Entscheidungsstichwort (Thema)

Abführung von Aufsichtsratstantiemen durch Gewerkschaftssekretär. Ein Gewerkschaftssekretär, der für die Gewerkschaft Aufsichtsratsmandate übernimmt, ist zur Abführung der Vergütung verpflichtet, die er dafür erhält

 

Leitsatz (redaktionell)

Hauptamtliche Gewerkschaftssekretäre, deren Arbeitspflicht die Wahrnehmung von Aufsichtsratsmandaten umfasst, sind verpflichtet, Aufsichtsratsvergütungen entsprechend den Regelungen der Gewerkschaft abzuführen.

 

Normenkette

BGB §§ 667, 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 13.11.2008; Aktenzeichen 3 Ca 3073/08)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 3 AZR 174/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. November 2008 – 3 Ca 3073/08 – abgeändert:

  1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Hans-Böckler-Stiftung auf deren Konto bei der SEB AG Düsseldorf, Kontonummer: …, BLZ: … einen Betrag in Höhe von EUR 46.395,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2007 abzuführen.
  2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Stiftung Soziale Gesellschaft – Nachhaltige Entwicklung, auf deren Konto bei der SEB AG Frankfurt am Main, Kontonummer: …, BLZ: … einen Betrag in Höhe von EUR 11.600,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2007 abzuführen.
  3. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welcher Höhe er in dem Kalenderjahr 2006 für seine Aufsichtsratstätigkeit in dem Kalenderjahr 2005 bei der Firma … AG & Co. KGaA Aufsichtsratsvergütung von dieser erhalten hat.
  4. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
  5. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte Aufsichtsratstantiemen abzuführen hat.

Der Beklagte ist bei der klagenden … als Fachreferent für den Bundesvorstand aufgrund Anstellungsvertrags vom 23. November 1987 (Bl. 5 ff. d. A.) angestellt. Dort heißt es u.a.:

„3. Für die Durchführung aller Aufgaben gelten die Beschlüsse und Anweisungen der Organe der … im Rahmen der Satzung der XX …- …- …

4. Alle übrigen Rechte und Pflichten für die Beteiligten ergeben sich aus den derzeit geltenden Anstellungsbedingungen für die Beschäftigten der XX-…- …

Die Anstellungsbedingungen für alle Beschäftigten der xx …- … gelten vom Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Vertrages an als Bestandteil des Anstellungsvertrages.”

In den Anstellungsbedingungen für die Beschäftigten der Industriegewerkschaft … ist u.a. geregelt:

㤠19

Ausschlussfristen

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden.”

Zur Abführung von Tantiemen hatte der 14. ordentliche Gewerkschaftstag der klagenden Gewerkschaft im Jahr 1988 beschlossen:

„Der Bundesvorstand wird aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Beschlüsse des DGB-Bundesausschusses zur Abführung von Tantiemen der Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten an die Hans-Böckler-Stiftung im Organisationsbereich der xx …- …- … in vollem Umfang und von allen Kolleginnen und Kollegen durchgeführt werden. …”

Der 16. Gewerkschaftstag 1994 in Dresden hatte beschlossen:

„Der Gewerkschaftstag fordert den Bundesvorstand auf, dafür zu sorgen, dass der Beschluss des …-Bundesausschusses vom xx … Abführung von Tantiemen der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten an die Hans-Böckler-Stiftung im Organisationsbereich der xx …- …- … in vollem Umfang von allen Kolleginnen und Kollegen eingehalten wird.”

Der Beschluss des …-Bundesausschuss vom xx.xx. … lautet u.a.:

„I. Bei Aufsichtsratswahlen in Unternehmen, in denen aufgrund von Gesetzen oder Vereinbarungen eine Vertretung der Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten besteht, werden von den -… Gewerkschaften nur solche Kandidatinnen bzw. Kandidaten aufgestellt und unterstützt, die sich rechtsverbindlich verpflichtet haben, die nachstehende Abführungsregelung einzuhalten.

1. Von den Bruttobeträgen der Aufsichtsratsvergütungen sind bei Vergütungen bis zu DM 3.000,00 im Jahr pro Aufsichtsratsmandat 12 Prozent des Bruttobetrages, bei Vergütungen über DM 3.000,00 bis DM 6.000,00 im Jahr pro Aufsichtsratsmandat 15 Prozent des Bruttobetrages abzuführen. Erhalten Aufsichtsratsvorsitzende bzw. stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Vergütungen, die höher sind als DM 6.000,00, so sind bei Vergütungen bis zu DM 12.000,00 für die Aufsichtsratsvorsitzende bzw. den Aufsichtsratsvorsitzenden bzw. bis zu DM 9.000,00 für die stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende bzw. den stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden 15 Prozent des Bruttobetrages abzuführen.

2. Überschreitet vor dem In-Kraft-Treten eines Gesetzes über die Beschränkung von Aufsichtsratsvergütungen die von dem jeweiligen Unternehmen gezahlte Vergütung den Betrag von DM 6.000,00 (bei der bzw. dem Aufsichtsratsvorsitzenden DM 12.000,00 bzw. stellvertretenden Aufsichtsratsvorsi...

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