Wie können diese Indizien durch den Arbeitgeber widerlegt werden?
Vom Grundsatz her müssen die Differenzierungen auf einem wirklichen unternehmerischen Bedürfnis bezogen auf den konkreten Arbeitsplatz beruhen, welches nichts mit der Diskriminierung zu tun hat und die Differenzierung in verhältnismäßiger Weise umsetzt. Dabei kann eine Entgeltdifferenz zwar mit einer längeren Betriebszugehörigkeit und der Qualität der Arbeit grundsätzlich begründet werden. Beruft sich der Arbeitgeber allerdings dann darauf, dass Arbeitnehmer einer Vergleichsgruppe mehr Berufserfahrung, eine längere Betriebszugehörigkeit oder bessere Leistungen aufweisen, muss er zusätzlich darlegen, wie die einzelnen Kriterien bewertet und im Verhältnis zueinander gewichtet werden. Tut er dies nicht, kann dem Arbeitnehmer eine höhere Vergütung nach dem EntgTranspG zugesprochen werden.
3.1 Bessere Qualifikation des begünstigten Arbeitnehmers
Eine Benachteiligung wegen des Geschlechts kann mit einer besseren Qualifikation des Bewerbers widerlegt werden. Eine bessere Qualifikation kann dabei sowohl mit einer besseren Qualifikation wegen einer fachspezifischen Ausbildung begründet werden als auch wegen einer einschlägigen Berufserfahrung.
Bessere fachspezifische Ausbildung
Bei der Bank B arbeiten 10 Bankkaufmänner/-frauen. Der Bewerber A hat eine Weiterbildung zum Finanzassistenten. Mit der besseren fachspezifischen Ausbildung des A kann eine höhere Vergütung des A gegenüber den anderen Bankkaufmännern/-frauen argumentiert werden, da er von B auch mit weiteren Tätigkeiten betraut werden kann, die von den anderen Mitarbeitern nicht ausgeübt werden können.
Unerheblich wäre dagegen eine Aus- oder Weiterbildung des A zum Fliesenleger, da dies keinen weiteren Einsatz als Bankkaufmann des A ermöglicht.
Auch eine einschlägige Berufserfahrung kann eine höhere Vergütung rechtfertigen, insbesondere stellt die Berufserfahrung ein legitimes Ziel der Entgeltpolitik dar, indem die Berufserfahrung honoriert wird, da sie den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten.
3.2 Bessere Leistungen des begünstigten Arbeitnehmers
Gegebenenfalls kann eine höhere Vergütung auch mit besseren Leistungen des begünstigten Arbeitnehmers begründet werden, z. B. wegen einer höheren persönlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers oder eine bessere Qualität der tatsächlich erbrachten Leistungen des begünstigten Arbeitnehmers. Hier ist aber insofern Vorsicht geboten, da dieses Argument zur Begründung einer höheren Vergütung bereits bei Einstellung des Arbeitnehmers nicht eingreifen kann, da der Arbeitgeber von den (zukünftig erbrachten) besseren Leistungen noch gar nichts wissen kann.
3.3 Personalgewinnungsschwierigkeiten
Weiterhin kann die Vermutung der Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts mit Personalgewinnungsschwierigkeiten zur Zeit der Einstellung widerlegt werden, etwa weil ein höheres Gehalt wegen der Lage am Arbeitsmarkt erforderlich war, um die offene Stelle mit einer geeigneten Arbeitskraft zu besetzen.
Personalgewinnungsschwierigkeiten
Das Unternehmen U muss die Stelle als Personalsachbearbeiter zeitnah besetzen. Der bestgeeignete Bewerber B ist nicht bereit, zu der von U angebotenen Vergütung den Arbeitsvertrag zu schließen, sondern fordert ein um 1.000 EUR höheres Grundgehalt. Kann U, der die Stelle dringend besetzen muss, ohne Verletzung des Entgeltgleichheitsgebots dem B die geforderte Vergütung zahlen?
Allein das bessere oder das gute Verhandlungsgeschick des B ist nicht geeignet, die Vermutung einer geschlechtsbezogenen Entgeltdiskriminierung zu widerlegen, da andernfalls sich der Arbeitgeber nur allzu leicht der Beachtung des Grundsatzes der geschlechtsbezogenen Entgeltgleichheit entziehen kann. Das bedeutet, dass U im obigen Beispiel nicht die höhere Vergütung des B mit dessen gutem Verhandlungsgeschick rechtfertigen kann.
Allerdings könnte die Vermutung der Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts mit Personalgewinnungsschwierigkeiten widerlegt werden, wenn U z. B. darlegt, dass es die Lage am Arbeitsmarkt erfordert hat, dem B die höhere Entlohnung zu zahlen, da zu der für die von U angebotene Vergütung kein ebenso gut geeigneter Bewerber bereit gewesen ist, den Arbeitsvertrag abzuschließen.
Dokumentation von Gehaltsverhandlungen
Vorstehende Ausführungen zeigen, dass es für Arbeitgeber zukünftig wichtig ist, Gehaltsverhandlungen und ihren Kontext gründlich zu dokumentieren, um die Gründe für die vergütungsseitige Besser- bzw. Schlechterstellung einer Frau oder eines Mannes im Streitfall beweisen zu können. Ebenso sollte die Lage am Arbeitsmarkt zum Zeitpunkt der Stellenbesetzung festgehalten werden, etwa durch Dokumentation der durchschnittlich gezahlten Vergütung für d...