Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherung. beitragsrechtliche Behandlung von steuerfreien Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit. Gewährung als Bestandteil des Arbeitsentgelts
Leitsatz (amtlich)
Zur beitragsrechtlichen Behandlung von Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschlägen, die als Bestandteil des Arbeitsentgelts so gewährt werden, dass sich ein jeweils gleich hoher Auszahlungsbetrag pro geleisteter Arbeitsstunde ergeben soll.
Normenkette
SGB IV § 14 Abs. 1 S. 1, § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1, §§ 28d, 28e, 28p Abs. 1 Sätze 1, 5; ArEV § 1; EStG § 3b Abs. 1-2; ArbZG § 6 Abs. 5
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. Juli 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2681,12 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die beitragsrechtliche Behandlung von Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschlägen (im Folgenden SFN-Zuschläge).
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Der Kläger betreibt eine Gaststätte, in der er vom 1.4.2003 bis 30.11.2004 ua den Beigeladenen zu 1. als Koch beschäftigte. Nach § 4 des Arbeitsvertrags vom 1.4.2003 beträgt der "Brutto-Basisgrundlohn € 7,00 für jede arbeitsrechtlich geschuldete Arbeitsstunde". Darüber hinaus heißt es dort bezogen auf den Beigeladenen zu 1. ua weiter: |
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"Zusätzlich erhält er … die aus seiner … Arbeitszeit resultierenden möglichen SFN-Zuschläge nach EStG 3b als Teillohn des vereinbarten durchschnittlichen Effektivlohns pro Stunde für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden. Der vereinbarte durchschnittliche Effektivlohn (Auszahlung) beträgt € 7,47 pro tatsächlich geleistete Arbeitsstunde. Sollte sich aufgrund der Arbeitszeitplanung ein geringerer durchschnittlicher Auszahlungsbetrag pro tatsächlich geleistete Arbeitsstunde als hier vereinbart ergeben, so ist der Basisgrundlohn für diesen Abrechnungszeitraum (monatlich) so zu erhöhen (Grundlohnergänzung), dass sich hieraus der vereinbarte durchschnittliche Auszahlungsbetrag pro tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde ergibt. …" |
Der Kläger erstellte monatliche Nachweise mit tagbezogener Auflistung der geleisteten Arbeitsstunden nach Uhrzeit sowie Zuschlagszeiten, fertigte monatliche Entgeltabrechnungen, führte Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung sowie zur Bundesagentur für Arbeit ab und zahlte dem Beigeladenen zu 1. das jeweilige Nettoentgelt aus.
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung forderte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund vom Kläger im Dezember 2004 für den Prüfzeitraum vom 1.1.2000 bis 30.11.2004 insgesamt 36 598,09 Euro Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie zur Bundesagentur für Arbeit nach, davon 2681,12 Euro für den Beigeladenen zu 1.: Die SFN-Zuschläge seien zu Unrecht als beitragsfrei behandelt worden, weil der Beigeladene zu 1. diese Zuschläge faktisch nicht als "zusätzliche" Leistungen erhalten habe. Nach dem Arbeitsvertrag werde der Effektivlohn unabhängig davon geschuldet, ob und in welcher Höhe die Voraussetzungen für SFN-Zuschläge erfüllt gewesen seien, sodass sich im Berechnungswege der Lohn für geleistete Arbeit um den Betrag verringert habe, der eigentlich als Zuschlag hätte gelten sollen. Damit habe der Beigeladene zu 1. nicht von den SFN-Zuschlägen profitieren können. Die Berechnungsmethode von Grundlohn, Ergänzungslohn und Effektivlohn führe dazu, dass für SFN-Zeiten keine Zusatzleistung erbracht werde, sondern eine mit anderen Lohnarten verrechnete Arbeitgeberleistung. Dadurch werde der gesetzliche Zweck unterlaufen, Beschäftigten für besonders erschwerte Arbeitszeiten ein höheres Nettoarbeitsentgelt zukommen zu lassen (Bescheid vom 28.12.2004; Widerspruchsbescheid vom 9.10.2006).
Im dagegen anhängig gemachten Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen, die besondere Vergütungsabrede solle eine möglichst gleichmäßige Entlohnung sicherstellen, um ein "Wettrennen" der Arbeitnehmer um die steuerbegünstigten SFN-Zeiten zu vermeiden; die Zuschläge führten bei der gewählten Berechnungsweise zu rechtlich beanstandungsfreien höheren Nettozahlungen (Hinweis auf ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Offerhaus vom 12.1.2007). Die Entgeltabrechnungen belegten, dass für den gleichen Lohn weniger Arbeitsstunden erbracht werden müssten, je mehr mit SFN-Zuschlägen privilegierte Arbeitszeiten absolviert worden seien.
Das SG hat der Klage durch Aufhebung der angefochtenen Bescheide stattgegeben: Die Vereinbarung habe nicht dazu geführt, dass steuer- und beitragspflichtige Lohnbestandteile rechtswidrig in beitragsfreie Leistungen umgewandelt worden seien; vielmehr würden die Beschäftigten dadurch weitgehend von Schwankungen entlastet, welche sich aus den Zufälligkeiten einer Dienstplangestaltung ergäben, wenn man SFN-Arbeit allein mittels Grundlohn und Zuschlägen vergüte (Urteil vom 21.2.2008).
Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG zunächst 40 Beschäftigte zum Rechtsstreit beigeladen, den Streit über die den Beigeladenen zu 1. betreffende Beitragsforderung abgetrennt und diesen als Musterverfahren fortgeführt; die Forderungen betreffend die übrigen Beschäftigten sollen entsprechend dem Ausgang dieses Verfahrens behandelt werden. Das LSG hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen: Die Beitragsfreiheit von SFN-Zuschlägen habe ihre Grundlage in § 17 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB IV iVm § 1 Arbeitsentgeltverordnung (ArEV), § 3b EStG und dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Im Falle des Klägers seien die erbrachten SFN-Leistungen jedoch - wie es die Beklagte getan habe - vollständig der Beitragspflicht zu unterwerfen. Das angewandte Abrechnungsmodell der SFN-Zuschläge bewirke nämlich, dass - mangels hinreichender Bestimmbarkeit der beitragsfreien Entgeltbestandteile - bei "Beschäftigungsbeginn" die Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit der jeweiligen Tätigkeit noch nicht ausreichend sicher festgestellt werden könne, wie es - spiegelbildlich zum Entstehen der Beitragspflichten nach § 22 SGB IV - der Schutz sozialversicherungspflichtig Beschäftigter erfordere (Hinweis ua auf BSG SozR 4-2400 § 14 Nr 7 RdNr 16 mwN). Dieser Entgeltbestimmbarkeit genüge das Abrechnungsmodell des Klägers nicht, weil das "in gegenseitiger Variabilität stehende System von Basisgrundlohn, Effektivlohn und Grundlohnergänzung" bewirke, dass beitragspflichtige Bruttoentgelte und beitragsfreie Zuschlagsleistungen nicht klar genug vorausberechenbar seien. Zudem ermögliche es das Abrechnungsmodell, dass ggf ein beitragsrechtlich nicht anzuerkennender (sittenwidriger) Niedriglohn entstehe. Dass es auf diese Weise zu einer Abweichung des Sozialversicherungsrechts vom Einkommensteuerrecht komme, für das der BFH (Urteil vom 17.6.2010 - VI R 50/09) die steuerrechtliche Unbedenklichkeit der streitigen Methode anerkannt habe, sei sachlich gerechtfertigt: Zum einen unterschieden sich schon die dafür einschlägigen Normen im Wortlaut (§ 3b EStG: "neben" dem Arbeitsentgelt erbrachte Leistungen; § 1 ArEV: "zusätzlich" zum Arbeitsentgelt), zum anderen gelte im Sozialversicherungsrecht das Entstehungsprinzip, im Steuerrecht das Zuflussprinzip. Trotz korrekter Entgeltaufzeichnungen stehe die Handhabung des Klägers nicht mit dem sozialversicherungsrechtlichen Entstehungsprinzip in Einklang. Die SFN-Leistungen unterlägen darüber hinaus auch deshalb der Beitragspflicht, weil - wie näher erläutert wird - die tatsächliche Berechnung der Zuschläge gemessen an den Vorgaben der angewandten Methode fehlerhaft gewesen sei. Die zu Unrecht als beitragsfrei behandelten SFN-Leistungen seien vollumfänglich zu verbeitragen. Wegen der "gegenseitigen Variabilität von Entgelt und SFN-Leistungen" lasse sich nämlich nicht zweifelsfrei ermitteln, in welcher Höhe der Kläger und der Beigeladene zu 1. bei Vertragsschluss das beitragspflichtige Entgelt für den Fall der Fehlerhaftigkeit der Entgeltvereinbarung bestimmt hätten. Ebenso fehle ein ausreichender Anhalt für eine willkürfreie Schätzung des mutmaßlich zu verbeitragenden Entgelts; das einschlägige Tarifwerk sehe eine mögliche gegenseitige Variabilität von Brutto-Stunden-Vergütung und Zuschlag nicht vor (Urteil vom 26.7.2011).
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Mit seiner Revision rügt der Kläger die "Verletzung von § 17 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB IV iVm § 1 ArEV und § 3b EStG". Das LSG gehe schon von falschen tatsächlichen Grundlagen aus, indem es unterstelle, die SFN-Zuschläge hätten sich in "gegenseitiger Variabilität" berechnet; richtig sei, dass die Zuschläge prozentual vom Grundlohn abhingen, nicht aber sei eine Abhängigkeit auch im Verhältnis Grundlohn : SFN-Zuschläge gegeben. Die monatliche Lohnabrechnung erfolge nach Übergabe der ermittelten Lohndaten an ein externes Buchhaltungsunternehmen. Die Lohnermittlung werde nach dem - im Betrieb des Klägers gewählten und bundesweit praktizierten sowie vom BFH als rechtlich beanstandungsfrei bestätigten - System dann in vier Schritten durchgeführt, nämlich wie folgt: |
1. |
Multiplikation der geleisteten Arbeitsstunden mit dem Bruttostundenlohn (= Basisgrundlohn) |
2. |
Berechnung der Zuschläge aus den tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten neben dem Grundlohn |
3. |
Ermittlung des "Nettobetrags" aus dem sich bis hierher ergebenden Grundlohn plus Zuschlägen in einem Zwischenschritt; Division des "Nettoauszahlbetrags" (= Effektivlohn) durch die Anzahl der Arbeitsstunden (Ergebnis: durchschnittlicher Auszahlungsbetrag pro Stunde) |
4. |
Korrektur für den Fall, dass der ermittelte Auszahlungsbetrag pro Stunde unter dem vereinbarten Effektivlohn liegt, durch einen Ergänzungslohn (= abgabenpflichtiger Bruttolohn) sowie Erhöhung der SFN-Zuschläge für die jeweils begünstigten Zeiten (= abgabenfreier Bruttolohn). |
Diese Vergütungssystematik entspreche exakt den Lohnsteuerrichtlinien (R 3b), weil bei Steigerung des Grundlohns auch der daneben liegende Zuschlag steige. Auf diese Weise werde im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum durch den Ergänzungslohn der Gesamtlohn soweit erhöht, bis die in der Vergütungsvereinbarung festgelegte Bemessungsgrenze erreicht sei. Konkret gelte, "je höher der Grundlohnfaktor, umso höher der Zuschlag in der jeweils begünstigten Stunde". - Das LSG habe die Beitragsfreiheit der SFN-Leistungen zu Unrecht verneint, weil sich schon nicht erschließe, welchen Einfluss das ArbZG als arbeitsrechtliches Schutzgesetz auf die Beitragsfreiheit der Zuschläge haben könne. - Die Vergütungsvereinbarung sei sehr wohl geeignet, bei Beschäftigungsbeginn die Versicherungspflicht oder -freiheit der ausgeübten Tätigkeit ausreichend sicher zu bestimmen. Der Fall, dass die Höhe des beitragspflichtigen und -freien Arbeitsentgelts bei Beschäftigungsbeginn nicht konkret vorausberechenbar sei, trete zB auch bei erfolgsabhängigen Vergütungsformen mit einer Arbeitszeit auf, die sich nach der jeweiligen Auftragslage beim Arbeitgeber richte. Das vom BSG aufgestellte Erfordernis der Bestimmbarkeit des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts solle nur bewirken, dass eine nachträgliche, aufgrund ungewisser Ereignisse/Vorbedingungen erfolgende Veränderung der schon in Beitragsnachweisen erklärten Beitragsabrechnungen auf der Grundlage ausgezahlter Arbeitsentgelte unzulässig sei (BSG Urteil vom 7.2.2002 - B 12 KR 13/01 R - SozR 3-2400 § 14 Nr 24). Da die Abrechnung grundsätzlich erst zum Ende des Abrechnungszeitraums durchgeführt werde, lägen dann erst sämtliche Kriterien für die exakte Ermittlung der Beiträge vor. - Dass Anzahl und Höhe der SFN-Zuschläge nicht schon zu Beginn des jeweiligen Lohnabrechnungszeitraums bestimmbar seien, liege in der Natur der Sache. Es sei nicht nachvollziehbar, was das LSG mit dem Hinweis bezwecke, dass in anderen Fällen möglicherweise zu niedrige Basisgrundlöhne vorgelegen haben könnten; entsprechende Beanstandungen der Beklagten habe es nämlich nicht gegeben. - Unzutreffend sei weiter, dass die Höhe der Zuschläge nicht hinreichend sicher vorausberechenbar gewesen sei. Derartiges sei lohnsteuerrechtlich und beitragsrechtlich nicht geboten und folge auch nicht aus dem unterschiedlichen Wortlaut der einschlägigen Vorschriften, weil ihm derselbe Wortsinn zugrunde liege und die ArEV einen Gleichlauf von Steuer- und Beitragsrecht bezwecke; Gleiches folge aus einem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom 22.6.2006, wonach lohnsteuerfreier Arbeitslohn nicht zum Grundlohn gehöre. - Es sei auch nicht zu beanstanden, dass eine Entgeltbestimmbarkeit erst mit Vorliegen einer exakten Lohnabrechnung zum Monatsende, dh "mit Beendigung des Lohnlaufes" und bei Fälligkeit der Beiträge möglich gewesen sei, zumal hier - vom LSG so festgestellt - korrekte Aufzeichnungen erfolgt seien. Die Vergütungsvereinbarung sei außergewöhnlich, weil sie bei Arbeitnehmern mit vielen von Monat zu Monat unterschiedlichen SFN-Zeiten erreichen wolle, dass diese Arbeitnehmer möglichst gleich hohe monatliche Nettobezüge erhalten; das sei nur durch eine Grundlohnergänzung möglich, die der Steuerfreiheit der Zuschläge nicht im Wege stehe. Dass den Arbeitnehmern im Lohnzahlungszeitraum jeweils ein gleich hoher Nettobetrag zufließe, beruhe nicht auf einer unzulänglichen, fehlerhaften oder missbräuchlichen Anwendung von § 3b EStG, sondern auf dem bewusst unterschiedlich hohen Grundlohnbetrag, mit dem den Arbeitnehmern ein Fixum garantiert werden solle. - Das LSG habe ihm (dem Kläger) darüber hinaus - wie näher ausgeführt wird - zu Unrecht eine fehlerhafte Berechnung der SFN-Zuschläge anhand der angeführten Beispiele angelastet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. Juli 2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Februar 2008 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält das LSG-Urteil für zutreffend und weist darauf hin, dass die Beitragsfreiheit von lohnsteuerfreien Zuschlägen voraussetze, dass diese "zusätzlich" zu Löhnen und Gehältern gezahlt würden. Diese Zusätzlichkeit sei eigenständiges Tatbestandsmerkmal des Sozialversicherungsrechts und nicht bereits erfüllt, wenn überhaupt neben dem Grundlohn Zuschläge iS von § 3b EStG gezahlt würden. Die vorliegende Fallgestaltung zeichne sich dadurch aus und ziele nämlich gerade darauf ab, dass der Bruttobasislohn letztlich niedriger sei als der ausgezahlte Effektivlohn. Wenn die steuerfreien Zulagen abrechnungstechnisch gemeinsam mit dem Bruttobasislohn den vereinbarten Effektivlohn bildeten, müsse bei geringen oder fehlenden SFN-Zuschlägen ein entsprechend höherer Ergänzungslohn gezahlt werden, um den zugesicherten Effektivlohn zu erreichen. Ergebe sich dagegen umgekehrt wegen einer überdurchschnittlich hohen Zahl von Arbeitsstunden ein hoher SFN-Zuschlag und werde dadurch der vereinbarte Effektivlohn überschritten, so werde (nach dem Arbeitsvertrag) der Differenzbetrag einbehalten und den späteren Abrechnungszeiträumen zum Ausgleich eventuell geringerer durchschnittlicher Auszahlungsbeträge verwendet. Indessen habe die Existenz eines solchen Guthabenkontos im Betrieb des Klägers weder belegt werden können noch wäre dies mit dem Entstehungsprinzip vereinbar. Insgesamt habe hier die Steuerfreiheit der SFN-Zuschläge nur zu abrechnungstechnischen Zwecken ausgenutzt werden sollen. Nach wie vor gelte aber, dass einkommensteuerrechtlich als steuerfrei bewertete Vergütungsteile nicht zwingend auch beitragsfrei in der Sozialversicherung seien. Auch wenn der BFH die Steuerfreiheit von SFN-Zuschlägen unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt habe, seien die gemäß § 1 ArEV an eine Beitragsfreiheit geknüpften Anforderungen vorliegend jedenfalls nicht gegeben; denn würden - wie hier - die Zuschläge auf den Ergänzungslohn angerechnet, fehle es daran, dass sie "zusätzlich" zum Arbeitsentgelt gezahlt wurden. Eine Ausgestaltung, bei der auf diese Weise eine Arbeitsleistung zu SFN-Zeiten im Endeffekt das für die der Beitragsbemessung entscheidende geschuldete Bruttoarbeitsentgelt sogar verringere und auf diese Weise die soziale Absicherung von Beschäftigten infolge von zu SFN-Zeiten erbrachte Zuschläge verschlechtere, widerspreche den Prinzipien des Sozialversicherungsrechts und sei daher rechtswidrig.
