Das 6. Kapitel der ISO 26000 umfasst alle, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung als relevant angesehenen Aspekte und Handlungsfelder gesellschaftlicher Verantwortung. Dabei wird ausdrücklich auf den Inhalten einschlägiger, insbesondere international anerkannter Standards und Konventionen aufgebaut – nicht zuletzt, um für Unternehmen, die damit in der Vergangenheit bereits gearbeitet haben, anschlussfähig zu sein. Neben der UN-Menschenrechtscharta gehören dazu insbesondere die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO, die sogenannten Rio-Prinzipien im Bereich Umwelt, aber auch die Inhalte der damals letzten Fassung der OECD-Leitlinien und die 10 Prinzipien des UN Global Compact, die selbst wiederum auf diesen fundamentalen Orientierungen aufbauen. In der ISO 26000 bilden sie u. a. die normative Basis der Kernthemen "Menschenrechte", "Arbeitspraktiken", "Umwelt", "Faire Betriebs- und Geschäftspraktiken", die mithilfe von, jedem Thema zugeordneten Handlungsfeldern weiter konkretisiert und unter dem Gesichtspunkt ihrer Bedeutung für Organisationen deutlich detaillierter beschrieben werden als dies in den genannten Standards der Fall ist. Erstmals als eigenständige Kernthemen gesellschaftlicher Verantwortung identifiziert und aufgegriffen werden "Konsumentenanliegen" sowie der Aspekt der "Einbindung und Entwicklung der Gemeinschaft". Dass freiwilliges Engagement und philanthropische Projekte, auf die CSR in der Praxis häufig reduziert wird und die im Kontext des letzten Themas eine Rolle spielen können, nicht mit der Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung im Sinne der Definition der ISO 26000 gleichzusetzen sind, wird dabei an anderer Stelle ausdrücklich betont.
Im Unterschied zu den Schemata einschlägiger Berichtstandards wie dem der Global Reporting Initiative – GRI oder von Ratings im Bereich Nachhaltigkeit werden die inhaltlichen Aspekte nicht entlang des 3-Säulen-Modells dargestellt. An deren Stelle treten insgesamt 7 Kernthemen
Abb. 3: Die 7 Kernthemen gesellschaftlicher Verantwortung
, denen wiederum 37 Handlungsfelder zugeordnet sind.
Kernthema |
Handlungsfelder |
Organisationsführung |
- Integration der 7 Grundprinzipien in die Prozesse der Entscheidungsfindung (formal wie informell), insb.: Gesetzestreue
- Transparenz
- Umgang mit Anspruchsgruppen
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Menschenrechte |
- Gebührende Sorgfalt
- Menschenrechte in kritischen Situationen
- Vermeiden von Mittäterschaft
- Missstände beseitigen
- Diskriminierung und schutzbedürftige Gruppen
- Bürgerliche und politische Rechte
- Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
- Grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit
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Arbeitspraktiken |
- Beschäftigung und Beschäftigungsverhältnisse
- Arbeitsbedingungen und Sozialschutz
- Sozialer Dialog
- Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz
- Menschliche Entwicklung und Schulung am Arbeitsplatz
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Umwelt |
- Vermeidung der Umweltbelastung
- Nachhaltige Nutzung von Ressourcen
- Abschwächung des Klimawandels und Anpassung
- Umweltschutz, Artenvielfalt und Wiederherstellung natürlicher Lebensräume
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Faire Betriebs- und Geschäftspraktiken |
- Korruptionsbekämpfung
- Verantwortungsbewusste, politische Mitwirkung
- Fairer Wettbewerb
- Gesellschaftliche Verantwortung in der Wertschöpfungskette fördern
- Eigentumsrechte achten
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Konsumentenanliegen |
- Faire Werbe-, Vertriebs- und Vertragspraktiken sowie sachliche und unverzerrte Informationen
- Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Konsumenten
- Nachhaltiger Konsum
- Kundendienst, Beschwerdemanagement und Schlichtungsverfahren
- Schutz und Vertraulichkeit von Kundendaten
- Sicherung der Grundversorgung
- Verbraucherbildung und Sensibilisierung
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Einbindung und Entwicklung der Gemeinschaft |
- Einbindung der Gemeinschaft
- Bildung und Kultur
- Schaffen von Arbeitsplätzen und berufliche Qualifizierung
- Technologien entwickeln und Zugang dazu ermöglichen
- Schaffung von Wohlstand und Einkommen
- Gesundheit
- Investition zugunsten des Gemeinwohls
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Tab. 1: Die Handlungsfelder zu den Kernthemen
Die Darstellung der Kernthemen in Form einer Blüte mit überlappenden Blättern hatte zum Ziel, eine zentrale Botschaft der Norm zu veranschaulichen:
ISO 26000 ist ein ganzheitlicher Ansatz
Die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung im Sinne der Definition der ISO 26000 setzt einen ganzheitlichen Ansatz voraus. Die Kernthemen und ihre Handlungsfelder sollen nicht voneinander losgelöst betrachtet und später entsprechend isoliert gemanagt werden, da sich gerade bei der Umsetzung zahlreiche Schnittmengen, Überschneidungen und damit wertvolle Synergieeffekte zwischen den jeweils dazu ergriffenen Maßnahmen identifizieren lassen.
Ein Beispiel dafür ist die Durchführung von Schulungen, die zu vielen Handlungsfeldern empfohlen werden und operativ gebündelt werden könnten. Ebenso die Instrumente „Risiko-Analyse“ und „Sorgfaltsprüfung“, die in der Praxis zum Teil mehrfach von unterschiedlichen Abteilungen unter unterschiedlichen Gesichtspunkten durchgeführt werden.
Grundlage eines so definierten „integrierten“ Managements der unterschiedlichen Verantwortungsd...