Zusammenfassung
Der Wandel gewinnt an Komplexität. Waren Veränderungsprojekte noch Mitte des vorigen Jahrhunderts zeitlich begrenzte Eingriffe in die Unternehmensentwicklung, standen sie spätestens in den 1990er Jahren bereits auf dem Dauerspielplan der Unternehmen. Seither haben die Dynamik der technologischen Entwicklung und die Herausforderungen globalisierter Märkte noch weiter an Tempo gewonnen. Die zunehmende Digitalisierung fast aller Lebensbereiche und der Einzug von KI erscheint zunächst wie eine Erweiterung der technologischen Möglichkeiten, entpuppt sich bei näherem Hinsehen jedoch als tiefgreifender Paradigmenwechsel, der Unternehmen in ihren Grundfesten erschüttern kann.
Mit der Frage nach den Auslösern für eine womöglich grundlegende Erneuerung sollten sich jedoch alle Unternehmen intensiv auseinandersetzen. Vielfach stehen Unternehmen vor Veränderungen, die nicht nur ihre alten Geschäftsmodelle in Frage stellen, sondern zugleich die Organisationsstruktur, die Verhaltensmuster und mentalen Einstellungen und Sichtweisen einem radikalen Wandel unterwerfen. Da die Einwirkung der Digitalisierung einen Kulturwandel bedingt, ist besonders Human Ressources (HR) gefordert, den Führungskräften und Mitarbeitern Impulse zu geben, wie sie diese Auswirkungen bewältigen können.
1 Was ist Change Management?
1.1 Warum sind Veränderungen notwendig?
Unternehmen agieren in einem dynamischen Wettbewerbsumfeld, in dem es permanent zu Veränderungen kommt. Zu nennen sind hier insbesondere eine steigende Wettbewerbsintensität, die zunehmende Internationalisierung mit vielen gegenseitigen Abhängigkeiten, neue und geänderte Gesetzgebung und politische Spannungen in mehreren Weltregionen. Unternehmen, die im Wettbewerb bestehen wollen, haben keine andere Wahl, als sich diesen Veränderungen anzupassen, in dem sie sich ihrerseits verändern. Derartige Veränderungen finden dann z. B. ihren Ausdruck in:
- der Suche nach neuen Märkten,
- Firmenfusionen,
- Akquisitionen,
- einer vollständige Reorganisation des Unternehmens oder einzelner Unternehmensbereiche,
- der Ausgliederung von Organisationseinheiten und in
- der Einführung von neuen Technologien.
Digitalisierung als Treiber für Veränderungen
Ein bedeutender Treiber für Veränderungen in Unternehmen ist die Digitalisierung. Sie hat Auswirkungen auf alle Prozesse, Unternehmensbereiche und nicht selten auch auf die Geschäftsmodelle der Unternehmen. Stichwörter sind hier insbesondere das Internet der Dinge, Big Data und Produktion 4.0. Digitale Technologien führen zu einer weltweiten Vernetzung und machen das Unternehmensgeschehen transparent. Gerade die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der Künstlichen Intelligenz in nahezu allen Branchen dürften die Notwendigkeit von Veränderungen bei den Unternehmen noch dringlicher machen. Wichtig ist, dass derartige Veränderungen von den Unternehmen nicht als Risiko, sondern als Chance gesehen werden, um die eigenen Position am Markt zu festigen.
Klimawandel als Veränderungsmotor
Auch der Klimawandel bedingt einen Wandel in den Unternehmen, da diese unter Druck stehen, ihrer ökologischen Verantwortung gerecht zu werden. Er führt einerseits dazu, dass sich Unternehmen auf ganz neue Geschäftsfelder wagen, z. B. die Abspaltung und Speicherung von Kohlendioxid, und andererseits zu disruptiven Veränderungen in bestehenden Geschäftsmodellen oder Technologien. Als Beispiel sei hier die Firma ThyssenKrupp genannt, die dabei ist, ihre Stahlproduktion klimaneutral umzustellen.
Anpassungsbedarf bei Unternehmen
Diese sich verändernden Umweltbedingungen stellen hohe Anforderungen an die Unternehmen, sich anzupassen. Sie führen zu einem kritischen Hinterfragen der Unternehmensprozesse und der Geschäftsmodelle und ziehen oftmals Veränderungen nach sich. Die Antwort auf diese neuen Anforderungen heißt: Change Management.
Kennzeichen von Veränderungsprozessen
Nicht jede Veränderung bedarf gleich des Change Managements. So ist es durchaus normal, dass sich Unternehmen auf ihre ganz eigene Weise verändern und weiterentwickeln. Beim Change Management kommt es hingegen zu zielorientierten Eingriffen in das Unternehmensgefüge oder gar das Geschäftsmodell. Dies führt zu einer Reihe typischer Phänomene, die Veränderungsprozesse kennzeichnen:
- Routinen werden unterbrochen und Gewohnheiten gestört.
- Es entsteht Unsicherheit und Unruhe.
- Es kommen Emotionen auf.
- Es beginnen Diskussionen.
- Die Motivation der Mitarbeiter und deren Leistungen sinken.
- Es kommt zu Widerständen und Abwehrreaktionen bei den Betroffenen.
- Es entstehen und Konflikte.
- Da der Weg in der Regel nicht klar vorhersehbar ist, herrscht Ungewissheit.
- Gewohntes muss aufgegeben und verlernt werden, was anstrengend ist.
- Da der Weg nicht geradlinig verläuft, kommt es zu Rückfällen und -schritten.
- Da der Erfolg nicht sofort sichtbar ist, kommt bei den Betroffenen Sehnsucht nach den "alten Zeiten" auf.
Change Management versus evolutionäre Veränderungen
Da der Terminus Change Management oftmals missverständlich verwendet wird, soll hier zunächst eine Abgrenzung vorgenommen werden. Dabei ist z...