Rz. 2
Die Überweisung ersetzt nach Abs. 1 ZPO die förmlichen Erklärungen des Schuldners, von denen nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Berechtigung zur Einziehung der Forderung abhängig ist (BGH, Rpfleger 2017, 99 = DGVZ 2017, 35 = ZIP 2017, 399 = JR 2019, 25 = IBR 2017, 53 = MDR 2017, 14 = Vollstreckung effektiv 2017, 22). Die Regelung stellt klar, dass eventuell nach materiellem bürgerlichem Recht erforderliche förmliche Erklärungen des Schuldners durch den mit dem Überweisungsbeschluss vorgenommenen Staatsakt ersetzt werden, wenn diese für die Verschaffung der dem Gläubiger durch den Überweisungsbeschluss eingeräumten Kompetenzen materiell-rechtlich vorausgesetzt wären (MünchKomm/ZPO-Smid, § 836 Rn. 2).
Die Forderungsabtretung nach § 398 BGB ist grundsätzlich zwar nicht formbedürftig; das materielle Recht stellt für die Abtretung einer Forderung jedoch in bestimmten Fällen Formerfordernisse auf. Die Überweisung nach § 835 ZPO wirkt insoweit rechtsübertragend. Mit der Pfändung und Überweisung ist der Gläubiger z. B. berechtigt, auf Leistung an sich zu klagen und mit Erfüllungswirkung anzunehmen (LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 6.3.2014, 4 Sa 295/13 – Juris). Ebenso erwirbt der Gläubiger durch die Pfändung und Überweisung des Rentenanspruchs des Schuldners auch das Recht, die Rente zu beantragen (LG Wiesbaden NJW-RR 1996, 59). Dies soll nach Abs. 1 auch dann gelten, wenn das materielle Recht für die Übertragung eine bestimmte Form verlangt. So bedarf z. B. die Abtretung einer durch eine Hypothek gesicherten Forderung der Form des § 1154 BGB. Der Überweisungsbeschluss ersetzt hierbei nach Abs. 1 die erforderliche Form. Das gilt auch für die in Art. 18 WG und Art. 23 ScheckG vorgesehene Form des Inkassoindossaments. Dagegen ersetzt sie nicht das Vollindossament auf Wechseln und Schecks, da der Schuldner nicht einem Rückgriff (Art. 3 WG) ausgesetzt werden soll. Diese Wirkung ginge über die Intention des § 835 ZPO hinaus (vgl. Musielak/Voit/Flockenhaus, § 836 Rn. 2).
2.1 Überweisung an Zahlung statt
Rz. 2a
Bei der Überweisung der Forderung an Zahlung statt zum Nennwert steht – im Gegensatz zur Überweisung zur Einziehung – dem Gläubiger die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis über die Forderung – einschließlich der dazugehörenden Nebenrechte zu, allerdings nur in Höhe der zu vollstreckenden Forderung. Da die Forderung aus dem Vermögen des Schuldners ausscheidet, steht sie dem Gläubiger zu, was zu einem Gläubigerwechsel führt (LSG Rheinland-Pfalz, NZS 2019, 240). Die Einziehungsberechtigung der gepfändeten Forderung steht daher dem Gläubiger unmittelbar aus dessen Rechtsstellung zu (vgl. auch § 835 Rz. 21 ff.).
2.2 Überweisung zur Einziehung
Rz. 2b
Bei der Überweisung zur Einziehung verbleibt die Forderung im Vermögen des Schuldners (BGH, NJW 2007, 2560). Der Gläubiger wird zu allen im Recht des Schuldners begründeten, der Befriedigung dienenden Maßnahmen ermächtigt (BGH, Rpfleger 2019, 405 = Vollstreckung effektiv 2019, 122). Sie begründet damit lediglich eine eigene Einziehungskompetenz des Gläubigers. Er ist befugt im eigenen Namen und für eigene Rechnung die gepfändete Forderung und die dazu gehörenden Nebenrechte (§ 401 BGB; vgl. § 835 Rz. 8) gegenüber dem Drittschuldner geltend zu machen. Er ist damit ermächtigt, alle Handlungen vorzunehmen, die im Recht des Schuldners begründet und der Befriedigung des Anspruchs dienlich sind (BGHZ 82, 28 = WM 1981, 1338 = JZ 1982, 24 = ZIP 1981, 1380 = NJW 1982, 173 = JurBüro 1982, 63 = DB 1982, 325 = BauR 1982, 71 = Rpfleger 1982, 73 = MDR 1982, 221 = Information StW 1982, 111 = JuS 1982, 300 = JR 1982, 285 = BB 1982, 1446; vgl. auch § 835 Rz. 7).
Rz. 2c
Der Gläubiger ist nur berechtigt einen Betrag in Höhe seiner Vollstreckungsforderung einzuziehen. Dies gilt im Falle einer Pfändung einer größeren Forderung bzw. von mehreren, den Vollstreckungsanspruch betragsmäßig übersteigenden Forderungen auch dann, wenn der Überweisungsbeschluss insoweit nicht ausdrücklich eine einschränkende Anordnung ausspricht. Die Einziehung eines Mehrbetrages ist dem Gläubiger auch unter dem Vorbehalt der Erstattung an den Schuldner nicht erlaubt (OLG Brandenburg, Urteil v. 8.11.2011, 6 U 102/09 – Juris; OLG München, WM 2007, 760; Zöller/Herget, § 836 Rn 3).