Beteiligte
AOK Rheinland – Die Gesundheitskasse – |
Landesversicherungsanstalt Oldenburg-Bremen, – Künstlersozialkasse – |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. Juni 1997 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß festgestellt wird, daß die Klägerin ab Januar 1992 der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Angestellten, der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz unterliegt.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als selbständige Künstlerin nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) versicherungspflichtig ist.
Die Klägerin war seit 1982 als Regieassistentin überwiegend bei Fernseh- und Filmproduktionen tätig. Nachdem die Rechtsvorgängerin der beigeladenen Krankenkasse die Tätigkeit der Klägerin für die Sendung „Hallo Heino” vom 15. Januar bis 5. Februar 1992 als abhängige Beschäftigung angesehen und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung festgestellt hatte, beantragte die Klägerin im Januar 1992 bei der beklagten Künstlersozialkasse die Feststellung der Versicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung. Sie machte geltend, in der Vergangenheit sei es zum Teil zu Doppelversicherungen gekommen, denn sie sei früher auch Versicherte eines privaten Krankenversicherungsunternehmens gewesen. Seit 1992 arbeitet die Klägerin ausschließlich für Produktionen privater Fernsehsender. Diese beauftragen in der Regel Produktionsfirmen mit der Erstellung bestimmter Sendungen bzw Sendereihen. Die Produktionsfirmen schließen jeweils mit den Angehörigen des vorgesehenen Produktionsteams Verträge, in der Regel mit dem Regisseur, dem Regieassistenten und dem Bildmischer bzw dem Licht setzenden Kameramann. Zum Abschluß von Verträgen mit der Klägerin kam es zumeist durch Kontakte über den Regisseur oder den Moderator einer Sendung. Die Klägerin beschäftigt sich vor allem mit Spiel-Shows und Talk-Shows wie „Schreinemakers live”. An der Produktion dieser Sendereihe war sie zwischen Februar 1993 und März 1996 häufig beteiligt. Ihre Tätigkeit besteht darin, zunächst für eine bestimmte Sendung entweder allein oder mit dem Regisseur und anderen Personen ein Konzept festzulegen und anschließend an den Proben und der Aufnahme für mehrere Sendungen einer Sendereihe in einem von der Produktionsfirma zur Verfügung gestellten Studio mitzuwirken. Die Tätigkeit im Studio dauert zwischen zwei und acht Tagen und wird nach der Anzahl der Tage mit einem vereinbarten Tagessatz vergütet. Während der Aufnahme der Sendung befindet sich in der Regel der Regisseur mit dem Bildmischer und dem Tontechniker in einem abgeschlossenen Studio, während die Klägerin für das Geschehen im Studio verantwortlich ist; mit dem Regisseur ist sie über eine Sprech- und Hörvorrichtung verbunden.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 3. April 1992 fest, daß die Klägerin nicht der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliege. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28. September 1993). Das Sozialgericht (SG) hat der Klage stattgegeben (Urteil vom 27. August 1996); die Berufung der Beklagten blieb erfolglos (Urteil vom 26. Juni 1997). Nach Auffassung des Landessozialgerichts (LSG) ist die Klägerin als selbständige Künstlerin anzusehen. Sie sei im wesentlichen eigenständig tätig. Zwar sei sie von den Weisungen des Regisseurs abhängig, dieser sei jedoch nicht ihr Auftrag- bzw Arbeitgeber, denn vertragliche Beziehungen habe sie lediglich zu der Produktionsgesellschaft. Im übrigen fehle es an einer für ein Arbeitsverhältnis typischen längerfristigen Eingliederung in den Betrieb eines Unternehmens. Die Klägerin sei auch nicht kontinuierlich für einen Auftraggeber tätig geworden. Schließlich habe sie für jeden Produktionsauftrag ein eigenes unternehmerisches Risiko getragen.
Mit ihrer vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 1 KSVG. Die Klägerin sei weisungsgebunden. Denn ihre örtliche und zeitliche Anwesenheit im Studio werde von der Produktionsfirma vorgegeben. Zu den Vorarbeiten für die jeweiligen Sendungen sei die Klägerin nicht von der Produktionsfirma verpflichtet worden. Deshalb hätten diese Tätigkeiten für die Beurteilung keine Bedeutung. Im übrigen handele es sich hierbei im wesentlichen um Routinearbeiten, die zeitlich keinen großen Umfang einnähmen. Hinsichtlich des Inhalts und der Durchführung der geschuldeten Tätigkeit unterliege die Klägerin der fachlichen Weisung des Regisseurs. Dabei sei es unerheblich, daß sie nur zur jeweiligen Produktionsgesellschaft in vertraglichen Beziehungen stehe. Es sei denkbar, daß die Weisungsbefugnis von der Produktionsgesellschaft auf den Regisseur übertragen worden sei. Es verstehe sich jedoch von selbst, daß ein Regisseur der Regieassistentin, die ihn in seiner Arbeit unterstütze, Weisungen erteilen könne. Entsprechendes gelte auch für die Weisungen des Produktionsleiters bzw des leitenden Redakteurs, der die Interessen der Produktionsfirma wahrnehme, sowie des Aufnahmeleiters oder des Moderators. Die Vorinstanzen hätten der Tatsache, daß die Klägerin bei der Aufnahme der eigentlichen Sendung alleinige Ansprechpartnerin im Studio sei, zu große Bedeutung beigemessen. Zum einen habe ihr der Regisseur mittels einer Sprechverbindung Anweisungen geben können, zum anderen könne aus der Erbringung eigenständiger Leistungen nicht auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden. Auch von Angestellten werde regelmäßig selbständiges Arbeiten erwartet. Die Klägerin sei bei ihrer Tätigkeit in das Produktionsteam eingebunden und auch darauf angewiesen, die von ihrem Auftraggeber zur Verfügung gestellten technischen Mittel zu nutzen. Sie habe auch nach ihren eigenen Angaben im Team keine Führungsposition inne, da sie sich mit ihren Vorschlägen immer nur dann durchsetzen könne, wenn sie den Regisseur, Moderator oder Redakteur überzeugen könne. Es sei auch unerheblich, daß die Klägerin immer nur kurzfristig für die Erstellung der jeweiligen Produktion in ein Team eingegliedert sei. Denn bei jeder einzelnen dieser Tätigkeiten sei sie als abhängig beschäftigt anzusehen. Im Bereich privater Fernsehproduktionsgesellschaften komme es grundsätzlich nur zu kurzfristigen Verpflichtungen. Die Klägerin bringe im übrigen weder eigenes Kapital noch irgendwelche Betriebsmittel bzw eigene Mitarbeiter ein.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. Juni 1997 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27. August 1996 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
II
1. Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber im Ergebnis nicht begründet. Die Klarstellung des Tenors war geboten, weil das LSG nur die Feststellung getroffen hat, die Klägerin sei Künstlerin iS der §§ 1, 2 KSVG. Für eine isolierte Feststellung der Künstlereigenschaft besteht aber kein Rechtsschutzinteresse. Die Künstlereigenschaft ist nur eine Voraussetzung der Versicherungspflicht nach dem KSVG, deren Feststellung die Klägerin anstrebt. Bei der Feststellung der Versicherungspflicht handelt es sich im prozeßrechtlichen Sinn um die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses iS des § 55 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl 1998, § 55 RdNr 5a), die vom Gericht selbst und nicht – wie das SG angenommen hat – nach einer Verpflichtung durch das Gericht von der Verwaltung zu treffen ist.
2. Die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Rheinland war zum Rechtsstreit notwendig beizuladen. Die vom Senat nachgeholte notwendige Beiladung iS von § 75 Abs 2 1. Alternative SGG ist Sachurteilsvoraussetzung, ihr Fehlen ist ein Verfahrensmangel, der im Revisionsverfahren auch ohne ausdrückliche Rüge von Amts wegen zu beachten ist (vgl BSGE 43, 256 mwN; BSG SozR 1500 § 75 Nr 60 und 82; Meyer-Ladewig, aaO, § 75 RdNr 13a). Der Senat hält allerdings seine bisherige Rechtsprechung zur Notwendigkeit der regelmäßigen Beiladung der Träger der Kranken- und der Angestelltenversicherung bei einem Rechtsstreit über die Feststellung von Versicherungspflicht nach dem KSVG nicht aufrecht. Die Beiladung der AOK Rheinland war im vorliegenden Verfahren allein deshalb erforderlich, weil die Rechtsvorgängerin dieser Kasse für die hier streitige Zeit bereits eine bindend gewordene Entscheidung zur Versicherungspflicht der Klägerin getroffen und diese für einen Zeitraum als in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehend angesehen hat, für den die Klägerin ihre Versicherungspflicht als selbständige Künstlerin nach dem KSVG festgestellt wissen will. Die Beigeladene ist dadurch an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihr gegenüber nur einheitlich ausfallen kann. Nur durch die Beiladung wird sie an die Rechtskraft der Entscheidung mit der Folge gebunden, daß sie nicht mehr geltend machen kann, die Klägerin sei abhängig beschäftigt gewesen. Den bestandskräftigen Bescheid hat sie danach – soweit nicht der Zeitablauf entgegensteht – aufzuheben.
