Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 13. Dezember 1978 abgeändert. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 27. Oktober 1977 wird in vollem Umfang zurückgewiesen.
Die Revision der Klägerin wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten noch darüber, ob die Beklagte zu Recht von der Klägerin Umlagebeträge zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz (LFZG) nachfordert.
Die Klägerin betreibt ein Fuhrunternehmen. Einen in der Zeit vom 20. Mai 1974 bis 19. März 1976 beschäftigten Fernfahrer meldete sie bei der Beklagten mit einem beitragspflichtigen Bruttoentgelt von 1.300,– DM monatlich an. Tatsächlich zahlte sie jedoch wöchentlich 300,– DM zuzüglich Übernachtungsgelder und Spesen an ihn aus. Nach einer Betriebsprüfung am 17. März 1976 forderte die Beklagte Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 5.787,55 DM nach. Darin war ein Betrag von 521,09 DM an Umlagebeträgen zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen nach dem LFZG enthalten. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Landessozialgericht (LSG) hat unter Abänderung des sozialgerichtlichen Urteils die Verwaltungsentscheidungen der Beklagten insoweit aufgehoben, als damit Umlagebeträge nach dem LFZG nachgefordert wurden. Im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Beklagte habe die gesamten Sozialversicherungsbeiträge zutreffend nach dem Bruttoentgelt bemessen, so daß die Nachforderung insoweit berechtigt sei. Umlagebeträge nach dem LFZG könne sie dagegen nicht nachfordern. Die Teilnahme am Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen trete nicht kraft Gesetzes ein. Sie werde – konstitutiv – erst durch die Feststellung des Krankenversicherungsträgers nach § 10 Abs. 2 LFZG begründet. Die Beklagte habe jedoch – wie sie selbst eingeräumt habe – für die streitigen Kalenderjahre 1974 bis 1976 derartige Feststellungsbescheide nicht erlassen.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine unrichtige Anwendung des § 10 Abs. 2 Satz 1 und des § 14 Abs. 2 Satz 1 LFZG. Zwar habe nach § 10 Abs. 2 Satz 1 der Krankenversicherungsträger die Teilnahme des Arbeitgebers am Ausgleichsverfahren festzustellen. Dies müsse jedoch nicht durch förmlichen Bescheid geschehen.
Die Klägerin selbst hat ebenfalls Revision eingelegt. Ihre Prozeßbevollmächtigten haben sich jedoch nur gegen die Revision der Beklagten gewandt.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 13. Dezember 1978 abzuändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 27. Oktober 1977 in vollem Umfange zurückzuweisen, ferner, die Revision der Klägerin als unzulässig zu verwerfen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben sich nicht am Revisionsverfahren beteiligt.
Entscheidungsgründe
II
Die von der Klägerin selbst eingelegte Revision ist unzulässig. Vor dem Bundessozialgericht (BSG) müssen sich die Beteiligten, soweit es sich nicht um Behörden oder Körperschaften des öffentlichen Rechts oder Anstalten des öffentlichen Rechts handelt, durch gesetzlich zugelassene Prozeßbevollmächtigte vertreten lassen (§ 166 des Sozialgerichtsgesetzes –SGG–). Deshalb kann eine Revision wirksam nur von einem solchen Prozeßbevollmächtigten eingelegt werden. Die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin haben sich jedoch nur gegen die Revision der Beklagten gewandt. Sie haben zwar auf den Vortrag der Klägerin Bezug genommen, aber lediglich die Zurückweisung der Revision der Beklagten beantragt. Ihr Schriftsatz vom 9. April 1979 ist daher nicht als Revision anzusehen. Ob er innerhalb der für die Anschlußrevision gesetzten Frist eingegangen ist (§ 202 SGG iVm § 556 der Zivilprozeßordnung –ZPO–), kann unter diesen Umständen dahingestellt bleiben.
Die Revision der Beklagten ist begründet.
Das LSG hat zu Unrecht die Verwaltungsentscheidungen der Beklagten insoweit aufgehoben, als damit Umlagebeträge zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen nach dem LFZG für die Jahre 1974 bis 1976 nachgefordert werden. Die Nachforderung dieser Umlagebeträge ist rechtlich ebensowenig zu beanstanden wie die vom LSG bestätigte Nachforderung der Sozialversicherungsbeiträge.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, daß die Klägerin in den Jahren 1974 bis 1976 nicht mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigte und deshalb in dieser Zeit die Voraussetzungen für die Teilnahme am Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen nach dem LFZG erfüllte (§ 10 Abs. 1 LFZG). Mit der Teilnahme am Ausgleich ist die Verpflichtung zur Entrichtung von Umlagebeträgen verbunden (§ 14 LFZG). Im vorliegenden Fall hat das LSG die Rechtmäßigkeit der umstrittenen Nachforderung von Umlagebeträgen nur deshalb verneint, weil die Beklagte als die für die Durchführung des Ausgleichs zuständige Krankenkasse die Teilnahme der Klägerin am Ausgleich nicht in den hier in die Nachforderung einbezogenen Jahren neu festgestellt habe.
Der Entscheidung des LSG liegt die Rechtsauffassung zugrunde, die Teilnahme eines Arbeitgebers am Ausgleich der Arbeitgeber auf Wendungen und damit auch dessen Umlagepflicht setze für jedes Jahr erneut eine entsprechende bescheidmäßige Feststellung des Krankenversicherungsträgers voraus. Dieser Rechtsauffassung kann nicht beigetreten werden. § 10 Abs. 2 LFZG bestimmt zwar, daß der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung jeweils zum Beginn eines Kalenderjahres festzustellen hat, welche Arbeitgeber für die Dauer dieses Kalenderjahres an dem Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen teilnehmen. Diese jedes Jahr erneut zu treffende Feststellung hat jedoch keine rechtsbegründende Bedeutung. Die Teilnahme eines Arbeitgebers am Ausgleich ergibt sich vielmehr unmittelbar aus dem Gesetz.
Das LSG kann sich zur Begründung seiner Auffassung nicht auf die Regelung in § 10 Abs. 2 Satz 1 LFZG stützen. Dieser ist nur zu entnehmen, daß der Krankenversicherungsträger alljährlich zur Feststellung verpflichtet ist. Damit wird jedoch nicht gesagt, daß erst die Feststellung die Teilnahme am Ausgleich begründet. Da nach Satz 2 der Vorschrift für die Teilnahme in einem bestimmten Kalenderjahr die Beschäftigtenzahl im vorausgegangenen Kalenderjahr maßgebend ist, erscheint es konsequent, den Krankenversicherungsträger zu einer neuen Prüfung und Feststellung der Teilnahmeberechtigung jeweils zum Beginn eines Kalenderjahres zu verpflichten. Diese Verpflichtung findet somit eine ausreichende Rechtfertigung bereits darin, einen ordnungsgemäßen Vollzug des Gesetzes unter Beachtung der Interessen der Beteiligten zu gewährleisten. Sie zwingt nicht dazu, dem Gesetz die weitergehende Absicht zu unterstellen, einem Arbeitgeber solle die Vergünstigung des Ausgleichs erst mit Feststellung seiner Teilnahme eingeräumt werden. Aus der Entstehungsgeschichte des LFZG ergeben sich keine Hinweise auf eine solche Absicht des Gesetzgebers. Nach dem schriftlichen Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit vom 4. Juli 1969 (BT-Drucks V/4285, S 4 zu § 10) soll der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung die Feststellung jeweils zu Beginn eines Kalenderjahres treffen, um für die Krankenversicherungsträger und die einzelnen Betriebe klare Verhältnisse zu schaffen und die Kalkulation beeinträchtigende Veränderungen zu vermeiden. Daraus folgt zunächst nur, daß die Rechtsverhältnisse klargestellt werden sollen. Anhaltspunkte dafür, daß die Feststellung die Teilnahme am Ausgleich erst begründet, bieten die Gesetzesmaterialien nicht.
Gegen eine konstitutive Bedeutung spricht der Wortlaut des Gesetzes. Eine Feststellung beinhaltet eine Aussage über gegebene Verhältnisse. Sie gestaltet keine Verhältnisse, sie setzt diese vielmehr voraus. Das gilt auch für die nach § 10 Abs. 2 Satz 1 LFZG zu treffende Feststellung. Wer am Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen teilnimmt, ist in § 10 Abs. 1 LFZG vorbehaltlos geregelt. Die dort genannten Krankenversicherungsträger erstatten 80 vH des im Lohnfortzahlungszeitraum fortgezahlten Arbeitsentgelts denjenigen Arbeitgebern, die in der Regel ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigen. Diese Voraussetzung der Teilnahme wird in § 10 Abs. 2 Satz 2 LFZG näher bestimmt. Die ergänzenden Regelungen in § 10 Abs. 2 Satz 3 und 4 LFZG enthalten ebenfalls die eindeutige Aussage, daß ein Arbeitgeber unter den dort beschriebenen Voraussetzungen am Ausgleich teilnimmt. Die Teilnahme ergibt sich hiernach unmittelbar aus dem Gesetz. Sie ist nicht von einem rechtsbegründenden Verwaltungsakt des Krankenversicherungsträgers abhängig. Der Feststellung nach § 10 Abs. 2 Satz 1 LFZG kommt demgemäß nur deklaratorische Bedeutung zu (so Töns DOK 1969, 755, 761; Fröhlingsdorf KrV 1969, 302, 303; Schneider, Die Beiträge 1971, 97, 102; anderer Ansicht Fischwasser, BABl 1969, 540, 541; Kehrmann/Pelikan, Lohnfortzahlungsgesetz, Kommentar, 2. Aufl, § 10 RdNr. 6; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand April 1980, § 10 LFZG S A 221; Kaiser, Lohnfortzahlungsgesetz, Kommentar, 1. Aufl, § 10 RdNr. 5).
Dies entspricht zudem der Systematik des Gesetzes. Bei dem Ausgleich der Arbeitgeber auf Wendungen handelt es sich um eine Zwangsversicherung, die „Lohnfortzahlungsversicherung” (vgl. Töns aaO S 755, 761; BVerfG vom 26. April 1978 – 1 BvL 29/76 –, SozR 7860 § 14 LFZG Nr. 2; Fischwasser BABl aaO S 541; Schulte-Mimberg SdO 1980, 15, 16). Ob sie darüber hinaus als Sozialversicherung zu qualifizieren ist – Zweifel hieran können wegen des fehlenden sozialen Ausgleichs unter den versicherten Arbeitgebern bestehen –, kann dahinstehen (so bereits im Urteil des Senats vom 27. Mai 1973 – 3 RK 76/71 – BSGE 36, 16, 19 = SozR Nr. 1 zu § 10 LFZG). Auf jeden Fall wird diese Versicherung in spezifisch sozialversicherungsrechtlichen Formen durchgeführt. Nach § 17 LFZG finden die für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung, soweit das LFZG nichts anderes bestimmt. Die Versicherungspflicht im Sozialversicherungsrecht ist aber gerade dadurch gekennzeichnet, daß sie in der Regel unabhängig vom Willen der Beteiligten, von der Erfüllung von Meldepflichten und Beitragszahlungen zustandekommt. Sie entsteht vielmehr unmittelbar kraft Gesetzes, Ebenso sind der Inhalt des Versicherungsverhältnisses und die Zuständigkeit des Versicherungsträgers unabdingbar (vgl. Krauskopf/Schroeder-Printzen, Soziale Krankenversicherung, Stand April 1980 Vorbem 2 zu § 165 der Reichsversicherungsordnung –RVO– mwN). Das Versicherungsverhältnis erst durch einen feststellenden Bescheid zu begründen, wäre dem System des Sozialversicherungsrechts fremd. Wenn der Gesetzgeber dies – davon abweichend – bei der Lohnfortzahlungsversicherung beabsichtigt hätte, hätte er es ausdrücklich geregelt, wie zB in § 47 Nr. 2 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, wonach die Mitgliedschaft von Kleinlandwirten mit dem Tage der Aufnahme in das Mitgliederverzeichnis beginnt.
Auch nach Sinn und Zweck des Gesetzes kommt der Feststellung lediglich deklaratorische Bedeutung zu. Die Lohnfortzahlungsversicherung wurde geschaffen, weil in Kleinbetrieben das mit der Lohnfortzahlung verbundene Risiko besonders hoch ist. Denn hier kann – anders als in Großbetrieben – die Krankheitshäufigkeit der Beschäftigten wegen ihrer geringen Zahl von den statistischen Wahrscheinlichkeitswerten erheblich abweichen, so daß die Lohnfortzahlungslast den Arbeitgeber je nach dem zufälligen Krankenstand seiner Arbeitnehmer unverhältnismäßig härter trifft und mit abnehmender Beschäftigtenzahl für ihn kaum noch als Faktor seiner Kostenrechnung kalkulierbar ist (vgl. Urteil des Senats vom 24. März 1973 aaO). Um den Arbeitgeber durch die Lohnfortzahlung nicht selbst in eine Notlage geraten zu lassen, in der er der Hilfe bedarf und die Erfüllung des Anspruchs auf Lohnfortzahlung in Frage gestellt ist, hat der Gesetzgeber die Lohnfortzahlungsversicherungen, wie dargelegt, als Pflichtversicherung ausgestaltet. Nur dadurch erscheint auch die für die Versicherung erforderliche, ausreichend große Zahl von versicherten Arbeitgebern gewährleistet (vgl. Töns aaO S 756). Dieser Zielrichtung widerspräche es, wollte man – bei Vorliegen der gesetzlich normierten Voraussetzungen – die Versicherungspflicht von einem feststellenden Bescheid abhängig machen.
Die in § 10 Abs. 2 Satz 1 LFZG den Krankenversicherungsträgern auferlegte Verpflichtung ist für die Rechtsbeziehungen der Beteiligten nicht bedeutungslos, etwa deshalb, weil die Nichtbeachtung durch den Krankenversicherungsträger folgenlos bliebe. Bei Streit darüber, ob ein Arbeitgeber überhaupt am Ausgleichsverfahren beteiligt ist, kann nämlich die unterlassene Feststellung zur Verwirkung rückständiger Umlageforderungen führen (vgl. dazu BSG vom 30. November 1978 – 12 RK 6/76 – SozR 2200 § 1399 RVO Nr. 11).
Für die Klägerin hätte sich im Hinblick auf die mit der Vorschrift bezweckte Kalkulierbarkeit des Lohnfortzahlungsrisikos im übrigen nichts anderes ergeben, wenn die Beklagte alljährlich ihre Teilnahme am Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen festgestellt hätte. Denn diese Feststellung bezieht sich nur auf das „ob” der Teilnahme. Die Höhe der Umlagebeträge richtet sich gemäß § 14 Abs. 2 LFZG nach dem Entgelt, nach dem die Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen für die im Betrieb beschäftigten Arbeiter bemessen werden. Da die Klägerin der Beklagten ein unzutreffendes Entgelt des Beschäftigten gemeldet hat, wären – auch bei jährlicher Feststellung der Teilnahme am Ausgleichsverfahren – die Umlagebeträge nach dem zu niedrigen Entgelt bemessen worden.
Das Urteil des LSG war deshalb abzuändern und die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts in vollem Umfang zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen