OFD München, Verfügung v. 18.1.2001, S 2145 - 20 St 41/42
1. Keine Verpflichtung zur unaufgeforderten Vorlage eines Fahrtenbuchs
Es ist weder gesetzlich § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) noch durch das BMF-Schreiben vom 12.5.1997, BStBl 1997 I S. 562 bestimmt, dass das Fahrtenbuch zur tatsächlichen Ermittlung des privaten Nutzungswerts dem FA unaufgefordert vorzulegen ist. Der Steuerpflichtige ist also zur Vorlage des Fahrtenbuchs nur verpflichtet, wenn er durch das FA hierzu aufgefordert wird.
Bei dem Vorlageverlangen handelt es sich um eine Ermessensentscheidung § 5 AO). Es ist daher zu prüfen, ob die Aufforderung zur Vorlage des Fahrtenbuches verhältnismäßig, insbesondere erforderlich und zumutbar ist. Dementsprechend ist die Vorlage des Fahrtenbuches nur zu verlangen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Eintragungen begründen und die Zweifel anders nicht auszuräumen sind. Die Vorlage kann jedoch in einem solchen Fall nicht mit dem Hinweis auf § 102 Abs. 1 Nr. 3 AO verweigert werden. Diese Grundsätze gelten auch für Vorlageverlangen anlässlich einer Außenprüfung (vgl. AEAO Tz. 1 Satz 1 zu § 200 AO).
2. Anforderungen an das Fahrtenbuch bei Berufsgeheimnisträgern § 102 Abs. 1 Nr. 3 AO)
Des Weiteren kann das FA auf einzelne – im Fahrtenbuch zu machende Angaben verzichten, soweit die betriebliche/berufliche Veranlassung der Fahrten und der Umfang der Privatfahrten ausreichend dargelegt sind und Überprüfungsmöglichkeiten nicht beeinträchtigt werden. Dies gestattet es, bei den Berufsgeheimnisträgern, also insbesondere bei Ärzten, folgende Angaben im Regelfall als ausreichend anzusehen:
Zu Reisezweck, Reiseziel, Reiseroute und aufgesuchtem Geschäftspartner reicht neben der Angabe des Datums, des Kilometerstands und des Zielortes grundsätzlich die Angabe „Mandantenbesuch” bzw. „Patientenbesuch” als Reisezweck aus, wenn Name und Adresse des aufgesuchten Mandanten bzw. Patienten vom Berufsgeheimnisträger in einem vom Fahrtenbuch getrennt zu führenden Verzeichnis festgehalten werden. Gegen eine solche Verfahrensweise bestehen keine Bedenken, wenn sichergestellt ist, dass die Zusammenführung von Fahrtenbuch und Patientenverzeichnis leicht und einwandfrei möglich ist und keinen erheblichen Aufwand verursacht. Auch ein elektronisches Fahrtenbuch ist anzuerkennen, wenn sich daraus dieselben Erkenntnisse wie aus einem manuell geführten Fahrtenbuch gewinnen lassen (vgl. Tz. 16 des o.g. BMF-Schreibens).
Die Vorlage des Verzeichnisses soll nur verlangt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Eintragungen im Fahrtenbuch begründen und die Zweifel anders nicht auszuräumen sind.
Bestehen Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Eintragungen im Fahrtenbuch und/oder im Verzeichnis und verweigert der Berufsgeheimnisträger die Vorlage des Fahrtenbuchs oder des Verzeichnisses, so ist nach Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten zur Sachverhaltsaufklärung das Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG. Die Nutzung des Kraftfahrzeugs zu Privatfahrten, zu Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte oder zu Familienheimfahrten ist dann nach den Pauschsätzen zu bewerten (vgl. Tz. 23 des o.g. BMF-Schreibens).
Sollte sich der Steuerpflichtige weigern, das Fahrtenbuch/Verzeichnis vorzulegen, weil er sich hierzu nach § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c AO für berechtigt hält, wird das FA erfahrungsgemäß die Herausgabe des Fahrtenbuches/Verzeichnisses im Hinblick auf diese Umstände nicht mit Zwangsmitteln zu erreichen versuchen, sondern es wird den privaten Nutzungswert des Kraftfahrzeugs pauschal ansetzen. Im Rahmen einer möglichen gerichtlichen Überprüfung des Steuerbescheides hätte das Finanzgericht auch über die Reichweite des § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c AO zu entscheiden.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4