Rz. 17
Vom sachlichen Anwendungsbereich ist gem. § 19a Abs. 1 S. 1 EStG der ohnehin geschuldete Arbeitslohn ausgenommen. Die Norm des § 19a EStG verwendet den Begriff des Arbeitslohns in mehreren Zusammenhängen und in Kombination mit verschiedenen Adjektiven, nämlich "ohnehin geschuldeter Arbeitslohn" (§ 19a Abs. 1 S. 1 EStG), "nicht besteuerter Arbeitslohn nach § 19a Abs. 1 S. 1 EStG" (§ 19a Abs. 4 S. 1 EStG) sowie "zu besteuernden Arbeitslöhne" (§ 19a Abs. 4 S. 2 EStG).
Der Wechsel vom Singular ("Arbeitslohn") in § 19a Abs. 4 S. 1 EStG zum Plural ("Arbeitslöhne") in § 19a Abs. 4 S. 2 EStG erschließt sich nicht und ist auch nicht aus Sicht des Arbeitgebers erklärbar, der gegebenenfalls mehr als einen § 19a-EStG-Anwendungsfall in seinem Unternehmen lohnsteuerlich zu behandeln hat.
Rz. 18
Das Tatbestandsmerkmal "ohnehin geschuldeter Arbeitslohn" setzt eine zumindest im Vermögensüberlassungszeitpunkt bestehende und durchgeführte Arbeitslohnvereinbarung voraus. Zivilrechtlich wird der Arbeitslohn zwar regelmäßig erst nach Erbringung der Arbeitsleistung fällig (§ 614 S. 1 und S. 2 BGB), gem. § 611a Abs. 2 BGB ist jedoch der Arbeitgeber bereits durch die Vereinbarung einer Vergütung zu deren Zahlung schuldrechtlich verpflichtet. Mit dieser zivilrechtlichen Sichtweise dürfte die gleichzeitige Begründung eines Arbeitsverhältnisses und Vereinbarung einer Vermögensübertragung für Zwecke der aufgeschobenen Besteuerung i. S. d. § 19a EStG unschädlich sein und keine Karenz- oder Wartezeit im Umfang eines Arbeitslohnzahlungszeitraums zwischen Begründung des Arbeitsverhältnisses und der Vereinbarung einer Vermögensbeteiligung einzuhalten sein.
Rz. 19
Sollte bei schriftlich oder zulässigerweise mündlich geschlossenen Arbeitsverträgen vergessen worden sein, einen "ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" zu vereinbaren oder dieser nicht nachweisbar sein, so ist das in § 19a EStG genannte Tatbestandsmerkmal des "ohnehin geschuldeten Arbeitslohns" gem. § 612 Abs. 1 und Abs. 2 BGB zu bestimmen. Zusätzlich ergeben sich mit § 8 Abs. 4 EStG steuerliche Anforderungen. Denn i. S. d. § 19a EStG werden Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet, der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt, die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird. Von einer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistung ist auch dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage (wie Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, Gesetz) einen Anspruch auf diese hat (§ 8 Abs. 4 S. 2 EStG).
Rz. 20
Es liegen im Fall des § 19a EStG zwei Rechtsverhältnisse zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber vor; zum einen das Vermögensübertragungsverhältnis, zu dem auch eine Rechtsgrundlage i. S. d. § 8 Abs. 4 S. 2 EStG zu zählen ist, zum anderen das eigentliche Arbeitsverhältnis.
Rz. 21
Der "ohnehin geschuldete Arbeitslohn" kann m. E. seinerseits in einer (einmaligen oder fortlaufenden) Vermögensübertragung bestehen, die an sich auch die Voraussetzungen eines Vermögens i. S. d. § 19a EStG erfüllen würden, aber als "ohnehin geschuldeter Arbeitslohn" gezahlt (und nach § 19 EStG erfasst) wird. Dies erlaubt weitere Chargen dieses Vermögens als eigentliche, nach § 19a EStG vorläufig nicht versteuerte Vermögensübertragungen an den Arbeitnehmer zu gewähren. Denn die §§ 611a ff. BGB legen nicht die Form der Vergütung (z. B. auf Geld) fest, somit kann diese Vergütung auch in Form einer fortlaufenden Vermögensübertragung bestehen; daneben gelten die § 364 Abs. 1 BGB (Hingabe an Erfüllung statt) sowie § 364 Abs. 2 BGB (Annahme erfüllungshalber) grundsätzlich auch im Arbeitgeber/Arbeitnehmer-Verhältnis. Eine Gehaltsumwandlung in Vermögensübertragungen ist somit nicht ausgeschlossen, solche aus dem eigentlichen Arbeitsverhältnis stammende Gehaltsumwandlungsbeträge sind jedoch nicht durch § 19a EStG begünstigt.