Der Kläger erwidert und legt dazu - nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist - ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Seewald vom 5.6.2013 "Zu Fragen der Lohnabrechnung im Gastronomiebereich nach dem 'twodoxx-Vergütungssystem'" vor: Gewünschtes Ergebnis der vorliegenden Entgeltvereinbarung sei die Kompensation schwankender Auszahlungslöhne, weil Arbeitnehmer sich trotz schwankender Einsatzplanung auf eine bestimmte durchschnittliche Auszahlung verlassen können sollten. Der Arbeitgeber kompensiere die eventuell entstehende Differenz durch privatautonome Vereinbarung im Interesse des Betriebsfriedens mit Ergänzungslöhnen und erhöhten Zuschlägen. Die insoweit zu erreichende Berechnungsgröße sei der durchschnittliche Effektivlohn/Auszahlungsbetrag. Das Arbeitsentgelt werde durch den Ergänzungslohn solange erhöht, bis dieser Betrag erreicht sei. Die Vereinbarung des Effektivlohns bedinge ausschließlich eine Erhöhung der Vergütung über den Basisgrundlohn hinaus. Die Beklagte verkenne durchgehend, dass die Zusicherung einer bestimmten durchschnittlichen Auszahlung auch zusätzliche Vergütungsansprüche der Mitarbeiter in Form eines beitragspflichtigen Ergänzungslohns und eine Erhöhung der SFN-Zuschläge bewirke. Unzutreffend sehe die Beklagte die vereinbarte Guthabenklausel in der Vergütungsvereinbarung als mit dem Entstehungsprinzip unvereinbar an. So sei etwa auch die pauschale Abschlagszahlung von SFN-Zuschlägen, bei der das Guthabenkonto aufgelöst und mit den tatsächlichen Zuschlägen verrechnet werde, steuerrechtlich anerkannt. Die von ihm (dem Kläger) gewählte Entlohnungssystematik sei demgegenüber viel exakter. Es sei im LSG-Verfahren zwischen den Beteiligten "unstreitig gewesen, dass die Guthabenklausel tatsächlich im Betrieb des Klägers nie zur Anwendung gekommen" sei; daher komme es auch grundsätzlich darauf nicht an. - Die Beklagte stelle den Sachverhalt weiterhin unrichtig dar, wenn sie behaupte, die SFN-Zuschläge würden auf den Ergänzungszuschlag angerechnet, ohne konkret offenzulegen, inwieweit dies der Fall sei. Tatsächlich habe der Ergänzungslohn als rechnerische Zielgröße nur den Sinn, Arbeitnehmer von Zufallsschwankungen in der Entlohnung zu entlasten. - Im Zusammenhang mit dem Zusätzlichkeitserfordernis verkenne die Beklagte ebenfalls den Sachverhalt. Sie erläutere nicht, zu welchem "Bezugslohn" die Zuschläge zusätzlich sein müssten - dies könne nur der geschuldete Grundlohn sein, welcher sich aber wiederum erst aus der Vergütungsvereinbarung unter Einbeziehung des Bemessungsziels eines durchschnittlichen Auszahlungsbetrags ergebe. Ohne die vorliegende Vereinbarung eines durchschnittlichen Effektivlohns wäre der geschuldete Bruttolohn monatlich jeweils niedriger.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge und äußern sich nicht.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist (nur) im Sinne der Aufhebung des angefochtenen LSG-Urteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet.
Das Urteil des LSG hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht Stand und ist aufzuheben. Der Senat selbst kann allerdings wegen Fehlens der dafür erforderlichen tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend in der Sache entscheiden, ob das LSG zu Recht das der Klage stattgebende SG-Urteil aufgehoben und die Klage in vollem Umfang abgewiesen hat.
1. Die Revision des Klägers ist - jedenfalls teilweise - zulässig.
Der Kläger rügt iS von § 164 Abs 2 S 3 iVm § 162 SGG die Verletzung materiellen Bundesrechts durch das LSG, nämlich ausdrücklich die "Verletzung von § 17 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB IV iVm § 1 ArEV und § 3b EStG". Verfahrensrügen erhebt er weder ausdrücklich noch entsprechen sinngemäß als Verfahrensrügen deutbare Ausführungen den hierfür geltenden gesetzlichen Anforderungen, weshalb Ausgangspunkt der nach § 162 SGG vorzunehmenden revisionsrechtlichen Beurteilung die von LSG in tatsächlicher Hinsicht getroffenen Feststellungen sind (§ 163 SGG).
Zwar macht der Kläger als einen der zentralen Punkte seiner Argumentation geltend, das LSG sei schon von "falschen tatsächlichen Grundlagen" ausgegangen, indem es unterstellt habe, die SFN-Zuschläge hätten sich in "gegenseitiger Variabilität" berechnet. Für die Rüge einer verfahrensfehlerhaften Beweiswürdigung reicht es jedoch nicht aus, wenn der Revisionsführer - mag dies auch wie vorliegend mit umfangreichem und detailliertem Vorbringen erfolgen - seine von der Einschätzung des Berufungsgerichts abweichende eigene Würdigung des Sachverhalts lediglich an die Stelle derjenigen des LSG setzt (vgl zB Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 12c mwN, etwa BSGE 94, 133 = SozR 4-3200 § 81 Nr 2, RdNr 18; BSGE 99, 1 = SozR 4-3200 § 81 Nr 3, RdNr 26; BSG SozR 4-2700 § 63 Nr 3 RdNr 24).
Insbesondere ist der Senat angesichts fehlender Revisionsrügen daran gehindert, den genauen tatsächlichen Inhalt der zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1. getroffenen Vereinbarungen bezüglich der Arbeitszeit- und Entgeltgestaltung abweichend vom LSG festzustellen. Obwohl sich die Abgrenzung von revisionsrechtlich bedeutsamen Rechtsfragen und im Revisionsverfahren irrelevanten Tatfragen im Einzelnen als schwierig erweisen kann, obliegt es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur den Tatsachengerichten und nicht dem Revisionsgericht, den Willen von Vertragsparteien festzustellen. Anderes würde nur gelten, wenn das Tatsachengericht die von ihm selbst bereits festgestellten tatsächlichen Umstände nicht vollständig verwertet hätte. Auf entsprechende Rügen hin vom Revisionsgericht vollinhaltlich zu überprüfen ist als Teil der Rechtsanwendung der Tatsachengerichte nur die Anwendung der gesetzlichen Auslegungsregeln, anerkannter Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften (vgl zum Ganzen zB Leitherer, aaO, § 162 RdNr 3b mwN; BSGE 75, 92, 96 = SozR 3-4100 § 141b Nr 10 S 47 mwN aus der Rspr des BFH und des BVerwG).
2. Die Revision des Klägers ist (nur) gemäß § 170 Abs 2 S 2 SGG iS der Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet.
Ausgehend von dem im vorliegenden Revisionsverfahren maßgebenden Streitgegenstand (dazu a) leidet das LSG-Urteil an materiellrechtlichen Mängeln (dazu b), selbst wenn man dabei den revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt zum Ausgangspunkt nimmt. Zudem kann der Senat auf dieser Grundlage nicht abschließend entscheiden, ob die angegriffene Beitragsforderung der Beklagten wegen der Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. in voller Höhe gerechtfertigt ist (dazu c). Deshalb ist das Urteil des LSG insgesamt aufzuheben und die Sache an dieses Gericht zurückzuverweisen.
a) Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 28.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.10.2006, allerdings beschränkt auf das Arbeits- bzw Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen zu 1., welcher im Prüfzeitraum vom 1.4.2003 bis 30.11.2004 bei dem Kläger versicherungspflichtig beschäftigt war. Hierauf bezogen fordert die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund vom Kläger weitere Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie zur Bundesagentur für Arbeit in Höhe von insgesamt 2681,12 Euro.
b) Das angefochtene LSG-Urteil erweist sich als rechtsfehlerhaft und unterliegt daher der Aufhebung.
Im Kern ist dafür entscheidend, dass nach den Entscheidungsgründen des LSG-Urteils schon nicht hinreichend ersichtlich ist, ausgehend von welchem dem Beigeladenen zu 1. geschuldeten - zwischen den Beteiligten der Höhe nach umstrittenen - Bruttoarbeitsentgelt sich die von der Beklagten geltend gemachte und vom LSG in voller Höhe von 2681,12 Euro bestätigte Beitragsnachforderung im Einzelnen errechnet. Das LSG hat insoweit lediglich Beispielsrechnungen für drei Monate vorgenommen, darauf aufbauend den Nachforderungsbescheid der Beklagten in Bezug auf den Beigeladenen zu 1. insgesamt für rechtmäßig erachtet und - darüber hinaus wesentlich gestützt auf den Umstand, dass sich der Kläger bei der tatsächlichen Entgeltabrechnung nicht an den von ihm verwendeten schriftlichen Arbeitsvertrag gehalten habe - die Klage abgewiesen; dies ist allerdings geschehen, ohne dass dabei ausgehend von den einschlägigen rechtlichen Bestimmungen (dazu im Folgenden aa) die Verbindung von dem vom Kläger dem Beigeladenen zu 1. geschuldeten Bruttoarbeitsentgelt einerseits und der Beitragsforderung in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung andererseits nachvollziehbar wird und ohne dass die insoweit notwendigen einzelnen Prüfungsschritte hin zur sich ergebenden Beitragsforderung beachtet werden (dazu im Einzelnen bb). Zudem tragen zentrale eigene Erwägungen des LSG die Aufhebung des der Klage stattgebenden SG-Urteils und die Klageabweisung nicht (dazu cc).
aa) Nach § 28p Abs 1 S 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung - hier die Beklagte - bei den Arbeitgebern, ua, ob diese ihren Pflichten nach dem SGB, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen, insbesondere prüfen sie die Richtigkeit der Beitragszahlungen. Gemäß § 28p Abs 1 S 5 SGB IV erlassen die genannten Träger im Rahmen der Prüfung ua Verwaltungsakte zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
In der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung liegt bei versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung für den vom Arbeitgeber zu zahlenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag gemäß §§ 28d, 28e SGB IV das Arbeitsentgelt zugrunde (§ 226 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB V, § 57 Abs 1 SGB XI, § 162 Nr 1 SGB VI, § 342 SGB III, jeweils in den für die streitige Zeit vom 1.4.2003 bis 30.11.2004 geltenden Fassungen). Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung gemäß § 7 Abs 1 SGB IV, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§ 14 Abs 1 S 1 SGB IV). Die auf § 17 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB IV beruhende ArEV (in der hier anzuwendenden Fassung des Art 1 Nr 1 vom 12.12.1989 - BGBl I 2177; Geltung 1.1.1990 bis 30.6.2006) bestimmte in der hier streitigen Zeit in ihrem § 1 Folgendes:
"Einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, sind nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, soweit sie lohnsteuerfrei sind und sich aus § 3 nichts Abweichendes ergibt."
Da der in der Regelung genannte § 3 ArEV nur die gesetzliche Unfallversicherung betrifft, ist § 1 ArEV vorliegend uneingeschränkt anzuwenden. Welche der darin erwähnten "Zuschläge … lohnsteuerfrei" sind, ist in § 3b EStG geregelt. Dies sind Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit, die "neben dem Grundlohn" gezahlt werden (§ 3b Abs 1 Nr 1 EStG). "Grundlohn" wiederum ist im Sinne des Einkommensteuerrechts "der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht" (§ 3b Abs 2 S 1 EStG). § 3b Abs 2 S 2 und 3 EStG definieren, was steuerrechtlich unter Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit zu verstehen ist.
bb) An den vorgenannten Regelungen ist die Rechtmäßigkeit der in den angefochtenen Bescheiden in Bezug auf den Beigeladenen zu 1. festgesetzten Beitragsnachforderung der Beklagten in Höhe von 2681,12 Euro zu überprüfen. Hierfür zwingen die sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere das Entstehungsprinzip (dazu im Folgenden ≪1≫), zur Einhaltung eines bestimmten, vom LSG nicht herangezogenen Prüfungsprogramms (dazu im Einzelnen ≪2≫ bis ≪4≫).
(1) Das für die Sozialversicherung zentrale Entstehungsprinzip hat zum Inhalt, dass Versicherungspflicht und Beitragshöhe bei dem Beschäftigten nach dem arbeitsrechtlich geschuldeten (etwa dem Betroffenen tariflich zustehenden) Arbeitsentgelt zu beurteilen sind - was sich etwa bei untertariflicher Bezahlung auswirkt - und nicht lediglich nach dem einkommensteuerrechtlich entscheidenden, dem Beschäftigten tatsächlich zugeflossenen Entgelt (grundlegend BSGE 54, 136 = SozR 2200 § 393 Nr 9; BSGE 75, 61 = SozR 3-2200 § 385 Nr 5; fortführend zB BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2; zur Verfassungskonformität des Prinzips: BVerfG Beschluss vom 11.9.2008 - 1 BvR 2007/05 - SozR 4-2400 § 22 Nr 3; aus dem Schrifttum vgl zB Sieben in Figge, Sozialversicherungs-Handbuch, Beitragsrecht, 9. Aufl 1998 ff, 6.4.6 mwN ≪Stand Einzelbearbeitung April 2012≫; Axer in von Maydell/Ruland/Becker, Sozialrechtshandbuch, 5. Aufl 2012, § 14 RdNr 32 mwN; Ruland in ebenda, § 17 RdNr 180, jeweils mwN; Immich, Rechtsprobleme der Einkommensvorschriften und -begrifflichkeiten im Sozialversicherungsrecht, Diss Hamburg, 2013, S 24 ff mwN). Der Zufluss von Arbeitsentgelt ist für das Beitragsrecht der Sozialversicherung demgegenüber nur entscheidend, soweit der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mehr leistet als ihm unter Beachtung der gesetzlichen, tariflichen oder einzelvertraglichen Regelungen zusteht, dh dann, wenn ihm also über das geschuldete Arbeitsentgelt hinaus überobligatorische Zahlungen zugewandt werden (vgl BSG SozR 3-2400 § 14 Nr 24 S 62 f).
