Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung eines Arbeitsunfalls im Wege eines Feststellungsverfahrens nach § 639 Reichsversicherungsordnung -RVO-
Beteiligte
Klägerin und Revisionsklägerin |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die von der Beigeladenen zu 2) (Deutsche Bundesbahn im folgenden DB) auf Schadensersatz in Anspruch genommene Klägerin berechtigt ist, im Wege eines Feststellungsverfahrens nach § 639 Reichsversicherungsordnung -RVO- klären zu lassen, ob ein vom beigeladenen Bahnbeamten K. (Beigeladener zu 1) erlittener Unfall vom 23. Januar 1976 ein Arbeitsunfall war.
Die klagende Transportfirma und die Beigeladene zu 2) arbeiten im Stückgutverkehr zusammen. Nach dem zwischen ihnen am 18./24. November 1975 geschlossenen Vertrag übernahm die Klägerin vom 1. Januar 1976 an den DB-Stückgut-Hausverkehr des Stückgut-Bahnhofs Würzburg Hauptbahnhof in dem festgelegten Vertragsbereich im Namen und im Auftrag der Bundesbahn (§ 1 des Vertrages).
Am 23. Januar 1976 erlitt der Beigeladene zu 1) (im folgenden K.), der als Betriebshauptaufseher der DB bei der Güterabfertigung des Hauptbahnhofes Würzburg eingesetzt war, einen Unfall. Er half einem Fahrer der Klägerin beim Tragen einer größeren Kiste von der Rampe der Empfangshalle zum Lkw des Fahrers. Beim Begehen der Ladefläche des Lkw glitt er auf dem feuchten Wagenboden bei dem Versuch, einem nur provisorisch mit einem Brett abgedeckten Loch auf der Ladefläche des Wagens auszuweichen, aus und stürzte zu Boden. K. zog sich eine doppelte Unterschenkelfraktur rechts zu und wurde wegen der dadurch bedingten dauernden Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 30. September 1976 in den Ruhestand versetzt.
Mit Bescheid vom 28. Mai 1979 erkannte die Beklagte den Unfall des K. vom 23. Januar 1976 als Arbeitsunfall an und gewährte Entschädigungsleistungen.
In einem verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit (Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 14. Februar 1980, Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Juli 1980) ist die DB rechtskräftig zur Anerkennung des Unfalls des K. als Dienstunfall verurteilt worden. Danach half die Beklagte mit Bescheid vom 14. Oktober 1980 dem Widerspruch des K. vom 30. Juni 1979, der sich gegen die mit Bescheid vom 28. Mai 1979 erfolgte Anerkennung seines Unfalls als Arbeitsunfall gewandt hatte, ab und hob ihren Anerkennungsbescheid vom 28. Mai 1979 auf.
Gegen diesen Abhilfebescheid vom 14. Oktober 1980, legte die Klägerin Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 1981 als unzulässig zurückwies.
Mit der Klage vom 23. Februar 1981 begehrt die Klägerin die Anerkennung des Unfalls vom 23. Januar 1976 als Arbeitsunfall. Sie will sich gegenüber den Schadensersatzansprüchen der DB auf die Ablösung der Haftpflicht des Unternehmers nach § 636 RVO (Haftungsprivileg) berufen. Die DB hat vor dem Landgericht (LG) Würzburg bereits eine Klage auf Schadensersatz aus übergegangenem Recht nach § 87a Bundesbeamtengesetz (BBG) gegen die Klägerin erhoben. Das LG hat diesen Rechtsstreit wegen Vorgreiflichkeit der sozialgerichtlichen Entscheidung ausgesetzt.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Es hat ausgeführt: der Klägerin fehle die Klagebefugnis. Denn neben der Schadensersatzforderung des K. sei kumulative zwingende Voraussetzung der gesetzlichen Prozeßstandschaft nach § 639 RVO das Haftungsprivileg nach § 636 RVO. Die Klägerin sei aber hier nicht privilegiert, weil K. zum Unfallzeitpunkt nicht ein in dem Unternehmen der Klägerin tätiger "Versicherter" gewesen sei, wie dies § 636 Abs. 1 und 2 RVO voraussetze, K. sei wegen seines Anspruchs auf beamtenrechtliche Unfallfürsorge nach § 541 Abs. 1 Nr. 1 RVO versicherungsfrei. Diese gesetzliche Versicherungsfreiheit bewirke den Ausschluß des K. aus dem Kreis der in der gesetzlichen Unfallversicherung "Versicherten".
Mit der - vom SG zugelassenen - Sprungrevision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 636, 639 und 541 RVO. Das SG habe zu Unrecht ihre Klagebefugnis verneint. Denn der Sinn und Zweck des § 639 RVO liege darin, demjenigen, der der Ansicht sei, das Haftungsprivileg des § 636 RVO für sich in Anspruch nehmen zu können, eine Klagemöglichkeit zu eröffnen. In der Sache selbst habe das SG den Begriff des "Versicherten" i.S.d. § 636 RVO verkannt. Zwar treffe es zu, daß wegen der Anerkennung des Unfalls vom 23. Januar 1976 als Dienstunfall keine Leistungspflicht der Beklagten gegenüber K. bestehe. In der Vermeidung von Doppelleistungen an den Versicherten erschöpfe sich jedoch der Zweck und die Bedeutung des § 541 Abs. 1 Nr. 1 RVO. Keinesfalls werde für den Fall, daß der Beamte bei seiner dienstlichen Tätigkeit zugleich für den Betrieb eines weiteren Unternehmers tätig werde, die Versicherteneigenschaft ausgeschlossen. Vielmehr zeige § 539 Abs. 1 RVO, daß Versicherter derjenige sei, der eine der dort aufgeführten Tätigkeiten ausübe. Das gelte auch für die i.S.d. § 539 Abs. 2 RVO wie ein nach § 539 Abs. 1 RVO Versicherter tätigen Personen. Allein dadurch, daß K. hier wie ein Arbeitnehmer der Klägerin Tätigkeiten für diese ausgeübt habe, sei er im Zeitpunkt des Unfalls Versicherter i.S.d. gesetzlichen Unfallversicherung gewesen. Darauf komme es für § 636 Abs. 1 RVO an. Dessen Sinn und Zweck erschöpfe sich in der Vermeidung von Schadensersatzansprüchen zwischen dem Unternehmer und seinen Betriebsangehörigen im Interesse der Sicherstellung des Betriebsfriedens. Unerheblich sei hingegen, ob der Verletzte im konkreten Fall aus Anlaß des Arbeitsunfalles im Betrieb des Unternehmers einen Leistungsanspruch gegen den Unfallversicherungsträger habe oder nicht, wie dies in § 636 Abs. 1 RVO ausdrücklich klargestellt werde. Der Entscheidung des SG stehe im übrigen auch die Bestandskraft des Bescheides der Beklagten vom 28. Mai 1979 entgegen. Denn durch die Anerkennung des Unfalls vom 23. Januar 1976 als Arbeitsunfall sei K. nicht beschwert gewesen, weshalb die Beklagte auch nicht berechtigt gewesen sei, auf dessen Widerspruch hin, ihren Bescheid vom 28. Mai 1979 aufzuheben.
Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts vom 13. Mai 1982 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 1981 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall des K. vom 23. Januar 1976 als Arbeitsunfall anzuerkennen. |
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Die Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen. |
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Sie hält das Urteil des SG für sachlich zutreffend. Denn die Versicherungsfreiheit nach § 541 Abs. 1 Nr. 1 RVO bedeute, daß die dort genannte Tätigkeit des Verletzten nicht zu den in den §§ 539, 540, 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten gehörten. Dies werde auch durch § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO bestätigt, der zwar für Unfälle bei einer Tätigkeit der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten Versicherungsschutz vorsehe, nicht aber für Unfälle bei einer der in § 541 RVO genannten Tätigkeiten. Im übrigen sei nicht sie, sondern allenfalls die DB bzw. die Bundesbahn-Ausführungsbehörde für Unfallversicherung nach § 648 RVO für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls des K. sachlich zuständig.
Der beigeladene K. beantragt ebenfalls,
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die Revision zurückzuweisen. |
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Die beigeladene DB stellt keinen eigenen Antrag.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist insofern begründet, als der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückzuverweisen ist.
Die Klägerin begehrt die Aufhebung des Abhilfebescheides vom 14. Oktober 1980 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 1981. Mit diesem Bescheid hat die beklagte BG ihren Bescheid vom 28. Mai 1979 zurückgenommen, mit dem sie den Unfall des beigeladenen Bahnbeamten K. als Arbeitsunfall anerkannt und ihm die gesetzlichen Leistungen zugebilligt hatte. Das Prozeßziel der Klägerin geht mithin dahin, die Anerkennung des fraglichen Ereignisses als Arbeitsunfall zu bewirken. Hätte die Klägerin damit Erfolg, würde sie von der Haftung für fahrlässige Körperverletzung (§ 823 BGB), um die es im Klageverfahren vor dem LG geht, freigestellt werden. Denn ein Unternehmer ist den in seinem Unternehmen tätigen Versicherten, deren Angehörigen und Hinterbliebenen, auch wenn sie keinen Anspruch auf Rente haben, nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Arbeitsunfall verursacht hat, nur dann verpflichtet, wenn er den Arbeitsunfall vorsätzlich herbeigeführt hat oder wenn der Arbeitsunfall bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr eingetreten ist (§ 636 Abs. 1 Satz 1 RVO).
Die Klage ist entgegen dem SG zulässig. Die dem Unternehmer in § 636 RVO zugebilligte Freistellung von der Haftung - Haftungsprivileg genannt - verleiht ihm ein selbständiges, einklagbares Recht, die Anerkennung als Arbeitsunfall zu betreiben. Denn eine im sozialgerichtlichen Verfahren getroffene Entscheidung darüber bindet unter anderem auch die Zivilgerichte (§ 638 RVO). Demzufolge gibt § 639 RVO dem Unternehmer das Recht "statt des Berechtigten" die Feststellung nach § 638 Ziffer 1 RVO zu beantragen oder das entsprechende Verfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz zu betreiben. Zwar hat der 2. Senat des BSG aus der Formulierung "statt des Berechtigten", die auch schon in der Vorgängervorschrift des § 639 RVO - nämlich in § 902 RVO a.F. - enthalten war, gefolgert, daß dem Unternehmer damit eine Prozeßstandschaft im gerichtlichen Verfahren zugebilligt sei (BSG SozR Nr. 2 zu § 902 RVO a.F.; BSGE 13, 122, 124 = SozR Nr. 3 zu § 902 RVO a.F.). Die daraus abgeleitete Einschränkung, daß der Unternehmer zwar im eigenen Namen vorgehen dürfe, nicht aber befugt sei, gegen die Interessen des Berechtigten zu handeln, gilt jedenfalls für § 639 RVO nicht mehr. Darin ist die Befugnis des Unternehmers dahin erweitert, daß nunmehr nicht nur die "Feststellung der Entschädigung", sondern auch die Entscheidung darüber, "ob ein Arbeitsunfall vorliegt", verlangt werden kann. Dieser Gesetzesänderung trägt offensichtlich auch der 2. Senat Rechnung. Nach dessen zum Geltungsbereich des § 639 RVO getroffener Entscheidung ist der Unternehmer an einer rechtskräftigen Feststellung, ein Ereignis sei kein Arbeitsunfall, nicht gebunden, sofern er am Verfahren nicht wirksam beteiligt war (Beschluß vom 14. Dezember 1978 - 2 BU 183/78 -). Der Unternehmer ist also infolge des ihn nicht bindenden Urteils (§ 141 Abs. 1 SGG) auch nach der Rechtsauffassung des 2. Senats berechtigt, das unfallversicherungsrechtliche Feststellungsverfahren selbständig zu betreiben.
Das entgegenstehende Interesse des Verletzten schließt ein solches Vorgehen nicht aus. § 639 RVO will gerade verhindern, daß es allein dem Verletzten oder seinen Hinterbliebenen überlassen bleibt, ob sie entsprechend ihrer Interessenlage gegen den Versicherungsträger Anspruch auf gesetzliche Unfallentschädigung geltend machen oder von dem Unternehmer des Unfallbetriebs zivilrechtlichen Schadensersatz verlangen wollen (vgl. BSG SozR Nr. 2 zu § 902 RVO a.F.). Es soll nicht von der Entscheidung des Verletzten abhängen, ob sich der Unternehmer auf das Haftungsprivileg nach § 636 RVO stützen kann oder nicht. Das Gesetz geht vielmehr von einem eigenen schutzwürdigen Interesse des Unternehmers aus. Die Wortfassung in § 639 Satz 1 i.V.m. § 638 Ziff 1 RVO bestätigt dies.
Die Klage wäre begründet, wenn die Beklagte nicht berechtigt gewesen wäre, den Anerkennungsbescheid vom 28. Mai 1979 aufzuheben. Formale Gründe standen der Aufhebung nicht entgegen. Der Bescheid ist nicht bindend geworden. Der beigeladene K. hat fristgerecht Widerspruch gegen diesen Bescheid eingelegt. Der Widerspruch war auch zulässig; denn K. war durch den Bescheid beschwert. Die Anerkennung als Arbeitsunfall stellt für K. eine Beeinträchtigung seiner Rechtsposition insofern dar, als der Unternehmer seinen zivilrechtlichen Schadensersatzverpflichtungen mit dem Haftungsprivileg nach § 636 RVO begegnen kann. Indessen gewinnt die Verwaltung in jedem Falle gegenüber den Beteiligten die Freiheit zur Änderung ihres Verwaltungsaktes zurück, wenn der davon Betroffene rechtzeitig von seinem Anfechtungsrecht Gebrauch gemacht hat (BSGE 17, 261, 263f = SozR Nr. 3 zu § 173 RVO; BSGE 25, 34, 36 = SozR Nr. 52 zu § 77 SGG). Den entgegenstehenden Interessen der Klägerin ist dadurch genügt, daß sie ihrerseits selbständig und unabhängig von dem Abhilfebescheid der Beklagten das Feststellungsverfahren beantragen kann.
Die mit rechtskräftigem Urteil des bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juli 1980 getroffene Feststellung, bei dem Ereignis vom 23. Januar 1976 handele es sich um einen Dienstunfall i.S. des § 135 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz bzw. § 31 Abs. 1 Beamtenversorgungsgesetz, schließt die Anerkennung dieses Unfalles als Arbeitsunfall i.S. der §§ 548 i.V.m. 539 RVO nicht aus. Nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO sind in der Unfallversicherung, unbeschadet der §§ 541 und 542 RVO, gegen Arbeitsunfall versichert die aufgrund eines Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnisses Beschäftigten. Ferner erstreckt sich der Unfallversicherungsschutz nach § 539 Abs. 2 RVO auf Personen, die wie ein nach Abs. 1 Versicherter tätig werden; dies gilt auch bei nur vorübergehender Tätigkeit. Allerdings erklärt § 541 Abs. 1 Nr. 1 RVO Personen hinsichtlich der Unfälle im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses, für das beamtenrechtliche Unfallfürsorgevorschriften oder entsprechende Grundsätze gelten, für versicherungsfrei.
Diese Versicherungsfreiheit eines Beamten ist ausschließlich auf das Beamtenverhältnis beschränkt (vgl. u.a. BSGE 401, 208 = SozR 2200 § 169 Nr. 1; SozR Nr. 2 zu § 6 AVG); sie läßt das möglicherweise daneben bestehende versicherungsrechtliche, Verhältnis etwa nach § 539 Abs. 2 RVO unberührt. Die Versicherungsfreiheit nach § 541 Abs. 1 Nr. 1 RVO hat, wie die Gesetzesmaterialien ergeben (Bericht des sozialpolitischen Ausschusses des Bundestages, BT-Drucks IV/938 zu § 541 S. 5), den Zweck, ein Wahlrecht des Beamten bei einem Dienstunfall zwischen der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge einerseits und den Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung andererseits auszuschließen und den Personenkreis der Beamten allein und vollständig auf die beamtenrechtlichen Vorschriften zu verweisen (vgl. Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl. 1983, Band I Anm. 2, 6 zu § 541 RVO; Vollmar, SozSich 1963, 270, 271); sie will eine Doppelversorgung der Beamten vermeiden. Diese Zielsetzung schließt jedoch nicht aus, daß die Tätigkeit eines Beamten - wie auch sonst eine Tätigkeit mehreren bei verschiedenen Versicherungsträgern versicherten Unternehmen dienen kann (vgl. BSGE 5, 168; 19, 117 SozR Nr. 34 zu § 537 RVO a.F.; BSGE 27, 233, 236 = SozR Nr. 47 zu § 537 RVO a.F.) - nicht nur seinem Dienstherrn, sondern zugleich dem Betrieb eines anderen Unternehmers zuzuordnen ist und dann die Voraussetzungen eines "Versichertseins" zumindest nach § 539 Abs. 2 RVO erfüllt sind. Die Versicherteneigenschaft ist nicht davon abhängig, ob der Unfallversicherungsträger aus Anlaß des konkreten Unfalles Leistungen zu erbringen hat oder ob eine solche Leistungspflicht aus besonderen Gründen ausnahmsweise entfällt. Vielmehr zeigt § 539 RVO, daß in der gesetzlichen Unfallversicherung derjenige "versichert" ist, der eine der in § 539 Abs. 1 RVO aufgezählten Tätigkeiten ausübt oder der wie ein nach § 539 Abs. 2 RVO Versicherter tätig wird.
Dagegen spricht auch nicht, daß § 539 Abs. 1 RVO bei der Aufzählung des Personenkreises der "Versicherten" ausdrücklich den Hinweis enthält "unbeschadet der §§ 541 und 542 RVO". Mit diesem Vorbehalt ist lediglich klargestellt, daß Personen "hinsichtlich der Unfälle im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses, für das beamtenrechtliche Unfallfürsorgevorschriften oder entsprechende Grundsätze gelten…" insoweit keine "Versicherten" sind. Dies schließt jedoch die Versicherteneigenschaft etwa für eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit nach § 539 Abs. 2 RVO nicht aus. § 541 Abs. 1 Ziff 1 regelt der Sache nach nur den Vorrang der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge.
Soweit die Beklagte einwendet, § 548 Abs. 1 RVO klammere bei der Definition des Arbeitsunfalles ausdrücklich Unfälle bei Tätigkeiten nach § 541 RVO aus, woraus folge, daß ein Dienstunfall nicht gleichzeitig ein Arbeitsunfall sein könne, ist dieser Meinung nicht zu folgen. § 548 RVO gibt nicht selbst eine Definition des "Versicherten", sondern setzt einen Unfall bei einer versicherten Beschäftigung voraus. Ein Arbeitsunfall eines Versicherten muß auch nicht stets mit einer Leistungsverpflichtung des Unfallversicherungsträgers verbunden sein. Dies bestätigt § 636 Abs. 1 RVO, aber auch § 636 Abs. 2 RVO, wonach das Haftungsprivileg des Unternehmers ebenso für Ersatzansprüche Versicherter gilt, die Beschäftigte eines "weiteren" Unternehmers sind. Damit wurde ausdrücklich das Problem des sogenannten "mehrseitigen Arbeitsverhältnisses" gelöst mit der Folge, daß der Haftungsausschluß nicht nur auf den "einen" Unternehmer begrenzt ist (vgl. Lauterbach a.a.O., Bd. II Anm. 48, 51 zu § 636 RVO). Nach § 636 Abs. 2 RVO kann das Haftungsprivileg mehreren Unternehmern zugute kommen, obwohl nach dem auch in § 648 RVO zum Ausdruck kommenden Grundsatz gegenüber dem anspruchsberechtigten Versicherten immer nur ein einziger Versicherungsträger leistungspflichtig ist (vgl. auch BSGE 27, 233, 236 = SozR Nr. 47 zu § 537 RVO a.F.).
Sonach schließt die Anerkennung eines Unfalles als Dienstunfall nicht aus, daß der zugrundeliegende Vorgang zugleich ein Arbeitsunfall i.S. des § 548 RVO ist. Ob allerdings der beigeladene K. neben seiner Tätigkeit im Rahmen des Dienstverhältnisses zugleich als Versicherter nach § 539 Abs. 2 RVO tätig geworden ist, läßt sich nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht beurteilen. In dem Prozeßurteil des SG fehlen entsprechend verwertbare Feststellungen. Dies wird das SG nachzuholen haben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem SG vorbehalten.
Fundstellen