Im Regelfall, in dem keine Entscheidung eines Renten- oder Krankenversicherungsträgers vorausgegangen ist, wird diese Rechtskrafterstreckung auch ohne Beiladung erreicht. Der für die Künstlersozialversicherung früher zuständig gewesene 12. Senat des BSG hat allerdings mit Urteil vom 26. Oktober 1989 (12 RK 14/88 = SozR 1500 § 75 Nr 82) – noch vor Einführung der Pflegeversicherung – entschieden, daß an einem Rechtsstreit über die Versicherungspflicht von selbständigen Künstlern und Publizisten nach dem KSVG auch die Träger der Kranken- und der Angestelltenversicherung (AnV) zu beteiligen sind, weil die Frage, ob jemand nach dem KSVG versichert ist, im Verhältnis zur Künstlersozialkasse (KSK), die darüber zunächst zu entscheiden habe, nicht anders beurteilt werden könne als im Verhältnis zu den Versicherungsträgern, für die diese Entscheidung, wenn sie bindend (rechtskräftig) werde, unmittelbare rechtliche Wirkungen habe. Aus einer positiven Entscheidung über die Versicherungspflicht folge nicht nur für den Versicherten die Verpflichtung zur Entrichtung entsprechender Beiträge an die KSK, sondern auch für diese die Pflicht zur Zahlung von Beiträgen an die Träger der Versicherung und für diese wiederum die Pflicht zur Gewährung von Leistungen bei Eintritt eines Versicherungsfalles – in der AnV nach Erfüllung bestimmter versicherungsrechtlicher Voraussetzungen. Entscheide die KSK negativ über die Versicherungspflicht nach dem KSVG, so entstünden für die Versicherungsträger weder Beitragsansprüche noch Leistungsverpflichtungen. Damit sei die Stellung der KSK derjenigen ähnlich, die den Krankenkassen als Einzugsstellen von Beiträgen zur Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung zugewiesen sei. Für Versicherungs- und Beitragspflicht betreffende Rechtsstreitigkeiten der Versicherten oder ihrer Arbeitgeber mit den Einzugsstellen sei seit langem anerkannt, daß hierzu auch die Träger der Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung nach § 75 Abs 2 SGG beizuladen seien (Hinweis auf BSGE 15, 118; SozR 1500 § 75 Nr 41). Für Streitigkeiten mit der KSK über die Versicherungs- und Beitragspflicht von Künstlern und Publizisten nach dem KSVG könne nichts anderes gelten. Nur durch die Beiladung sei gewährleistet, daß auch diese Versicherungsträger an die rechtskräftige Entscheidung über die Versicherungspflicht nach dem KSVG gebunden seien (§ 141 Abs 1 SGG).
Die Rechtskrafterstreckung zur Vermeidung divergierender Entscheidungen ist zwar neben der Gewährung des rechtlichen Gehörs für Drittbetroffene der prozessuale Grund für eine Beiladung. Das Erfordernis der Rechtskrafterstreckung kann die Notwendigkeit der Beiladung der Versicherungsträger hier jedoch nicht begründen, weil die Rechtskraftwirkung auch ohne Beiladung eintritt. Die KSK wird im Verfahren über die Feststellung der Versicherungspflicht als selbständiger Künstler oder Publizist im Verhältnis zu den die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung durchführenden Sozialversicherungsträgern unabhängig und treuhänderisch tätig; im Prozeß nimmt sie deren Rechte als sog Prozeßstandschafter wahr. Der Prozeßstandschafter macht im eigenen Namen fremde Rechte geltend. Soweit er befugt ist, einen Prozeß über ein fremdes Recht zu führen, und ohne Zustimmung des Rechtsträgers verfügen darf, wirkt ein Urteil auch für und gegen den Rechtsträger (BGH ZZP 71, 102; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 53. Auflage, § 325 RdNr 17; Thomas/Putzo, ZPO, 19. Auflage, § 325 RdNr 4). Diese für das Zivilprozeßrecht entwickelten Grundsätze gelten, da sachlich begründete Besonderheiten insoweit nicht erkennbar sind, auch für das sozialgerichtliche Verfahren (vgl § 202 SGG; ferner Meyer-Ladewig, aaO, § 141 RdNr 18). Eine Rechtsstellung als Treuhänder kommt der Krankenkasse als Einzugsstelle im Verhältnis zu den Trägern der Renten- und der Arbeitslosenversicherung nicht in gleichem Maße wie der KSK zu. Im Außenverhältnis gegenüber Arbeitgeber und Arbeitnehmer entscheidet sie zwar anstelle der anderen Versicherungsträger; im Innenverhältnis entfaltet die Entscheidung der Einzugsstelle aber nicht ohne weiteres eine Bindungswirkung für die betroffenen Versicherungsträger. Die Rechtsprechung räumt diesen vielmehr seit jeher gegenüber belastenden Entscheidungen der Einzugsstelle ein Klagerecht ein (BSGE 39, 223 = SozR 2200 § 172 Nr 2), das auch durch die Durchführung des bis zum 31. Dezember 1995 in § 28h Abs 3 Sozialgesetzbuch – Viertes Buch (SGB IV) vorgeschriebenen Abstimmungsverfahrens nicht eingeschränkt sein sollte. Die Entscheidungen der Einzugsstelle haben, wie sich insbesondere aus dem durch das Meldepflichtgesetz (MeldePflG, vom 20. Dezember 1988, BGBl I 2330) und durch das Gesetz vom 30. Juni 1995 (BGBl I 890) neu gestalteten § 28p SGB IV ergibt, gegenüber den Trägern der Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung vorläufigen Charakter. Den Rentenversicherungsträgern steht das Recht zu, aufgrund von Betriebsprüfungen eigene Entscheidungen zur Versicherungspflicht zu treffen, die uU von denjenigen der Einzugsstelle abweichen. Der Gesetzgeber hat damit der Tatsache Rechnung getragen, daß die Krankenkassen als Einzugsstellen spätestens seit Einführung der Wahlfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung hinsichtlich der zuständigen Krankenkasse durch das Gesundheitsstrukturgesetz (vom 21. Dezember 1992, BGBl I 2266) einem Mitgliederwettbewerb unterliegen, der die für die Feststellung der Versicherungspflicht auch in anderen Versicherungszweigen notwendige Neutralität beeinträchtigen kann (vgl Seewald, in: KassKomm § 28 p RdNr 3 und die dortigen Nachweise der Gesetzgebungsmaterialien).
Die Stellung der KSK unterscheidet sich insoweit von derjenigen der Einzugsstelle. Die KSK nimmt bei der Feststellung von Versicherungspflicht keine eigenständigen Interessen als Versicherungsträger wahr; Zweifel an der im Rahmen des Feststellungsverfahrens erforderlichen Neutralität können hier nicht aufkommen. Sie entscheidet im Verhältnis zu den Trägern der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung allein darüber, ob ein selbständiger Künstler oder Publizist zum Kreis der nach dem KSVG versicherungspflichtigen Personen zählt oder nicht. Das KSVG räumt daneben weder dem Rentenversicherungsträger noch dem in diesem Stadium zumeist noch gar nicht feststehenden Träger der Kranken- und Pflegeversicherung eine Entscheidungskompetenz ein. Das gesamte Verwaltungsverfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht nach dem KSVG wird nur zwischen der KSK und dem betroffenen Künstler abgewickelt; eine Beteiligung der Kranken- und Rentenversicherungsträger an diesem Verfahren ist nicht vorgesehen. Die Unterschiede gegenüber der Prüfung der Versicherungspflicht durch die Einzugsstelle werden vor allem aus einem Vergleich von § 11 KSVG einerseits und § 28o Abs 2 SGB IV andererseits deutlich: Wer nach dem KSVG in der gesetzlichen Kranken- oder Rentenversicherung versichert wird, hat sich bei der KSK zu melden (§ 11 Abs 1 KSVG); Auskunfts- und Meldepflichten im Hinblick auf die Feststellung von Versicherungspflicht bestehen nur ihr gegenüber, nicht aber gegenüber den anderen Versicherungsträgern. § 28o Abs 2 SGB IV sieht dagegen ausdrücklich eine Auskunftspflicht der Beschäftigten gegenüber „den zuständigen Versicherungsträgern” vor und eröffnet diesen damit überhaupt erst die Möglichkeit, die Versicherungspflicht eigenständig zu prüfen.