Um diesen Grundsätzen zu genügen, bedarf es im Streit über eine Beitragsforderung zunächst der Feststellung des objektiv "geschuldeten Arbeitsentgelts" bzw des entstandenen Entgeltanspruchs im streitigen Zeitraum, für den Sozialversicherungsbeiträge beansprucht werden. Im Einzelnen ist hierfür zunächst festzustellen, welchen vergütungsrelevanten Inhalt die zwischen den Arbeitsvertragsparteien getroffenen Vereinbarungen haben, insbesondere welches Arbeitsentgelt unter welchen Arbeitsbedingungen für welche Arbeitszeit geschuldet sein soll (dazu im Folgenden ≪2≫). In einem zweiten Schritt ist sodann zu prüfen, ob diese arbeitsvertraglichen Abreden mit zwingendem Recht vereinbar sind oder ob sich aus solchem zwingenden Recht nicht etwa ein höherer geschuldeter Arbeitsentgeltanspruch ergibt; dies ist im vorliegenden Fall unter dem Blickwinkel des Arbeitszeitrechts denkbar, möglicherweise auch unter Würdigung einschlägiger tarifvertraglicher Mindestregelungen und Mindestansprüche (dazu ≪3≫). Erst wenn danach feststeht, was arbeitsvertraglich bzw arbeitsrechtlich in einem bestimmten Abrechnungszeitraum genau an Arbeitsentgelt geschuldet bzw in welcher Höhe der Arbeitsentgeltanspruch "entstanden" ist, stellen sich speziell für das Beitragsrecht der Sozialversicherung weitere Fragen, insbesondere danach, welche Entgeltbestandteile der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (dazu ≪4≫).
Diese Systematik hat das LSG bei seiner berufungsrechtlichen Prüfung nicht hinreichend beachtet.
(2) Im Urteil des LSG fehlen - obwohl es an verschiedenen Stellen der Entscheidungsgründe auch Rechtsbereiche außerhalb des reinen Sozialversicherungsrechts (Arbeitszeitrecht; Einkommensteuerrecht; tarifliche Regelungen) angesprochen hat - bereits klare Feststellungen zu den entstandenen Entgeltansprüchen des Beigeladenen zu 1., dh zu den arbeitsvertraglichen, tariflichen und gesetzlichen Regelungen über die Bildung des Arbeitsentgelts in den jeweiligen Entgeltabrechnungszeiträumen.
(a) Das LSG hat keine Feststellungen dazu getroffen, welche zwischen den Arbeitsvertragsparteien wöchentlich oder in einem Entgeltabrechnungszeitraum (hier Kalendermonat) vereinbarte Arbeitszeit galt sowie in welchem Umfang der Beigeladene zu 1. verpflichtet war, Arbeitsstunden innerhalb und außerhalb von SFN-Zeiten zu erbringen. Dazu enthält - was das LSG bei einer erneuten Verhandlung und Entscheidung des Rechtsstreits zu beachten haben wird - auch der vom LSG zur Ergänzung des Tatbestandes mit in Bezug genommene Arbeitsvertrag keinerlei evidente konkrete Regelungen: Nach § 2 Arbeitsvertrag und Anlage 1 "Regelung der Arbeitszeit" Punkt 1.1. richtet sich die (regelmäßige) Arbeitszeit nur "nach den betriebsüblichen Zeiten". Nach Punkt 1.2. und 1.3. der Anlage können in Bezug auf die Wochenarbeitszeit in den einzelnen Wochen "unterschiedliche Arbeitszeiten festgelegt" und "auf alle Wochentage verteilt" werden. Insoweit bedarf es zusätzlicher Feststellungen zum tatsächlichen Inhalt des Arbeitsvertrags, der auch aus der gelebten Praxis der Beteiligten erschlossen werden kann, soweit jene auf eine arbeitsrechtlich zulässige Konkretisierung oder Änderung der schriftlichen Vereinbarungen schließen lässt.
(b) Bezüglich der Bestimmung der betragsmäßigen Entgelthöhe unter dem Blickwinkel der dem Beigeladenen zu 1. für eine geleistete Arbeitsstunde zustehenden Betrages geht das LSG (in zentralen Punkten abweichend von dem Verständnis des Klägers) von der Maßgeblichkeit eines bestimmten Bruttogrundlohnes und dazu zu zahlender SFN-Zuschlagsleistungen aus, und zwar auf der Grundlage von § 4 des Arbeitsvertrages vom 1.4.2003, der die im Tatbestand im Einzelnen beschriebenen, sich in Gänze nicht ohne Weiteres inhaltlich erschließenden Regelungen ua zum "Brutto-Basisgrundlohn" des Beigeladenen zu 1. von "7,00 Euro für jede arbeitsrechtlich geschuldete Arbeitsstunde", zu zusätzlichen SFN-Zuschlägen "als Teillohn des vereinbarten durchschnittlichen Effektivlohns pro Stunde für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden", zum "durchschnittliche(n) Effektivlohn (Auszahlung)" in Höhe von 7,47 Euro sowie zur "Grundlohnergänzung" für den Fall eines geringeren durchschnittlichen Auszahlungsbetrags "pro tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde als … vereinbart" enthält.
Wie die Berechnungsbeispiele des LSG ergeben (nachfolgende Zahlen bezogen auf den Abrechnungsmonat Februar 2004), hat es aus diesen Regelungen hergeleitet, dass sich die vom Kläger gewährten - vermeintlich nach § 1 ArEV beitragsfreien - Zusatzleistungen für die SFN- Arbeit zusätzlich zu dem Brutto-Basisgrundlohn von 7,00 Euro errechnen sollen; faktisch sei aber durch die zugesagten Zuschläge schon dieser zugesagte Basisgrundlohn nicht eingehalten worden, weil er rechnerisch nur 6,50 Euro betragen und den vereinbarten (und für die Beitragsbemessung als Untergrenze maßgebenden) Stundenlohn von 7,00 Euro nur dann erreicht habe, wenn man in den Stundenlohn Essens- und Werkzeuggeld hineinrechnete. Allerdings ergeben sich insoweit aufgrund der in den Akten befindlichen Unterlagen Zweifel an dieser Würdigung, denen im Rahmen der erneuten Eröffnung der tatrichterlichen Prüfung aufgrund der insoweit zu beachtenden Bindung an die Vorgaben des Revisionsgerichts (§ 170 Abs 5 SGG) bei einer erneuten Verhandlung und Entscheidung durch das LSG nochmals nachzugehen sein wird.
Was hinsichtlich der entstandenen Entgeltansprüche des Beigeladenen zu 1. insoweit genau galt und welchen Inhalt in diesem Zusammenhang bestimmte Begrifflichkeiten der Vergütungsklausel in § 4 Arbeitsvertrag haben sollten, erschließt sich im Übrigen auch nach dem vielfältigen, uneinheitlichen und teilweise ersichtlich in sich widersprüchlichen Vorbringen der Klägerseite nicht: So ist schon nicht erkennbar, dass den vom Kläger in den verschiedenen von ihm im Verwaltungsverfahren und gerichtlichen Verfahren in Bezug genommenen - revisionsrechtlich vom erkennenden Senat ohnehin nur eingeschränkt zu würdigenden - Rechtsgutachten (Gutachten Dr. Schaub; Gutachten Prof. Dr. Felix/Brockmann; Gutachten Prof. Dr. Offerhaus; Gutachten Prof. Dr. Seewald) genau gleich gelagerte Sachverhalte zugrunde liegen, wie sie im Betrieb des Klägers bestanden haben sollen, insbesondere, ob auch im Falle des Beigeladenen zu 1. auf der tatsächlichen Ebene eine gleich gelagerte Praxis bestand. Schwerlich nachzuvollziehen sind auch Berechnungen des Klägers, wenn er in seinen Beispielen teilweise von gänzlich anderen Beträgen ausgeht als sie bei dem Beigeladenen zu 1. im hier geltenden Arbeitsvertrag vom 1.4.2003 einschlägig waren (Revisionsbegründung Seite 2 ff sowie Gutachten Prof. Dr. Offerhaus: "Basisgrundlohn 8 Euro … Effektivlohn 10 Euro", Revisionsbegründung Seite 15 "Basisfaktor 9,05 Euro", Grundlohnfaktor 9,87 Euro).
