2.2.1 Gültigkeit des geänderten Geschlechtseintrags im Rechtsverkehr
Mit erfolgter rechtlicher Änderung gelten der aktuelle Geschlechtseintrag und Vorname grundsätzlich verbindlich im gesamten Rechtsverkehr, also auch im arbeitsrechtlichen Kontext. Zwar äußert sich das Gesetz hier in § 6 SBGG eindeutig mit "sind maßgeblich", die Norm hat indes nur deklaratorischen Charakter. Insbesondere bleibt das Hausrecht und die Vertragsfreiheit bei Zugangsfragen zu Einrichtungen und Räumen sowie die Teilnahme an Veranstaltungen davon unberührt, d. h. von den Verantwortlichen darf individuell entschieden werden, wer Zugang zu geschlechterspezifischen Toiletten und Umkleideräumen, zu geschlechtsspezifischen Saunen, Frauenhäusern, Frauenparkplätzen etc. hat. Insofern erfolgt keine große Änderung im Vergleich zur bisherigen Rechtslage.
2.2.2 Quotenregelungen
Der Geschlechtseintrag erfährt Relevanz bei der Beurteilung von Quotenregelungen von Gremien oder Organen. Dies betrifft vor allem gesetzliche Vorgaben zur Gleichstellung der Geschlechter, wie etwa die sog. Frauenquote. Maßgeblich für die Beurteilung des Geschlechts soll hier der Zeitpunkt der Besetzung sein. Erfolgt eine Änderung des Geschlechtseintrags nach Besetzung des Gremiums oder Organs, sieht das Gesetz in § 7 Abs. 2 vor, dass eine damit eintretende Änderung der Geschlechterverhältnisse bei der nächsten Besetzung berücksichtigt werden muss. Das Gesetz spricht lediglich von "Mitgliedern männlichen oder weiblichen Geschlechts" und trifft keine Aussage über intergeschlechtliche und non-binäre Personen. Diese sind vom Regelungsbereich folglich nicht erfasst.
2.2.3 Unabhängigkeit bestimmter Gesetze vom Geschlechtseintrag
Bestimmte Regelungen des Arbeits- und Sozialrechts, die sich auf Schwangerschaft, Gebärfähigkeit oder Mutterschutz beziehen, bleiben unabhängig vom Geschlechtseintrag bestehen. Dies bedeutet z. B., dass auch Personen, die rechtlich als Mann oder non-binär eingetragen sind, Anspruch auf Mutterschutz haben, wenn sie schwanger sind. Auch andere Anwendungsbereiche sind unabhängig des Geschlechtseintrags eröffnet, wie zum Beispiel bei Regelungen der §§ 218 ff. StGB (zum Schwangerschaftsabbruch), des Strahlenschutzgesetzes, Embryonenschutzgesetzes, Stammzellgesetzes. Auch stellt das Gesetz die Unabhängigkeit des rechtlichen Geschlechtseintrags für gesundheitsbezogene Maßnahmen oder Leistungen klar, sofern diese im Zusammenhang mit körperlichen, insbesondere organischen Gegebenheiten stehen. Gleiches gilt bei der Beurteilung und Kategorisierung sportlicher Leistungen. Entscheidungen hierzu liegen demnach bei den Sportverbänden oder den jeweiligen Bundesländern bei staatlicher Zuständigkeit.
2.2.4 Zuordnung zum männlichen Geschlecht im Kriegsfall
In § 9 SBGG enthält das Gesetz eine Verbotsklausel für Personen, die biologisch männlichen Geschlechts sind. Sie können ihren Geschlechtseintrag im sog. "Spannungs- und Verteidigungsfall" – dieser führt zu einer Wehrpflicht von Männern gemäß § 2 des Wehrpflichtgesetzes – nicht ändern oder eine Löschung vornehmen. Voraussetzung ist hier der unmittelbare Zusammenhang mit dem Ereignis. Dieser ist gegeben während und bis zu 2 Monate vor Feststellung des Eintritts des Verteidigungsfalls.
2.2.5 Datenberichtigung, Änderung von Registern und Dokumenten
In § 10 SBGG normiert das Gesetz einen Anspruch auf Datenberichtigung in amtlichen Registern und Dokumenten, wie zum Beispiel in Zeugnissen, Arbeitsverträgen, Versicherungskarten und Bankkarten. Die Person kann auch eine Neuausstellung von diesen Dokumenten verlangen, soweit ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird. Ein solches Interesse liegt in der Regel vor, wenn die Übereinstimmung der Angaben in dem Dokument zum Auftreten der Person im Rechtsverkehr notwendig ist, d. h. der Geschlechtseintrag und der Name relevant sind. Beispielsweise müssen Arbeitsverträge u. a. für Bafög-Anträge, Maßnahmen der Agentur für Arbeit oder Mietverhältnisse vorgelegt werden. Ziel ist, dass Personen sich im Rechtsverkehr bewegen können, ohne ihr vorheriges Geschlecht oder ihren früheren Namen preisgeben zu müssen. Die bisherigen Einträge und eingereichten Dokumente bleiben in amtlichen Registern erhalten. Bei der Neuausstellung sind zu ändernde Dokumente im Original zurückzugeben.
2.2.6 Geschlechtsneutrale Regelungen
Klargestellt wird in § 12 SBGG, dass gesetzliche Regelungen, die sich auf Männer und Frauen beziehen und für beide Geschlechter dieselben Rechtsfolgen vorsehen, auch für Personen gelten, die einen anderen Geschlechtseintrag aufweisen oder gar keine Angabe machen. Dies ist logische Konsequenz und Ausdruck des allgemeinen Diskriminierungsschutzes. Beispielsweise gelten allgemeine Regelungen für "Beamtinnen und Beamte", damit neben cis und trans Frauen und Männer auch für intergeschlechtliche und non-binäre Personen.
2.2.7 Eltern-Kind Verhältnis
Keine wirklichen spezifischen Regelungen findet das neue Selbstbestimmungsgesetz zur Beziehung zwischen Eltern und ihren Kindern gemäß § 11 SBGG. Demnach bleiben §§ 1591, 1592 BGB unberührt, die nach deutschem Recht die Mutter- und Vatereigenschaft definieren: Mutter (und damit erstes Elternteil eines Kin...