Mitarbeiterin hat mit Equal-Pay-Klage Erfolg
Wenn eine Frau weniger Gehalt erhält als männliche Kollegen in vergleichbarer Position, spricht dies dafür, dass sie wegen ihres Geschlechts benachteiligt wird. Im Prozess muss der Arbeitgeber diese Vermutung widerlegen, entschied das BAG. Daran orientierte sich das LAG Baden-Württemberg auch im vorliegenden Fall. Dabei präzisierte es, dass der Arbeitgeber nicht nur einfach die Gründe benennen darf, die zur Differenzierung bei der Vergütung geführt haben, sondern die Differenzierungskriterien und deren Bewertung nachprüfbar darlegen muss. Im vorliegenden Rechtsstreit ist dem Arbeitgeber dies nicht gelungen, weshalb die Arbeitnehmerin mit ihrer Klage Erfolg hatte.
Der Fall: Arbeitnehmerin wehrt sich gegen unfaire Vergütung
Die Arbeitnehmerin war seit Ende 2015 als Leiterin des "Bereichs Projekt- und Prozessmanagement" beschäftigt. Sie erhielt neben einem Grundgehalt auch aktienorientierte Vergütungsbestandteile in Form so genannter "Phantom Shares“" aufgrund eines Phantom-Share-Plans. Anfang 2018 wurde die Leiterin von dieser Stelle auf eine Stelle mit der Aufgabe der Leitung des "Projekts Business Information Security Officer MS" versetzt.
Die Arbeitnehmerin wehrte sich gegen eine unfaire Bezahlung. Im Vergleich zu den männlichen Kollegen auf Leitungsebene werde sie zu schlecht vergütet: Diese erhielten nicht nur ein höheres Grundgehalt, sondern auch mehr Phantom Shares. Vor Gericht forderte sie vom Arbeitgeber daher die Zuteilung (weiterer) Phantom Shares für die Jahre 2021 und 2022 sowie Schadenersatz wegen einer zu geringen Zuteilung von Phantom Shares im Jahr 2018. Zudem forderte sie eine Vergütungsnachzahlung für das Jahr 2021.
Der Arbeitgeber bestritt die geringere Entlohnung der Mitarbeiterin nicht. Er begründete diese aber damit, dass die beiden männlichen Kollegen, die mit ihr vergleichbar seien, zum einen älter als die Mitarbeiterin seien, zum anderen mehr Berufserfahrung aufweisen könnten. Auch habe die Mitarbeiterin "minderperformed", also eine schlechtere Leistung gezeigt.
Gleichbehandlungsgrundsatz und Entgeltgleichheit
Die Klage der Leiterin hatte vor dem LAG Baden-Württemberg zum größten Teil Erfolg. Das Gericht entschied, dass die Arbeitnehmerin einen Anspruch auf die Zuteilung von mehr Phantom Shares nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz habe.
Für das Gericht war nicht ersichtlich, welche Gründe bei der Anwendung der internen Regeln zur Zuteilung dazu geführt hätten, dass der Arbeitnehmerin weniger Phantom Shares als den männlichen Leitern zugeteilt wurden.
Differenzierungskriterien nachvollziehbar machen
Weiter stellte das LAG Baden-Württemberg fest, dass die Arbeitnehmerin einen Anspruch auf Entgeltgleichbehandlung hat und somit eine Nachzahlung der monatlichen Vergütung für 2021 verlangen kann. Sowohl nach EU-Recht als auch nach dem Entgelttransparenzgesetz dürften Beschäftigte bei gleicher Arbeit wegen ihres Geschlechts nicht geringer vergütet werden. Eine geschlechtsunabhängige Differenzierung nach der Qualität der Arbeit oder nach der Berufserfahrung oder dem Dienstalter sei zwar zulässig, sie müsse jedoch nachvollziehbar sein.
Arbeitgeber konnte Diskriminierungsvermutung nicht entkräften
Hierzu hätte der Arbeitgeber die Vermutung einer Diskriminierung wegen Geschlechts entkräften müssen. Dazu hätte er darlegen und beweisen müssen, dass ausschließlich andere Gründe als das Geschlecht zu der ungünstigeren Behandlung der Arbeitnehmerin geführt haben. Für nicht ausreichend hielt das Gericht, dass der Arbeitgeber sich darauf berief, dass die Männer mehr Berufserfahrung, eine längere Betriebszugehörigkeit sowie eine höhere Arbeitsqualität hätten, ohne aber darzustellen, wie die Kriterien im Einzelnen bewertet oder zueinander gewichtet wurden.
Einen Schadensersatzanspruch hielt das Gericht für verjährt.
Hinweis: LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.6.2024, Az.: 4 Sa 26/23, Vorinstanz: ArbG Stuttgart, urteil vom 20. April 2023, Az. 6 Ca 4384/22
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