Darüber hinaus fällt etwa auf, dass schon der in § 4 Arbeitsvertrag verwendete Begriff des - im Falle des Beigeladenen zu 1. mit 7,47 Euro pro Stunde angesetzten - "Effektivlohns" bzw "Auszahlungsbetrags" eigentlich nur so verstanden werden kann, dass es sich dabei um einen - ggf mittels Grundlohnerhöhung auf eben diesen Betrag zu ergänzenden - "Nettolohn" handelt (so auch Revisionsbegründung Seite 3 f, die allerdings in "Schritt 4" dann noch von einem auf einen Bruttolohn hochzurechnenden "Grundlohnzusatz" und einer "Zuschlagserhöhung" ausgeht); Prof. Dr. Seewald nimmt dagegen auf Seite 12 unter b) seines Gutachtens an, dass es sich beim "Effektivlohn" bzw "Auszahlungsbetrag" "nicht um einen Nettobetrag, der dem Arbeitnehmer in dieser Höhe und ohne Abzüge … verbleiben soll" handele; vielmehr seien von dem Auszahlungsbetrag nach Maßgabe der einschlägigen gesetzlichen Regelungen Abgaben zu entrichten. Auch insoweit besteht tatrichterlicher Bedarf nach Klarstellung bzw Klärung.
(c) Hinsichtlich der Entgelthöhe wird das LSG schließlich auch festzustellen haben, von welchen Zeitpunkten an sich - von dem Kläger im Revisionsverfahren auch behauptete - Lohnerhöhungen ergaben, die sich unmittelbar auf den Entgeltanspruch und mittelbar auf die Beitragsberechnung auswirkten.
(3) Ferner hat das LSG nicht geprüft, ob sich über die reinen vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1. hinaus aus höherrangigem Recht nicht sogar noch höhere Vergütungsansprüche des Beigeladenen zu 1. ergeben, als sie unmittelbar aus dem Vertrag folgen. Hierzu hätte neben möglichen auch im Arbeitsverhältnis des Beigeladenen zu 1. verbindlichen tarifvertraglichen Regelungen insbesondere die Einhaltung zwingenden Arbeitszeitrechts geprüft werden müssen. Daraus könnte sich nämlich die Konsequenz ergeben, dass die von der Beklagten festgesetzte Beitragsforderung möglicherweise zwar niedriger ist, als es nach der Sach- und Rechtslage in Betracht kommt, dass aber jedenfalls die konkret gegenüber dem Kläger festgesetzte Höhe im anhängigen Rechtsstreit nicht mit Erfolg als überhöht und damit die Rechte des Klägers verletzend beanstandet werden könnte.
Zwar hat ein Arbeitgeber für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen von Gesetzes wegen keine zusätzlichen finanziellen Leistungen zu gewähren (so BAG Urteil vom 11.1.2006 - 5 AZR 97/05 - AP Nr 2 zu § 11 ArbZG; Poeche in Küttner, Personalhandbuch, 21. Aufl 2014, Stichwort "Sonn- und Feiertagsarbeit" RdNr 15), jedoch wurde vorliegend arbeitsvertraglich von der Möglichkeit einer zusätzlichen Leistungsgewährung Gebrauch gemacht. Für die Nachtarbeit bestimmt § 6 Abs 5 ArbZG demgegenüber zwingend, dass der Arbeitgeber - soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen - dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessen Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren hat. Dieser arbeitsrechtliche Zuschlag für Nachtarbeit beträgt in der Praxis - bei einer in Deutschland anzutreffenden Spanne zwischen 10 % und 40 % - durchschnittlich 25 % (vgl BAG Urteil vom 27.5.2003 - 9 AZR 180/02 - AP Nr 5 zu § 6 ArbZG, Juris RdNr 25; vgl zB Anzinger/Koberski, ArbZG, 4. Aufl 2014, § 6 RdNr 80). Darüber hinaus kommt in Betracht, dass auch tarifrechtliche Regelungen - auf deren Existenz es in den Akten der Beklagten Hinweise gibt, die das LSG aber nur in anderem Zusammenhang und pauschal anspricht (Seite 11 der Entscheidungsgründe unter 4.) - möglicherweise (bei gegebener Allgemeinverbindlichkeit oder Tarifbindung der Arbeitsvertragsparteien) dazu führen könnten, dass sich mit Blick auf geleistete Nachtarbeit des Beigeladenen zu 1. noch höhere Entgeltansprüche ergeben als dies im zugesagten "Effektivlohn" von 7,47 Euro zum Ausdruck kommt.
Vor diesem Hintergrund hätte das LSG insbesondere der Frage nachgehen müssen, ob hier angesichts der vom Kläger gewählten durchschnittsorientierten Vergütungssystematik mit einheitlichen Auszahlungsbeträgen von 7,47 Euro je Arbeitsstunde und der tatsächlichen betrieblichen Praxis überhaupt davon gesprochen werden kann, dass der Kläger als Arbeitgeber entsprechend § 6 Abs 5 ArbZG - soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen - Nachtarbeitnehmern einen angemessenen "Zuschlag" auf das ihnen für die Nachtarbeit arbeitszeitrechtlich zustehende Bruttoarbeitsentgelt zahlte. Eine arbeitsvertragliche Regelung, nach der Zuschläge für geleistete Nachtarbeit mit umfasst und durch die Höhe des Lohnes abgegolten sein sollen, wird in der arbeitsrechtlichen Literatur - jedenfalls teilweise - als gegen die gesetzlichen Anforderungen des § 6 Abs 5 ArbZG verstoßend eingestuft (so Rauschenberg in Hk-ArbZG, 2. Aufl 2004, § 6 RdNr 111). Zwar kommt auch eine in einem angehobenen Grundentgelt enthaltene pauschale Abgeltung der gesetzlich gebotenen Zuschläge in Betracht, dieses jedoch nur ausnahmsweise dann, wenn die Tätigkeiten des Arbeitnehmers ausschließlich und dauerhaft Nachtarbeit erfordern (BAGE 114, 272 = AP Nr 118 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Buschmann/Ulber, ArbZG, 7. Aufl 2011, § 6 RdNr 30). In einem derartigen Fall kann dann aber wiederum zweifelhaft sein, ob überhaupt ein abgabenbegünstigter Zuschlag vorliegt (iS des Einkommensteuerrechts verneinend von Beckerath in P. Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Bd 4, § 3b RdNr B 2, Stand Einzelkommentierung April 2000; dazu näher unten ≪4≫ ≪a≫).
Vor diesem Hintergrund ist zumindest nicht ohne Weiteres und nicht ohne Kenntnis der nähe-ren Umstände der im Falle des Beigeladenen zu 1. und bei anderen Beschäftigten im Betrieb des Klägers geübten Praxis in jeder Hinsicht zweifelsfrei, ob es mit zwingendem Arbeitszeitrecht vereinbar ist, wenn im vorliegenden Fall ohnehin für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde ein "durchschnittlicher Effektivlohn (Auszahlung)" von 7,47 Euro geschuldet sein soll; möglicherweise käme insoweit sogar in Betracht, dass jedenfalls die gesetzlichen Nachtzuschläge bezogen auf diesen Betrag aufgestockt werden müssten.
(4) Nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend geprüft hat das LSG des Weiteren, ob der sich nach den vorstehend unter ≪3≫ dargestellten Grundsätzen arbeitsrechtlich ergebende Entgeltanspruch unter dem Blickwinkel des Sozialversicherungsrechts (und ergänzend des Einkommensteuerrechts) iS von § 1 ArEV iVm § 3b Abs 1 EStG beitragsrechtskonform umgesetzt wurde.
(a) Selbst wenn man annähme, dass es für die Privilegierung der im Betrieb des Klägers vorgenommenen Entgeltgestaltung bezüglich der SFN-Leistungen als beitragsfrei allein auf die "Zusätzlichkeit" der Zuschläge iS von § 1 ArEV iVm § 3b Abs 1 EStG (= "neben dem Grundlohn gezahlt") ankäme, müssten dafür jedenfalls die Voraussetzungen erfüllt sein, die der BFH mit Blick auf dieses Merkmal an eine Steuerfreiheit solcher Leistungen des Arbeitgebers stellt. Dass dies im vorliegenden Fall gewährleistet war, kann ausgehend von den bisherigen Feststellungen des LSG allerdings nicht zweifelsfrei bejaht oder verneint werden.
Nach der Rechtsprechung des BFH setzt die Steuerfreiheit von Zuschlägen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf den konkreten Umfang der in einem bestimmten Entgeltabrechnungszeitraum tatsächlich erbrachten SFN-Arbeit an den Arbeitnehmer (pauschal) leistet, nämlich jedenfalls voraus, dass diese Zuschläge nach dem übereinstimmenden Willen der Arbeitsvertragsparteien als Abschlagszahlungen oder Vorschlüsse auf eine spätere Einzelabrechnung geleistet werden; dazu muss der Arbeitgeber die geleisteten Arbeitsstunden auflisten und spätestens beim Abschluss des Lohnkontos abrechnen (vgl BFH Urteil vom 24.9.2013 - VI R 48/12 - BFH/NV 2014, 341 RdNr 15; BFH Urteil vom 8.12.2011 - VI R 18/11 - BFHE 236, 97 mwN; zu den weiteren Voraussetzungen zB BFH vom 16.12.2010 - VI R 27/10 - BFHE 232, 174 mwN; ebenso von Beckerath in P. Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Bd 4, § 3b RdNr B 36, Stand Einzelkommentierung April 2000; ders in P. Kirchhof, EStG, 12. Aufl 2013, § 3b RdNr 2 mwN aus der Rspr des BFH in Fn 7; Heinicke in L. Schmidt, EStG, 32. Aufl 2013, § 3b RdNr 7 mwN; vgl zur Rspr des BFH im Einzelnen auch Sieben in Figge, Sozialversicherungs-Handbuch, Beitragsrecht, aaO, Gliederungspunkt 6.9.11.2.3 - Pauschale SFN-Zuschläge).
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Dass ein solcher, zu einer Privilegierung im Lohnsteuerrecht (und darauf aufbauend im Beitragsrecht der Sozialversicherung) führender Sachverhalt hier vorlag, hat das LSG nicht festgestellt, obwohl Anlass dazu bestand. Ermittlungen zum Merkmal "zusätzlich" bzw "neben dem Grundlohn gezahlt" iS von § 1 ArEV iVm § 3b Abs 1 EStG sind angesichts der Umstände des Falles nicht von vornherein entbehrlich. Zwar hat die Beklagte in ihrer Revisionserwiderung vorgetragen, die Existenz eines wie auch immer gearteten "Guthabenkontos" für Fälle einer überdurchschnittlich hohen Zahl von SFN-Arbeitsstunden habe bei der Betriebsprüfung nicht belegt werden können; der Kläger hat sich im Revisionsverfahren nicht gegen diese Äußerung gewandt, sondern hat es nur - ohne dass dem Einzelheiten in gebotener Klarheit entnommen werden könnten - als "im Berufungsverfahren unstreitig gewesen" dargestellt, dass eine Guthabenklausel tatsächlich im Betrieb "nicht zur Anwendung" gekommen sei (Seite 3 des Schriftsatzes vom 4.5.2012). Mit Letzterem ist indessen nicht vereinbar, dass § 4 Arbeitsvertrag einen solchen Ausgleichsmechanismus gerade explizit vorsieht. Dort heißt es nämlich: |
"Sollte durch eine entsprechende Arbeitszeitplanung aufgrund hoher SFN-Zuschläge ein höherer durchschnittlicher Auszahlungsbetrag zustande kommen, so gilt als vereinbart, dass der Differenzbetrag auf dem Lohnkonto als Guthaben zum Ausgleich bei geringeren durchschnittlichen Auszahlungsbeträgen pro geleisteter Arbeitsstunde verrechnet wird." |
Um insoweit rechtliche Folgerungen ziehen zu können, sind zunächst weitere Ermittlungen des LSG zur Existenz und Praktizierung eines Ausgleichsmechanismus im Betrieb bzw zu dessen Unterbleiben nötig, etwa durch Anhörung des Klägers und des Beigeladenen zu 1. Sollte sich ergeben, dass im Sinne der Rechtsprechung des BFH zu § 3b EStG Zuschläge für tatsächlich geleistete SFN-Arbeit nicht "neben dem Grundlohn", dh neben dem laufenden "Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht", gezahlt wurden, schiede auch eine beitragsrechtliche Privilegierung von SFN-Zuschlägen aus. Derartiges wäre der Fall, wenn dem Beigeladenen zu 1. arbeits(zeit)rechtlich zustehende Nachzahlungen für in größerem als dem geschuldeten bzw vorgesehenen Umfang abgeleistete SFN-Zeiten vorenthalten wurden oder wenn nachträgliche Korrekturen für den Fall unterblieben, dass tatsächlich weniger SFN-Stunden erbracht wurden als im vorgenannten Sinne in einem Entgeltabrechnungszeitraum vergütet.
Den sich bereits aus dem Einkommensteuerrecht, insbesondere der zitierten, bis in das Jahr 2013 hineinreichenden ständigen Rechtsprechung des BFH ergebenden Erfordernissen steht das Urteil des BFH vom 17.6.2010 - VI R 50/09 - (BFHE 230, 150 = BStBl II 2011, 43; dazu Anm Bergkemper jurisPR-SteuerR 49/2010 Anm 2), auf das sich der Kläger für seine dem entgegenstehende Rechtsauffassung bezieht, nicht entgegen. Der 6. Senat des BFH hat in diesem Urteil zwar entschieden, dass die Vereinbarung eines durchschnittlichen Auszahlungsbetrags pro tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde der Steuerbefreiung nach § 3b EStG nicht entgegensteht und dass der "laufende Arbeitslohn" der Höhe nach schwanken darf, ohne dass dies der Anwendung von § 3b Abs 2 S 1 EStG entgegensteht; allerdings dürfen auch danach die - neben dem Grundlohn (dh dem laufenden Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der "für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit" für den jeweiligen Lohnabrechnungszeitraum zusteht) zu leistenden - Zuschläge nicht Teil einer einheitlichen Entlohnung sein und müssen für tatsächlich geleistete SFN-Arbeit gezahlt werden. Dass auch im Arbeitsverhältnis zwischen Kläger und Beigeladenem zu 1. eine eben solche Konstellation wie im genannten Urteil des BFH galt, kann auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht unterstellt werden. Im Falle des Beigeladenen zu 1. steht nämlich nicht einmal die für ihn "maßgebende regelmäßige Arbeitszeit" fest; darüber hinaus bestehen angesichts der wechselnden und unklaren Terminologie Unklarheiten darüber, welche konkreten Beträge die Arbeitsvertragsparteien überhaupt jeweils als "Grundlohn" bzw "laufenden Arbeitslohn" einerseits und als "Zuschläge" andererseits verstanden wissen wollten (zu beiden Punkten bereits unter 2 b bb ≪2≫).
(b) Unbeschadet der unter (a) erörterten einkommensteuerrechtlichen Würdigung ist weiter zu prüfen, ob die im Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1. getroffenen Abreden mit zwingenden Vorgaben und Prinzipien des Sozialversicherungsrechts vereinbar sind, die den Regelungen über die Beitragsfreiheit von SFN-Zuschlägen vorgelagert bzw übergeordnet sind.
Insoweit kann dahinstehen, ob von einem jedenfalls inhaltlichen Gleichklang von § 1 ArEV und § 3b EStG auszugehen ist (was das LSG verneint hat). Dass aber im Beitragsrecht der Sozialversicherung trotz seiner Bindungen an einkommensteuerrechtliche Sachverhalte (vgl §§ 15, 16 SGB IV) jedenfalls durchaus auch vom Steuerrecht abweichende Grundsätze gelten können, wurde bereits oben 2 b bb ≪1≫ in Bezug auf die Geltung von Entstehungs- und Zuflussprinzip dargelegt (vgl ferner zur Aufrechterhaltung sozialversicherungsrechtlicher Besonderheiten gegenüber dem Einkommensteuerrecht zB Entwurf der Bundesregierung eines Sozialgesetzbuchs ≪SGB≫ - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung, BT-Drucks 7/4122 S 32 zu § 15 und S 33 zu § 17 des Entwurfs; BSG SozR 4-2400 § 22 Nr 1 RdNr 31): Während es nämlich für die einkommensteuerrechtliche Beurteilung von Arbeitsentgelt grundsätzlich nur auf die dem Arbeitnehmer/Beschäftigten insoweit tatsächlich zugeflossenen Beträge (hier: für Arbeitsentgelt und SFN-Zuschläge) - ohne Rücksicht auf die arbeitsvertraglich bzw arbeitsrechtlich konkret bestehenden Entgeltansprüche - ankommt, sind Sozialversicherungsbeiträge von demjenigen (beitragspflichtigen Brutto-)Arbeitsentgelt zu erheben, das der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber (rechtlich) beanspruchen kann, dh von den Beträgen, in deren Höhe der Arbeitsentgeltanspruch entstanden ist. Das kann - auch im vorliegenden Fall - zu beitragsrechtlichen Abweichungen von der lohn- und einkommensteuerrechtlichen Behandlung führen.
Darüber hinaus ist bezogen auf das Sozialversicherungsrecht zu beachten, dass privatrechtliche Vereinbarungen, die zum Nachteil eines Sozialleistungsberechtigten von den Vorschriften des SGB abweichen, nichtig sind (§ 32 SGB I), was auch Abreden zwischen den Arbeitsvertragsparteien über eine dem Beschäftigten gegenüber den Regelungen des SGB IV nachteilige Verbeitragung von Entgeltansprüchen betrifft (vgl zur Geltung des § 32 SGB I auch in Bezug auf derartige Sachverhalte insoweit bereits Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Sozialgesetzbuch ≪SGB≫ - Allgemeiner Teil, BT-Drucks 7/868 S 27 zu § 32 des Entwurfs). Da das Sozialversicherungsrecht - anders als das Einkommensteuerrecht - zudem nicht auf einer auf das jeweilige Kalenderjahr bezogenen Betrachtung der zu zahlenden Abgaben beruht, sondern Arbeitsentgelte beitragsrechtlich grundsätzlich den jeweiligen Entgeltabrechnungszeiträumen zuzuordnen sind, bedürfte es einer Rechtfertigung dafür, dass Abweichungen gegenüber dem gesetzlichen Grundprinzip gelten sollen. Solche Abweichungen hat der Gesetzgeber zB - Bedürfnissen des modernen Arbeitslebens folgend - speziell geregelt in Bezug auf die Behandlung einmalig gezahlten Arbeitsentgelts (§ 23a Abs 2 SGB IV) sowie hinsichtlich der Wertguthaben bei flexiblen Arbeitszeitregelungen, bei denen für die Zeit der Freistellung von der Arbeitsleistung eine Umverteilung des Arbeitsentgelts und der beitragspflichtigen Einnahmen aus dem Arbeitsentgelt vorgenommen wird (§ 7 Abs 1a, §§ 7b bis 7d, § 23b SGB IV, vgl dazu näher BSGE 113, 144 = SozR 4-2400 § 7 Nr 18). Der Gesetzgeber hat sich indessen dem vom Kläger geltend gemachten Anliegen, im Interesse des Arbeitsfriedens im Betrieb SFN-Zuschläge im Wege eines möglichst gleichmäßigen Entgeltzuflusses zu gewähren, im Beitragsrecht nicht speziell angenommen. Inwieweit die allgemeinen Regelungen zur Anwendung kommen bzw zumindest bestehende Sonderregelungen entsprechend herangezogen werden können, muss der Senat vorliegend allerdings nicht entscheiden, solange nicht die genauen Konturen des vom LSG und dem Kläger unterschiedlich dargestellten und gewürdigten Abrechnungsmodells und ihrer konkreten Umsetzung im Betrieb feststehen. Das angewandte Modell bleibt nämlich - wie dargestellt - in seinen Details selbst auf der Grundlage des revisionsrechtlich ohnehin nur eingeschränkt berücksichtigungsfähigen Vorbringens der Klägerseite unklar.
cc) Die vom LSG demgegenüber in den Vordergrund gerückten rechtlichen Gesichtspunkte tragen sein zum Nachteil des Klägers ergangenes Urteil nicht.
Das LSG hat die sozialversicherungs- und beitragsrechtliche Würdigung darauf gestützt, dass bereits vom ersten Moment der Arbeitsaufnahme an aus Gründen des sozialversicherungsrechtlichen Schutzes der Beschäftigten eine Entgeltbestimmbarkeit gegeben sein müsse, der das Abrechnungsmodell des Klägers nicht genüge, weil beitragspflichtige Bruttoentgelte und beitragsfreie Zuschlagsleistungen nicht klar genug vorausberechenbar seien. Ob dem - bis auf die Ausführungen des LSG zum Entstehungsprinzip - allgemein zu folgen ist und sich ein solches allgemeines Prinzip den Entscheidungen zur im Voraus erforderlichen Klarheit über Versicherungspflicht und fehlende Versicherungspflicht (vgl zB BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32 mwN ≪Tätigkeit in Familiengesellschaft≫) oder zu erforderlichen Prognosen über das arbeitszeit- oder arbeitsentgeltabhängige Bestehen von Versicherungsfreiheit (vgl zB BSG SozR 4-2600 § 5 Nr 6 ≪Entgeltgeringfügigkeit bei selbstständig Tätigen in der gesetzlichen Rentenversicherung≫) ableiten lässt, muss vorliegend nicht entschieden werden. In den Blick zu nehmen ist in diesem Zusammenhang jedenfalls, dass auch bei vielen Formen erfolgsabhängiger Vergütung mit flexibler Arbeitszeit - etwa abhängig von der jeweiligen konkreten Auftragslage im Betrieb des Arbeitgebers - Unwägbarkeiten über die Höhe der Beiträge bestehen; gleichwohl wäre in solchen Fällen kaum eine starre beitragsrechtliche Behandlung gerechtfertigt, wenn zumindest nachträglich nachvollziehbare Entgeltabrechnungen erfolgten (vgl auch zB § 23 Abs 1 S 2 Halbs 2 SGB IV idF der Bekanntmachung vom 21.2.2006, BGBl I 466).
Ohne Belang für die zu treffende Entscheidung ist in diesem Zusammenhang auch, welche Anforderungen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger in ihren Besprechungsergebnissen - auf die sich der Kläger teilweise beruft - an die Beitragsfreiheit von SFN-Zuschlägen stellen. Unbeschadet der Frage, ob sich der vorliegend revisionsrechtlich maßgebende zu überprüfende Sachverhalt mit demjenigen deckt, der den Besprechungsergebnissen zugrunde liegt, ist derartiges verwaltungsinternes Regelwerk nicht geeignet, die Gesetzeslage sowie die hierzu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung, insbesondere diejenige des BFH und des BSG, allgemein außer Kraft zu setzen.
c) Nach alledem ist zwar das LSG-Urteil aufzuheben, jedoch kann der Senat nicht abschlie-ßend in der Sache entscheiden, weil es nicht zu den Aufgaben eines Revisionsgerichts gehört, die zwischen den Arbeitsvertragsparteien bestehenden Vereinbarungen und deren betriebliche Umsetzung im Einzelnen zu ermitteln, um darauf fußend Berechnungen der vom Kläger zu zahlenden Beiträge vornehmen zu können. Dies führt zu einer Zurückverweisung nach § 170 Abs 2 S 2 SGG.
Das LSG hat bei seiner neuen Verhandlung und Entscheidung die oben aufgezeigten Prüfungsschritte zu beachten und muss sodann erneut würdigen, ob die Beiträge in den angefochtenen Bescheiden zutreffend berechnet wurden und ob die von der Beklagten beanspruchte Beitragshöhe - im Falle ihrer Rechtswidrigkeit - Rechte des Klägers verletzt.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
3. Der Streitwert für das Revisionsverfahren ist gemäß § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG entsprechend in Höhe der streitigen Beitragsforderung festzusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 7307712 |
BSGE 2015, 295 |