Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerpflicht und Progressionsvorbehalt für Einkünfte eines in den USA ansässigen Arbeitnehmers
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Ausübung einer nichtselbständigen Arbeit im Inland (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG) setzt voraus, dass der Steuerpflichtige im Inland persönlich tätig wird, er sich also im Inland physisch aufhält. Nur der Arbeitnehmer kann das Ergebnis seiner Arbeit im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG verwerten. Unbeachtlich ist, ob der Arbeitslohn zu Lasten eines inländischen Arbeitgebers gezahlt wird.
2. § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG ist im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend auszulegen, dass nur solche ausländischen Einkünfte dem Progressionsvorbehalt unterliegen, die während der Zeit einer bestehenden beschränkten Steuerpflicht erzielt werden.
3. Das DBA-USA schließt die Anwendung des Progressionsvorbehalts auch in den Fällen aus, in denen der Wohnsitz- und der Quellenstaat identisch sind. § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG geht den Regelungen des DBA-USA nicht vor.
Normenkette
EStG § 32b Abs. 1, 1 Nr. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 4, § 2 Abs. 7; DBA USA Art. 15 Abs. 1, Art. 1, 23 Abs. 2a, Art. 4; GG Art. 3, 59 Abs. 2, 2 S. 1; AO 1977 § 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig sind die Anwendung des Progressionsvorbehalts i. S. des § 32 b Abs. 1 Nr. 2 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 1997 (JStG 1997) bei nur zeitweiser unbeschränkter Steuerpflicht und die Besteuerbarkeit von Teilen des Arbeitslohns.
Der steuerlich vertretene Kläger ist amerikanischer Staatsangehöriger. Von 1994 bis Anfang 1997 hatte er seinen Wohnsitz in … und war hier bei … als … nichtselbständig tätig. Auf der Lohnsteuerkarte für 1997 bescheinigte der Arbeitgeber bis zum 31.03. einen Bruttoarbeitslohn i.H. von … DM, einbehaltene Lohnsteuer i.H. von … DM und einbehaltenen Solidaritätszuschlag i.H. von … DM. In Zeile 50 des Mantelbogens der am 05.06.1998 eingegangenen Einkommensteuererklärung 1997, an deren Anfertigung die Prozeßbevollmächtigte mitgewirkt hat, verwies der Kläger bezüglich ausländischer Einkünfte, die nicht der deutschen Einkommensteuer unterlegen haben, auf eine Anlage. Dort führte der Kläger folgendes aus:
Mit Wirkung zum 31.3.1997 sei er von seinem Arbeitgeber wieder in die USA rückversetzt worden. Tatsächlich sei er jedoch bereits am 8.3.1997 wieder in die USA umgezogen. Er habe daher nur vom 1.1.-8.3.1997 der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland unterlegen. Der auf die Zeit vom 9.3.-31.3.1997 entfallende, von … gezahlte Arbeitslohn stelle ausländische Einkünfte dar und sei wie folgt zu ermitteln:
a) Arbeitslohn
Bruttogehalt lt. Jahresbescheinigung |
… US-$ |
umgerechnet in DM (… × 1,74) = |
… DM |
abzügl. Werbungskosten geschätzt |
… DM |
abzügl. Lohnsteuerkarte |
… DM |
abzügl. steuerfreier Arbeitslohn ab 9.3. |
… DM |
b) Einkünfte aus Kapitalvermögen
insgesamt … US-$ (× 1,74) = |
… DM |
davon entfallen auf den Zeitraum 1.1.-8.3.=…$ |
… DM |
verbleiben: |
… DM |
abzügl. verbleibender Freibetrag |
… DM |
verbleiben |
… DM |
Summe: |
… DM. |
Bezüglich eines Teils des auf der Lohnsteuerkarte bescheinigten Arbeitslohns i.H. von … DM machte der Kläger geltend, daß dieser insoweit nach dem DBA-USA in Deutschland steuerfrei sei, als er auf 10 Arbeitstage entfalle, an denen er vor seiner Rückversetzung bereits in den USA gearbeitet habe. Diesen nach seiner Ansicht steuerfreien Arbeitslohn berechnete er wie folgt:
Gesamtarbeitstage: 216 × 3/12 = 54 (Jan – März 1997)
Arbeitstage in den USA: 10
Bruttoarbeitslohn |
… DM |
befreiter Arbeitslohn: … DM × 10/54 |
-… DM |
befreiter Arbeitslohn lt. Anlage Ansässigkeit |
-… DM |
steuerpflichtiger Arbeitslohn Summe |
… DM |
Wegen Ansässigkeit in einem anderen Staat (USA) ermittelte der Kläger denselben Betrag i.H. von lediglich … DM als seiner Ansicht nach in Deutschland steuerpflichtigen Arbeitslohn.
Mit Erörterungsschreiben vom 29.6.1998 teilte der Beklagte mit, daß seiner Ansicht nach die Besteuerung wie folgt vorzunehmen sei:
1. Progressionsvorbehalt
Nach § 32 b Abs. 1 Nr. 2 EStG seien die in der Zeit vom 9.3.-31.12.1997 erzielten ausländischen Einkünfte i.H. von … DM dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen.
2. Befreiung nach DBA
Die Steuerbefreiung für den Teil des Arbeitslohns, der für die 10 Arbeitstage in den USA vor dem Umzug gezahlt worden sei, gelte nur, wenn dieser Arbeitslohn in den USA auch tatsächlich besteuert worden sei. Dies sei bisher nicht nachgewiesen.
3. Steuerfreiheit des auf die Zeit vom 9.3.-31.3.1997 entfallenden Arbeitslohns wegen Ansässigkeit in den USA
Zwar sei es zutreffend, daß der Kläger ab dem 9.3.1997 nicht mehr in Deutschland ansässig war, so daß „die Zahlungen” nur noch mit dem Progressionsvorbehalt zu erfassen seien. Es sei jedoch zweifelhaft, ob der vom 9.3.-31.3.1997 gezahlte Arbeitslohn auf eine Auslandstätigkeit entfalle. Es sei vielmehr davon auszugehen, daß die Zahlungen bis zum 31.3.1997 das während der Ansässigkeit bis zum 8.3.1997 bestehende Arbeitsverhältnis beträfen und die Besteuerung in Deutschland vorzunehmen sei.
Mit Schreiben seiner steu...