Eine Beiladung der für die Durchführung der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung zuständigen Träger kann auch nicht durch den Anspruch auf rechtliches Gehör begründet werden. Den genannten Sozialversicherungsträgern sind – wie dargestellt – im Verfahren über die Feststellung der Versicherungspflicht nach dem KSVG keine eigenen Rechte eingeräumt worden.
3. Die Klägerin hat die Klagefrist gewahrt. Dies ist als Klagevoraussetzung auch in der Rechtsmittelinstanz von Amts wegen zu prüfen (vgl Meyer-Ladewig, aaO, § 88 RdNr 9). Das SG hat der Klägerin im Hinblick auf den fehlenden Nachweis der Zustellung des Widerspruchsbescheides zwar „vorsorglich” und ohne Begründung zum etwaigen Verschulden, somit verfahrensfehlerhaft wegen einer bloß möglichen Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. An diese Entscheidung ist das Revisionsgericht aber gebunden (vgl Meyer-Ladewig, aaO, § 67 RdNr 19).
4. Die Klägerin ist als selbständige Künstlerin iS des § 1 KSVG tätig und unterliegt daher der Versicherungspflicht nach dem KSVG. Künstler iS des KSVG ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt (§ 2 KSVG). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl BSGE 77, 21, 26 = SozR 3-5425 § 24 Nr 12) entspricht der Zielsetzung des KSVG ein formaler, an der Typologie der Ausübungsformen orientierter Kunstbegriff, der bereits erfüllt ist, wenn das zu beurteilende Werk ohne Rücksicht auf sein geistiges Niveau den Gattungsanforderungen eines bestimmten Werktyps der Kunst entspricht. Die den unterschiedlichen Ausübungsformen von Kunst zuzuordnenden Berufsgruppen werden in der auf Grund des § 26 Abs 1 Satz 2 KSVG 1981 erlassenen Verordnung zur Durchführung des KSVG (KSVGDV, vom 23. Mai 1984, BGBl I 709) aufgeführt. Die Regieassistentin wird in § 2 Abs 4 Nr 10 KSVGDV erwähnt und dem Bereich „darstellende Kunst” zugeordnet. Dies entspricht erkennbar der Verkehrsauffassung, die zum künstlerischen Personal nicht nur die auf der Bühne oder vor der Kamera stehenden Personen zählt, sondern auch alle, die zum Gelingen eines künstlerischen Werkes nicht unerheblich beitragen. Der künstlerische Gehalt der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit wird von der Beklagten im Revisionsverfahren entgegen der Begründung des Bescheides auch nicht mehr in Abrede gestellt. Die Klägerin übt ihre Tätigkeit nach den Feststellungen des LSG ferner, wie es § 1 Nr 1 KSVG verlangt, erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend aus.
5. Die Klägerin ist als Regieassistentin auch selbständig tätig. Dies folgt allerdings nicht bereits aus der Tatsache, daß der Beruf der Regieassistentin in § 2 Abs 4 Nr 10 KSVGDV aufgeführt wird. Diese Zuordnung ist nur verbindlich für die Abgrenzung der künstlerischen Bereiche Wort, bildende Kunst, Musik und darstellende Kunst, für die die Künstlersozialabgabe nach § 26 Abs 1 KSVG getrennt festzustellen ist. Aus ihr ergibt sich deshalb kein Rückschluß darauf, daß die Tätigkeit als Regieassistentin stets selbständig ausgeübt wird. Andererseits kann die Tätigkeit als Regieassistentin auch nicht schon wegen einer entsprechenden Zuordnung in einem von den Spitzenverbänden der Sozialversicherungsträger und der KSK erstellten Abgrenzungskatalog als abhängige Beschäftigung gewertet werden. Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, daß diese Vereinbarung weder die Beteiligten noch das Gericht bindet.
Ob die Klägerin in der hier streitigen Zeit als Regieassistentin selbständig tätig war oder ob sie zu den Produktionsgesellschaften jeweils in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stand, richtet sich vielmehr nach den von der Rechtsprechung für die Abgrenzung von selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung herausgearbeiteten Grundsätzen. Danach ist für die Wertung einer Beschäftigung als abhängig ausschlaggebend, daß sie in persönlicher Abhängigkeit verrichtet wird. Diese äußert sich regelmäßig in der Eingliederung des Beschäftigten in einen fremden Betrieb, sei es, daß er umfassend einem Zeit, Dauer und Ort der Arbeit betreffendem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, sei es auch nur, insbesondere bei Diensten höherer Art, daß er funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozeß des Arbeitgebers teilhat. Demgegenüber kennzeichnen eine selbständige Tätigkeit das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsfreiheit über die eigene Arbeitskraft sowie die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit. Weist im Einzelfall eine Tätigkeit sowohl Merkmale der Abhängigkeit wie der Selbständigkeit auf, so kommt es bei der Beurteilung des Gesamtbildes darauf an, welche Merkmale überwiegen (BSGE 51, 164 = SozR 2400 § 2 Nr 16; BSG SozR 2200 § 165 Nr 45; BSG SozR 2200 § 166 Nr 5; BSG SozR 2200 § 1227 Nr 19 und BSGE 45, 199 = SozR 2200 § 1227 Nr 8). Grundlage der Beurteilung sind die tatsächlichen Verhältnisse. Die in einer vertraglichen Vereinbarung gewählte Bezeichnung oder rechtliche Einordnung einer Tätigkeit ist dagegen nicht maßgebend, wenn sie davon abweicht (vgl BSGE 13, 130, 132 = SozR Nr 20 zu § 165 Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫; BSGE 36, 7, 8 = SozR Nr 72 zu § 165 RVO). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
Nach den von der Klägerin mit unterschiedlichen Produktionsfirmen geschlossenen Verträgen war die Klägerin nicht in den Betrieb der Produktionsfirmen eingegliedert; diese konnten über den Einsatz der Klägerin nicht verfügen. Die Klägerin hat sich vertraglich nicht für einen längeren Zeitraum an eine Produktionsfirma gebunden; es wurden vielmehr jeweils einzelne projektbezogene Verträge abgeschlossen. Die Klägerin hat ihre Engagements jeweils selbst eingeleitet und besaß die Möglichkeit, Aufträge abzulehnen. Das LSG hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf abgestellt, daß die Klägerin im Zeitraum von Januar 1992 bis Juli 1993 bei 15 verschiedenen Engagements für insgesamt acht verschiedene Produktionsgesellschaften tätig geworden ist, ohne daß über das Einzelengagement hinaus wirkende Rahmenvereinbarungen bestanden. Vertragliche Absprachen betrafen nur die Zahl der Produktionstage einschließlich der jeweils erforderlichen Vorarbeiten. Hieraus hat das LSG zutreffend geschlossen, daß bei der Klägerin die für ein Arbeitsverhältnis typische längerfristige Einbindung in den Betrieb einer Produktionsgesellschaft nicht vorlag und eine kontinuierliche Zusammenarbeit von den Beteiligten auch nicht beabsichtigt war. Die „Eingliederung” der Klägerin war nicht weitergehend als etwa bei dem jeweiligen Regisseur, dessen Selbständigkeit die Beklagte zu Recht nicht in Zweifel zieht. Sie war vergleichbar der Situation von Gastregisseuren, Gastsängern oder Gastschauspielern, die zu dem fest angestellten Ensemble oder Orchester für bestimmte Stücke jeweils engagiert werden. Faßt man die aufgezeigten Merkmale der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit zusammen, so entspricht das äußere Bild auch den Vereinbarungen zwischen der Klägerin und den Produktionsfirmen, die vom Status eines freien Mitarbeiters ausgegangen sind. Hieran ändert auch die Tatsache nichts, daß in einzelnen Verträgen von der Klägerin auch die Vorlage der Lohnsteuerkarte verlangt wurde. Insoweit handelt es sich um eine unzutreffende Würdigung des steuerrechtlichen Status der Klägerin durch die Vertragsbeteiligten, die für ihre sozialversicherungsrechtliche Stellung nicht maßgebend ist.
Nach den vertraglichen Vereinbarungen hatte die Klägerin auch ein unternehmerisches Risiko zu tragen. Sämtliche von der Klägerin mit Produktionsfirmen abgeschlossenen Verträge sahen eine Abrechnung auf der Grundlage eines festen Honorars zuzüglich Mehrwertsteuer vor; Urlaubsvergütungen waren dagegen nicht vereinbart. Fiel eine Produktion aus, so wurde kein Ausfallhonorar gezahlt. Dies entspricht dem typischen Bild eines Werk- oder Dienstvertrages iS der §§ 611 bzw 631 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), bei dem der Vergütungsanspruch erst dann entsteht, wenn das Werk hergestellt ist bzw die Dienste tatsächlich geleistet wurden. Nach den Vereinbarungen zwischen der Klägerin und den Produktionsfirmen war dies erst der Fall, wenn die Tätigkeit im Sendestudio abgeschlossen war. Die Klägerin trug damit auch das Risiko, trotz von ihr erbrachter Vorarbeiten im häuslichen Bereich kein Honorar zu erhalten. Eine möglicherweise bestehende soziale Schutzbedürftigkeit der Klägerin (zu diesem Kriterium vgl Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status des freien Mitarbeiters, 1982, 199, 207) kann eine Qualifizierung ihrer Tätigkeit als die eines Arbeitnehmers nicht begründen. Denn der erhöhten sozialen Schutzbedürftigkeit von Kulturschaffenden trägt das KSVG gerade dadurch Rechnung, daß es auch selbständige Künstler in den Schutz der Sozialversicherung einbezieht.
Die Wertung der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als selbständig entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Abgrenzung von freier Mitarbeit und Arbeitnehmerstatus bei Rundfunk- und Fernsehanstalten (vgl BVerfG AP Nr 1 zu Art 5 Abs 1 GG Rundfunkfreiheit; BAG AP Nr 74 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Danach ist selbst bei einer auf Dauer angelegten Tätigkeit für einen Fernsehsender, wie sie hier nicht einmal vorliegt, eine persönliche Abhängigkeit von programmgestaltenden Mitarbeitern nicht schon aus ihrer Abhängigkeit vom technischen Apparat der Sendeanstalt und ihrer Einbindung in ein Produktionsteam abzuleiten. Die programmgestaltenden Mitarbeiter, zu denen die Klägerin wegen ihres Einflusses auf den Inhalt der jeweiligen Produktion zu zählen wäre, stehen nur dann in einem Arbeitsverhältnis zur Sendeanstalt, wenn diese innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung verfügen kann. Dies ist anzunehmen, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang ohne Abschluß entsprechender Vereinbarungen zur Arbeit herangezogen werden kann; etwa wenn die Rundfunk- bzw Fernsehanstalt einseitig, ohne Mitwirkung des Mitarbeiters, Dienstpläne aufstellt.
Allein die Tatsache, daß Ort und Zeit der Tätigkeit im Sendestudio bei einer Produktion von Fernsehsendungen feststehen, spricht noch nicht für eine Weisungsgebundenheit. Die Bindungen, denen die Klägerin insoweit unterlag, ergaben sich aus ihren vertraglichen Vereinbarungen und waren gerade nicht Ausfluß eines einseitigen Direktionsrechts, wie die Beklagte meint. Soweit die Beklagte die Weisungsgebundenheit darin erkennen will, daß die Klägerin den Vorgaben und Anweisungen des Regisseurs zu folgen hatte, reicht dies nicht aus. Dies wäre nur dann der Fall, wenn festzustellen wäre, daß der Regisseur im Auftrag der Produktionsfirma – die allein als Arbeitgeber in Betracht kommt – einseitige Vorgaben für die Produktion erteilt hätte, die über rein künstlerisch-fachliche Weisungen hinausgingen. Das war aber nach den unangefochtenen Feststellungen des LSG nicht der Fall und ergibt sich auch nicht aus den vertraglichen Vereinbarungen. Die künstlerisch-fachlichen Vorgaben stehen einer Einordnung als selbständige Tätigkeit nicht entgegen. Sie sind bei solchen Kunstwerken üblich und notwendig, die von einer Vielzahl von Beteiligten erstellt werden, etwa auch dann, wenn berühmte Solisten oder Schauspieler innerhalb eines festen Ensembles auftreten, wo sie den Anweisungen des Dirigenten oder Regisseurs unterliegen, ohne daß deswegen ihre eigene künstlerische Selbständigkeit in Zweifel gezogen werden könnte.
Die Klägerin ist auch nicht aufgrund der Neufassung von § 7 Abs 4 SGB IV durch das Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte (vom 19. Dezember 1998, BGBl I 3843) als abhängig Beschäftigte anzusehen. Dieses Gesetz ist nach seinem Art 11 am 1. Januar 1999 in Kraft getreten und erfaßt wegen fehlender anderslautender Übergangsvorschriften auch laufende Streitverfahren. Die Neuregelung hat die Bekämpfung der Scheinselbständigkeit zum Ziel und soll es den Sozialversicherungsträgern erleichtern, Scheinselbständige schneller und einfacher als bisher zu erfassen (vgl BT-Drucks 14/45, S 19). § 7 Abs 4 SGB IV nF führt jedoch materiell nicht zu einer Änderung der oben aufgezeigten Kriterien, die für die Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit maßgebend sind, sondern allenfalls im Verwaltungsvollzug zu einer Erleichterung der Begründungspflicht für Verwaltungsakte. Die Vorschrift faßt die maßgebenden Gesichtspunkte lediglich zu einem – als nicht abschließend verstandenen (vgl BT-Drucks 14/45, S 19; ferner Kollmer, NJW 1999, 608, 609) – Katalog von vier Kriterien zusammen. Beim Vorliegen von mindestens zwei Kriterien wird widerlegbar vermutet, daß es sich um ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis handelt. Diese Vermutungsregel ist hier nicht einmal zahlenmäßig erfüllt; zudem ist das erfüllte Kriterium hier auch nicht aussagekräftig. Bei der Klägerin liegt lediglich das in § 7 Abs 4 Satz 1 Nr 1 SGB IV aufgeführte Kriterium der Nichtbeschäftigung von versicherungspflichtigen Arbeitnehmern vor. Dies ist aber zugleich auch Grundvoraussetzung für ihre Versicherungspflicht nach dem KSVG; und damit als Unterscheidungsmerkmal nicht geeignet. Die weiteren in § 7 Abs 4 Satz 1 Nrn 2 bis 4 SGB IV nF genannten Kriterien erfüllt die Klägerin nicht. Wie bereits aufgezeigt, ist die Klägerin weder an nur einen einzigen Auftraggeber gebunden (Nr 2), noch erbringt sie Arbeitsleistungen, die für Beschäftigte typisch sind (Nr 3). Die hier betroffenen Arbeitsleistungen werden vielmehr sowohl in abhängiger als auch in selbständiger Weise erbracht. Sie tritt zudem auch iS der Nr 4 aufgrund unternehmerischer Tätigkeit am Markt auf. Dieses Kriterium soll dem Umstand Rechnung tragen, daß im allgemeinen nur jemand, der auch unternehmerische Entscheidungsfreiheit genießt und unternehmerische Chancen wahrnehmen kann, selbständig sein kann. Überträgt man diesen Gesichtspunkt, der primär auf die Produktion und den Vertrieb von Waren abzielt, auf den Tätigkeitsbereich der Klägerin bei der Produktion von Fernsehsendungen, so reicht hier aus, daß die Klägerin über unterschiedliche Kontakte Aufträge für die Vorbereitung und die Produktion einzelner Sendungen akquiriert und insoweit werbend tätig wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
BSGE, 246 |
BB 1999, 1662 |
DStR 1999, 1328 |
HFR 2000, 308 |
FA 1999, 275 |
AfP 2000, 406 |
SGb 1999, 250 |
VersR 2000, 649 |