Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhen des Anspruchs auf Unterhaltsgeld bei Erkrankung. Teilnahme an beruflicher Bildungsmaßnahme. Unterbrechung der Teilnahme. Pauschale für Verpflegungskosten
Orientierungssatz
1. Nach dem unmißverständlichen Wortlaut des § 118 Abs 1 AFG muß ein dort genannter Anspruch zuerkannt sein, um die Ruhenswirkung auszulösen. Der bloße Anspruch auf Krankengeld als solcher bewirkt infolgedessen kein Ruhen.
2. Die Versäumung der Geltendmachung eines Anspruchs kann das Ruhen nach § 118 AFG nicht bewirken. Der § 118 Abs 1 AFG soll nur eine Doppelversorgung verhindern; etwaige Schadensersatzansprüche können auf diese Vorschrift nicht gestützt werden.
3. Unterrichtsversäumnisse an einzelnen Tagen schließen eine Fortsetzung der Teilnahme und damit den Leistungsanspruch auch für die Fehltage nicht zwingend aus. Eine Fortsetzung der regelmäßigen Teilnahme (also keine Unterbrechung im Rechtssinne) ist dann anzunehmen, wenn der Lernende die Unterrichtsveranstaltungen vorübergehend aus wichtigem Grunde nicht besucht hat. Es darf sich dabei allerdings nur um jeweils kurze Unterbrechungen handeln, weil langfristige Verhinderungen den Maßnahmeerfolg in Frage stellen können und deshalb im Ergebnis einem Abbruch gleichkommen können.
4. Die Teilnahme gilt an Tagen, an denen der Teilnehmer dem Unterricht aus einem wichtigen Grunde fernbleibt, auch als erfüllt, solange die Erreichung des Unterrichtszieles nicht gefährdet ist.
5. Das Wesen einer Pauschalregelung für die Gewährung von Leistungen (hier: Kosten für Verpflegung bei auswärtiger Unterbringung) zum Ausgleich eines Kostenaufwands bedeutet, daß nicht seine tatsächliche Höhe im Einzelfalle maßgebend ist. Jede Pauschalierung kann im Einzelfalle zu Begünstigungen oder zu Benachteiligungen führen. Deshalb kommt es im Rahmen der in § 16 AFuU (Fassung: 1971-09-09) getroffenen Regelung auch nicht darauf an, ob dem auswärtig untergebrachten Teilnehmer überhaupt ein besonderer Verpflegungsaufwand entsteht, ggf in welcher Höhe.
Normenkette
AFG § 44 Abs 1, § 118 Abs 1 Nr 2; AFuU § 10 Abs 2 S 1, § 16 Abs 2 Buchst b
Verfahrensgang
Hessisches LSG (Entscheidung vom 12.10.1981; Aktenzeichen L 10 Ar 961/80) |
SG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 27.06.1980; Aktenzeichen S 15 Ar 618/78) |
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Unterhaltsgeld (Uhg) und von Verpflegungskosten und die Rückforderung von erbrachten Leistungen.
Der Kläger besuchte vom 15. September 1975 bis 20. Juni 1977 einen Lehrgang zum Druckerei-Techniker an der Rudolf-Diesel-Fachschule der Stadt N. Die Beklagte bewilligte ihm dafür Uhg gemäß § 44 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) sowie sonstige Leistungen gemäß § 45 AFG.
Mit Bescheid vom 16. März 1978 (Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 1978) hob die Beklagte die Bewilligung von Uhg für den 26. bis 28. Juli, 16. bis 20. September, 18. bis 19. November 1976, 3., 21. und 22. Februar 1977 sowie die Entscheidung über die Bewilligung von Verpflegungskosten für den 19. Dezember 1975, 12. bis 15. Februar, 28. Mai, 26. bis 28. Juli, 10. August, 16. bis 20. September, 18. Oktober, 18. bis 21. November 1976, 3., 21., 22. Februar, 14. März und 1. April 1977 (25 Tage) auf, da der Kläger an diesen Tagen nicht an der beruflichen Bildungsmaßnahme teilgenommen habe. Gleichzeitig forderte sie 647,40 DM Uhg sowie 150,- DM Verpflegungskosten zurück.
Mit Urteil vom 27. Juni 1980 hat das Sozialgericht (SG) den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid betreffend Uhg für die Zeit vom 16. bis 20. September und 18. bis 19. November 1976 aufgehoben und entschieden, daß "bei der Verpflegungspauschale keine Rückforderung für Einzeltage vorgenommen werden darf". Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Mit der zugelassenen Berufung hat die Beklagte vorgetragen, sie wende sich gegen das SG-Urteil nur insofern, als der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid betreffend Uhg für den 18. und 19. November 1976 aufgehoben worden sei sowie hinsichtlich der Aufhebung des angefochtenen Bescheides über die Verpflegungskosten für 25 Tage und deren Rückforderung für den 19. Dezember 1975.
Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 12. Oktober 1981). Zur Begründung hat es ausgeführt: Das SG habe zu Recht entschieden, daß die Aufhebung der Bewilligung von Uhg für den 18. und 19. November 1976 rechtswidrig sei, denn die Voraussetzungen der Bewilligung seien nicht weggefallen. Insbesondere habe der Anspruch des Klägers auf Uhg in dieser Zeit nicht aufgrund des § 118 Abs 1 Nr 2 AFG geruht. Die Leistungsvoraussetzungen seien auch nicht deshalb entfallen gewesen, weil der Kläger in dieser Zeit nicht mehr Teilnehmer an einer Maßnahme der beruflichen Bildung gewesen sei, wie es für den Anspruch auf Uhg vorausgesetzt sei (§§ 44 Abs 1, 34 Abs 1 AFG). Für die Teilnehmereigenschaft seien unschädlich unverschuldete - zB durch Krankheit bedingte - Unterbrechungszeiten, sofern sie nur vorübergehender Natur seien und der Erfolg der Maßnahme dadurch nicht gefährdet werde. Am 18. und 19. November 1976 habe der Kläger einen wichtigen Grund gehabt, dem Unterricht fernzubleiben, da er laut ärztlicher Bescheinigung arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Die Auffassung der Beklagten, daß Krankheit im Falle der Nichtanmeldung eines Krankengeldanspruches bei der Krankenkasse als wichtiger Grund für die Nichtteilnahme entfalle, sei unzutreffend. Da die Aufhebung der Bewilligung von Uhg für den 18. und 19. November 1976 rechtswidrig sei, scheide auch eine Rückforderung des Uhg für diese Tage aus. Die Berufung der Beklagten könne auch in bezug auf die Verpflegungskosten keinen Erfolg haben. Zwar habe das SG im Tenor des Urteils nur die Rückforderung der Verpflegungskostenpauschale für Einzeltage aufgehoben und keinen ausdrücklichen Ausspruch über die Aufhebung der Aufhebungsentscheidung getroffen; unter Heranziehung der Gründe des Urteils sei der Tenor jedoch dahingehend auszulegen gewesen, daß das SG auch die Aufhebungsentscheidung der Beklagten aufgehoben habe. Der Aufhebungsbescheid der Beklagten sei rechtswidrig, denn die Leistungsvoraussetzungen seien für die streitigen Tage nicht iS von § 151 Abs 1 AFG aF weggefallen. Nach § 45 AFG trage die Bundesanstalt für Arbeit (BA) ganz oder teilweise die notwendigen Kosten, die durch die Fortbildungsmaßnahme unmittelbar entstehen, insbesondere die Kosten für Unterkunft und Verpflegung, wenn die Teilnahme an einer Maßnahme auswärtige Unterbringung erfordere. Diese Vorschrift gebe der Beklagten das Recht zu einer generalisierenden Regelung des Umfangs der Leistungen im Anordnungswege nach § 39 AFG. Die BA habe hiervon im Sinne einer Pauschalierung Gebrauch gemacht, denn sie habe in § 16 Abs 2b der Anordnung über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung (AFuU) vom 9. September 1971 idF der 2. Änderungsverordnung vom 27. Februar 1975 (ANBA 1975, S 417) bestimmt, daß für Verpflegung eine monatliche Pauschale von 180,- DM gezahlt werde. Danach steht dem Teilnehmer an der Bildungsmaßnahme die Pauschale für Verpflegung zu, wenn der Tatbestand der erforderlichen auswärtigen Unterbringung iS von § 45 AFG gegeben sei. Der Kläger sei in der streitigen Zeit weiterhin Teilnehmer an einer Bildungsmaßnahme gewesen, die die auswärtige Unterbringung erforderlich machte. Ein nur vorübergehendes Fernbleiben vom Unterricht unterbreche die Teilnahme im Rechtssinne nicht. Durch die ununterbrochene Teilnahme an der Maßnahme sei auch die Voraussetzung für die Zahlung der Verpflegungskosten gegeben gewesen. Dadurch, daß die Beklagte die Verpflegungskosten pauschal geregelt habe, sei im Einzelfalle der Nachweis, daß ein Mehraufwand an Verpflegungskosten entstanden sei, nicht zu führen. Die Beklagte sei nicht berechtigt, für die einzelnen Fehltage des Klägers die Kostenpauschale anteilmäßig aufzuheben. Da die bewilligende Entscheidung der Verpflegungskosten nicht aufgehoben werden könne, komme eine Rückerstattung der Verpflegungskosten für den 19. Dezember 1975 nicht in Betracht.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 44, 45 AFG. Sie trägt dazu vor: Nach § 44 Abs 1 AFG werde Uhg Teilnehmern an Maßnahmen zur beruflichen Fortbildung gewährt. Teilnehmer sei, wer tatsächlich am Unterricht teilnehme. Die Teilnahme gelte auch als erfüllt an Tagen, an denen der Teilnehmer dem Unterricht aus einem wichtigen Grunde fernbleibe. Krankheit des Teilnehmers werde grundsätzlich als wichtiger Grund anerkannt. Dies gelte jedoch dann nicht, wenn der Teilnehmer es trotz festgestellter Arbeitsunfähigkeit unterlasse oder versäume, den ihm an sich zustehenden Anspruch auf Krankengeld geltend zu machen; denn es könne nicht zu Lasten der BA gehen, daß ein Teilnehmer weder dem Arbeitsamt noch der zuständigen Krankenkasse seine Arbeitsunfähigkeit mitteile und dadurch die vom Gesetz vorgesehene Entlastung der BA (Ruhen des Uhg-Anspruchs bei zuerkanntem Anspruch auf Krankengeld) verhindere. Das Uhg solle den Lebensunterhalt des Teilnehmers sicherstellen, und zwar auch dann, wenn die Teilnahme aus wichtigem Grunde nicht möglich sei. An dieser Zielsetzung fehle es jedoch, wenn der Lebensunterhalt grundsätzlich anderweitig - noch dazu durch Beiträge der BA - bereits gesichert sei. Deshalb könne für Leistungsempfänger bei ärztlich festgestellter Krankheit für Fehltage kein wichtiger Grund anerkannt werden, wenn der dem Grunde nach bestehende Anspruch auf Krankengeld nicht geltend gemacht werde. In einem solchen Falle sei von einer Unterbrechung der Teilnehmereigenschaft auszugehen. Damit bestehe für derartige Fehltage kein Anspruch auf Uhg. Unstreitig sei der Kläger am 18. und 19. November 1976 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Für diese Tage habe er keinen Anspruch auf Uhg; die teilweise Aufhebung der bewilligenden Entscheidung sei somit rechtens. Der Kläger sei auch zur Rückzahlung des zu Unrecht erhaltenen Uhg verpflichtet. Er habe eine Erklärung unterschrieben, nach der ihm bekannt gewesen sei, daß er eine Erkrankung unverzüglich dem Arbeitsamt anzuzeigen habe. Da der Kläger durch das Unterlassen der Anzeige die unrechtmäßige Uhg-Gewährung zumindest grob fahrlässig herbeigeführt habe, sei er aufgrund des § 152 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG rückzahlungspflichtig. Nach § 45 AFG trage die BA ganz oder teilweise die notwendigen Kosten, so auch für Verpflegung, wenn die Teilnahme an einer Maßnahme die auswärtige Unterbringung erfordere. Die Kosten müßten durch die Teilnahme unmittelbar entstehen. Während zB Kosten für Unterkunft am Maßnahmeort in aller Regel