Rz. 23
Nach § 11 Abs. 4 muss der Arbeitgeber den Ersatzruhetag grundsätzlich unmittelbar in Verbindung mit der elfstündigen Ruhezeit nach § 5 ArbZG gewähren. So will der Gesetzgeber sicherstellen, dass auch die an Sonn- oder Feiertagen beschäftigten Arbeitnehmer dem Grunde nach eine wöchentliche Mindestruhezeit von 35 Stunden erhalten. Allerdings kann die Mindestruhezeit ausnahmsweise auf bis zu 24 Stunden verkürzt werden, soweit technische oder arbeitsorganisatorische Gründe der Gewährung des Ersatzruhetages mit einer Ruhezeit nach § 5 ArbZG entgegenstehen.
Auch diese Vorschrift dient dem Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers, indem ihm eine längere zusammenhängende Mindestruhezeit pro Woche gewährt wird.
Rz. 24
Die zu gewährende Gesamtruhezeit von 35 Stunden ergibt sich aus der 24-stündigen Ruhezeit für den Sonn-/Feiertag/Ersatzruhetag sowie der 11-stündigen Ruhezeit nach § 5 Abs. 1 ArbZG.
Rz. 25
Fraglich ist, ob die Ruhezeit nach § 5 Abs. 1 ArbZG vor oder nach der Ruhezeit für den Sonn-/Feiertag/Ersatzruhetag gewährt werden kann. Aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 ArbZG (Ruhezeit nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit) schließen einige Autoren, dass der Arbeitnehmer vor dem Sonn-/Feiertag/Ersatzruhetag um 13 Uhr seine Arbeit beenden muss. Dies erscheint aber nicht zwingend. Aus dem Wort "nach …" folgt nicht, dass sich die Ruhezeit stets unmittelbar an das Ende der täglichen Arbeitszeit anschließen muss. Durch § 5 Abs. 1 ArbZG soll erreicht werden, dass dem Arbeitnehmer ein freier Zeitraum zwischen Beendigung der Arbeit und dem Wiederbeginn derselben zur Verfügung steht. Dieser Zweck lässt sich aber auch dadurch sicherstellen, dass die 11-stündige Ruhezeit des § 5 Abs. 1 ArbZG im Anschluss an den Sonn-/Feiertag/Ersatzruhetag gewährt wird. Durch § 11 Abs. 4 wird daher nicht zwangsläufig die Arbeit am Samstag begrenzt.
Einhaltung der Ruhezeit
Nach der hier vertretenen Auffassung wird die 35-stündige Ruhezeit sowohl dadurch eingehalten, dass die Arbeitszeit am Werktag vor dem Feiertag um 13 Uhr endet, als auch dann, wenn die Arbeit am Tag nach dem Ruhetag erst um 11 Uhr wieder aufgenommen wird.
Rz. 26
Abweichungen vom Erfordernis einer 35-stündigen Ruhezeit können sich aus technischen oder arbeitsorganisatorischen Gründen ergeben. Auch in diesem Fall muss aber die 24-stündige Ruhezeit grundsätzlich eingehalten werden.
Als technische Gründe kommen etwa die lange Dauer des Zurückfahrens von Produktionsvorgängen oder über einen bestimmten Zeitraum zwingend durchzuführende wissenschaftliche Versuche in Betracht.
Ein arbeitsorganisatorischer Grund ist beispielsweise bei Schichtwechseln gegeben. Von der 35-stündigen Ruhezeit kann abgewichen werden, wenn die bisherige innerbetriebliche Organisation zu ihrer Einhaltung zwingend umgestellt werden müsste.
Rz. 27
Es ist daher allgemein anerkannt, dass der häufig übliche Schichtwechsel am Wochenende von der Spätschicht am Samstag mit Ende um 22:00 Uhr auf die darauf folgende Frühschicht am Montag mit Beginn 6:00 Uhr weiterhin zulässig bleibt, obwohl die Ruhezeit nur 32 Stunden beträgt.
Weitere Fälle sind etwa im Einzelhandel gegeben, wenn die betriebsübliche Arbeitszeit am Samstag erst nach 13 Uhr endet und am Montag bereits wieder so früh beginnt, dass eine 35-stündige Ruhezeit nicht gewährt werden kann. Ein arbeitsorganisatorischer Grund ist auch gegeben, wenn Arbeitnehmer am Samstag Abschlussarbeiten nach 22 Uhr oder Vorbereitungsarbeiten bereits am Montag vor 6 Uhr erbringen müssen.
Fraglich ist, ob alle technischen und arbeitsorganisatorischen Gründe den Ausnahmetatbestand erfüllen. Teilweise wird der Arbeitgeber für verpflichtet gehalten, den Betriebsablauf so zu gestalten, dass die Mindestruhezeit des § 11 Abs. 4 möglichst eingehalten wird. Dies ist aber abzulehnen, da der Arbeitgeber, gestützt auf seine Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG, bestehende technische und arbeitsorganisatorische Abläufe trotz Modernisierungsmöglichkeiten beibehalten und neue Verfahren einführen kann, auch wenn diese die Einhaltung der 35-stündigen Ruhezeit unmöglich machen.