Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderausgaben: Vorsorgeaufwendungen
Leitsatz (redaktionell)
Bei einem GmbH-Gesellschafter-Geschäftführer sind die Vorsorgeaufwendungen grundsätzlich nicht ungekürzt als Sonderausgaben abzugsfähig.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob bei einem nichtselbständig tätigen Gesellschafter-Geschäftsführer die Vorsorgeaufwendungen in voller Höhe bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer (ESt) abzuziehen sind.
Der 1950 geborene Kläger wurde für die Streitjahre 1998 und 1999 nach der Grundtabelle zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Hierbei war ein Kind zu berücksichtigen. Er war mit einer anderen Person zu jeweils 50 v.H. an einer GmbH beteiligt. Als Gesellschafter-Geschäftsführer erzielte er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In 1998 betrug der Bruttoarbeitslohn 91.995 DM und in 1999 50.998 DM. In beiden Streitjahren bestand keine gesetzliche Rentenversicherungspflicht. Nach seinen Angaben in den ESt-Erklärungen hatte der Kl. jedoch als GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer eine Anwartschaft auf Altersversorgung ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung. In den Streitjahren zahlte der Kl. Vorsorgeaufwendungen in folgender Höhe:
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1998 |
1999 |
Freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung |
10.591 DM |
11.035 DM |
Unfallversicherung |
302 DM |
302 DM |
Lebensversicherung |
3.176 DM |
3.242 DM |
Haftpflichtversicherung |
824 DM |
689 DM |
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14.893 DM |
15.268 DM |
Das Finanzamt (FA) berücksichtigte bei der Festsetzung der ESt diese Vorsorgeaufwendungen nur beschränkt in jedem der Streitjahre nach folgender Berechnung jeweils mit 3.915 DM:
1998: |
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Summe der Aufwendungen |
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14.893 DM |
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Vorwegabzug |
6.000 DM |
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Minderung nach § 10 Abs. 3 |
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Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) |
./. 14.719 DM |
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(= 16 v.H. des Bruttolohns) |
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verbleibender Vorwegabzug |
0 DM |
0 DM |
0 DM |
verbleibende Aufwendungen |
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14.893 DM |
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höchstens abziehbar |
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./. 2.610 DM |
2.610 DM |
verbleiben |
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12.283 DM |
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davon höchstens abziehbar |
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1.305 DM |
1.305 DM |
abzugsfähig im Rahmen des § 10 Abs. 3 EStG |
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3.915 DM |
1999: |
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Summe der Aufwendungen |
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15.268 DM |
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Vorwegabzug |
6.000 DM |
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Minderung nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG |
./. 8.159 DM |
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(= 16 v.H. des Bruttolohns) |
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verbleibender Vorwegabzug |
0 DM |
0 DM |
0 DM |
verbleibende Aufwendungen |
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15.268 DM |
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höchstens abziehbar |
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./. 2.610 DM |
2.610 DM |
verbleiben |
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12.658 DM |
davon höchstens abziehbar |
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1.305 DM |
1.305 DM |
abzugsfähig im Rahmen des § 10 Abs. 3 EStG |
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3.915 DM |
Mit dem ESt-Bescheid vom 28.03.2000 setzte das Finanzamt (FA) die ESt für 1998 nach der Grundtabelle auf … DM endgültig fest. Da aufgrund einer beim FA eingegangenen Mitteilung bei dem Kl. Beteiligungseinkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht mehr in negativer Höhe, sondern mit 0 DM zu berücksichtigen waren, änderte es diesen ESt-Bescheid am 31.10.2001 gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) und setzte nunmehr die ESt auf … DM fest. Diese ESt-Festsetzung erging in Hinblick auf die Anhängigkeit von Verfassungsbeschwerden bzw. Revisionen nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig hinsichtlich der beschränkten Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3 EStG). Gegen diesen Bescheid legte der Kl. Einspruch ein.
Für das Jahr 1999 setzte das FA die ESt mit dem Bescheid vom 29.08.2001 zunächst auf … DM fest. Auch hiergegen legte der Kl. Einspruch ein.
Nachdem dem FA aufgrund einer weiteren Mitteilung bekannt geworden war, dass Beteiligungseinkünfte des Kl. aus Gewerbebetrieb mit höheren Beträgen zu berücksichtigen waren, änderte es am 31.10.2001 auch diesen ESt-Bescheid gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO und setzte die ESt auf … DM fest. Dieser Bescheid erging ebenfalls vorläufig im Hinblick auf die Anhängigkeit von Verfassungsbeschwerden bzw. Revisionen nach § 165 Abs. 1 AO hinsichtlich der beschränkten Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen.
Beide Einsprüche bleiben erfolglos.
Hiergegen hat der Kl. Klage erhoben. Er macht geltend, dass die Bemessungsgrundlage für die ESt von vornherein um die geleisteten Vorsorgeaufwendungen zu mindern sei. Sie seien ähnlich wie das Existenzminimum bei der Besteuerung dem staatlichen Zugriff entzogen.
Soweit die angefochtenen ESt-Bescheide vorläufig gem. § 165 Abs. 1 AO ergangen seien, sei der von ihm, dem Kl., nunmehr geltend gemachte rechtliche Grund in den bereits anhängigen Revisionsverfahren bzw. Verfassungsbeschwerden nicht streitgegenständlich. Insbesondere sei offensichtlich eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29.06.2000, B 4 RA 57/98 R (BSGE 86, 262) noch nicht bekannt gewesen. Insofern fehle es nicht am Rechtsschutzinteresse für die vorliegende Klage.
Der Kl. beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung (EE) vom 26.10.2002 und Abänderung der ESt-Bescheide 1998 und 1999 jeweils vom 31.10.2001 höhere Vorsorgeaufwendungen i.H.v. insgesamt 14.893 DM für 1998 und für 1999 insgesamt 15.268 DM von der steuerlichen Bemessungsgrundlage abzusetzen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage ...