Gefährdende Tätigkeiten beim manuellen Bewegen bzw. der Bewegungsunterstützung von Menschen in der Pflege und Betreuung kommen in nahezu allen Einrichtungen der stationären und ambulanten Kranken- und Altenpflege, im niedergelassenen Bereich sowie in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung vor - unabhängig von der Betriebsgröße.

Gefährdungsbeurteilungen für diese Tätigkeiten sind oft sehr allgemein gehalten. Für solche Tätigkeiten sind Methoden zur Einschätzung der Gefährdung beim Umgang mit Gegenständen, wie z. B. die Leitmerkmalmethode, in der Regel nicht geeignet. Es besteht häufig eine große Unsicherheit, wie die Gefährdungen beim Bewegen von Menschen beurteilt werden können. Die sogenannten "Sicher gefährdenden Tätigkeiten" bieten hier eine Hilfestellung zur Erstellung der Gefährdungsbeurteilung.

Information
Als "Sicher gefährdende Tätigkeiten" werden Tätigkeiten bezeichnet, bei denen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass es zu einer Gefährdung des Muskel- und Skelettsystems kommt. Solche "Tätigkeiten mit wesentlich erhöhten körperlichen Belastungen" überschreiten die sogenannte Auslöseschwelle gemäß der Arbeitsmedizinischen Regel 13.2 (AMR 13.2) (vgl. hierzu Kap. 5 S. 19).

Es wurden 11 "Sicher gefährdende Tätigkeiten" für das Bewegen von Menschen definiert. Bezogen auf die Berufskrankheit "Bandenscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule" ist dies der Fall, wenn die Druckkraft an der Bandscheibe L5/S1 einen bestimmten - in Newton gemessenen - Wert überschreitet. Für Frauen entspricht dies z. B. einem Wert, der dem beidhändigen Anheben einer Last von 10 Kilogramm gleichkommt. Bei Männern wäre dies z. B. ein Wert, der beim beidhändigen Anheben einer Last von 20 Kilogramm zustande kommt.

Tatsächlich zeigen Forschungsergebnisse [1]jedoch, dass je nach Ausführung der "Sicher gefährdenden Tätigkeiten", Druckkräfte erzeugt werden, die einer Belastung von 25 Kilogramm oder sogar deutlich mehr entsprechen.

Gemeinsam ist allen diesen Tätigkeiten, dass die Beschäftigten oft einen erheblichen Teil des Körpergewichts des zu bewegenden Menschen übernehmen und dabei in einer ungünstigen Körperhaltung agieren. Hiermit sind unter anderen eine Vorbeugung, Seitneigung und oftmals eine gleichzeitige Verdrehung des Oberkörpers gemeint.

Bei den "Sicher gefährdenden Tätigkeiten" liegt schon ab dem ersten Hebevorgang eine Gefährdung vor. Daher kann die Gefährdungsbeurteilung diesbezüglich vereinfacht werden. Bezogen auf deren sieben Schritte, sind Schritt 1 (Tätigkeiten festlegen) sowie Schritt 3 (Gefährdungen beurteilen) durch die Definition der Tätigkeiten bereits erfolgt.

Es ist dennoch sinnvoll, sich in den einzelnen Einrichtungen genau anzuschauen, WO WELCHE Tätigkeiten vorkommen, um dann gezielt Präventionsmaßnahmen zu entwickeln (siehe Kapital 3).

Die "Sicher gefährdenden Tätigkeiten" decken nur einen Teil (nämlich: Schweres Heben und Tragen beim Bewegen von Menschen) der belastenden und ggf. gefährdenden Tätigkeiten der Beschäftigten in Pflege und Betreuung ab. So sind - je nach Einrichtungscharakteristik - weitere Tätigkeiten in Bezug auf Gefährdungen für Beschäftigte zu betrachten und zu beurteilen. Das betrifft sowohl weitere Tätigkeiten in der Pflege und Betreuung als auch u. a. das Heben und Tragen von Gegenständen wie Apothekenkisten, Wasserkästen oder Wäschesäcken, aber auch beispielsweise das Ziehen und Schieben von Betten, Rollstühlen oder Essenswagen.

Folgende "Sicher gefährdenden Tätigkeiten" sind definiert (Tabelle darf kopiert werden)

Nr. Sicher gefährdende Tätigkeit

Kommt vor im Arbeitsbereich

_______________
1.
  1. Einen Menschen im Bett aus waagerechter Rückenlage aufsetzen oder zurücklegen

    Ein im Bett liegender Mensch wird durch Beschäftigte (i. d. R. alleine) manuell unter Anheben des Oberkörpers zum Sitzen im Bett aufgerichtet bzw. wieder zurückgelegt (ohne Hochstellen des Kopfteils). In der Regel verbleiben die Beine dabei im Bett.

  2. Einen Menschen im Bett aus waagerechter Rückenlage aufsetzen oder zurücklegen mit Hochstellen des Kopfteils

    Ein im Bett liegender Mensch wird manuell durch Beschäftigte (i. d. R. alleine) zum Sitzen im Bett aufgerichtet bzw. wieder zurückgelegt. Dabei werden Kopfteil und Oberkörper des Menschen angehoben. In der Regel verbleiben die Beine dabei im Bett. Dies geschieht durch manuelles Hochstellen des Kopfteils des Bettes.

 
2.

Einen Menschen im Bett aus waagerechter Rückenlage auf die Bettkante setzen oder zurück.

Ein liegender Mensch wird durch Beschäftigte (i. d. R. alleine) zum Sitzen an die Bettkante gebracht, bzw. von der Bettkante wieder zurückgelegt. Dabei werden die Beine und der Oberkörper angehoben und die Person z. B. durch eine Drehbewegung an die Bettkante gesetzt.
 
3.

Einen Menschen ohne dessen Hilfe umsetzen (Bettkante - Stuhl, Rollstuhl - Toilette o. ä.)

Ein sitzender Mensch wird durch Beschäftigte (i. d. R. alleine) zumeist mit einer Drehbewegung z. B. von der Bettkante auf einen Stuhl gesetzt. Wenn diese Person nicht oder kaum...

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