Wie Abbildung 1 zeigt besteht die ISO 26000 besteht aus 7 Kapiteln und einem Anhang.
Abb. 1: Gliederung (eigene Darstellung nach DIN ISO 26000 2011, S. 2-4)
Kapitel 4, 5 und 6 enthalten dabei die wichtigsten normativen Orientierungen zur Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung, während sich das siebte und letzte Kapitel mit der aus Praxissicht nicht minder wichtigen Frage der Umsetzung befasst: Welche Schritte sind zu gehen, welche Maßnahmen erforderlich, welche Instrumente hilfreich, um die Vorgaben aus den vorherigen Kapiteln in die eigene Organisation zu integrieren?
3.1 Kapitel 2-4: Relevante Begrifflichkeiten verstehen
Wie in allen ISO-Normen widmet sich das zweite Kapitel den, für das jeweilige Thema der Norm relevanten Begriffen und ihren kontextspezifischen Definitionen. Im Falle der ISO 26000 spielt es insofern eine besonders wichtige Rolle, als es u. a. die erste, im internationalen Diskurs entwickelte Definition gesellschaftlicher Verantwortung enthält, die 1 Jahr später von der Europäischen Kommission aufgegriffen und als Grundlage ihrer neuen CSR-Strategie verwendet wurde. "Social Responsibility" wird demnach verstanden als die
Verantwortung einer Organisation (2.12) für die Auswirkungen (2.9) ihrer Entscheidungen und Aktivitäten auf die Gesellschaft und die Umwelt (2.6) durch transparentes und ethisches Verhalten (2.7), das
- zur nachhaltigen Entwicklung (2.23), Gesundheit und Gemeinwohl eingeschlossen, beiträgt;
- die Erwartungen der Anspruchsgruppen (2.20) berücksichtigt,
- anwendbares Recht einhält und im Einklang mit internationalen Verhaltensstandards (2.11) steht ; und
- in der gesamten Organisation (2.12) integriert ist und in ihren Beziehungen gelebt wird.
ANMERKUNG 1 Aktivitäten umfassen Produkte, Dienstleistungen und Prozesse.
- ANMERKUNG 2 Mit Beziehungen sind solche gemeint, die im Zusammenhang mit den Aktivitäten der Organisation innerhalb ihres Einflussbereichs (2.19) entstehen.
Das inhaltlich Besondere dieser Definition gesellschaftlicher Organisationsverantwortung besteht darin, dass erstmals im Kontext der CSR-Diskussion berücksichtigt wird, dass es sich beim Terminus der Verantwortung um eine mindestens dreistellige Relation handelt, bestehend aus
- einem Subjekt (Wer) – in diesem Fall die Organisation –,
- einem Gegenstand (Wofür) und
- einer Verantwortungsinstanz.
Letztere gibt einerseits Antwort auf die Frage, wem gegenüber Verantwortung besteht, andererseits auf der Grundlage welcher normativen Instanzen sie legitimiert bzw. gefordert ist. Das "Social" im Terminus Social Responsibility bezeichnet folglich nicht das Objekt, sondern das Gegenüber der Verantwortung, nämlich die Gesellschaft und die Umwelt. Gegenstand der Verantwortung hingegen sind die Auswirkungen der Entscheidungen und Aktivitäten einer Organisation! Für eben diese haben sich nicht nur Individuen, sondern im Kontext von (C)SR auch Unternehmen und gemäß ISO 26000 alle Arten von Organisationen zu verantworten, also Rechenschaft abzulegen und dafür gerade zu stehen.
Die Grundlage im Sinne der legitimierenden Instanz (das Wovor der Verantwortung) dafür bildet die (freiwillige) Selbstverpflichtung von Unternehmen bzw. Organisationen zur Ausrichtung ihres Handelns an bestimmten Werten und Prinzipien, von denen in der Definition selbst bereits 2 genannt werden: Transparenz und ethisches Verhalten. Im vierten Kapitel werden diese aufgegriffen, näher erläutert und um 5 weitere Prinzipien ergänzt:
- Rechenschaftspflicht
- Berücksichtigung der Interessen von Anspruchsgruppen
- Rechtsstaatlichkeit
- Achtung internationaler Verhaltensnormen
- Achtung der Menschenrechte
Abb. 2: Die Grundprinzipien gesellschaftlicher Verantwortung
Ihre Berücksichtigung sowohl in den normativen Zielen (Vision, Mission, Werte) und/oder im Verhaltenskodex als auch als Bestandteil der gelebten Unternehmenskultur und Grundlage aller (Stakeholder-)Beziehungen kann als eine Art Mindestanforderung an gesellschaftlich verantwortliches Handeln und eine entsprechende Führung und Steuerung von Unternehmen bzw. Organisationen interpretiert werden.
3.2 Kapitel 5: Anerkennung gesellschaftlicher Verantwortung und Einbindung von Anspruchsgruppen
Unter dem Titel "Anerkennung gesellschaftlicher Verantwortung und Einbindung von Anspruchsgruppen" befasst sich das 5. Kapitel mit 2 weiteren Grundvoraussetzungen der Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung. Zum einen gehört dazu die grundsätzliche Akzeptanz, dass eine Organisation für das, was sie tut, gegenüber Dritten verantwortlich ist und sich mit dieser Verpflichtung proaktiv auseinandersetzt, insbesondere unter den Gesichtspunkten, die in der Definition implizit wie explizit bereits enthalten sind: Wofür und wem gegenüber sind Unternehmen rechenschaftspflichtig? Warum, d. h. auf welcher normativen Grundlage? Aber auch als Frage, in welchem Umfang: Wo begi...