Gewerkschaftliche Vertrauensleute sollen die Gewerkschaftsmitglieder in den Betrieben betreuen, neue Mitglieder werben und den gewerkschaftlichen Zielen in den Betrieben Gehör verschaffen. Ihre Arbeit ist von der Koalitionsfreiheit garantiert und damit verfassungsmäßig geschützt.[1]

Die nach wie vor vielfach zitierte Entscheidung des BAG vom 8.12.1978,[2] wonach Gewerkschaften keinen gesetzlichen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber hätten, die Wahlen der gewerkschaftlichen Vertrauensleute im Betrieb durchführen zu lassen, ist spätestens seit Aufgabe der Kernbereichstheorie durch das BVerfG[3] nicht mehr haltbar. Aus diesem Grunde ist die Wahl der gewerkschaftlichen Vertrauensleute jedenfalls außerhalb der Arbeitszeit zulässig.[4]

Denn die Wahl der Vertrauensleute kann nach Ansicht des BAG auch an einem anderen Ort außerhalb des Betriebs durchgeführt werden. Stehen gewerkschaftseigene Räume in der Nähe der Betriebsstätte nicht zur Verfügung, so bleibt nach Ansicht des BAG die Möglichkeit, geeignete Räume anzumieten oder einen Wahlbus einzusetzen, in dem die Gewerkschaftsmitglieder in unmittelbarer Nähe der Betriebsstätte ihre Stimme abgeben können.[5]

[1] ErfK/Franzen, 22. Aufl. 2022, TVG § 1, Rz. 66; Fitting/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz, 31. Aufl. 2022, BetrVG § 2, Rz. 88; BAG, Urteil v. 8.12.1978, 1 AZR 303/77.
[4] Fitting/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz, 31. Aufl. 2022, BetrVG § 2, Rz. 89; weitergehend Däubler Gewerkschaftsrechte, Rzn. 506 ff.; Däubler/Klebe/Wedde Betriebsverfassungsgesetz, § 2, Rz. 134; die die Wahl von Vertrauensleuten während der Arbeitszeit für zulässig ansehen, weil andernfalls eine Benachteiligung der Kommunikationsstruktur "Gewerkschaft" gegenüber der Kommunikationsstruktur "Betriebsverfassung" und ein damit verbundener Verstoß gegen Art. 5 des IAO-Übereinkommens Nr. 135 vorliege.

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