Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. innerer Zusammenhang. sachlicher Zusammenhang. Überfall. unbekannter Täter. unbekanntes Tatmotiv. objektive Beweislast
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Versicherter auf dem Weg nach oder von seiner Arbeitsstelle Opfer eines Überfalls durch einen unbekannten Täter und kann auch ein Tatmotiv nicht ermittelt werden, besteht ein innerer Zusammenhang zwischen dem Überfall als Unfallereignis und der versicherten Tätigkeit.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. Januar 2006 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten auch für das Berufungsverfahren zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Ereignisses vom 5. Dezember 2000, bei dem der Kläger von einem ihm unbekannten Täter überfallen und niedergestochen wurde, als Arbeitsunfall sowie daraus folgende Leistungsgewährung.
Der 1964 geborene Kläger ist von Beruf Bauingenieur und war zum Zeitpunkt des Überfalls Oberbauleiter bei der Firma HGT. und HZR. AG in B-Stadt.
Am 5. Dezember 2000 verließ der Kläger gegen 7.30 Uhr seine Wohnung und begab sich zu seinem Firmenwagen, um mit diesem zur Arbeit zu fahren. Als er die Fahrertür des auf der Straße geparkten Pkw geöffnet hatte, wurde er von einem unbekannten Täter mit einem großen scharfkantigen Gegenstand angegriffen. Der Kläger erlitt mehrere tiefere Verletzungen am gesamten Körper. Dabei betrafen die schwerwiegendsten Verletzungen den Kopf, dort insbesondere das Gesicht unter Einbeziehung eines Auges. Es handelte sich um eine offene Schädel- und Gesichtsverletzung. Außerdem fanden sich größere und tiefere Verletzungen im Bereich einer Wade und an den Händen.
Der Kläger sprach am 15. Januar 2001 persönlich bei der Beklagten vor und ließ sich wegen möglicher Leistungen aus der Unfallversicherung aufgrund des Ereignisses vom 5. Dezember 2000 beraten. Unter dem 16. Januar 2001 teilte der Kläger in einem Fragebogen der Beklagten zu den Umständen des Vorfalls mit, er sei unerwartet und ohne Vorwarnung von einer unbekannten Person angegriffen und auf die brutalste Art lebensgefährlich verletzt worden. Diese Person sowie ihr Motiv seien bis zum damaligen Zeitpunkt unbekannt. Die Nachbarschaft habe die Polizei und Krankenwagen angerufen. Seitdem befinde er sich in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik (BGUK) in B-Stadt in Behandlung.
Die Beklagte hielt am 15. Februar 2001 telefonische Rücksprache mit der für den Fall zuständigen Polizei ZTR-Stadt. Von dort wurde mitgeteilt, dass die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Es seien noch keinerlei Motive für die Tat zu erkennen. Es stehe lediglich fest, dass es eine geplante Tat sein müsse. Ein Motiv im Arbeitsbereich des Versicherten sei nach derzeitigen Ermittlungen unwahrscheinlich. Die Ermittlungen könnten jedoch noch einige Monate dauern. Die Beklagte lehnte hierauf mit Bescheid vom 9. April 2001 die Anerkennung des Ereignisses vom 5. Dezember 2000 als Arbeitsunfall sowie die Gewährung von Leistungen ab. Zur Begründung führte sie aus, auch bei einem tätlichen Angriff auf dem Weg zur oder von der Arbeit könne Versicherungsschutz bestehen, der tätliche Angriff dürfe jedoch nicht allein oder überwiegend auf persönlichen Motiven beruhen, sondern er müsse zumindest teil-wesentlich ursächlich mit dem Erfordernis der Fortbewegung von der Wohnung zur Arbeitsstätte oder zurück zusammenhängen oder ein betriebsbezogenes Tatmotiv haben. Im Falle des Klägers liege jedoch ein gezielt gegen diesen gerichteter tätlicher Angriff vor, der somit keine zufällige Wegegefahr oder eine mit seiner Tätigkeit bei der Firma HGT. und HZR. AG ursächlich zusammenhängende Gefahr darstelle. Für einen gezielten Angriff gegen die Person des Klägers aus rein persönlichen Motiven spreche die Tatsache, dass ihm von dem Täter offensichtlich bei seiner Wohnung in der Nähe seines Dienstwagens aufgelauert worden sei, und auch die Tatsache, dass der Angreifer eine Waffe mit einer großen MO. bei sich getragen habe, spreche für eine geplante Tat. Anhaltspunkte, die für ein betriebsbezogenes Tatmotiv sprächen, bestünden nicht.
Auf den hiergegen am 5. Mai 2001 eingelegten Widerspruch des Klägers zog die Beklagte die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft TWE-Stadt bei. Die Akten ergaben letztlich weder einen klaren Hinweis auf die Person des Täters noch auf das Tatmotiv. Unter dem 16. November 2001 teilte die Staatsanwaltschaft der Beklagten mit, dass auch weiterhin nicht geklärt werden konnte, aus welcher Motivation heraus der Kläger Opfer des Angriffs geworden sei. Eine Festlegung auf ein privates oder betriebsbezogenes Motiv könne bislang nicht erfolgen. Die Ermittlungen dauerten noch an.
Hierauf wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2002 zurück. Die Tatumstände sprächen für eine gegen den Kläger gerichtete gezielte und gep...