Richtige Anwendung der Leitmerkmalmethode „Körperzwangshaltung“

Die Leitmerkmalmethode "Körperzwangshaltung" dient zur Berechnung der Belastungshöhe bei anstrengenden Körperhaltungen, die durch den Arbeitsprozess vorgegeben sind und ununterbrochen eingenommen werden müssen. Das Beispiel des Märchens "Der Wolf und die 7 Geißlein" zeigt das Vorgehen und Möglichkeiten zur Belastungsreduzierung.

Bisher wurde die Belastung bei Körperzwangshaltung nicht in einer Leitmerkmalmethode abgebildet. Bei der Aktualisierung aller Leitmerkmalmethoden wurde dies nun nachgeholt.

Anwendungsbereich

Die neue LMM „Körperzwangshaltung“ befasst sich mit allen anstrengenden Körperhaltungen, die durch den Arbeitsprozess vorgegeben sind und ununterbrochen (einmalig ≥1 Minute, wiederholt ≥10 Sekunden) eingenommen werden müssen, um die Arbeit auszuführen.

Unterbrechungen dieser Belastung liegen z. B. dann vor, wenn die ungünstige Haltung durch eine entspannte Haltung wie aufrechtes Stehen oder variables Sitzen unterbrochen werden kann, ohne den Arbeitsprozess zu unterbrechen.

Von den Körperzwangshaltungen bei der Arbeit können gleichzeitig und unabhängig voneinander der untere und obere Rücken, die Schultern und Oberarme einschließlich des Nackens sowie die Kniegelenke und Beine / Füße betroffen sein.

Typische Anwendungsbereiche sind Tätigkeiten wie Mikroskopieren, Fliesen legen, Wartungstätigkeiten in schwer zugänglichen Bereichen oder auch langes Stehen oder Sitzen ohne Bewegungsmöglichkeit.

Grundzüge der Leitmerkmalmethoden

Das Grundprinzip der Leitmerkmalmethode ist, eine bestimmte Tätigkeit mit einem Punktwert zu bewerten. Dieser Wert gibt Auskunft über die Belastungshöhe und wird aus den wichtigsten Faktoren berechnet, die für die jeweilige Tätigkeit kennzeichnend sind.

Aufgenommen werden beispielsweise:

  • Lastgewicht wie z. B. beim Heben, Tragen, Schieben oder Ziehen,
  • Lastaufnahmebedingungen wie z. B. ein- oder beidhändig, über Kopf oder vom Boden,
  • Körperhaltungen wie z. B. aufrecht, verdreht, gebeugt, sitzend, hockend oder kniend,
  • Körperbewegung wie Rumpfverdrehung oder -seitneigung,
  • Körperfortbewegung wie Gehen, Steigen, Kriechen oder Klettern.
  • Bewegungsmöglichkeiten bzw. -einschränkungen,
  • Belastung einzelner Körperteile und Gelenke wie z. B. Finger, Schultern oder Knie,
  • Arbeitsorganisation wie z. B. die Häufigkeit von Belastungswechseln,
  • Greifbedingungen z. B. von Werkzeugen oder Maschinen,
  • Kraftausübung bzw. -übertragung wie etwa beim Arbeiten mit Werkzeugen oder Maschinen,
  • Beschaffenheit des Untergrunds bzw. Fahrwegs wie z. B. eben, glatt, stark verschmutzt oder grob gepflastert,
  • Ausführungsbedingungen wie z. B. Nässe, Vibrationen oder hohe geistige Konzentration.

Außerdem wird die Ausführungsdauer mit einer Zeitgewichtung berücksichtigt. Bei den Leitmerkmalmethoden, bei denen Lasten eine Rolle spielen, gibt es einen zusätzlichen Multiplikationsfaktor für weibliche Mitarbeiter. Das Ergebnis wird schließlich als Punktwert mit den Stufen in einer Tabelle verglichen:

Berechnung LMM Ganzkörperkräfte

Rechenbeispiel: Der Wolf und die 7 Geißlein

Der böse Wolf frisst sechs der sieben Geißlein. Die Mutter der Geißlein schneidet den Bauch des Wolfs auf, rettet ihre Kinder und füllt stattdessen Steine in den Bauch.

Berechnung

Die Geißenmutter sitzt während der komplizierten Prozedur neben dem schlafenden Wolf auf dem Boden. Dafür benötigt sie 3 Stunden. Es entsteht eine hohe Rücken-/ und eine sehr hohe Knie-/Beinbelastung durch ständiges Sitzen in erzwungener Haltung, dazu gelegentlich die Seitneigung, um die Geißenkinder aus dem Bauch zu heben und die Steine hineinzulegen. Dazu belastet die enorme Anspannung und die hohe geistige Konzentration. Wir konzentrieren uns in der Berechnung auf die Knie-/Beinbelastung durch das Sitzen.

Knie-/Beinbelastung

+

= 40

Ungünstige Ausführung

+

= 0

Zusatzbelastung

+

= 0

Zeitgewichtung

x

= 3

Summe

 

= 120

Prozessverbesserung

Mit einer leichten Sedierung könnte der Wolf mit Hilfe des Försters auf einen Tisch gehoben werden, so dass die Zwangshaltung des Sitzens zugunsten einer stehenden Tätigkeit aufgelöst wird. Es ist jedoch weiterhin eine Zwangshaltung, da sie nur mit wenigen Unterbrechung im Stehen arbeiten muss. Die Belastung der Knie/Beine wird durch Rückenbelastung abgelöst, da hier auch ungünstige Ausführung und Zusatzbelastungen entstehen (über den Tisch beugen, hohe Konzentration).

Die Berechnung dieser  neuen Belastung sieht dann so aus:

Rückenbelastung

+

= 8

Zusatzbelastung

+

= 1

Ungünstige Ausführung

+

= 1

Zeitgewichtung

x

= 3

Summe

 

= 30

Fazit: „Und die Moral von der Geschicht … sediere den Wolf und du hast die Belastung nicht.“

Weitere Leitmerkmalmethoden im Märchen

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