Vorwort
Der GKV-Spitzenverband und die Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene haben in ihrem Gemeinsamen Rundschreiben vom 2.12.2021 zu den Leistungsansprüchen im Zusammenhang mit digitalen Gesundheitsanwendungen nach § 33a SGB V Stellung genommen. Aufgrund der zwischenzeitlich gesammelten Erfahrungen und gesetzlichen Änderungen im Zusammenhang mit dieser Leistung erfolgte eine Überarbeitung des Gemeinsamen Rundschreibens.
Mit diesem Rundschreiben legen der GKV-Spitzenverband und die Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene eine aktuelle Fassung vor, die ab dem 12.6.2024 gültig ist.
Offen gebliebene gemeinsame Umsetzungsfragen werden in den routinemäßigen Besprechungen des GKV-Spitzenverbandes sowie der Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene weiter beraten und bei Bedarf einvernehmlichen Lösungen zugeführt.
1 Allgemeines
[1] Mit der Zielsetzung, Menschen bei der Erkennung und Behandlung von Krankheiten sowie auf dem Weg zu einer selbstbestimmten gesundheitsförderlichen Lebensführung zu unterstützen, wurde durch das "Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (Digitale-Versorgung-Gesetz – DVG)" der Anspruch auf digitale Gesundheitsanwendungen in § 33a SGB V als neue Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen. Das Gesetz wurde im BGBl. I Nr. 49 vom 18.12.2019 S. 2562 ff. veröffentlicht und trat am 19.12.2019 in Kraft.
[2] Der Leistungsanspruch umfasste zunächst – bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens – Software und andere auf digitalen Technologien basierende Medizinprodukte niedriger Risikoklasse mit gesundheitsbezogener Zweckbestimmung. Mit Einführung dieser Leistung in das SGB V hat der Gesetzgeber neue Verfahren zur Feststellung, wann eine digitale Gesundheitsanwendung zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung wird, geschaffen und zugleich neue Zugangswege für die Erlangung dieser festgelegt.
[3] Mit dem "Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz – DVPMG)" wurde die Vorschrift um die Absätze 5 und 6 erweitert. Die Veröffentlichung des Gesetzes erfolgte im BGBl. I Nr. 28 vom 8.06.2021 und trat am 9.06.2021 in Kraft.
[4] Zum 26.3.2024 trat in wesentlichen Teilen das "Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz – DigiG)" in Kraft. Neben einer Ausweitung des Leistungsanspruchs auf Medizinprodukte höherer Risikoklasse wurde u.a. geregelt, dass der GKV-Spitzenverband verpflichtet wird, in einer Richtlinie einheitliche Vorgaben für das Genehmigungsverfahren – ohne ärztliche Verordnung – beantragter digitaler Gesundheitsanwendungen zu treffen. Zudem wurde die Möglichkeit eingeräumt, digitale Gesundheitsanwendungen auch im Rahmen der Schwangerschaft und damit unabhängig von einer bestehenden Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne in Anspruch zu nehmen.
2 Rechtsgrundlage
Siehe § 33a SGB V
3 Definition
[1] Digitale Gesundheitsanwendungen umfassen Software und andere auf digitale Technologien basierende Medizinprodukte mit gesundheitsbezogener Zweckbestimmung.
[2] Eine gesundheitsbezogene Zweckbestimmung liegt dann vor, wenn bei den Versicherten oder in der Versorgung der Versicherten durch Leistungserbringer
- die Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten oder
- die Erkennung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen
unterstützt wird.
[3] Die in § 33a Abs. 1 Satz 1 SGB V vorgenommene Definition der gesundheitsbezogenen Zweckbestimmung orientiert sich an dem zum Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens noch gültigen § 3 [korr.] Nr. 1 Buchst. a und Nr. 1 Buchst. b MPG, umfasst aber nicht die Verhütung von Krankheiten im Sinne von Prävention. Hintergrund hierfür ist, dass es sich bei digitalen Gesundheitsanwendungen nach § 33a SGB V um Maßnahmen der Krankenbehandlung handelt (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 SGB V). Die Erweiterung des Anspruchs auf digitale Gesundheitsanwendungen in der Schwangerschaft (vgl. § 24e SGB V) ändert dies dem Grunde nach nicht. So werden auch in diesem Zusammenhang keine digitalen Angebote erfasst, die ausschließlich zum Zwecke der Prävention eingesetzt werden können bzw. zur Unterstützung einer normal verlaufenden Schwangerschaft dienen. Eine Leistungsgewährung präventiver digitaler Gesundheitsanwendungen auf der Grundlage anderer Vorschriften im SGB V ist hierdurch jedoch nicht ausgeschlossen (vgl. Abschnitt 8).
[4] Voraussetzung einer digitalen Gesundheitsanwendung im Sinne des Gesetzes ist weiterhin, dass bei ihrem Einsatz durch die Versicherten, bei der Interaktion des oder der Versicherten mit Leistungserbringern oder der Interaktion mit weiteren Medizinprodukten die Hauptfunktion des Medizinproduktes durch digitale Technologien umgesetzt sein muss und diese nicht lediglich der Ergänzung oder Steuerung anderer Medizinprodukte dienen darf. Dabei gelten als Medizinprodukte niedriger Risikoklasse gemäß § 33a Abs. 2 SGB V solche, die der