Rz. 90

Das FA hat in seinem Haftungsbescheid die Höhe der LSt grundsätzlich individuell für jeden Arbeitnehmer zu ermitteln.[1] Dies gilt auch bei hohem Verwaltungsaufwand, wenn der Arbeitgeber z. B. Sachbezüge einer großen Anzahl von Arbeitnehmern gewährt hat.[2] Voraussetzung ist allerdings, dass die als Arbeitslohn steuerpflichtigen Bezüge individuell zurechenbar sind. Dem Arbeitgeber obliegt es aufgrund seiner Mitwirkungspflicht, dem FA dabei zu helfen.[3] Verletzt er seine Mitwirkungspflicht, so berechtigt dies das FA, nach § 162 AO zu schätzen, insbesondere auf die Bezüge der Arbeitnehmer einen Durchschnittssteuersatz anzuwenden.[4] Das FA darf die nachzufordernde LSt unter Anwendung eines durchschnittlichen Steuersatzes ermitteln, wenn das FA aufgrund einer fehlerhaften Unterlassung des Arbeitgebers die Namen der Arbeitnehmer, die einen steuerpflichtigen Vorteil erlangt haben, und den auf die einzelnen Arbeitnehmer jeweils entfallenden geldwerten Vorteil nicht feststellen kann[5] oder wenn die Ermittlung der individuellen LSt schwierig ist, der Arbeitgeber gegen die Höhe des durchschnittlichen Steuersatzes keine Einwendungen erhoben hat und er von vornherein bei den Arbeitnehmern keinen Regress nehmen will.[6]

 

Rz. 90a

Insbesondere bei "Schwarzlohnzahlungen" kann das FA die Besteuerungsgrundlagen unter Verwerfung der Buchführung schätzen, wenn der Arbeitgeber ganz oder teilweise seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommt und über seine Angaben keine Aufklärung gibt. Seine Mitwirkungspflicht im Besteuerungsverfahren wird nach § 393 Abs. 1 AO nicht dadurch aufgehoben, dass gegen ihn parallel dazu ein Steuerstrafverfahren geführt wird. Das FA kann die Schätzungsmethode auswählen und an die obere Grenze des zulässigen Schätzungsrahmens gehen.[7]

[1] BFH v. 29.5.2008, VI R 11/07, BFH/NV 2008, 1600.
[4] Zur Schätzungsbefugnis des FA im LSt-Haftungsverfahren Thomas, DStR 1995, 273, 274f.
[5] BFH v. 7.12.1984, VII R 164/79, BStBl II 1985, 164.
[7] FG des Landes Sachsen-Anhalt v. 15.5.2014, 6 K 1169/12, rkr., Haufe-Index 7436552: Illegale polnische Arbeitnehmer; Bach/Hugo, JR 2020, 225 und 284.

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