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Gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer, die für die Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit weder einen Privatarzt noch einen Arzt im Ausland aufsuchen, sind seit dem 1.1.2023 gemäß § 5 Abs. 1a Satz 2 EFZG verpflichtet, zu den in Abs. 1 Satz 2–4 genannten Zeitpunkten das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer feststellen (Feststellungspflicht) und sich eine ärztliche Bescheinigung nach Abs. 1 Satz 2 oder 4 aushändigen zu lassen.[1] Damit entfällt die Vorlagepflicht einer AU-Bescheinigung an den Arbeitgeber. Hinsichtlich der Aushändigung einer AU-Bescheinigung an den Arbeitnehmer besteht keine Pflicht, sondern lediglich eine Obliegenheit. Diese ist ausweislich der Gesetzesbegründung dafür gedacht, dass dem Arbeitnehmer bei Störfällen (etwa einer fehlgeschlagenen Übermittlung der Daten) als Papierbescheinigung das gesetzlich vorgesehene Beweismittel mit hohem Beweiswert erhalten bleibt, um prozessual und außerprozessual das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit nachweisen zu können.[2] Eine Verpflichtung des Arbeitnehmers, diese Bescheinigung dem Arbeitgeber vorzulegen, sieht das Gesetz nicht vor. Auch kann eine solche Verpflichtung nach allgemeiner Meinung nicht durch Arbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarung begründet werden.

§ 5 Abs. 1 Satz 2–4 EFZG regelt bislang den Zeitpunkt der Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. § 5 Abs. 1a Satz 2 EFZG verweist für den Zeitpunkt der Feststellungsverpflichtung, also der Frage, wann der Arbeitnehmer zum Arzt muss, darauf. Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG ist der Arbeitnehmer grundsätzlich erst dann zu einem Nachweis der Arbeitsunfähigkeit verpflichtet, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Kalendertage dauert, wobei die Vorlagepflicht erst am darauffolgenden Arbeitstag besteht. Überträgt man dies auf die Feststellungspflicht des Arbeitnehmers nach § 5 Abs. 1a EFZG, dann muss der Arbeitnehmer ebenfalls erst dann zum Arzt, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Tage dauert, d. h. der Arbeitnehmer muss spätestens am 4. Tag einen Arzt aufsuchen und seine Arbeitsunfähigkeit feststellen lassen. Auch in diesem Rahmen hat der Arbeitgeber die Möglichkeit entsprechend § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG, eine frühere Feststellung, d. h. vor Ablauf von 3 Tagen zu verlangen. Es gelten die Ausführungen zum früheren Vorlageverlangen unter Abschn. 1.2. Des Weiteren ist der Arbeitnehmer bei einer fortdauernden Arbeitsunfähigkeit erneut zur Anzeige und Feststellung gemäß § 5 Abs. 1a Satz 2 i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 4 EFZG verpflichtet.[3]

 
Wichtig

eAU-Verfahren nicht uneingeschränkt anwendbar

Es gilt nur für gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer.

Keine Anwendung findet das eAU-Verfahren hingegen bei

  • privat krankenversicherten Arbeitnehmern,
  • geringfügig Beschäftigten in Privathaushalten,
  • Zeiten von Rehabilitations- und Vorsorgemaßnahmen,
  • gesetzlich versicherten Arbeitnehmern, soweit die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt festgestellt wurde, der nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt (Privatärzte oder Ärzte im Ausland).

Die Einführung der Feststellungspflicht korrespondiert mit der Änderung in § 109 SGB IV.[4] Gemäß § 109 SGB IV hat die Krankenkasse seit dem 1.1.2023 nach Eingang der vom Arzt übermittelten Arbeitsunfähigkeitsdaten eine Meldung zum Abruf für den Arbeitgeber zu erstellen, die insbesondere die folgenden Daten enthält:

  • Den Namen des Beschäftigten
  • Beginn und Ende der Arbeitsunfähigkeit
  • Datum der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit
  • Die Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung
  • Die Angabe, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Arbeitsunfähigkeit auf einem Arbeitsunfall oder sonstigen Unfall oder auf den Folgen eines Arbeitsunfalls oder sonstigen Unfalls beruht

Stellt die Krankenkasse auf Grundlage der Angaben zur Diagnose in den Arbeitsunfähigkeitsdaten und auf Grundlage von weiteren ihr vorliegenden Daten fest, dass die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wegen anrechenbarer Vorerkrankungszeiten für einen Arbeitgeber ausläuft, so hat sie dem betroffenen Arbeitgeber eine Meldung mit den Angaben über die für ihn relevanten Vorerkrankungszeiten zu übermitteln.

Die Kommunikation zwischen Arzt und Krankenkasse findet schon seit dem 1.10.2021 elektronisch statt, die elektronische Meldung an den Arbeitgeber erfolgt aber erst seit dem 1.1.2023.

§ 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG ist nicht geändert worden. Die darin geregelte Möglichkeit der Leistungsverweigerung bei Nichtvorlage einer AU-Bescheinigung wird möglicherweise noch angepasst oder aber in ihrer Anwendung ausgeschlossen sein.

 
Achtung

Anzeigepflicht bleibt bestehen

Durch das eAU-Verfahren entfällt nur die Nachweispflicht des Arbeitnehmers. Er bleibt verpflichtet, sich bei dem Arbeitgeber unverzüglich arbeitsunfähig zu melden (Anzeigepflicht) und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen. Dies gilt auch bei der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit über einen erstmals oder folgend festgestellten Zeitraum hinaus.

[1] Art. 9 des Bürokratieentlastungsgesetzes III v. 22.11....

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