Peter Mosbach, Christian Röpke
Rz. 28
Unterlässt der Arbeitgeber die Neuberechnung und damit die nachträgliche Einbehaltung der LSt, da ihn hierzu keine Verpflichtung trifft (Rz. 16), oder kann er die LSt nachträglich nicht einbehalten, so hat er dies dem Betriebsstätten-FA unverzüglich anzuzeigen. Für die Anzeige besteht eine Verpflichtung. Der Arbeitgeber kann, soweit ein Wahlrecht zur Neuberechnung besteht, wählen, ob er den LSt-Abzug korrigiert oder nicht. Entscheidet er sich dafür, die Korrektur nicht vorzunehmen, oder kann er sie nicht vornehmen, trifft ihn als Folge die Anzeigepflicht nach § 41c Abs. 4 EStG. Die Anzeigepflicht besteht auch, wenn der nachzufordernde Betrag unter der Bagatellgrenze von 10 EUR liegt.
Rz. 29
§ 41c Abs. 4 EStG enthält als Anzeigetatbestände:
- Der Arbeitgeber kann die Korrektur nicht vornehmen, weil der Arbeitnehmer von ihm keinen Arbeitslohn mehr bezieht.
- Die Korrektur ist nach Ablauf des Kj. durchzuführen, aber die LSt-Bescheinigung ist bereits ausgeschrieben oder als elektronische LSt-Bescheinigung bereits an das FA übermittelt worden (Rz. 25).
Rz. 30
Die Aufzählung in § 41c Abs. 4 EStG ist nicht abschließend; der Arbeitgeber kann auch in ähnlich gelagerten Fällen die Anzeige erstatten und sich damit von der Haftung des § 42d EStG befreien. In Betracht kommen folgende Fälle:
- Der Arbeitslohn reicht nicht aus, um die Nachforderung einzubehalten (Rz. 22; § 38 Abs. 4 EStG).
- Die Korrektur ist nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses im Lauf des Kj. durchzuführen, aber die LSt-Bescheinigung ist bereits ausgeschrieben (Rz. 25).
Rz. 31
Die Anzeige ist unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) zu erstatten, nachdem der Arbeitgeber die Unrichtigkeit des LSt-Abzugs sowie die Umstände, die die Korrektur nach § 41c EStG verhindern, erkannt hat. Sie ist ggf. für die zurückliegenden 4 Kj. zu erstatten (R 41c.2 Abs. 1 S. 3 LStR 2015) und damit für den gesamten noch nicht festsetzungsverjährten Zeitraum. Da eine Pflicht zur Erstattung der Anzeige besteht, wird der Beginn der Festsetzungsfrist nach §170 Abs.2 S.1 Nr.1 AO hinausgeschoben. Sie beginnt dann mit Ablauf desjenigen Jahres, in dem die Anzeige erstattet wird, spätestens mit Ablauf des dritten Jahres.
Rz. 32
Die Anzeige ist schriftlich zu erstatten. Sie muss inhaltlich so konkret sein, dass das FA die LSt gegenüber dem jeweiligen Arbeitnehmer nachfordern kann. Sie hat also den einzelnen Arbeitnehmer und die Faktoren zu enthalten, aus denen sich Grund und Höhe der Nachforderung ergeben. Eine Anzeige, die diese Angaben nicht enthält, sodass die Finanzbehörde sich die erforderlichen Angaben durch eigene Nachforschungen, z. B. Anfragen beim Arbeitgeber, verschaffen muss, ist nicht wirksam, da der Arbeitgeber nicht "unverzüglich" die erforderlichen Angaben gemacht hat.
Rz. 33
Eine wirksame Anzeige befreit den Arbeitgeber von der Haftung nach § 42d EStG (§ 42d Abs. 2 EStG). Eine etwaige straf- oder bußgeldrechtliche Verantwortung des Arbeitgebers bleibt durch die Anzeige aber unberührt. Die Anzeige kann jedoch als Selbstanzeige nach § 378 AO i. V. m. § 371 AO zu werten sein.