Rz. 5
Abs. 2 bezweckt aus Gründen der Rechtssicherheit die Fortgeltung der Pfändung bei branchenüblichen, saisonbedingten Unterbrechungen, falls innerhalb eines Zeitraums von 9 Monaten ein neues Arbeitsverhältnis zwischen Drittschuldner und Schuldner begründet wird. Hier wird ein einheitliches Rechtverhältnis vermutet (BAG, NJW 1993, 2701 = ZIP 1993, 1103 = DB 1993, 1625 = NZA 1993, 792 = MDR 1993, 1122 = Rbeistand 1993, 60 = WM 1994, 176 = KKZ 1994, 75 = EWiR 1993, 725; vgl. § 832 Rz. 3). Die Regelung ist auch entgegen des Wortlauts auf Sozialleistungen nach dem SGB anwendbar (BGH, Vollstreckung effektiv 2004, 62 = ProzRB 2004, 64 = ZAP EN-Nr. 811/2003 = KKZ 2004, 142 = MDR 2004, 293 = JurBüro 2004, 100 = Rpfleger 2004, 111 = FamRZ 2004, 102 = BGHReport 2004, 67 = NJW 2003, 3774 = WM 2003, 2347; bei Bezug von Arbeitslosengeld und Krankengeld vgl. Rz. 8). Die Frist läuft vom Ende bis zum (Wieder-)Beginn des Arbeits- oder Dienstverhältnisses. Für ihre Berechnung gilt § 222 ZPO, der auf die §§ 187 bis 193 BGB verweist. Unerheblich ist dabei der Zeitpunkt der Kündigung und des Vertragsschlusses. Es kommt nicht auf die tatsächliche Beschäftigung, sondern den rechtlichen Bestand des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses an.
Rz. 6
Als Folge lebt die vorherige Pfändung mit all ihren Rechten aus der Vergangenheit wieder auf. Es spielt keine Rolle, weshalb das frühere Arbeitsverhältnis beendet (z. B. Kündigung, Aufhebungsvertrag, Zeitablauf etc.) und später wieder neu begründet wurde. Daher lebt die Pfändung auch wieder auf, wenn bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses die spätere Wiederbeschäftigung gar nicht beabsichtigt (z. B. bei fristloser Kündigung) oder der Schuldner zwischenzeitlich bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt war (Stöber, Rn. 970). Diese Wirkungen bleiben auch bei einer Rechtsnachfolge erhalten, so z. B. bei Verschmelzung (§§ 1, 2 UmwG), Aufspaltung zur Aufnahme einer Neugründung (§§ 1, 123 UmwG), Ausgliederung aus dem Vermögen eines Einzelkaufmanns (§ 152 UmwG), Vermögensübertragung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, §§ 174ff. UmwG), Formwechsel (§§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 190 ff., § 202 Abs. 1 UmwG), Betriebsübergang (§ 613a BGB; Hessisches LAG, MDR 2000, 232). Durch die Pfändungsfortwirkung der Altpfändung bleiben deren Wirkungen für den Gläubiger erhalten. Zwischenzeitlich neu ergangene Pfändung durch Drittgläubiger nach Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses gehen dem Erstgläubiger im Range nach (§ 804 Abs. 3 ZPO). Darüber hinaus bleibt der Umfang der Ursprungspfändung gewahrt. Deshalb bleiben z. B. gerichtliche Anordnungen nach §§ 850c Abs. 4, 850 e Nr. 2, 2 a, 850h ZPO erhalten. Sie sind vom Drittschuldner ohne zusätzliche gerichtliche Anordnung zu beachten.
Rz. 7
Zu berücksichtigen ist dabei, dass sich der Bestand und die Höhe der Forderung des Gläubigers zwischenzeitlich entweder durch Zahlungen oder andere Vollstreckungsmaßnahmen geändert haben können. Der Drittschuldner wird sich dann an den Gläubiger wenden und sich über den Fortbestand der Forderung erkundigen müssen. Das bedeutet eine weitere Belastung des Drittschuldners als Arbeitgeber. Er muss die Unterlagen aufbewahren und bei einer (Wieder-)Einstellung die zuvor bestehenden Pfändungen berücksichtigen. Bleibt die Höhe der Forderung zwischen Gläubiger und Schuldner streitig, wird es Sache des Schuldners sein, seinen Erfüllungseinwand im Rahmen der §§ 775, 767 ZPO darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
Rz. 8
Zudem ist zu beachten, dass vom Anwendungsbereich der Norm regelmäßig auch Ansprüche auf Arbeitslosengeld I sowie Krankengeld betroffen sind. Übertragen auf die saisonabhängigen Arbeitsverhältnisse wird es häufig so sein, dass der Schuldner nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Ansprüche gegenüber der Agentur für Arbeit hat. Sind oder werden auch diese gepfändet und werden diese innerhalb von neun Monaten erneut beansprucht, findet nach der BGH-Rechtsprechung ebenfalls § 833 Abs. 2 ZPO Anwendung (BGH, Vollstreckung effektiv 2004, 62 = ProzRB 2004, 64 = ZAP EN-Nr. 811/2003 = KKZ 2004, 142 = MDR 2004, 293 = JurBüro 2004, 100 = Rpfleger 2004, 111 = FamRZ 2004, 102 = BGHReport 2004, 67 = NJW 2003, 3774 = WM 2003, 2347). Sind die Drittschuldner stets identisch, findet durch eine wirksam erwirkte Pfändung beim Arbeitnehmer als Drittschuldner und bei der Agentur für Arbeit als Drittschuldner somit quasi eine Dauerpfändung statt, sodass sichergestellt werden kann, dass die laufenden und wiederkehrenden Ansprüche des Schuldners gepfändet sind. Das gleiche gilt, wenn der Schuldner des Öfteren krank ist und daher Krankengeld bezieht. Sind nämlich die Ansprüche beim Arbeitgeber und bei der Krankenkasse gepfändet (diese Pfändung bleibt ja durchgehend wirksam), ist auch so eine effektive Dauerpfändung vorgenommen worden. Denn liegt der letzte Krankengeldbezug nicht länger als neun Monate zurück, lebt die alte Krankengeldpfändung grds. immer wieder auf und ist somit auch vorrangig gegenüber nachrangig erwirkten Beschlüssen etwaiger Drittgläubiger.