Rz. 73

Das Verfahren über die Erteilung und Vorlage einer Freistellungsbescheinigung bei nach DBA oder Auslandstätigkeitserlass freigestelltem Arbeitslohn aus einer Tätigkeit im Ausland ist durch das elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmal nach § 39a Abs. 4 Nr. 5 EStG ersetzt worden. § 39b Abs. 6 EStG ist daher durch Gesetz v. 7.11.2011[1] ersatzlos aufgehoben worden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist das elektronische Mitteilungsverfahren nach § 39a Abs. 4 Nr. 5 EStG aber noch nicht einsatzbereit. Aus diesem Grund wird das Verfahren zur Ausstellung einer Papierbescheinigung nach § 39b Abs. 6 a. F. EStG weitergeführt; vgl. § 52 Abs. 51b EStG, und zwar so lange, bis die Finanzverwaltung den Zeitpunkt des erstmaligen automatisierten Abrufs des Lohnsteuerabzugsmerkmals nach § 39 Abs. 4 Nr. 5 EStG mitteilt. Ab diesem Zeitpunkt richtet sich das Verfahren bei Freistellung des Arbeitslohns nach DBA oder Auslandstätigkeitserlass nicht mehr nach § 39b Abs. 6 a. F. EStG, sondern nach § 39 Abs. 4 Nr. 5 EStG.

 

Rz. 74

Die Verpflichtung des Arbeitgebers, LSt einzubehalten, besteht nur dann, wenn der Arbeitnehmer im Inland steuerpflichtig ist. An der Steuerpflicht kann es bei Tätigkeit im Ausland fehlen. Sie kann auch bei Tätigkeit des Arbeitnehmers im Inland fehlen, wenn Deutschland nach dem jeweils einschlägigen DBA nicht das Besteuerungsrecht hat, im Wesentlichen also dann, wenn der Arbeitnehmer nicht länger als 183 Tage im Inland tätig ist und der Arbeitgeber nicht "inländischer Arbeitgeber" ist. Dies kann insbesondere bei Arbeitnehmerverleihung durch ausländische Verleiher vorliegen, da der ausländische Verleiher regelmäßig "ausländischer wirtschaftlicher Arbeitgeber" i. S. d. jeweiligen DBA ist (§ 38 EStG Rz. 35ff.).

 

Rz. 75

Die Steuerbefreiung nach dem DBA kann antragsabhängig sein, ist jedoch häufiger antragsunabhängig. Ist die Steuerbefreiung antragsabhängig, wird der Antrag durch die Beantragung der Freistellungsbescheinigung gestellt. Der Arbeitgeber darf dann nicht von sich aus entscheiden, ob die Steuerbefreiung besteht oder nicht. Ohne den Antrag und die Freistellungsbescheinigung handelt der Arbeitgeber rechtswidrig, wenn er den Einbehalt der LSt unterlässt.

 

Rz. 76

Ist die Steuerbefreiung in dem DBA nicht antragsabhängig, kann der Arbeitgeber auch ohne Vorliegen einer Freistellungsbescheinigung den Abzug der LSt unterlassen. Für die LSt besteht keine dem § 50d EStG entsprechende Regelung; § 50d EStG selbst gilt für die LSt nicht. Auch § 39b Abs. 6 a. F. EStG enthält nur die Rechtsgrundlage für die Erteilung der Freistellungsbescheinigung, besagt aber nicht, dass das Absehen von dem Steuereinbehalt von dem Vorliegen der Freistellungsbescheinigung abhängig ist. Der Arbeitgeber handelt also rechtmäßig, wenn er bei Bestehen der Steuerfreiheit auch ohne Freistellungsbescheinigung von dem LSt-Einbehalt absieht. Allerdings handelt er dann auf eigene Gefahr. Hat er sich in der Beurteilung geirrt und besteht doch LSt-Pflicht, trifft ihn die Haftung nach § 42d EStG. Angesichts der Möglichkeit, eine Freistellungsbescheinigung zu beantragen, wird sein Verhalten auch regelmäßig schuldhaft sein.

 

Rz. 77

Die Bescheinigung kann vom Arbeitgeber oder Arbeitnehmer beantragt werden. Durch den Antrag kann sich der Arbeitgeber Sicherheit darüber verschaffen, ob er zum LSt-Abzug verpflichtet ist.

Das FA hat in der Bescheinigung den Zeitraum, für den diese gilt, anzugeben. Der Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten und soll mit Ablauf eines Kalenderjahres enden. Die Bescheinigung ist als Beleg zum Lohnkonto aufzubewahren.

 

Rz. 78

Wird die Erteilung der Bescheinigung abgelehnt, wird Rechtsschutz durch die Verpflichtungsklage gewährt.

 

Rz. 79

Bei Nichtvorlage einer Bescheinigung hat der Arbeitgeber die Steuereinbehaltung nach allgemeinen Grundsätzen vorzunehmen. Durch den Verzicht auf die LSt-Einbehaltung wird die Berücksichtigung des freigestellten Arbeitslohns bei unbeschränkter Steuerpflicht des Arbeitnehmers im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach § 32b EStG nicht ausgeschlossen.

 

Rz. 80

Entsprechendes gilt, wenn der Auslandstätigkeitserlass v. 31.10.1983, BStBl I 1983, 470 anzuwenden ist. Auch in diesen Fällen darf der LSt-Abzug nur bei Vorliegen einer Freistellungsbescheinigung unterbleiben. Als Folge handelt der Arbeitgeber, der ohne Vorlage der Bescheinigung den Steuerabzug unterlässt, rechtswidrig, auch wenn die materiellen Voraussetzungen der Steuerfreiheit gegeben sind. Zum Auslandstätigkeitserlass vgl. § 34c EStG Rz. 162ff.

[1] BStBl I 2011, 1171

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