auch für Tage entstünden, an denen sich der Teilnehmer an seinem Heimatwohnort aufhalte, entstünden an solchen Tagen keine zusätzlichen Kosten für Verpflegung am Maßnahmeort. Die Kosten für die allgemeine Lebenshaltung seien aber aus dem Uhg zu bestreiten. Folglich habe der Kläger für die Tage, an denen er nicht am Unterricht teilgenommen habe und sich an seinem Wohnort bzw nicht am Maßnahmeort aufgehalten habe, keinen Anspruch auf Erstattung von Verpflegungskosten. Daran vermöge auch die erfolgte Pauschalierung nichts zu ändern. Die Pauschalierung sei in erster Linie aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung erfolgt. Dem LSG könne nicht beigepflichtet werden, daß der Pauschalsatz nach § 16 Abs 2 AFuU aF nicht auf Tagessätze umgerechnet werden dürfe. Würde man dieser Auslegung folgen, so würde das bedeuten, daß letztlich auch bei Einzeltagen immer der volle Monatspauschbetrag zu gewähren wäre. Das wäre eindeutig nicht der Wille des Anordnungsgebers. Dieser sei sehr wohl von der Umrechenbarkeit auf Einzeltage ausgegangen; das zeige auch, daß bewußt durch 30 teilbare Pauschbeträge gewählt worden seien. Eine Rückforderung gemäß § 152 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG komme allerdings nur für den 19. Dezember 1975 in Betracht. Hinsichtlich der übrigen 24 Tage fehle es am ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Verstoß gegen die Anzeigepflicht und dem Eintritt der Überzahlung, weil die Verpflegungskosten ab Monat Februar 1976 monatlich im voraus gezahlt worden seien. Die Überweisung für den Monat Dezember 1975 sei aber erst am 22. Januar 1976 erfolgt, so daß das Unterlassen der unverzüglichen Anzeige für die unrechtmäßige Leistungsgewährung ursächlich gewesen sei.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 12. Oktober 1981 aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. Juni 1980 abzuändern und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 16. März 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 1978 abzuweisen, soweit a) die Aufhebung der Bewilligung von Unterhaltsgeld für den 18. und 19. November 1978 und die Rückforderung des für diese Tage ausgezahlten Unterhaltsgeldes im Streit stehen, b) die Aufhebung der Bewilligung von Verpflegungskosten für 25 Tage und die Rückforderung von Verpflegungskosten für den 19. Dezember 1975 im Streit stehen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen. Er hält das angefochtene Urteil für richtig.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Auch in dem durch ihren Berufungs- und Revisionsantrag beschränkten Umfange sind die angefochtenen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide rechtswidrig.
Entscheidungen, durch die Leistungen nach dem AFG bewilligt worden sind, werden nach § 151 Abs 1 AFG idF vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582) insoweit aufgehoben, als die Voraussetzungen für die Leistung nicht vorgelegen haben oder nachträglich weggefallen sind. Diese Vorschrift ist trotz ihrer Streichung durch Art II § 2 Nr 1 Buchst a des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren - (SGB 10) vom 18. August 1980 (BGBl I 1469) für die vor dem 1. Januar 1981 erfolgten Aufhebungen von Bewilligungsbescheiden maßgebend, denn das SGB 10 ist erst am 1. Januar 1981 in Kraft getreten (Art II § 40 Abs 1 SGB 10).
Zu den Leistungen iS des § 151 AFG gehören alle Leistungen nach dem AFG, die von einer Dienststelle der BA bewilligt worden sind, wozu auch die Förderungsmittel der beruflichen Bildung, also das Uhg und die Verpflegungskosten, zählen (BSGE 44, 173, 175 = SozR 4100 § 44 Nr 14 mwN).
