Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 136
Den Stpfl. trifft die volle Nachweispflicht, dass der ausl. Staat auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die Steuer festgesetzt und entrichtet wurde. Er muss die Tatsachen nachweisen, aus denen sich ergibt, dass die Ausschlussgründe für die Steuerfreistellung nach Abs. 8 nicht vorliegen. Glaubhaftmachung genügt regelmäßig nicht. Soweit dieser Nachweis nicht erbracht wird, besteuert Deutschland die Einkünfte.
Die Vorschrift ähnelt § 90 Abs. 2 AO. Wie bei dieser Vorschrift trifft den Stpfl. eine Beweisvorsorgepflicht. Er kann sich daher nicht darauf berufen, dass er die Nachweise nicht erbringen kann, wenn er diese Beweisvorsorge hätte treffen können.
Rz. 137
Für den Nachweis, dass der ausl. Staat auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat, dürfte eine Auswertung der einschlägigen Literatur oder eine Stellungnahme eines im ausl. Staat tätigen Steuerberaters über die Freistellung im ausl. Staat genügen. Ein Nachweis braucht nicht erbracht zu werden, wenn feststeht, dass der ausl. Staat die Einkünfte bewusst nicht besteuert. Für die Vereinigten Arabischen Emirate und Kuwait genügt daher ein Nachweis, dass diese Staaten Tätigkeitsort waren, da amtsbekannt ist, dass diese Staaten keine Ertragsteuern erheben. Gleiches gilt für die Tätigkeit auf Schiffen unter liberianischer Flagge, soweit sich das Schiff auf hoher See oder im Hoheitsgebiet von Liberia befindet. Hier genügt eine Bescheinigung der Republik Liberia, dass der Arbeitnehmer auf einem Schiff unter liberianischer Flagge tätig ist. Dagegen genügt m. E. der Nachweis nicht, dass der ausl. Staat Einkünfte erst ab einer bestimmten Höhe besteuert und die fraglichen Einkünfte unter dieser Grenze liegen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Stpfl. in dem anderen Staat weitere, in Deutschland nicht steuerbare Einkünfte erzielt und damit die betragsmäßige Grenze überschritten hat. Denkbar ist auch, dass nach dem Recht des ausl. Staates die Einkünfte aufgrund ihrer Besonderheit im Einzelfall schon ab einer niedrigeren Grenze steuerbar sind. Die dem Stpfl. auferlegte Nachweispflicht soll gerade diese Prüfung dem FA ersparen. M. E. ist daher auch in diesem Fall eine NV-Bescheinigung des ausl. Staates erforderlich.
Rz. 138
Für den Nachweis, dass die Steuer festgesetzt und gezahlt worden ist, ist der Nachweis durch Vorlage des Steuerbescheids und des Zahlungsbelegs zu führen. In Staaten mit Selbstveranlagung genügen Kopien der Steuererklärung und des Zahlungsnachweises. Bei einem LSt-Abzug durch den Arbeitgeber genügt die Entgeltbescheinigung. Da nachgewiesen werden muss, dass die festgesetzte Steuer gezahlt wurde, müssen auch Bruttoeinkünfte und der Betrag der hierauf entfallenden Steuer nachgewiesen werden. Der Nachweis muss auch Verschiebungen gegenüber dem deutschen Recht, z. B. hinsichtlich des Besteuerungszeitraums, umfassen. Erforderlichenfalls, d. h., soweit es sich nicht nur um bloße Zahlenangaben handelt, ist eine deutsche Übersetzung beizufügen (§ 87 AO). In Ausnahmefällen soll auch eine Bescheinigung des Arbeitgebers genügen, z. B. in Fällen, in denen der Arbeitgeber einen Steuerabzug mit Abgeltungswirkung vornehmen muss, eine Nettolohnvereinbarung getroffen oder eine Pauschalversteuerung vorgenommen wurde. Der Nachweis dient in diesen Fällen auch der Ermittlung des Bruttobetrags der Einkünfte für den Progressionsvorbehalt.
Die Finanzverwaltung räumt eine Bagatellgrenze von 10.000 EUR pro Vz ein. Bei Arbeitslohn für eine Tätigkeit im Ausland bis zu diesem Betrag ist Abs. 8 auch ohne Nachweise nicht anzuwenden, sondern die Freistellungsmethode mit Progressionsvorbehalt. Da lediglich auf einen Nachweis verzichtet wird, hält sich diese Vorschrift im Rahmen der Ermessensausübung bei der Amtsermittlungspflicht.