Prof. Dr. Daniela Eisele-Wijnbergen
Gemäß § 167 SGB IX sind Arbeitgeber zu einem betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) verpflichtet. D.h. jedem Beschäftigten, der länger als 6 Wochen arbeitsunfähig ist, ist Unterstützung anzubieten. Ein Unterlassen hat keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen, kann sich aber in einem personenbedingten Kündigungsschutzprozess, wie oben kurz angesprochen, auswirken. Ziel des BEM ist es, Arbeitsunfähigkeit zu überwinden, Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz zu erhalten. Dies egal ob Handwerksbetrieb, Dienstleister, Kleinunternehmen, Mittelständler oder ein Konzern.
6.4.1 Beteiligte eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM)
Beteiligt sind in erster Linie Arbeitgeber und Mitarbeiter. Das BEM kann nur mit Zustimmung des Mitarbeiters durchgeführt werden. Der Mitarbeiter ist berechtigt, das betriebliche Eingliederungsmanagement jederzeit abzubrechen. Weitere Beteiligte sind:
Intern
- Betriebs- oder Personalrat (zwingende Beteiligung)
- Schwerbehindertenvertretung (beim entsprechenden Personenkreis)
- Betriebsarzt (optional, oft sinnvoll)
- Weitere Vertrauensperson (optional, auf Wunsch des betroffenen Mitarbeiters, oft wiederum der Betriebsrat)
Extern:
- Krankenkassen
- Unfallversicherung/Berufsgenossenschaft
- Rentenversicherungsträger
- Integrationsämter
- Agenturen für Arbeit
In Unternehmen ab ca. 200 Mitarbeitern macht es Sinn, ein Integrationsteam zu bilden, welches für das betriebliche Eingliederungsmanagement und die Erarbeitung der individuellen Programme verantwortlich ist.
Prämie für den Arbeitgeber
Zur Förderung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements können Arbeitgeber vom Integrationsamt oder Rehabilitationsträger eine Prämie erhalten.
Für das betriebliche Eingliederungsmanagement sollte ein standardisiertes Konzept erarbeitet werden, was folgende Fragen beantwortet:
- Wie wird die Arbeitsunfähigkeit erfasst?
- Was unternimmt das Unternehmen zur Gesundheitsförderung?
- Wer ist Ansprechpartner für das betriebliche Eingliederungsmanagement?
- Welcher Ablauf gilt für das Unternehmen?
- Welche Maßnahmen gibt es, wie werden diese umgesetzt und kontrolliert?
6.4.2 Ablauf eines betrieblichen Eingliederungsmanagements
Ein betriebliches Eingliederungsmanagement besteht aus mehreren Schritten:
- Erstgespräch
- Besprechung der Situation
- Erstellen eines Maßnahmenplans
- Umsetzen der Maßnahmen
- Evaluierung der Maßnahmen
Das bedeutet im Einzelnen:
Erstgespräch
Das Erstgespräch findet durch telefonischen, schriftlichen oder mündlichen Kontakt mit dem Mitarbeiter statt. In dem Gespräch wird der Mitarbeiter über das betriebliche Eingliederungsmanagement im Unternehmen informiert und erklärt, welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Je nachdem ob der Mitarbeiter Interesse am betrieblichen Eingliederungsmanagement hat, wird ein Gesprächstermin vereinbart. Wenn der Mitarbeiter das betriebliche Eingliederungsmanagement ablehnt, sollte dies unbedingt dokumentiert und in der Personalakte erfasst werden.
Vertrauen des Mitarbeiters gewinnen
Wichtig ist, dass der Mitarbeiter seinem Ansprechpartner vertraut. Vertrauen beruht auf Gegenseitigkeit!
Im persönlichen Gespräch, welches üblicherweise zwischen Mitarbeiter, direkter Führungskraft und der für das betriebliche Eingliederungsmanagement zuständigen Person stattfindet, wird besprochen
- welche Ursachen die Erkrankung hat bzw. haben könnte,
- welche Auswirkungen sie auf den Betrieb und Arbeitsplatz hat,
- welche Einschränkungen seitens des Mitarbeiters vorhanden sind,
- welche Ziele der Mitarbeiter verfolgt,
- wie der Mitarbeiter eingesetzt werden könnte.
Wenn der Mitarbeiter dem betrieblichen Eingliederungsmanagement zustimmt, wird ein nächster Termin vereinbart.
Besprechung der Situation
Basierend auf den Informationen des Erstgesprächs wird festgelegt, wie die betriebliche Eingliederung erfolgen soll und wie das Unternehmen den Mitarbeiter unterstützen kann. Inhalt ist:
- Profil des Mitarbeiters in Bezug auf seine Qualifikation, Potenziale, Gesundheit und persönlichen Ziele.
- Angebot des Unternehmens wie bspw. stufenweise Wiedereingliederung, Qualifizierungsmaßnahmen, Veränderung der Arbeitszeit, des Arbeitsplatzes, der Arbeitsumgebung oder Arbeitsversuche.
Erstellen eines Maßnahmenplans
Der Maßnahmenplan ist die Grundlage, auf der das betriebliche Eingliederungsmanagement stattfindet, und muss von allen Beteiligten akzeptiert und getragen werden. Im Maßnahmenplan wird festgelegt, wer was bis wann macht.
Umsetzen der Maßnahmen
Die vereinbarten Maßnahmen werden dann in der Praxis umgesetzt. Es wird dokumentiert, inwieweit die Umsetzung möglich ist und welche Resultate erzielt worden sind. Sollte es Probleme bei der Umsetzung geben, sind diese zu besprechen und neue, modifizierte Maßnahmen festzulegen.
Evaluierung der Maßnahmen
Die Ergebnisse aus dem Maßnahmenplan werden ausgewertet und überlegt, inwieweit das Unternehmen sein Konzept optimal ausgerichtet hat. In einem Abschlussgespräch mit dem Mitarbeiter und seiner Führungskraft kann geklärt werden, was ihm besonders geholfen hat und wo er Probleme hatte in der Umsetzung. Danach sollte die Dauer und Häufigkeit der Krankheitszeiten vom betroffenen Mitarbeiter...