4.1 Anzeigepflichtige Tatbestände

 

Rz. 28

Unterlässt der Arbeitgeber die Neuberechnung und damit die nachträgliche Einbehaltung der LSt, da ihn hierzu keine Verpflichtung trifft (Rz. 16), oder kann er die LSt nachträglich nicht einbehalten, so hat er dies dem Betriebsstätten-FA unverzüglich anzuzeigen. Für die Anzeige besteht eine Verpflichtung. Der Arbeitgeber kann, soweit ein Wahlrecht zur Neuberechnung besteht, wählen, ob er den LSt-Abzug korrigiert oder nicht. Entscheidet er sich dafür, die Korrektur nicht vorzunehmen, oder kann er sie nicht vornehmen, trifft ihn als Folge die Anzeigepflicht nach § 41c Abs. 4 EStG. Die Anzeigepflicht besteht auch, wenn der nachzufordernde Betrag unter der Bagatellgrenze von 10 EUR liegt.

 

Rz. 29

§ 41c Abs. 4 EStG enthält als Anzeigetatbestände:

  • Der Arbeitgeber kann die Korrektur nicht vornehmen, weil der Arbeitnehmer von ihm keinen Arbeitslohn mehr bezieht.
  • Die Korrektur ist nach Ablauf des Kj. durchzuführen, aber die LSt-Bescheinigung ist bereits ausgeschrieben oder als elektronische LSt-Bescheinigung bereits an das FA übermittelt worden (Rz. 25).
 

Rz. 30

Die Aufzählung in § 41c Abs. 4 EStG ist nicht abschließend; der Arbeitgeber kann auch in ähnlich gelagerten Fällen die Anzeige erstatten und sich damit von der Haftung des § 42d EStG befreien. In Betracht kommen folgende Fälle:

  • Der Arbeitslohn reicht nicht aus, um die Nachforderung einzubehalten (Rz. 22; § 38 Abs. 4 EStG).
  • Die Korrektur ist nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses im Lauf des Kj. durchzuführen, aber die LSt-Bescheinigung ist bereits ausgeschrieben (Rz. 25).
 

Rz. 31

Die Anzeige ist unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) zu erstatten, nachdem der Arbeitgeber die Unrichtigkeit des LSt-Abzugs sowie die Umstände, die die Korrektur nach § 41c EStG verhindern, erkannt hat. Sie ist ggf. für die zurückliegenden 4 Kj. zu erstatten (R 41c.2 Abs. 1 S. 3 LStR 2015) und damit für den gesamten noch nicht festsetzungsverjährten Zeitraum. Da eine Pflicht zur Erstattung der Anzeige besteht, wird der Beginn der Festsetzungsfrist nach §170 Abs.2 S.1 Nr.1 AO hinausgeschoben. Sie beginnt dann mit Ablauf desjenigen Jahres, in dem die Anzeige erstattet wird, spätestens mit Ablauf des dritten Jahres.[1]

 

Rz. 32

Die Anzeige ist schriftlich zu erstatten. Sie muss inhaltlich so konkret sein, dass das FA die LSt gegenüber dem jeweiligen Arbeitnehmer nachfordern kann. Sie hat also den einzelnen Arbeitnehmer und die Faktoren zu enthalten, aus denen sich Grund und Höhe der Nachforderung ergeben.[2] Eine Anzeige, die diese Angaben nicht enthält, sodass die Finanzbehörde sich die erforderlichen Angaben durch eigene Nachforschungen, z. B. Anfragen beim Arbeitgeber, verschaffen muss, ist nicht wirksam, da der Arbeitgeber nicht "unverzüglich" die erforderlichen Angaben gemacht hat.

 

Rz. 33

Eine wirksame Anzeige befreit den Arbeitgeber von der Haftung nach § 42d EStG (§ 42d Abs. 2 EStG). Eine etwaige straf- oder bußgeldrechtliche Verantwortung des Arbeitgebers bleibt durch die Anzeige aber unberührt. Die Anzeige kann jedoch als Selbstanzeige nach § 378 AO i. V. m. § 371 AO zu werten sein.

[2] Zu den einzelnen anzugebenden Merkmalen R 41c.2 Abs. 2 LStR 2015.

4.2 Nachforderung der LSt

 

Rz. 34

Folge der Anzeige durch den Arbeitgeber nach Abs. 4 ist, dass das FA die zu wenig einbehaltene LSt von dem Arbeitnehmer nachfordert. Die Nachforderung erfolgt durch Steuerbescheid des FA gegenüber dem Arbeitnehmer. Soll die zu wenig erhobene LSt noch im Lauf des Kj. nacherhoben werden, ist das Betriebsstätten-FA zuständig.[1] Erfolgt die Nacherhebung nach Ablauf des Kj., kommt eine Steuerfestsetzung durch das Wohnsitz-FA des Arbeitnehmers durch erstmalige oder geänderte Veranlagung zur ESt in Betracht.[2]

 

Rz. 35

Vor Ablauf des Kj. ist diejenige LSt nachzufordern, die für den betroffenen Lohnzahlungszeitraum zu wenig einbehalten worden ist. Auf die übrigen Lohnzahlungszeiträume des Kj. ist nicht abzustellen. Erfolgt die Nachforderung nach Ablauf des Kj., ist diejenige LSt nachzufordern, die sich aus der Differenz zwischen Jahres-LSt und der insgesamt für das Kj. einbehaltenen LSt ergibt; auf die einzelnen Lohnzahlungszeiträume ist insoweit also nicht abzustellen. Bei beschränkt Stpfl. ist auch in diesem Fall eine Änderung des LSt-Abzugs nur für diejenigen Lohnzahlungszeiträume vorzunehmen, für die die LSt zu niedrig einbehalten wurde.

 

Rz. 36

LSt, die während des Kj. nachgefordert wurde, ist vom Arbeitgeber in der LSt-Bescheinigung zu bescheinigen. LSt, die nach Ende des Kj. nacherhoben wurde, ist nicht zu bescheinigen, da eine solche Bescheinigung infolge des Abstellens auf die Jahres-LSt keine Bedeutung mehr hätte.

Rz. 37 einstweilen frei

 

Rz. 38

Für das Nachforderungsverfahren haben die elektronischen LSt-Abzugsmerkmale bzw. die vom FA ausgestellte Bescheinigung über die Lohnsteuerabzugsmerkmale nicht die Wirkungen einer gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Die Nachforderung kann also erfolgen, ohne dass die elektronischen LSt-Abzugsmerkmale bzw. die Bescheinigun...

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