Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft das Krankenversicherungsrecht. Die Beschwerdeführerin wendet sich unmittelbar gegen Art. 1 Nr. 1 Buchstabe a und c des Gesetzes zur Sicherung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der gesetzlichen Rentenversicherung (Beitragssatzsicherungsgesetz – BSSichG) vom 23. Dezember 2002 (BGBl I S. 4637). Danach wurde die Jahresarbeitsentgeltgrenze, die für die Versicherungsfreiheit von Arbeitern und Angestellten nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V maßgeblich ist, mit Wirkung vom 1. Januar 2003 angehoben. Während sie im Jahr 2002 in den alten Bundesländern bei jährlich 40.500 EUR lag, betrug sie im Jahr 2003 45.900 EUR. Dieser Ausgangswert ist für das Jahr 2004 auf 46.350 EUR festgesetzt (Verordnung vom 9. Dezember 2003, BGBl I S. 2497).
Die Beschwerdeführerin, die nach eigenen Angaben von Geburt an stets bei dem selben Unternehmen privat krankenversichert ist, hat am 1. Juli 2003 nach Beendigung eines Studiums der Rechtswissenschaft den juristischen Vorbereitungsdienst aufgenommen. Seit diesem Tag ist sie in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig. Das Versicherungsverhältnis mit dem privaten Krankenversicherungsunternehmen erhält sie mit einem reduzierten Beitrag aufrecht. Sie trägt vor, ihr Berufsziel sei Rechtsanwältin im Angestelltenverhältnis. Durch die Anhebung der Jahresarbeitsentgeltgrenze sieht sie keine Möglichkeit, in absehbarer Zeit der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung zu entgehen. Eine solche Möglichkeit müsse ihr jedoch, die sie von Geburt an privat krankenversichert sei und wegen der getätigten Altersrückstellungen eine günstige Anwartschaft erworben habe, von Verfassungs wegen eingeräumt werden. Die Beschwerdeführerin sieht sich in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 und 2 Satz 1, Art. 3 Abs. 1, 2 und 3 Satz 1, Art. 12 Abs. 1 sowie Art. 14 Abs. 1 GG verletzt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen von § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Sie ist unzulässig. Es lässt sich nicht erkennen, dass die Beschwerdeführerin bereits gegenwärtig in den als verletzt gerügten Grundrechten betroffen sein könnte.
1. Die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts voraus, dass ein Beschwerdeführer selbst, gegenwärtig und unmittelbar durch die angegriffene Rechtsnorm in seinen Grundrechten betroffen ist. Eine gegenwärtige Betroffenheit ist dann gegeben, wenn die Rechtsnorm ihre Wirkung auf den Beschwerdeführer aktuell und nicht nur irgendwann in der Zukunft „virtuell”) entfaltet (vgl. BVerfGE 1, 97 ≪102≫; stRspr). Von einer gegenwärtigen Betroffenheit geht das Bundesverfassungsgericht aber auch dann aus, wenn das Gesetz die Normadressaten mit Blick auf seine künftig eintretende Wirkung zu später nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen zwingt oder wenn klar abzusehen ist, dass und wie der Beschwerdeführer in der Zukunft von der Regelung betroffen sein wird (vgl. BVerfGE 97, 157 ≪164≫ m.w.N.). Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde sind in der Begründung substantiiert darzulegen (vgl. BVerfGE 79, 1 ≪15≫).
2. Die danach erforderliche gegenwärtige Betroffenheit der Beschwerdeführerin kann nicht festgestellt werden. Es lässt sich derzeit nicht abschätzen, ob überhaupt und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt die Beschwerdeführerin durch die Anhebung der Jahresarbeitsentgeltgrenze beschwert sein wird.
Die Beschwerdeführerin hat den zwei Jahre dauernden juristischen Vorbereitungsdienst am 1. Juli 2003 begonnen. Es wird daher noch einige Zeit in Anspruch nehmen, bis sie die von ihr angestrebte Tätigkeit als angestellte Rechtsanwältin aufnehmen kann. Dieses Berufsziel kann sich zudem noch ändern. Offen ist auch, ob sie in absehbarer Zeit eine abhängige Beschäftigung aufnimmt, die so vergütet wird, dass sich die Anhebung der Jahresarbeitsentgeltgrenze konkret für sie auswirkt. Für eine Volljuristin, die Berufsanfängerin ist, existiert hinsichtlich des auf dem Arbeitsmarkt der Rechtsanwälte erzielbaren Einkommens eine große Bandbreite. Sie kann je nach den Gegebenheiten ein Arbeitsentgelt realisieren, das über der neuen, aber auch unter der bis 2002 maßgeblichen Jahresarbeitsentgeltgrenze liegt.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Gesetz die Beschwerdeführerin mit Blick auf seine künftig eintretende Wirkung zu einer später nicht mehr korrigierbaren Entscheidung zwingt. Für die Aufrechterhaltung des privaten Versicherungsvertrages gibt es auch dann, wenn die angegriffene Regelung verfassungsgemäß ist, gute Gründe. In der gegenwärtigen Berufsphase ist nicht auszuschließen, dass die Beschwerdeführerin beispielsweise als selbständige Rechtsanwältin privaten Krankenversicherungsschutz in Anspruch nehmen wird oder als Beamtin oder Richterin diejenigen Krankheitskosten durch eine Privatversicherung abdecken lässt, die von der staatlichen Beihilfe nicht erfasst werden.
3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Steiner, Hohmann-Dennhardt
Fundstellen
Haufe-Index 1262378 |
NJW 2004, 1859 |