung der Mitarbeiter als große Herausforderung gestaltet, ist eine zielgruppenspezifische Kommunikation unerlässlich. Die Aufgaben der Kommunikation bestehen in diesem Kontext laut Faller aus 3 Kernaspekten:
- Bekanntmachung von bestehenden und neuen verhältnis- und verhaltensbezogenen Angeboten,
- Erweiterung des Wissens von Beschäftigten über Gesundheit und den entsprechenden betrieblichen Aktivitäten,
- Aktivierung der Beschäftigten, die zuvor genannten Aktivitäten zu nutzen und mitzugestalten (Partizipation).
Aufgrund der oftmals vorherrschenden Heterogenität in der Belegschaft bzgl. Soziodemografie, Lebensstil, Mediennutzung und Problembezug sollte eine auf die Zielgruppen abgestimmte Kommunikationsstrategie auf der kognitiven, affektiven und verhaltensbezogenen Ebene erarbeitet werden. Bei der Wahl der Kommunikationsinstrumente muss auch das Mediennutzungsverhalten der Zielgruppe berücksichtigt werden. Ebenso sollten Gesundheitsinformationen in einfacher Sprache und ggf. auch in mehreren Sprachen zur Verfügung gestellt werden, um auch Mitarbeiter mit Migrationshintergrund oder anderweitigen sprachlichen Barrieren zu erreichen. Zudem können gezielte Informationskampagnen und direkte Ansprache über Vorgesetzte und Vertrauenspersonen die Akzeptanz erhöhen. Dabei können auch sog. Gesundheitsbotschafter bzw. Gesundheitslotsen eine wichtige Rolle übernehmen.
2.3 Partizipation und Einbindung
Gemäß Luxemburger Deklaration kann betriebliche Gesundheitsförderung mit dem Ziel "gesunde Mitarbeiter in gesunden Unternehmen" nur dann gelingen, wenn die gesamte Belegschaft mit einbezogen wird. Prozessschritt übergreifend bilden die kontinuierliche Sensibilisierung, Partizipation und das Empowerment der Beschäftigten sowie die regelmäßige interne Öffentlichkeitsarbeit wesentliche Erfolgsfaktoren im Hinblick auf Akzeptanz und Nachhaltigkeit.
Gerade die Einbindung der "schwer erreichbaren" Zielgruppen in die Planung und Umsetzung von BGM-Maßnahmen kann deren Akzeptanz und Teilnahmebereitschaft steigern. Mitarbeiterbefragungen und Gesundheitszirkel, z. B. in Form von Workshops, bieten die Möglichkeit, die Bedürfnisse und Wünsche der Mitarbeiter zu ermitteln und sie aktiv in den Prozess einzubeziehen. Das kann das Commitment der Betroffenen deutlich erhöhen. Aber auch eine "einfache" Arbeitsplatzbegehung, um mit den Mitarbeitern vor Ort ins Gespräch zu kommen, drückt Wertschätzung und echtes Interesse an deren Situation aus und kann die Akzeptanz für Maßnahmen fördern. Hier setzt der Ansatz der aufsuchenden Gesundheitsförderung an.
2.4 Aufsuchende Gesundheitsförderung
Soll im Zuge der betrieblichen Gesundheitsförderung der Fokus auf die Risikopersonen gelegt und diese nachhaltig erre...