Zusammenfassung
Entgeltgleichheit bedeutet, dass für gleiche oder für gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts des Beschäftigten ein geringeres Entgelt vereinbart oder gezahlt werden darf als bei einem Beschäftigten des anderen Geschlechts. Der Grundsatz bezweckt nicht, "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" im Arbeitsverhältnis generell vorzuschreiben. Die Arbeitsvertragsparteien können also weiterhin die Höhe der Arbeitsvergütung frei vereinbaren, insoweit gilt der Vorrang der Vertragsfreiheit. Der Grundsatz der Entgeltgleichheit verbietet "nur" die geschlechtsbedingte unterschiedliche Entlohnung, wenn also bezüglich der Entlohnung an die Zugehörigkeit zu einem der beiden Geschlechter eine nachteilige Wirkung geknüpft ist. Er stellt eine besondere Ausformung des allgemeinen Diskriminierungsverbots dar.
Europarechtliche Grundlage
Das Entgeltgleichheitsgebot ist primärrechtlich in Art. 157 AEUV verankert; außerdem kommt der Grundsatz der Entgeltgleichheit weiterhin in Art. 3 Abs. 3 und Abs. 2 AEUV als Ziel der Union zum Ausdruck. Ebenso wird in Art. 8 und Art. 10 AEUV die Gleichstellung als Grundsatz normiert. Über Art. 23 GRCh ist das Entgeltgleichheitsgebot zudem mit grundrechtlichem Charakter ausgestaltet.
Zentrale sekundärrechtliche Grundlage ist die Gleichbehandlungs-RL 2006/54 EG (dort in Art. 2 Abs. 1e, Art. 4 RL 2006/54/EG).
Aufgrund der unmittelbaren Wirkung des Art. 157 AEUV begründet diese Vorschrift auch im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber unmittelbar einen Entgeltgleichheitsanspruch, gleichgültig, ob der Arbeitgeber, die Tarifvertragsparteien, betriebliche Partner oder der Mitgliedstaat Urheber der Ungleichbehandlung sind.
Nationale Grundlage
Das Entgeltgleichheitsgebot ist zudem ein wesentlicher Ausfluss der grundrechtlich geschützten Gleichberechtigung von Männern und Frauen. Der Staat ist nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG verpflichtet, die tatsächliche Gleichberechtigung zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken, wozu auch die Förderung und Durchsetzung der Lohngerechtigkeit für Frauen und Männer zählt.
Mit dem Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) wurde nunmehr eine (nationale) Anspruchsgrundlage auf Leistung gleichen Entgelts normiert.
Arbeitsrecht
1 Inhalt
Durch das Gebot der Entgeltgleichheit wird die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers eingeschränkt, der nicht ohne Grund Personen wegen ihres Geschlechts schlechter behandeln darf als Personen des anderen Geschlechts. Verboten wird also nicht generell eine unterschiedliche Vergütung bei gleicher Arbeit. Dem Arbeitgeber steht es grundsätzlich frei, bei identischer Arbeit z. B. einer Frau mit besseren Zeugnisnoten eine höhere Vergütung zu zahlen als einem Mann mit schlechteren Noten. Verboten ist nur eine unterschiedliche Behandlung gerade aufgrund des jeweiligen Geschlechts, wenn also ein ursächlicher Zusammenhang (Kausalität) zwischen Geschlecht und unterschiedlicher Behandlung besteht.
Bei den Ungleichbehandlungen unterscheidet man zwischen den unmittelbaren und mittelbaren Ungleichbehandlungen.
1.1 Unmittelbare Ungleichbehandlungen
Eine unmittelbare Ungleichbehandlung ist eine Situation, in der eine Person aufgrund ihres Geschlechts eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
Geringeres Entgelt
Arbeitgeber X zahlt Frauen einen niedrigeren Stundenlohn, ein niedrigeres Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie eine niedrigere Anwesenheitsprämie als den männlichen Kollegen.
Hier liegt unzweifelhaft eine unmittelbare Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts vor, da die niedrigere Entlohnung – unstreitig – allein auf dem Geschlecht beruht. Anknüpfungspunkt für die ungleiche Entlohnung ist (nur) das Geschlecht. Nicht erforderlich ist, dass die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Geschlecht das einzige Motiv für die Ungleichbehandlung ist. Es ist also keine besondere Absicht des Arbeitgebers zur Benachteiligung eines bestimmten Geschlechts erforderlich, sondern ein Motivbündel genügt.
Geringeres Entgelt aufgrun...