2.1 Allgemeines
(1) Wie in § 13 Abs. 1 SGB XI bereits normiert, sind die Leistungen der Pflegeversicherung gegenüber gesetzlichen Entschädigungsleistungen nachrangig. § 34 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI konkretisiert dies dahingehend, dass der Leistungsanspruch nach dem SGB XI in Höhe der Entschädigungsleistungen ruht. Zum Ruhen des Leistungsanspruchs nach dem SGB XI führen Entschädigungsleistungen wegen Pflegebedürftigkeit
- aus der gesetzlichen Unfallversicherung, z.B. Hauspflege, Anstaltspflege oder Pflegegeld nach § 44 SGB VII, oder
- aus der Unfallversorgung nach öffentlichem Dienstrecht, z.B. nach dem BeamtVG oder SVG oder nach dem DRiG, oder
- aus dem Ausland oder von einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung.
(2) Das Ruhen des Leistungsanspruchs nach dem SGB XI wegen Bezugs von Entschädigungsleistungen tritt nur in Höhe der bezogenen Entschädigungsleistungen ein. Hiermit soll eine Überversorgung durch Doppelleistungen vermieden werden, da die beiden in Betracht kommenden Leistungen im Wesentlichen dem gleichen Zweck dienen und zeitgleich bezogen bzw. beansprucht werden können.
Die nachfolgenden Ausführungen sind auch auf die anderen Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, aus der Unfallversorgung nach öffentlichem Dienstrecht oder aus dem Ausland oder von einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung anzuwenden.
(3) Zum 1.1.2024 [akt.] ist das SGB XIV in Gänze in Kraft getreten. Das in SGB XIV geregelte Soziale Entschädigungsrecht sieht ab 1.1.2024 vor, dass Geschädigte bei schädigungsbedingter Pflegebedürftigkeit gemäß § 74 Nr. 1 SGB XIV Leistungen bei Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI erhalten. Ergänzend zu den Leistungen nach dem SGB XI besteht gemäß § 74 Nr. 2 SGB XIV Anspruch auf ergänzende Leistungen bei Pflegebedürftigkeit nach § 75 SGB XIV. Die Leistungen bei Pflegebedürftigkeit gemäß § 74 Nr. 1 SGB XIV erbringt die Pflegekasse im Rahmen eines Auftragsgeschäfts (§ 77 Abs. 2 SGB XIV). Die ergänzenden Leistungen bei Pflegebedürftigkeit nach § 75 SGB XIV werden hingegen von der zuständigen Verwaltungsbehörde erbracht. Pflegebedürftige Personen, die am 31.12.2023 einen Anspruch auf die Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 in der am 31.12.2023 geltenden Fassung des BVG hatten, haben ein Wahlrecht, ob sie wie bisher die Pflegezulage oder gemäß § 74 Nr. 1 SGB XIV die Leistungen bei Pflegebedürftigkeit nach SGB XI in Anspruch nehmen. Pflegebedürftige Personen, die am 31.12.2023 eine Pflegezulage nach § 35 Abs. 6 in der am 31.12.2023 geltenden Fassung des BVG in Anspruch genommen haben, haben kein Wahlrecht nach § 152 SGB XIV und haben ab 1.1.2024 einen Anspruch gemäß § 74 Nr. 1 SGB XIV daher auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI.
(4) Pflegebedürftige Personen, die häusliche Pflege im Rahmen des Arbeitgebermodells nach § 35 Abs. 2 in der am 31.12.2023 geltenden Fassung des BVG sicherstellen, erhalten die Leistungen nach § 76 SGB XIV. Im Rahmen des Arbeitgebermodells kann das Pflegegeld nach § 37 SGB XI sowie einmalige Leistungen nach dem SGB XI zur Verfügung gestellt werden. Eine Leistungsgewährung der Pflegesachleistungen, der Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege kommt aufgrund des Arbeitgebermodells nicht in Betracht.
2.2 Leistungen bei häuslicher Pflege, teilstationärer Pflege und Kurzzeitpflege bei Aus-übung des Wahlrechts nach § 152 SGB XIV
[1] In § 35 BVG [i.d.F. bis 31.12.2023] sind die Leistungen bei Verhinderung der Pflegeperson (§ 39 SGB XI), teilstationärer Pflege (§ 41 SGB XI) oder Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI) nicht ausdrücklich genannt. Allerdings bestimmt § 35 Abs. 2 Satz 4 BVG [i.d.F. bis 31.12.2023], dass die Pflegezulage für jeweils höchstens sechs Wochen entsprechend zu erhöhen ist, wenn vorübergehend Kosten für fremde Hilfe entstehen. Hierbei wird eine Begrenzung auf die Höchstdauer der Kostenübernahme bei Verhinderung der Pflegeperson vorgenommen, und nicht auf eine Mindestdauer (z.B. stunden- oder tageweise) abgestellt. § 35 Abs. 2 Satz 4 BVG [i.d.F. bis 31.12.2023] nennt die Krankheit nur "insbesondere" als konkreten Grund für die vorübergehende Verhinderung der Pflegeperson. Die nicht ausdrücklich genannten Gründe wie Urlaub oder andere vergleichbare Gründe sind in ihrer rechtlichen Wirkung der Krankheit jedoch gleichzustellen. Dies kann auch im Einzelfall für eine stundenweise Abwesenheit der Pflegeperson (z.B. für einen Arztbesuch) gelten. Die Versorgungsämter übernehmen die anfallenden Kosten in voller Höhe nach § 35 Abs. 2 Satz 4 BVG [i.d.F. bis 31.12.2023]. Eine Leistungsgewährung durch die Pflegekasse kommt nur in Betracht, wenn die laufenden monatlichen Leistungen nach den §§ 36 bis 38 SGB XI bzw. § 41 SGB XI plus die einmalige jährliche Leistung nach § 39 SGB XI und/oder § 42 SGB XI höher sind als die Pflegeleistungen nach § 35 BVG [i.d.F. bis 31.12.2023]. Wird der Leistungsrahmen der Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI) bereits bei einer einmaligen Inanspruchnahme (fiktiv) ausgeschöpft, ist ein Vergleichszeitraum zugrunde zu legen. Dies gilt ausschließlich für pflegebedürftige Personen, die sich in Ausübung ihres Wahlrechts nach § 152 SGB XIV dafür entschieden haben, auch...