1 Grundsatz – Zweck
Rz. 1
Die Vorschrift stellt die Bestimmtheitsanforderungen bei der Pfändung von Dienstbezügen nach den §§ 829, 832 ZPO klar. Es bleibt danach die schuldnerische Lohn- und Gehaltsforderung auch dann noch beschlagnahmt, wenn hinsichtlich ihrer Höhe Änderungen eintreten. Wäre das nicht der Fall, wären Abänderungsbeschlüsse notwendig, was unwirtschaftlich wäre und dazu noch die Rechtsdurchsetzung der Gläubiger beeinträchtigen würde.
Rz. 2
Abs. 1 Satz 1 beschränkt das Bestimmtheitserfordernis und bezweckt eine Entbehrlichkeit von Änderungsbeschlüssen, wenn nicht der Dienstherr, sondern lediglich die Höhe des Einkommens wechselt. Abs. 2 bezweckt die Fortgeltung der Pfändung bei branchenüblichen, saisonbedingten Unterbrechungen. Die Regelung schafft Klarheit durch eine rein zeitliche Abgrenzung (Musielak/Voit, § 833 Rn. 1)
2 Anwendungsbereich
Rz. 3
Anzuwenden ist die Regelung auch bei Dienstbezügen von Beamten, nicht hingegen für andere fortlaufende Bezüge nach § 832 ZPO (Thomas/Putzo/Seiler, § 833 Rn. 1). Sie gilt auch für Privatangestellte und Arbeiter, sofern sie sich in dauernder Stellung befinden, und nicht ausschließlich für den sog. "öffentlichen Dienst".
3 Die Regelung des Absatzes 1 Satz 2
Rz. 4
Der für den praktisch bedeutsamen Fall der Lohnpfändung geltende § 833 Abs. 1 Satz 2 ZPO sieht vor, dass die Pfändung das Einkommen des Schuldners nach einer Änderung des Dienstherrn nicht erfasst, da hierdurch ein Drittschuldnerwechsel eintritt. Das an den ursprünglichen Drittschuldner zugestellte (vgl. § 829 Abs. 3 ZPO) Arrestatorium nach § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat keinerlei Auswirkungen auf den neunen Arbeitgeber. Die Regelung gilt ebenso bei einer Betriebsübernahme nach § 613a BGB (vgl. LAG Hessen MDR 2000, 232; Betriebsübernahme OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil v. 31.5.2012, 8 U 43/12 – Juris; a. A. LArbG Hamm, DB 1976, 440), der Gesamtrechtsnachfolge oder der Umwandlung/des Rechtsformwechsels etwa von einer OHG in eine juristische Person, bei Wechsel der Bank (OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil v. 31.5.2012, 8 U 43/12 – Juris), bei Wechsel vom Landes- oder Kommunaldienst in den Bundesdienst oder umgekehrt sowie vom Bundes- oder Landesdienst in den Privatdienst. Dies wird damit begründet, dass in solchen Fällen bei wirtschaftlicher Betrachtung das Arbeitsverhältnis mit Ausnahme der Person des Vertragspartners in seiner Gesamtheit unverändert erhalten bleibt; die Pfändung ziele in erster Linie auf den Arbeitslohn und nicht auf den zur Lohnzahlung Verpflichteten. Nur bei einer wirklichen Änderung des Dienstherrn, mit dem ein neues Arbeitsverhältnis begründet wird und gegen den sich das Zahlungsverbot des § 829 Abs. 1 ZPO auch bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht richtet und nicht richten kann, erlischt die Pfändung und es muss neu gepfändet werden.
4 Pfändungsfortwirkung bei Wiederbegründung des Arbeitsverhältnisses (Absatz 2)
Rz. 5
Abs. 2 bezweckt aus Gründen der Rechtssicherheit die Fortgeltung der Pfändung bei branchenüblichen, saisonbedingten Unterbrechungen, falls innerhalb eines Zeitraums von 9 Monaten ein neues Arbeitsverhältnis zwischen Drittschuldner und Schuldner begründet wird. Hier wird ein einheitliches Rechtverhältnis vermutet (BAG, NJW 1993, 2701 = ZIP 1993, 1103 = DB 1993, 1625 = NZA 1993, 792 = MDR 1993, 1122 = Rbeistand 1993, 60 = WM 1994, 176 = KKZ 1994, 75 = EWiR 1993, 725; vgl. § 832 Rz. 3). Die Regelung ist auch entgegen des Wortlauts auf Sozialleistungen nach dem SGB anwendbar (BGH, Vollstreckung effektiv 2004, 62 = ProzRB 2004, 64 = ZAP EN-Nr. 811/2003 = KKZ 2004, 142 = MDR 2004, 293 = JurBüro 2004, 100 = Rpfleger 2004, 111 = FamRZ 2004, 102 = BGHReport 2004, 67 = NJW 2003, 3774 = WM 2003, 2347; bei Bezug von Arbeitslosengeld und Krankengeld vgl. Rz. 8). Die Frist läuft vom Ende bis zum (Wieder-)Beginn des Arbeits- oder Dienstverhältnisses. Für ihre Berechnung gilt § 222 ZPO, der auf die §§ 187 bis 193 BGB verweist. Unerheblich ist dabei der Zeitpunkt der Kündigung und des Vertragsschlusses. Es kommt nicht auf die tatsächliche Beschäftigung, sondern den rechtlichen Bestand des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses an.
Rz. 6
Als Folge lebt die vorherige Pfändung mit all ihren Rechten aus der Vergangenheit wieder auf. Es spielt keine Rolle, weshalb das frühere Arbeitsverhältnis beendet (z. B. Kündigung, Aufhebungsvertrag, Zeitablauf etc.) und später wieder neu begründet wurde. Daher lebt die Pfändung auch wieder auf, wenn bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses die spätere Wiederbeschäftigung gar nicht beabsichtigt (z. B. bei fristloser Kündigung) oder der Schuldner zwischenzeitlich bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt war (Stöber, Rn. 970). Diese Wirkungen bleiben auch bei einer Rechtsnachfolge erhalten, so z. B. bei Verschmelzung (§§ 1, 2 UmwG), Aufspaltung zur Aufnahme einer Neugründung (§§ 1, 123 UmwG), Ausgliederung aus dem Vermögen eines Einzelkaufmanns (§ 152 UmwG), Vermögensübertragung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, §§ 174ff. UmwG), Formwechsel (§§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 190 ff., § 202 Abs. 1 UmwG), Betriebsübergang (§ 613a BGB; Hessisches LAG, MDR 2000, 232). Durch die Pfändungsfortwirkung der Altpfändung bleiben deren Wirkungen für d...