4.4.1 Unentgeltliche Übertragung (§ 19a Abs. 1 S. 1 Alt. 1 EStG)
Rz. 33
Eine für den Arbeitnehmer unentgeltliche Übertragung liegt vor, wenn für die Vermögensbeteiligung selbst aber auch für den Übertragungsvorgang keine Kosten vom Arbeitnehmer zu tragen sind. Diese Kostenfreistellung des Arbeitnehmers ist von dem Umstand zu trennen, dass aufgrund des § 19a Abs. 1 S. 5 EStG der Arbeitnehmer für Zwecke der Nachversteuerung die Anschaffungskosten für die Vermögensbeteiligung versteuern muss. Der Arbeitgeber muss, um die Alternative der unentgeltlichen Vermögensbeteiligungsübertragung zu erfüllen, somit die Kosten der Übertragung tragen, kann diese aber nicht als Betriebsausgaben abziehen, da die Anschaffungskosten durch § 19a Abs. 1 S. 5 EStG einem anderen Stpfl. zugewiesen werden; nur einmal angefallene Anschaffungskosten dürfen zur Vermeidung widerstreitender Festsetzungen (§ 174 AO) nicht doppelt angesetzt werden. Einen Gleichklang von Kostentragung und steuerlicher Berücksichtigung kann der Arbeitgeber dadurch herstellen, indem er die Alternative der verbilligten Übertragung wählt, und den Arbeitnehmer zumindest die Kosten der Übertragung zahlen lässt und keinen Betriebsausgabenabzug vornimmt.
Rz. 34
Die Klassifizierung einer unentgeltlichen Vermögensbeteiligung i. S. d. § 19a EStG als schenkweise Vermögensübertragung i. S. d. § 516 BGB ist m. E. wegen der damit einhergehenden Regeln wie Auflage (§ 525 BGB), Notbedarf des schenkenden Arbeitgebers (§ 519 BGB), Verarmung des schenkenden Arbeitgebers (§ 528 BGB) und nicht zuletzt aufgrund des Formerfordernisses aus § 518 BGB hinsichtlich der Zweckrichtung des § 19a EStG, die Bindung der Mitarbeiterschaft von durchaus nicht immer erfolgreichen Start-up-Unternehmen zu fördern, problematisch; hier wäre die Bejahung eines Schenkungsvertrags sui generis ausschließlich für Zwecke einer Vermögensbeteiligung i. S. d. § 19a EStG mit möglichst weitgehendem Entfall der, den schenkenden Arbeitgeber schützenden Normen wünschenswert, wobei ggf. durch die Rspr. zu klären wäre, ob damit die den schenkenden Arbeitgeber schützenden Normen des Schenkungsrechts (§§ 516ff. BGB) tatsächlich entfallen können oder etwa eine unzulässige Umgehung zivilrechtlicher Normen droht. Ggf. ist auch der Arbeitgeber ein Unternehmer (§ 14 BGB) und der Arbeitnehmer ein schutzbedürftiger Verbraucher (§ 13 BGB), der an seinem Arbeitsplatz bei der Konfrontation mit einer Vermögensbeteiligung des deutschen bzw. europäischen Verbraucherschutzrechts bedarf. Ob sich in dieser Gemengelage alle auftretenden Lebenssachverhalte für die Anwendung des § 19a EStG mit der Norm des § 41 Abs. 1 AO fassen lassen oder dieser unterliegen, bleibt abzuwarten.
4.4.2 Verbilligte Übertragung (§ 19a Abs. 1 S. 1 Alt. 2 EStG)
Rz. 35
Die verbilligte Übertragung ist eine Tatbestandsvoraussetzung des § 19a Abs. 1 S. 1 EStG. Somit führen preisangemessene und überteuerte Übertragungen dazu, dass § 19a EStG nicht erfüllt ist. Fehler in der (zu positiven) Bewertung von Start-up-Unternehmen, die eine Zielgruppe der Vorschrift des § 19a EStG ist, können somit dazu führen, dass ein Tatbestandsmerkmal des § 19a EStG nicht vorliegt.
Rz. 36
Die erforderliche verbilligte Übertragung liegt vor, wenn sich aus der Bewertung der übertragenen Vermögensbeteiligung mit dem gemeinen Wert gem. § 19a Abs. 1 S. 5 EStG i. V. m. § 9 Abs. 2, § 11 BewG abzüglich der Gegenleistung und der vom Arbeitnehmer übernommenen Übertragungskosten ein positiver Betrag ergibt. Der Freibetrag gem. § 19a Abs. 1 S. 3 EStG ist hierbei m. E. nicht abzuziehen; dieser Freibetrag betrifft die Berechnung des Vorteils i. S. v. § 19a Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 19 Abs. 1 S. 1 EStG.
4.4.3 Vorteil (§ 19a Abs. 1 S. 1, § 19 Abs. 1 S. 1 EStG)
Rz. 37
Aus der unentgeltlichen oder verbilligten Übertragung muss ein Vorteil für den Arbeitnehmer i. S. d. § 19a Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 19 Abs. 1 S. 1 EStG entstehen. Wie bei der Prüfung, ob eine unentgeltliche oder verbilligte Übertragung dem Grunde nach vorliegt, ist für die Berechnung des Vorteils zunächst der gemeine Wert der übertragenen Vermögensbeteiligung gem. § 19a Abs. 1 S. 5 EStG i. V. m. § 9 Abs. 2, § 11 BewG abzüglich der Gegenleistung und der vom Arbeitnehmer übernommenen Übertragungskosten anzusetzen. Zusätzlich ist bei der Berechnung des Vorteils § 19a Abs. 1 S. 5 EStG zu berücksichtigen, wonach die Anschaffungskosten mit dem gemeinen Wert der Vermögensbeteiligung anzusetzen sind, und damit steuerlich dem erwerbenden Arbeitnehmer zugerechnet werden; sprachlich eindeutiger hätte hier formuliert werden können, dass "die Anschaffungskosten zusammen mit dem gemeinen Wert der Vermögensbeteiligung anzusetzen sind". Bei der Vorteilsberechnung ist ferner der Freibetrag gem. § 19a Abs. 1 S. 3 EStG i. H. v. 1.440 EUR abzuziehen, wenn tatsächlich die Voraussetzungen des § 3 Nr. 39 EStG vorliegen.
Rz. 38
Die Prüfung, in welcher Höhe überhaupt eine "verbilligte Übertragung" vorliegt, was entscheidend für das "Ob" einer verbilligten Übertragung ist, und die Berechnung der Höhe des "Vorteils" aus dieser verbilligten Übertragung können somit betragsmäßig voneinander abweichen, z. B.:
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Verbilligte Übertragung |
Vorteil i. S. v. § 19a A... |