Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen. Insolvenz des Arbeitgebers während der Freistellungsphase des Arbeitnehmers. Zusammenrechnung von Zeiten der Arbeitslosigkeit und der Teilzeitarbeit
Leitsatz (amtlich)
1. Der Versicherte hat keinen Anspruch auf Altersrente nach Altersteilzeitarbeit, wenn ihm im gewählten Blockmodell nach erfüllter einjähriger Arbeitsphase in der anschließenden Freistellungsphase nicht bis zum Ablauf der 24 Kalendermonate Arbeitsentgelt und Aufstockungsbeträge (einschließlich zusätzlicher Beiträge zur Rentenversicherung) gezahlt werden.
2. Für den Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit können Zeiten der Arbeitslosigkeit und der Teilzeitarbeit nicht kumulativ zugrunde gelegt werden.
Normenkette
SGB 6 § 237 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a Fassung: 2002-12-23, Buchst. b Fassung: 2002-12-23; SGB 4 § 7 Abs. 1a; SGB 4 § 23b Abs. 1; AltTZG § 2 Abs. 1 Nr. 2; AltTZG 1996 § 2 Abs. 1 Nr. 2; AltTZG § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; AltTZG 1996 § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; AltTZG § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; AltTZG 1996 § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; AltTZG § 10; AltTZG 1996 § 10
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit für die Zeit vom 1.11.2003 bis zum 31.3.2004.
Der am 1941 geborene Kläger schloss im Oktober 2001 mit seinem Arbeitgeber einen Altersteilzeitvertrag. Demnach sollte das bestehende Arbeitsverhältnis vom 1.11.2001 an als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt werden und zum 31.10.2003 enden. Neben der Fortzahlung von Arbeitsentgelt verpflichtete sich der Arbeitgeber, Aufstockungsleistungen und zusätzlich Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 3 Abs 1 Nr 1 Buchst a und b Altersteilzeitgesetz (AltTZG) zu erbringen. Entsprechend dem vereinbarten "Blockmodell" arbeitete der Kläger vom 1.11.2001 bis 31.10.2002 vertragsgemäß voll weiter. Während der anschließenden - bis zum 31.10.2003 geplanten - Freistellungsphase wurde über das Vermögen des Arbeitgebers das Insolvenzverfahren eröffnet (Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 30.5.2003 - 258 IN 73/03) . Die Insolvenzverwalterin kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 30.5.2003 zum 31.8.2003 und zeigte gegenüber dem Amtsgericht Dortmund die Masseunzulänglichkeit an. Ab 30.5.2003 erhielt der Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von wöchentlich EUR 269,08.
Seinen Antrag auf Altersrente nach Altersteilzeitarbeit und Vollendung des 60. Lebensjahres lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, der Kläger habe nur 19 Kalendermonate Altersteilzeitarbeit geleistet und damit die Voraussetzung von 24 Kalendermonaten Altersteilzeitarbeit nicht erfüllt (Bescheid vom 11.9.2003). Mit seinem Widerspruch vertrat der Kläger die Auffassung, er habe seine Leistung nach dem Blockmodell vollständig erbracht, weshalb der sich an die Insolvenz des Arbeitgebers anschließende Zeitraum der Arbeitslosigkeit auch als Erfüllung von fünf Monaten Altersteilzeit gelten müsse und somit von ihm insgesamt 24 Monate Altersteilzeitarbeit geleistet worden seien. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.1.2004 zurück. Mit Bescheid vom 23.2.2004 bewilligte sie dem Kläger Altersrente für langjährig Versicherte ab 1.4.2004.
Mit Urteil vom 24.8.2004 hat das Sozialgericht Dortmund die Klage gegen den Bescheid vom 11.9.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.1.2004 abgewiesen. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat mit Urteil vom 2.12.2005 die Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger erfülle zwar die Voraussetzungen der Altersrente gemäß § 237 Abs 1 Nr 1, 2, 4 und 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), jedoch lägen die Voraussetzungen des § 237 Abs 1 Nr 3 SGB VI für den streitigen Zeitraum nicht vor. Insbesondere sei von dem Kläger keine Altersteilzeitarbeit für mindestens 24 Kalendermonate, sondern lediglich 19 Monate geleistet worden. Nach Mai 2003 sei der Kläger nicht mehr in Altersteilzeitarbeit, sondern arbeitslos gewesen. Zeiten der Arbeitslosigkeit und der Altersteilzeitarbeit iS von § 237 Abs 1 Nr 3 SGB VI könnten nicht mit der Folge kombiniert werden, dass beide Zeiten für die Erfüllung der erforderlichen 24 Kalendermonate Altersteilzeitarbeit zusammenzufassen seien. Denn Arbeitslosigkeit und Altersteilzeitarbeit seien alternative, einander ausschließende Anspruchsvoraussetzungen.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 237 SGB VI. In der Begründung des Bundesrats zu den Regelungen für einen gleitenden Übergang in den Ruhestand (BR-Drucks 208/96 S 27 = BT-Drucks 13/4336 S 16) sei zwar tatsächlich ausgeführt, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit nur alternativ durch Arbeitslosigkeit oder durch eine mindestens 24-monatige Altersteilzeit im Sinne des AltTZG erfüllt werden könnten. Jedoch werde auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es nicht auf die Erbringung von Förderleistungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) während dieser Zeit ankomme. Daher könne es auch nicht darauf ankommen, dass der Arbeitnehmer auf Grund der Insolvenz des Arbeitgebers in der Freistellungsphase Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch habe beantragen müssen. Es sei geradezu unbillig, Antragstellern von Altersrente nach Altersteilzeit diese zu verwehren, wenn sie ihrerseits den Altersteilzeitvertrag erfüllt hätten, jedoch der Arbeitgeber seiner Verpflichtung aus dem Altersteilzeitvertrag nicht nachkomme. Dass Zeiten der Arbeitslosigkeit ebenso zur Erfüllung der Voraussetzungen für die Altersrente nach Altersteilzeit dienen könnten, zeige sich bereits an dem zwischen Arbeitgeber und Kläger abgeschlossenen Altersteilzeitvertrag, der als befristeter Vertrag grundsätzlich nicht ordentlich kündbar gewesen sei. Die von der Insolvenzverwalterin am 30.5.2003 zum 31.8.2003 gegenüber dem Kläger ausgesprochene ordentliche Kündigung sei deshalb unwirksam gewesen; das Arbeitsverhältnis habe erst mit Ablauf des 31.10.2003 geendet. Der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses sei mit dem arbeitsrechtlichen Begriff Arbeitsverhältnis nicht identisch, sodass trotz eines formell fortbestehenden Arbeitsverhältnisses Arbeitslosigkeit vorliegen könne.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 2.12.2005 und das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 24.8.2004 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11.9.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.1.2004 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 1.11.2003 bis 31.3.2004 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Berufungsurteil für zutreffend. Es verbiete sich eine wie auch immer geartete Zusammenrechnung der in beiden Tatbestandsalternativen des § 237 Abs 1 Nr 3 SGB VI genannten Zeiten der Arbeitslosigkeit bzw der Altersteilzeitarbeit. Der Eintritt eines Insolvenzverfahrens während der Arbeits- bzw Freistellungsphase stehe dem Fortbestand des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses zwar nicht entgegen, solange der Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt bestehe. Ohne Vorliegen einer Insolvenzsicherung ergäben sich für den betroffenen Arbeitnehmer hingegen sozialrechtliche Folgen. Soweit das (nicht gesicherte) Wertguthaben nicht vereinbarungsgemäß verwendet werde, trete ein Störfall mit dem Zeitpunkt ein, zu dem kein Arbeitsentgelt aus dem Wertguthaben mehr gezahlt werde.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit für die Zeit vom 1.11.2003 bis 31.3.2004.
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Der Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Teilzeitarbeit für die hier streitbefangene Zeit richtet sich nach § 237 SGB VI idF des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I 4621) . Nach § 237 Abs 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Teilzeitarbeit, wenn sie |
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vor dem 1.1.1952 geboren sind, |
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das 60. Lebensjahr vollendet haben, |
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entweder |
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a) bei Beginn der Rente arbeitslos sind und nach Vollendung eines Lebensalters von 58 Jahren und sechs Monaten insgesamt 52 Wochen arbeitslos waren oder Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben oder |
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b) die Arbeitszeit auf Grund von Altersteilzeitarbeit iS der §§ 2 und 3 Abs 1 Nr 1 des AltTZG für mindestens 24 Monate vermindert haben, |
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in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben, wobei sich der Zeitraum von zehn Jahren um Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente aus eigener Versicherung, die nicht auch Pflichtbeitragszeiten auf Grund einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit sind, verlängert, und |
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die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben. |
Zwar hat der Kläger nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 Sozialgerichtsgesetz - SGG) die Voraussetzungen des § 237 Abs 1 Nr 1, 2, 4 und 5 SGB VI erfüllt. Jedoch liegen die Voraussetzungen des § 237 Abs 1 Nr 3 SGB VI nicht vor.
Die Voraussetzung des § 237 Abs 1 Nr 3 Buchst a SGB VI ist nicht erfüllt. Der 62-jährige Kläger war nach den bindenden Feststellungen des LSG am 1.11.2003 weder insgesamt 52 Wochen arbeitslos gewesen, noch hatte er Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen.
Der Kläger hat auch nicht seine Arbeitszeit auf Grund von Altersteilzeitarbeit iS der §§ 2 und 3 Abs 1 Nr 1 AltTZG für mindestens 24 Kalendermonate vermindert, sodass die Voraussetzung des § 237 Abs 1 Nr 3 Buchst b SGB VI ebenfalls nicht erfüllt ist. Mit der Neuregelung des § 237 Abs 1 Nr 3 Buchst b SGB VI durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Altersteilzeit vom 20.12.1999 (BGBl I 2494) ist mit Wirkung zum 1.1.2000 klargestellt worden, dass Altersteilzeitarbeit als Anspruchsvoraussetzung für die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und nach Altersteilzeitarbeit nur vorliegt, wenn die Altersteilzeitarbeit nach dem AltTZG ausgeübt worden ist (vgl Wolf, NZA 2000, 637, 641 f) . Entscheidend für die Berechtigung zum vorzeitigen Altersrentenbezug ist somit, dass für mindestens 24 Kalendermonate die bisherige Arbeitszeit auf der Grundlage einer Altersteilzeitvereinbarung im Sinne des AltTZG vermindert worden ist und die in § 3 Abs 1 Nr 1 AltTZG bezeichneten Leistungen gezahlt worden sind (BT-Drucks 14/1831 S 9 f) ; wird die Altersteilzeitarbeit wie vom Kläger im Blockmodell geleistet, indem der Arbeitnehmer seine Tätigkeit bei halbem Entgelt zunächst unverändert fortsetzt und in der zweiten ebenso langen Phase von der Arbeit ganz freigestellt wird, sichern die Zahlungen des Arbeitgebers während der Freistellungsphase den Fortbestand des in § 2 Abs 1 Nr 2 AltTZG geforderten versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses (vgl § 7 Abs 1a Sozialgesetzbuch Viertes Buch - SGB IV, § 2 Abs 2 Satz 1 Nr 1 AltTZG) .
Diese Voraussetzungen sind beim Kläger nicht erfüllt. Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG hat der Arbeitgeber für die Zeit vom 30.5. bis zum 31.10.2003 weder Arbeitsentgelt noch Aufstockungsbeträge noch zusätzliche Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt, sodass der Kläger nur knapp 19 Monate Altersteilzeitarbeit im Sinne der gesetzlichen Regelungen aufzuweisen hat.
Der Umstand, dass die Erfüllung der vertraglich vereinbarten Altersteilzeitarbeit an der Insolvenz des früheren Arbeitgebers scheiterte und nicht vom Kläger zu vertreten ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. Tritt der Arbeitnehmer auf Grund einer vertraglichen Regelung mit seinem Arbeitgeber im Blockmodell mit seiner Arbeitsleistung in Vorleistung, trägt er damit grundsätzlich das Risiko der Insolvenz und der Kündigung vor dem Ende der Gesamtlaufzeit (vgl Löns in Kreikebohm, SGB VI, 2. Aufl, § 2 AltTZG RdNr 10) . Entgegen der Annahme des Klägers sind während der Arbeitsphase die Sozialversicherungsbeiträge für die gesamte 24-monatige Altersteilzeit auch nicht "vorweg" erbracht worden, denn die Pflicht zur Beitragszahlung ist in § 23b Abs 1 SGB IV gerade anders, nämlich im Sinne einer Verschiebung in die Freistellungsphase geregelt. Dass das Arbeitsentgelt während der Freistellungsphase geschuldet war und "eigentlich" aus dem Wertguthaben hätte gezahlt werden müssen, ändert nichts daran, dass es tatsächlich nicht gezahlt wurde, sodass nach der angeführten Sonderregelung auch die Beitragszahlung entfiel. Nach der Konzeption des Klägers würde der Versichertengemeinschaft das Risiko der Insolvenz des Arbeitgebers überbürdet werden, indem trotz nicht gezahlter Beiträge dem betroffenen Arbeitnehmer gleichwohl eine vorzeitige Altersrente gemäß § 237 SGB VI zu gewähren wäre.
Die vom Kläger vertretene Rechtsauffassung widerspräche auch dem Willen des Gesetzgebers. Denn das Beitragsrecht trifft Regelungen für solche Fälle, in denen das Wertguthaben nicht vereinbarungsgemäß nach § 7 Abs 1a SGB IV verwendet wird (so genannter Störfall, vgl § 23b Abs 2, 3 SGB IV; vgl hierzu Rittweger/Petri/Schweikert, Altersteilzeitgesetz, Abschnitt B RdNr 25; Debler, NZA 2000, 1285, 1289) . Der Gesetzgeber hat mithin erkannt, dass in diesem Bereich regelungsbedürftige Konflikte im Sinne von Störfällen auftreten können. Gleichwohl hat er im Leistungsrecht keine Vorschrift vorgesehen, die auch bei Eintritt eines Störfalls in der Freistellungsphase dem betroffenen Arbeitnehmer einen Anspruch auf die vorzeitige Rente zugesteht (so auch Gemeinsames Schreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherung in Rittweger/Petri/Schweikert, aaO, Abschnitt F RdNr 30) . Schließlich ergibt sich der diesbezügliche Wille des Gesetzgebers auch eindeutig aus den Gesetzesmotiven: Altersteilzeit im Sinne der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bezug einer vorzeitigen Altersrente liegt nicht vor, wenn eine im Blockmodell (zB zwei Jahre Vollzeitbeschäftigung und zwei Jahre Freistellung von der Arbeitsleistung) durchgeführte Altersteilzeitarbeit mit Ablauf der Vollbeschäftigungsphase beendet wird (BT-Drucks 14/1831 S 10; vgl auch Jörg in Kreikebohm, SGB VI, 2. Aufl, § 237 RdNr 13) . Die von dem Kläger erbrachte Vorleistung ist ausschließlich arbeitsrechtlicher Natur und mit einer gegen den früheren Arbeitgeber bzw Insolvenzverwalter gerichteten Klage auf Rückzahlung des anteiligen Wertguthabens und/oder Schadensersatz (bei unterlassener Insolvenzsicherung) vor den Arbeitsgerichten zurückzufordern. Insoweit ist zwischen den arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Aspekten der Altersteilzeitarbeit zu unterscheiden. Zur Vermeidung der durch eine Insolvenz eintretenden Nachteile während der Freistellungsphase ist vom Gesetzgeber nunmehr die Verpflichtung des Arbeitgebers vorgesehen, eine entsprechende Insolvenzsicherung vorzunehmen (vgl § 8a AltTZG - eingeführt mit Wirkung vom 1.7.2004 durch Gesetz vom 23.12.2003 - BGBl I 2848) . Dies wäre auch schon im vorliegenden Fall möglich gewesen, doch wurde eine solche Insolvenzsicherung nicht abgeschlossen. Die fehlende Insolvenzsicherung des Arbeitgebers kann aber nicht dazu führen, dass die Versichertengemeinschaft das Risiko der Insolvenz des Arbeitgebers während der Freistellungsphase zu tragen hat.
Die vom Kläger behauptete Rechtsunwirksamkeit der Kündigung zum 31.8.2003 ist für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich. Entscheidend für die Ablehnung der Voraussetzungen der Altersrente nach Altersteilzeitarbeit gemäß § 237 Abs 1 Nr 3 Buchst b SGB VI ist allein, dass der Arbeitgeber des Klägers ab dem 30.5.2003 keine Leistungen nach § 3 Abs 1 Nr 1 AltTZG erbracht und damit - unabhängig von der arbeitsrechtlichen Situation - das Ende des bis dahin nach § 7 Abs 1a SGB IV aufrechterhaltenen versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses herbeigeführt hat. Dadurch ist eines der in § 2 Abs 1 Nr 2 und Abs 2 Satz 1 Nr 1 AltTZG festgelegten Merkmale für Altersteilzeitarbeit entfallen; gleichzeitig wurde eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt.
Entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht können die Zeiten der Altersteilzeitarbeit bis Mai 2003 mit Zeiten der Arbeitslosigkeit nicht derart aufgefüllt bzw kombiniert werden, dass die Voraussetzung des § 237 Abs 1 Nr 3 SGB VI durch eine Zusammenrechnung dieser unterschiedlichen Zeiten erfüllt wird. Eine derartige Auslegung schließt bereits der Wortlaut des Gesetzes aus. Mit der Wortwahl "entweder [...] oder" kommt eindeutig der auch in den Materialien bekundete Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die vom Kläger begehrte Rentenart nur alternativ durch Arbeitslosigkeit iS des § 237 Abs 1 Nr 3 Buchst a SGB VI oder durch eine mindestens 24-monatige Altersteilzeitarbeit im Sinne des AltTZG (§ 237 Abs 1 Nr 3 Buchst b SGB VI) erfüllt werden können (vgl BT-Drucks 13/4336 S 16, so auch Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung im SGB, § 237 SGB VI Anm 5; Köbl in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 3 Rentenversicherungsrecht, § 27 RdNr 81) .
Dem entsprechen Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, denn die Rente wegen Arbeitslosigkeit ist auf ein anderes Ziel gerichtet als die Rente nach Altersteilzeitarbeit. Arbeitslosen Versicherten wird ab Vollendung des 60. Lebensjahres die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente ermöglicht, weil sie wegen der Wettbewerbsbedingungen des Arbeitsmarktes auf Grund ihres fortgeschrittenen Lebensalters im Regelfall weder durch eigene Bemühungen eine - nicht nur geringfügige - Beschäftigung finden, noch in eine solche Beschäftigung vermittelt werden können. Diese Rentenart trägt damit vorrangig dem spezifischen Sicherungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer Rechnung, die trotz längerer Beschäftigungssuche keine Beschäftigung zu finden vermögen, obgleich sie arbeitsfähig und -bereit sind (vgl BSG SozR 3-2200 § 1248 Nr 7) . Die einjährige Arbeitslosigkeit ist dabei ein Indiz für die mangelnde Vermittlungsfähigkeit des Versicherten.
Demgegenüber war vorrangiges Ziel der Einführung der Rente nach Altersteilzeitarbeit die Schaffung eines gleitenden Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand als sozialverträgliche Alternative zu der bis dahin gängigen - und zu einer erheblichen Belastung der Sozialversicherung und des Bundeshaushaltes führenden - Frühverrentungspraxis vieler Großunternehmen. Der zweckfremden Nutzung von Vorschriften der Renten- und der Arbeitslosenversicherung sollte mit dem AltTZG Einhalt geboten werden (vgl BT-Drucks 13/4336 S 14) . Ein weiteres Ziel war die Entlastung des Arbeitsmarkts, die ua durch die im AltTZG vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten durch die BA im Falle der Einstellung eines sonst arbeitslosen Arbeitnehmers erreicht werden sollte (vgl § 1 Abs 2 AltTZG) .
Die Nichtgewährung der Altersrente wegen Altersteilzeit bei Eintritt eines Störfalls im Blockmodell ohne Insolvenzsicherung führt nicht zu unzumutbaren Nachteilen für den Versicherten, denn dem betroffenen Arbeitnehmer steht in einem solchen Fall quasi die "Rückabwicklung" der Altersteilzeit offen. Die grundsätzliche Möglichkeit der arbeitsrechtlichen Rückforderung der im Voraus geleisteten Arbeitstätigkeit durch die (vorzeitige) Beanspruchung des Wertguthabens, die beitragsrechtlichen Regelungen der §§ 23b Abs 2, 3 SGB IV, 10 Abs 5 AltTZG sowie die Vorschrift des § 10 Abs 1 AltTZG zur sozialen Sicherung des Arbeitnehmers versetzen den betroffenen Arbeitnehmer praktisch in dieselbe Lage, in der sich jeder andere "normale" Arbeitnehmer in Folge der Insolvenz seines Arbeitgebers wiederfindet. Ebenso wie jener konnte der Kläger gemäß § 10 Abs 1 AltTZG Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt beanspruchen, das zu Grunde zu legen gewesen wäre, wenn er seine Arbeitszeit nicht im Rahmen der Altersteilzeit vermindert hätte. Auch in einem weiteren Punkt ist der Kläger einem "normalen" Arbeitnehmer gleichgestellt. Wäre er aus einer bestehenden Vollzeittätigkeit heraus zum 30.5.2003 arbeitslos geworden, hätte er offenkundig weder sogleich noch ab dem 1.11.2003 einen Anspruch auf eine Altersrente gehabt. Andererseits wäre er zunächst durch den Anspruch auf Arbeitslosengeld und nach einjähriger Arbeitslosigkeit durch die Altersrente gemäß § 237 Abs 1 Nr 3 Buchst a SGB VI sozial abgesichert gewesen.
Schließlich weist der Senat darauf hin, dass eine Rentengewährung, ohne dass die Voraussetzungen des AltTZG in der Freistellungsphase vorliegen, den Versicherten bevorzugen würde, der das Blockmodell gewählt hat. Denn beim durchgängigen Teilzeitmodell könnte sich der Versicherte im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers vor Ablauf des Teilzeitarbeitsverhältnisses nicht darauf berufen, er habe sich bei der Vereinbarung der Teilzeitarbeit auf den Eintritt des Rentenbeginns nach Ablauf der Teilzeitarbeit verlassen, weshalb ihm auch ohne Erfüllung einer mindestens 24-monatigen Teilzeitarbeit die Rente zu gewähren sei.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1803699 |
NZA 2007, 1418 |
SGb 2007, 350 |
SGb 2008, 300 |
HzA aktuell 2008, 50 |