Richtige Anwendung der Leitmerkmalmethode „Manuelle Arbeitsprozesse“
Schon bislang wurden manuelle Arbeitsprozesse in einer Leitmerkmalmethode abgebildet. Bei der Aktualisierung wurde diese nun überarbeitet und weitere Belastungsfaktoren wurden übernommen.
Anwendungsbereich
Die Leitmerkmalmethode "Manuelle Arbeitsprozesse" befasst sich mit gleichförmigen, sich wiederholenden Bewegungsabläufen und Kraftaufwendungen der Arme ggf. unter Verwendung von Instrumenten, kleineren Werkzeugen oder handgeführten Maschinen. Diese meist stationäre Tätigkeit ist im Sitzen oder Stehen möglich, wobei die Arbeitsaufgabe die Bearbeitung (Veränderung) des Arbeitsgegenstandes oder die Bewegung (Handhabung) von kleinen Gegenständen zumeist bis ca. 3 kg Gewicht beinhaltet.
Typische Tätigkeiten sind klassische Montagetätigkeiten (z. B. Montage von Elektrogeräten), aber auch die händische Fertigung von kleineren Gegenständen und damit verbundene Arbeiten wie Löten, Nähen, Ausschneiden, Fügen, Drehen, Schneiden, Verschieben, Drücken, Anheben, Halten, Umsetzen. Hinzu kommen Kontroll- und Qualitätssicherungsaufgaben wie Sortieren, Kassieren, händisch Kontrollieren, Pipettieren, Mikroskopieren.
Grundzüge der Leitmerkmalmethoden
Das Grundprinzip der Leitmerkmalmethode ist, eine bestimmte Tätigkeit mit einem Punktwert zu bewerten. Dieser Wert gibt Auskunft über die Belastungshöhe und wird aus den wichtigsten Faktoren berechnet, die für die jeweilige Tätigkeit kennzeichnend sind.
Aufgenommen werden beispielsweise:
- Lastgewicht wie z. B. beim Heben, Tragen, Schieben oder Ziehen,
- Lastaufnahmebedingungen wie z. B. ein- oder beidhändig, über Kopf oder vom Boden,
- Körperhaltungen wie z. B. aufrecht, verdreht, gebeugt, sitzend, hockend oder kniend,
- Körperbewegung wie Rumpfverdrehung oder -seitneigung,
- Körperfortbewegung wie Gehen, Steigen, Kriechen oder Klettern,
- Bewegungsmöglichkeiten bzw. -einschränkungen,
- Belastung einzelner Körperteile und Gelenke wie z. B. Finger, Schultern oder Knie,
- Arbeitsorganisation wie z. B. die Häufigkeit von Belastungswechseln,
- Greifbedingungen z. B. von Werkzeugen oder Maschinen,
- Kraftausübung bzw. -übertragung wie etwa beim Arbeiten mit Werkzeugen oder Maschinen,
- Beschaffenheit des Untergrunds bzw. Fahrwegs wie z. B. eben, glatt, stark verschmutzt oder grob gepflastert,
- Ausführungsbedingungen wie z. B. Nässe, Vibrationen oder hohe geistige Konzentration.
Außerdem wird die Ausführungsdauer mit einer Zeitgewichtung berücksichtigt. Bei den Leitmerkmalmethoden, bei denen Lasten eine Rolle spielen, gibt es einen zusätzlichen Multiplikationsfaktor für weibliche Mitarbeiter. Das Ergebnis wird schließlich als Punktwert mit den Stufen in einer Tabelle verglichen:
Rechenbeispiel: Aschenputtel
Aschenputtel übt im Märchen eine klassische Sortiertätigkeit aus und muss die guten von den schlechten Linsen bzw. Erbsen trennen, indem sie die guten in eine Schüssel und die schlechten in eine andere Schüssel legt. Die Erbsen/ Linsen sind schlecht zu greifen und sie muss sehr häufig die gleichen Bewegungen machen. Außerdem ist die Kammer schlecht beleuchtet und kaum beheizt.
Berechnung
Aschenputtel im Märchen ist mit der Sortierung die Linsen/Erbsen über den ganzen Tag (8 Stunden) beschäftigt. Dabei treten nur geringe Kräfte auf. Die Häufigkeit ist dagegen mit ca. 20 mal pro Minute recht hoch. Der normale Tisch ist für das Mädchen zu hoch und eher ungeeignet.
Kraftausübung Handbereich | + | = 2,5 |
Erheblich behinderte Greifbedingungen | + | = 4 |
Hand-Arm-Stellung | + | = 0 |
ungünstige Ausführung (dunkel, kalt) | + | = 2 |
Arbeitsorganisation (keine Wechsel der Tätigkeit) | + | = 4 |
Zeitgewichtung (8 h Gesamtdauer je Tag) | x | = 8 |
Summe | = 132 |
Prozessverbesserung
Die Beleuchtung, Belüftung und Beheizung der Kammer wird verbessert und es wird ein höhenverstellbarer Tisch angeschafft, so dass sie zwischen Stehen und Sitzen wechseln kann. Sie greift die Linsen bzw. Erbsen nicht, sondern schiebt sie in eine Öffnung am Tisch. Das ist deutlich schneller (die Häufigkeit steigt auf ca. 32 pro Minute) und verringert die Zeit auf 5 h pro Tag. Alle 1,5 Stunden holt sie sich einen neuen Vorrat und hilft noch in der Küche aus (Belastungswechsel). Die Berechnung dieses neuen Arbeitsplatzes sieht dann so aus:
Kraftausübung (interpoliert) | + | = 4 |
Kraftübertagung durch Schieben | + | = 2 |
Hand-Arm-Stellung | + | = 0 |
ungünstige Ausführung | + | = 0 |
Arbeitsorganisation (gelegentliche Wechsel) | + | = 2 |
Zeitgewichtung | x | = 5 |
Summe | = 40 |
Fazit: Obwohl die Optimierung den Prozess schneller macht, wird die Belastung um mehr als 50% reduziert. Durch die Schaffung zusätzlicher Kapazitäten werden sich die Investitionen in Tisch und Kammer schnell auszahlen.
Weitere Leitmerkmalmethoden im Märchen
Richtige Anwendung der Leitmerkmalmethode „Ausübung von Ganzkörperkräften“
Richtige Anwendung der Leitmerkmalmethode „Heben, Halten und Tragen“
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