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Uhg für den 18. und 19. November 1976 haben nach den Feststellungen des LSG von Anfang an vorgelegen und sind auch später nicht weggefallen. Insbesondere ruhte der Anspruch auf Uhg in dieser Zeit nicht wegen der Erkrankung des Klägers. Insoweit kommt lediglich die Regelung in § 118 Abs 1 Nr 2 iVm § 44 Abs 7 AFG in Betracht. Danach ruht der Anspruch auf Uhg während der Zeit, für die dem Maßnahmeteilnehmer ein Anspruch auf Krankengeld zuerkannt ist. Der bloße Anspruch auf Krankengeld als solcher bewirkt infolgedessen kein Ruhen (vgl Hennig/Kühl/Heuer, Komm z AFG, Juni 1982, § 118 Anm 3; Schönefelder/Kranz/ Wanka, Komm z AFG, 1. ErgLfg § 118 Anm 20). Insoweit unterscheidet sich § 118 AFG von der früheren Regelung des § 77 AVAVG. Nach dieser Vorschrift trat der Ruhenstatbestand bereits ein, wenn der Arbeitslose einen Anspruch auf eine der dort genannten Leistungen hatte, ohne Rücksicht darauf, ob der Anspruch bereits geltend gemacht bzw zuerkannt war (vgl Draeger/Buchwitz/Schönefelder, Komm z AVAVG, § 77 Anm 9). Diese Regelung wurde in das AFG bewußt nicht übernommen. Nach dem unmißverständlichen Wortlaut des § 118 Abs 1 AFG muß ein dort genannter Anspruch zuerkannt sein, um die Ruhenswirkung auszulösen. Mit diesem Wortlaut stimmt die Absicht des Gesetzgebers überein, wie sich aus der Begründung zum Entwurf eines Arbeitsförderungsgesetzes ergibt. Dort ist ausgeführt: "Die Entscheidung, ob zu Unrecht geleistete Beträge von dem Empfänger zurückgefordert werden können, kann nicht davon abhängig gemacht werden, ob dem Empfänger Ansprüche auf Leistungen zur Deckung des Lebensunterhalts gegen Dritte zustehen. Der Entwurf läßt deshalb eine Rückforderung nur dann zu, wenn dem Empfänger eine der in § 108" (in der Gesetz gewordenen Fassung: § 118) "genannten Leistungen zuerkannt ist und die Entscheidung über die Leistung nach dem AFG aus diesem Grunde aufgehoben worden ist" (BT-Drucks V/2291, S 88).
Im vorliegenden Falle wurde dem Kläger ein Anspruch auf Krankengeld nicht zuerkannt, wie das LSG festgestellt hat und zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist. Ein Ruhen seines Uhg-Anspruchs ist daher nicht eingetreten. Für diese Rechtsfolge ist es ohne Bedeutung, daß der Kläger einen Antrag auf Krankengeld nicht gestellt hat; denn die Versäumung der Geltendmachung eines Anspruchs kann das Ruhen nach § 118 AFG nicht bewirken. Das Gesetz sieht keine Regelung dafür vor, daß der Anspruch auf Uhg auch dann ruht, wenn der Krankengeldanspruch hätte zwar zuerkannt werden können, aber nicht zuerkannt wurde, selbst wenn dies auf Gründen beruht, die der Leistungsbezieher zu vertreten hat. Der § 118 Abs 1 AFG soll nur eine Doppelversorgung verhindern; etwaige Schadensersatzansprüche können auf diese Vorschrift nicht gestützt werden. Es kann dahinstehen, ob der Kläger die Erkrankung als einer für die Leistung erheblichen Änderung der Verhältnisse iS von § 60 Abs 1 Nr 2 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB 1) der Beklagten hätte unverzüglich mitteilen müssen. Die Unterlassung der Mitteilung ist hier jedenfalls ohne Folgen für den Leistungsbezug geblieben. Ein Recht zum Leistungsentzug als Folge fehlender Mitwirkung kommt nach § 66 Abs 1 SGB 1 nur bei einer Erschwerung der Sachverhaltsaufklärung in bezug auf die Voraussetzungen der Leistung in Betracht. Außerdem können die Leistungen nur entzogen werden, wenn der Entzug dem Berechtigten zuvor schriftlich angedroht wurde (§ 66 Abs 3 SGB 1).
Die Leistungsvoraussetzungen sind auch nicht deshalb entfallen, weil die Voraussetzungen des § 44 Abs 1 AFG für die streitige Zeit nicht gegeben waren; vielmehr lagen die Voraussetzungen ununterbrochen vor. Nach § 44 Abs 1 Satz 1 AFG wird Uhg an Teilnehmer an Maßnahmen zur beruflichen Fortbildung mit ganztägigem Unterricht (Vollzeitunterricht) gewährt. Mit dem Begriff der "Teilnahme an einer Maßnahme" umschreibt das Gesetz den Zeitraum, für den ein Anspruch auf Uhg gegeben sein kann (BSG SozR 4100 § 44 Nr 7). Ob ein Beteiligter an einer Maßnahme teilgenommen und insoweit die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt hat, ist eine tatsächliche Frage; denn die Teilnahme ist hier nicht die rechtliche Zugehörigkeit zum Kreis der an der Fortbildungsmaßnahme beteiligten Lernenden, sondern die tatsächliche Teilnahme an den Lehrveranstaltungen (vgl Gagel/Jülicher, Komm z AFG, § 34 Anm 18). Die Teilnahme setzt voraus, daß der Beteiligte durch die Maßnahme in Anspruch genommen wird, und zwar durch dem Maßnahmeziel dienende Tätigkeiten, die im Konzept für die Maßnahme vorgesehen sind (BSG SozR 4100 § 44 Nr 22). Grundsätzlich ist die Gewährung von Uhg und die Erstattung von Kosten nach § 45 AFG für den Besuch der konkreten Bildungsmaßnahme nur bei vollständiger Ausübung der dafür als notwendig vorgesehenen Tätigkeiten gerechtfertigt. Unterrichtsversäumnisse an einzelnen Tagen schließen allerdings eine Fortsetzung der Teilnahme und damit den Leistungsanspruch auch für die Fehltage nicht zwingend aus (BSG aaO). Eine Fortsetzung der regelmäßigen Teilnahme (also keine Unterbrechung im Rechtssinne) ist dann anzunehmen, wenn der Lernende die Unterrichtsveranstaltungen vorübergehend aus wichtigem Grunde nicht besucht hat (vgl BSG aaO; Hennig/Kühl/Heuer, aaO, § 34 Anm 2). Es darf sich dabei allerdings nur um jeweils kurze Unterbrechungen handeln, weil langfristige Verhinderungen den Maßnahmeerfolg in Frage stellen können und deshalb im Ergebnis einem Abbruch gleichkommen können (Gagel/Jülicher, aaO, § 34 Anm 18). Auch die Anordnung des Verwaltungsrates der BA über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung (AFuU) vom 23. März 1976 (ANBA 1976, 559) bestimmt in § 10 Abs 2: "Uhg erhält auch, wer aus einem wichtigen Grund dem Unterricht fernbleibt". Für den Kläger kommt diese Vorschrift zwar nicht unmittelbar zur Anwendung, denn seine Leistungen wurden nach der AFuU vom 9. September 1971 (ANBA 1971, 797) gewährt (vgl die Übergangsregelung in § 23 AFuU 1976). Die Beklagte selbst ist aber schon damals zu Recht davon ausgegangen, daß die Teilnahme an Tagen, an denen der Teilnehmer dem Unterricht aus einem wichtigen Grunde fernbleibt, auch als erfüllt gilt, solange die Erreichung des Unterrichtszieles nicht gefährdet ist. Ein wichtiger Grund liegt dann vor, wenn die Teilnahme nicht zumutbar ist. Das ist bei einer der Teilnahme am Unterricht objektiv entgegenstehenden Krankheit ohne weiteres der Fall (Gemeinschaftskommentar zum AFG, § 34 Anm 36; Gagel/Jülicher, aaO, § 44 Anm 3). Nach den Feststellungen des LSG war der Kläger am 18. und 19. November 1976 arbeitsunfähig erkrankt. Ein wichtiger Grund für das Fernbleiben vom Unterricht lag damit vor. Wie das LSG richtig erkannt hat, ist die Auffassung der Beklagten unzutreffend, daß Krankheit im Falle der Nichtanmeldung eines Krankengeldanspruchs als wichtiger Grund entfalle. Ein wichtiger Grund ist hier bereits die Krankheit als solche, die den Unterrichtsbesuch verhindert, und nicht die "angemeldete Krankheit" oder "die als wichtiger Grund anerkannte Krankheit". Die Teilnahme am Unterricht ist einem arbeitsunfähig Erkrankten unzumutbar, unabhängig davon, ob er die Erkrankung angemeldet hat oder nicht. Die Erkrankung ist eine objektive Gegebenheit, die keiner Anerkennung bedarf; sie muß nur festgestellt werden. Sanktionen allein für die Tatsache der Nichtanmeldung etwaiger konkurrierender Ansprüche sieht das AFG - wie das LSG zutreffend erkannt hat - nicht vor.
Da der Kläger einen wichtigen Grund für das Fernbleiben vom Unterricht hatte und die Unterbrechung nur kurzfristig war (2 Tage), sind die Voraussetzungen des § 44 Abs 1 AFG für die streitige Zeit nicht entfallen; die Aufhebung der Bewilligung war rechtswidrig; damit scheidet auch die Rückforderung des Uhg für den 18. und 19. November 1976 aus.
Auch hinsichtlich der Verpflegungskosten waren die Verwaltungsakte der Beklagten rechtswidrig, denn eine Aufhebung der Bewilligung dieser Kosten für einzelne Tage ist grundsätzlich nicht möglich.
Nach § 45 AFG in der bis zum 31. Dezember 1975 geltenden Fassung (vgl Art 1 § 1, Art 5 § 1 HStruktG-AFG vom 18. Dezember 1975 - BGBl I 3113 -) trägt die Beklagte ganz oder teilweise die notwendigen Kosten, die durch die Fortbildungsmaßnahme unmittelbar entstehen, insbesondere die Kosten für Unterkunft und Verpflegung, wenn die Teilnahme an einer Maßnahme auswärtige Unterbringung erfordert. Durch die Bestimmung "ganz oder teilweise" wurde die Beklagte ermächtigt, die Grenzen der Kostenerstattung zu bestimmen. Von der Ermächtigung hat sie in § 16 AFuU 1971 durch Pauschalierung der Kosten auch in bezug auf den Verpflegungsaufwand bei auswärtiger Unterbringung Gebrauch gemacht. Dieses Vorgehen war ermächtigungskonform (BSGE 39, 119, 123 = SozR 4100 § 45 Nr 4). Die Anordnungen der Beklagten, die aufgrund eines gesetzlichen Auftrages oder einer gesetzlichen Ermächtigung (hier § 39 AFG) erlassen werden, sind autonomes Satzungsrecht, also Gesetze im materiellen Sinne. Im Gegensatz zu den Durchführungsanweisungen und sonstigen Runderlassen erzeugen diese Anordnungen hinsichtlich der Rechte Dritter normative Wirkungen. Als Rechtsnormen binden sie auch die Gerichte, soweit der Inhalt der Anordnungen nicht gegen höherrangiges Recht verstößt (BSGE 35, 164, 166 = SozR Nr 1 zu § 40 AFG). Nach § 16 Abs 1 AFuU 1971 idF der 1. Änderungsanordnung vom 19. Dezember 1973 (ANBA 1974, 490) werden von der Beklagten Kosten für Unterkunft und Verpflegung getragen, wenn eine auswärtige Unterbringung notwendig ist. Den Teilnehmern wird in diesem Falle für die Kosten der Verpflegung ein monatliches Pauschale von 180,- DM gewährt (§ 16 Abs 2b AFuU). Nach Aufbau und Inhalt dieser Vorschrift ist die Kostentragung für die Verpflegung die notwendige Folge der auswärtigen Unterbringung (vgl Hennig/Kühl/Heuer, aaO, § 45 Anm 6). Wenn der Tatbestand der notwendigen auswärtigen Unterbringung iS von § 45 AFG gegeben ist, steht dem Teilnehmer an der Bildungsmaßnahme infolgedessen auch das Pauschale für Verpflegung zu (so schon BSGE 39, 119, 123 = SozR 4100 § 45 Nr 4). Die Notwendigkeit der auswärtigen Unterbringung war hier ununterbrochen gegeben, wie sich aus den Feststellungen des LSG ergibt und auch nicht streitig ist (der Kläger wohnte in H und die Fortbildungsmaßnahme fand in N statt). Die Beklagte hat deshalb das Pauschale auch dann zu zahlen, wenn an einzelnen Tagen Verpflegungsmehrkosten nicht angefallen sind, zB, weil sich der Kläger nicht am Maßnahmeort aufgehalten hat. Das Wesen einer Pauschalregelung für die Gewährung von Leistungen zum Ausgleich eines Kostenaufwandes bedeutet, daß nicht seine tatsächliche Höhe im Einzelfalle maßgebend ist. Jede Pauschalierung kann im Einzelfalle zu Begünstigungen oder zu Benachteiligungen führen. Deshalb kommt es im Rahmen der in § 16 AFuU 1971 getroffenen Regelung auch nicht darauf an, ob dem auswärtig untergebrachten Teilnehmer überhaupt ein besonderer Verpflegungsaufwand entsteht, ggf in welcher Höhe. Eine Prüfung dieser Frage wäre mit dem aus Praktikabilitätsgründen sich rechtfertigenden Sinne jeder Pauschalierung von Kostenerstattungen nicht vereinbar. Die Beklagte hat in ihrer Anordnung selbst bestimmt, daß ein "monatliches" und nicht ein "tägliches" Pauschale zu zahlen ist. Dadurch hat sie erkennbar gemacht, daß sie hinsichtlich der hier anfallenden Kosten ein monatliches Pauschale erstatten will. Mangels einer entsprechenden anderweitigen Regelung in der AFuU 1971 hatte die Beklagte jedenfalls keine Möglichkeit, von der von ihr selbst getroffenen Regelung der Anwendung eines Pauschales abzuweichen, selbst wenn im Einzelfalle keine oder niedrigere Kosten entstanden sein sollten (BSG aaO); denn durch die Pauschalierungsregelung sollte gerade erreicht werden, daß diese Fragen im Einzelfalle nicht untersucht werden müssen. Allerdings dürfte die Beklagte nicht gehindert sein, für die Teilnahme an Maßnahmen, die kürzer als einen Monat dauern, zur Erstattung des Verpflegungskostenaufwandes nur einen entsprechenden Bruchteil des monatlichen Pauschales zu gewähren. Darüber ist hier jedoch nicht zu entscheiden. Vorliegend geht es nämlich um einzelne Fehltage innerhalb eines mehrmonatigen Förderungszeitraumes, so daß sie nach dem Sinn der Pauschalregelung nicht über einzelne Tage einzelner Monate gesonderte Entscheidungen treffen kann.
Es sind allerdings Fälle denkbar, in denen ein Teilnehmer für längere, einen Monatszeitraum überschreitende Zeit erkrankt und sich dadurch entsprechend lange nicht an dem Maßnahmeort aufhält. Ob es sich bei diesen Fällen um eine Unterbrechung der auswärtigen Unterbringung mit der Folge des Wegfalls des Anspruchs auf Erstattung dadurch bedingter Kosten handelt, kann hier offen bleiben. Offen bleiben kann auch, ob in solchen Fällen trotz Fortbestandes des Anspruchs auf Weiterzahlung des Pauschales für weiterhin anfallende Unterbringungskosten das Verpflegungspauschale entzogen werden kann. In Krankheitsfällen von - wie hier - kurzfristiger Dauer, entfallen die Voraussetzungen für die Zahlung der beiden Pauschbeträge jedenfalls nicht.
Die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten waren folglich rechtswidrig, so daß die Entscheidungen des SG und des LSG der Rechtslage entsprechen. Die Revision der Beklagten kann deshalb keinen Erfolg haben und muß zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen