Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Oktober 1995 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Zwischen den Beteiligten ist die Anrechnung von Einkünften des Klägers auf sein Verletztengeld streitig.
Der Kläger ist Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der Holzbau-F. … GmbH. Er ist neben seiner Ehefrau zu 50 vH am Kapital der Gesellschaft beteiligt. Bei der Beklagten ist er seit Februar 1986 mit einer Versicherungssumme von 72.000,00 DM freiwillig versichert.
Der Kläger verunglückte am 31. Januar 1992 auf der Fahrt zu einem Kunden mit seinem Pkw. Infolge der dabei erlittenen Verletzungen war er bis zum 17. März 1992 arbeitsunfähig. Während dieser Zeit erhielt er von der Firma Gehaltsfortzahlung in ungekürzter Höhe. Grundlage hierfür war der zwischen der GmbH und dem Kläger geschlossene Anstellungsvertrag, wonach im ärztlich nachgewiesenen Krankheitsfall das Gehalt für die Dauer von zwölf Monaten fortgezahlt wird.
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers auf Zahlung von Verletztengeld mit der Begründung ab, der dem Grunde nach bestehende Anspruch ruhe, weil dem Kläger bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit von der GmbH Gehaltsfortzahlung in voller Höhe geleistet worden sei (Verwaltungsakt vom 4. November 1992 idF des Widerspruchsbescheids vom 16. Juli 1993).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 3. November 1994). Der Anspruch des Klägers auf Verletztengeld ruhe nach § 560 Abs 1 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Zwar errechne sich aus der hier maßgebenden Versicherungssumme ein kalendertägliches Verletztengeld in Höhe von 160,00 DM; der Kläger habe jedoch aus seinem Anstellungsvertrag Gehaltsfortzahlung für den Zeitraum vom 31. Januar bis 17. März 1992 in Höhe von 10.190,83 DM erhalten, mithin einen Betrag, der das für den gesamten Zeitraum zu errechnende Verletztengeld bei weitem übersteige.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 10. Oktober 1995). Das dem Kläger dem Grunde nach zustehende Verletztengeld ruhe nach § 560 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 RVO, weil das während der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit ungekürzt fortgezahlte Geschäftsführergehalt anzurechnen sei. Diese gesetzliche Regelung diene dem Zweck, den Doppelbezug von Verletztengeld und Vergütungen für infolge der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit weggefallene Arbeitstätigkeit zu verhindern. Ein Ruhen des Anspruchs auf Verletztengeld greife, bezogen auf die Verhältnisse der freiwilligen Versicherung, ein, wenn und soweit der Unternehmer (oder wie ein Unternehmer tätiger Versicherter) im Zusammenhang mit der in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Tätigkeit Arbeitseinkommen erhalte. In Abweichung von der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 4. Dezember 1991 (SozR 3-2200 § 560 Nr 1), bei der rechtlich verschiedene Schäden zu beurteilen gewesen seien, habe hier der Arbeitsunfall vom 31. Januar 1992 nicht rechtlich nach Arbeitnehmer- und Unternehmereigenschaft aufzuspaltende unterschiedliche Erwerbsquellen betroffen.
Mit der – vom Senat zugelassenen – Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 560 Abs 1 Satz 2 RVO). Das LSG habe rechtsfehlerhaft seinen Anspruch auf Gehaltsfortzahlung aus der Geschäftsführertätigkeit bei der Berechnung des ihm zustehenden Verletztengeldes in vollem Umfang nach § 560 Abs 1 Satz 2 RVO angerechnet. Dies habe zum Wegfall jeden Anspruchs auf Verletztengeld geführt, da seine Einkünfte aus der Geschäftsführertätigkeit ausweislich des Steuerbescheids für 1991 auf 76.426,00 DM brutto und die mit der Beklagten vereinbarte Versicherungssumme 72.000,00 DM betragen hätten. Rechtsfehlerhaft sei neben dem Entgelt aufgrund der Geschäftsführertätigkeit vom LSG unberücksichtigt geblieben, daß er zusätzlich noch Unternehmereinkünfte – Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb in Höhe von 63.675,00 DM im Jahre 1991 – bezogen habe. Das Verletztengeld solle den durch die Arbeitsunfähigkeit verursachten gesamten Einkommensverlust ausgleichen; deshalb müsse im Rahmen der mit der Beklagten vereinbarten freiwilligen Versicherung nicht nur sein Einkommen als angestellter Geschäftsführer, sondern auch seine Einkünfte als Mitgesellschafter, also Einkommen aus Gewerbebetrieb, geschützt werden.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen – L 15 U 15/95 – die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4. November 1992 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 1993 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 31. Januar bis 17. März 1992 Verletztengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ohne Anrechnung seiner Einkünfte aus der Geschäftsführertätigkeit für die Firma Holzbau F. … GmbH zu gewähren nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Januar 1993;
hilfsweise,
unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen – L 15 U 15/95 – die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 4. November 1992 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 1993 für die Zeit vom 31. Januar bis 17. März 1992 Verletztengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen unter Verzinsung ab dem 1. Januar 1993 zu gewähren, wobei bei der Berechnung des Verletztengeldes die Gehaltsfortzahlung aus der Geschäftsführertätigkeit für die Firma Holzbau F. … GmbH nur insoweit zur Anrechnung kommt, wie die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb hinter der mit der Beklagten vereinbarten Versicherungssumme zurückbleibt,
dazu hilfsweise,
bei der Berechnung des Verletztengeldes nur die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb zugrunde zu legen;
äußerst hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen – L 15 U 15/95 – aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, daß der Anspruch des Klägers auf Verletztengeld aus Anlaß des Arbeitsunfalls vom 31. Januar 1992 für die nachfolgende Zeit bis zum 17. März 1992 nach § 560 Abs 1 Satz 2 RVO ruht, soweit er für denselben Zeitraum Gehaltsfortzahlung aus seiner versicherten Geschäftsführertätigkeit für die Holzbau-F. … GmbH erhalten hat. Die Beklagte hat zu Recht das nach der für den Kläger maßgebenden Versicherungssumme seiner freiwilligen Versicherung zu berechnende Verletztengeld um die für den Zeitraum der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit gewährte Gehaltsfortzahlung aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer gekürzt. Seine Einkünfte als Gesellschafter aus der den Gewerbetrieb betreibenden GmbH bleiben sowohl bei der Bestimmung des zugrundezulegenden Jahresarbeitsverdienstes (JAV) als auch bei der der Berechnung des Verletztengeldes unberücksichtigt.
Nach § 560 Abs 1 Satz 1 RVO erhält der Versicherte Verletztengeld, solange er infolge eines Arbeitsunfalls arbeitsunfähig iS der Krankenversicherung ist und keinen Anspruch auf Übergangsgeld nach den §§ 568, 568a Abs 2 oder 3 RVO hat. Dieser Anspruch ruht nach § 560 Abs 1 Satz 2 RVO, soweit der Verletzte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erhält.
Es kann dahinstehen, ob für den Kläger bereits im Februar 1986 eine freiwillige Unternehmerversicherung entsprechend § 545 RVO in der damals geltenden Fassung rechtlich möglich war; denn nach der ständigen Rechtsprechung des BSG sind die geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH nicht als Unternehmer anzusehen; Unternehmerin ist hingegen die GmbH als juristische Person (vgl BSG Urteil vom 25. Oktober 1989 – 2 RU 12/89 – USK 8998; BSG SozR 3-2200 § 560 Nr 2). Das Recht, sich freiwillig gegen Arbeitsunfälle zu versichern, wurde für diesen Personenkreis erst mit Wirkung vom 1. Januar 1992 durch die Neufassung des § 545 Abs 1 Satz 1 RVO (Art 8 Nr 2 des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25. Juli 1991 – BGBl I 1606 –) ausdrücklich gesetzlich geregelt. Der Kläger jedenfalls war zunächst aufgrund einer formal-rechtlichen Versicherung unfallversichert (BSG SozR 3-2200 § 560 Nr 2), aus dem alle Rechte und Pflichten eines sachlich begründeten Versicherungsverhältnisses erwachsen sind (vgl BSG SozR Nr 40 zu § 539). Dieses vor dem 1. Januar 1992 bestehende Versicherungsverhältnis hat durch die Einfügung des § 545 Abs 1 Satz 1 Nr 2 RVO eine eigenständige Rechtsgrundlage erhalten; die Versicherung ist seitdem im Rahmen der freiwilligen Unfallversicherung fortzuführen, deren Einzelheiten in der Satzung geregelt sind (§§ 671 Nr 9, 571 Abs 3 RVO, §§ 40 ff der Satzung der Beklagten).
Der Kläger befand sich im Zeitpunkt des Unfalls am 31. Januar 1992 auf einer seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Holzbau-F. … GmbH zuzurechnenden Betriebsfahrt. Er hat infolgedessen den Unfall im Zusammenhang mit seiner bei der Beklagten versicherten unternehmerähnlichen Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer und damit einen Arbeitsunfall erlitten. Somit bestand für den nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG in der Zeit vom 31. Januar bis 17. März 1992 arbeitsunfähigen Kläger für diesen Zeitraum dem Grunde nach ein Anspruch auf Verletztengeld (§ 560 Abs 1 Satz 1 RVO).
Die Berechnung des Verletztengeldes für infolge Arbeitsunfalls arbeitsunfähige Unternehmer richtet sich nach § 561 Abs 3 RVO. Danach erhält der Verletzte Verletztengeld je Kalendertag iH des 450. Teils des JAV. Für den freiwillig versicherten Unternehmer (§ 40 Nr 1 der Satzung der Beklagten) wie auch für Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie ein Unternehmer selbständig tätig sind (§ 40 Nr 2 der Satzung der Beklagten), gilt anstelle des zu ermittelnden Regelentgelts (§ 561 Abs 1 Satz 1 RVO iVm § 47 Abs 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches ≪SGB V≫) die der freiwilligen Versicherung antragsgemäß zugrunde gelegte Versicherungssumme als maßgeblicher JAV (§ 671 Nr 9 RVO iVm § 41 Abs 1 der Satzung der Beklagten), die im Zeitpunkt des Arbeitsunfalls 72.000,00 DM betrug. Das LSG hat dementsprechend zutreffend einen Anspruch auf Verletztengeld dem Grunde nach in Höhe von kalendertäglich 160,00 DM errechnet.
Entgegen der Auffassung des Revisionsklägers steht dem Zahlungsanspruch jedoch entgegen, daß seine Bezüge als Geschäftsführer der GmbH für den Zeitraum der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit aufgrund des Anstellungsvertrages ungekürzt weitergezahlt wurden. Wie bereits erwähnt wurde, ruht nach § 560 Abs 1 Satz 2 RVO der Anspruch auf Verletztengeld, soweit der Verletzte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erhält. Dies gilt auch für den freiwillig versicherten GmbH-Geschäftsführer, dessen Anspruch auf Verletztengeld ruht, soweit er das Geschäftsführerentgelt weiterbezieht, wie der Senat in seinem Urteil vom 14. Dezember 1995 (SozR 3-2200 § 560 Nr 2) eingehend begründet hat.
Bei dem während der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit ungekürzt weitergezahlten Gehalt als Geschäftsführer handelte es sich um Arbeitseinkommen iS des § 15 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches, § 561 Abs 3 und § 571 Abs 1 Satz 1 RVO (BSG aaO). Dieses Einkommen beträgt nach den vom LSG in Bezug genommenen tatsächlichen Feststellungen des SG 10.190,83 DM. Da dieser Betrag den für denselben Zeitraum zu errechnenden Verletztengeldanspruch bei weitem übersteigt, ruht der Anspruch auf Verletztengeld, dh ein Zahlungsanspruch hierauf ist nicht gegeben (s Benz in Schulin, HS-UV, 1996, § 47 RdNr 19/20).
Die hiergegen von der Revision erhobenen Rügen und Einwendungen greifen nicht durch. Entgegen ihrer Auffassung soll das Verletztengeld bei unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit eines freiwillig versicherten geschäftsführenden Gesellschafters einer GmbH nicht den gesamten dadurch verursachten finanziellen Verlust ausgleichen mit der Folge – wie der Kläger meint –, daß im Rahmen der freiwilligen Versicherung nicht nur das Einkommen als angestellter Geschäftsführer, sondern auch die Einkünfte als Mitgesellschafter der GmbH geschützt sein müßten. Die Frage, in welchem Umfang sich durch die Arbeitsleistung des Klägers auch ein Gewinn für ihn als Gesellschafter der GmbH ergibt, hat hier außer Betracht zu bleiben. Der dem Verletztengeld zugrunde zu legende JAV umfaßt Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen, nicht aber ua den Gewinn aus gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen.
Soweit sich die Revision in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Senats vom 4. Dezember 1991 (SozR 3-2200 § 560 Nr 1) beruft, hat das LSG zutreffend erläutert, daß dieser Entscheidung ein mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag. Sie betraf ebenso wie das weitere Urteil des Senats vom 14. Dezember 1995 – 2 RU 2/95 – (SozR 3-2200 § 560 Nr 3) einen Versicherten, der neben einer selbständigen (als Tierarzt bzw Bauplaner) eine unselbständige Tätigkeit (als Fleischbeschauer bzw Geschäftsführer im Angestelltenverhältnis) ausübte und bei der selbständigen Tätigkeit einen Arbeitsunfall erlitt. Die Verletzten hatten in diesen Fällen Einkünfte aus zwei unterschiedlichen Erwerbsquellen erzielt, und zwar Entgelt aus unselbständiger Beschäftigung und Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit. Für diese Fallgestaltung zwei voneinander getrennt bestehender Versicherungsverhältnisse hat der Senat entschieden, daß bei Arbeitsunfähigkeit infolge eines Arbeitsunfalls als selbständig Tätiger eine Lohnfortzahlung aufgrund der unselbständigen Tätigkeit nicht zur entsprechenden Kürzung des Verletztengeldes aus der Versicherung als Unternehmer führt, weil das Entgelt aus der abhängigen Beschäftigung weder dazu bestimmt noch in der Lage ist, den Einkommensverlust, der dem Versicherten als selbständig Tätiger entstanden ist, auszugleichen. Hier jedoch bestanden keine zwei getrennten Versicherungsverhältnisse des Klägers aus einer abhängigen Beschäftigung und einer selbständigen Tätigkeit. Vielmehr war der Kläger – wie bereits dargelegt – nur durch seine Stellung als Geschäftsführer versichert. Zudem ist der Gewinn aus seiner Beteiligung als Gesellschafter an der GmbH nicht bei der Feststellung des Ruhens des Verletztengeldes berücksichtigt worden.
Nach alledem war auf das dem Kläger nur aufgrund seiner versicherten Tätigkeit dem Grunde und der Höhe nach zustehende Verletztengeld von kalendertäglich 160,00 DM die mit der Geschäftsführertätigkeit verbundene Gehaltsfortzahlung anzurechnen und damit die Revision des Klägers mit den Haupt- und Hilfsanträgen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen